Gnosis, Islam, Flüchtlinge, Gender-Theorie: Was Papst Franziskus den polnischen Bischöfen antwortete


Papst Franziskus polnische Bischöfe Krakau 2016
Papst Franziskus polnische Bischöfe Krakau 2016

(Kra­kau) Ursprüng­lich war vor­ge­se­hen gewe­sen, daß Papst Fran­zis­kus im Rah­men sei­ner Teil­nah­me am Welt­ju­gend­tag in Kra­kau eine öffent­li­che Anspra­che an die pol­ni­schen Bischö­fe rich­tet. Die Anspra­che soll­te im Fern­se­hen direkt über­tra­gen wer­den. Im letz­ten Augen­blick wur­de auf die Rede und die öffent­li­che Begeg­nung ver­zich­tet. Statt­des­sen fand eine „pri­va­te“ Begeg­nung des Pap­stes mit den Bischö­fen in der Kra­kau­er Kathe­dra­le auf dem Wawel statt, die in Fra­ge-Ant­wort-Form erfolg­te. Ein offi­zi­el­ler Grund für die Pro­gramm­än­de­rung wur­de nicht genannt. Im Vor­feld hat­te der pol­ni­sche Epi­sko­pat aus­rei­chend ver­nehm­bar sein Miß­fal­len zu eini­gen Punk­ten zum Aus­druck gebracht. Dazu gehör­te das nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia und das Schwei­gen zur Ent­christ­li­chung Euro­pas und des­sen gleich­zei­ti­ger Isla­mi­sie­rung. Nun ver­öf­fent­lich­te der Vati­kan die redi­gier­te Nie­der­schrift der Fra­gen der Bischö­fe und der Ant­wor­ten von Papst Fran­zis­kus in ver­schie­de­nen Spra­chen, dar­un­ter auch in deut­scher Sprache.

Anzei­ge

Im Vor­feld war ver­ein­bart wor­den, daß der Islam nicht the­ma­ti­siert wer­den soll­te. Papst Fran­zis­kus selbst ging weder im Zusam­men­hang mit der Ermor­dung von Abbé Jac­ques Hamel noch der „Flücht­lings­fra­ge“ dar­auf ein. In der Beant­wor­tung fast jeder Fra­ge kri­ti­sier­te er jedoch den „Göt­zen Geld“, den er für den Haupt­schul­di­gen aller Pro­ble­me hält, von der Gen­der-Ideo­lo­gie über die Aus­beu­tung, die zur Flücht­lings­wel­le führt,  bis zur Entchristlichung.

In der letz­ten Ant­wort fand Papst Fran­zis­kus deut­li­che Wor­te gegen die soge­nann­te Gen­der-Theo­rie. Er sprach wört­lich von einem „wah­ren ideo­lo­gi­schen Kolo­nia­lis­mus“ und beklag­te, daß „den Kin­dern – den Kin­dern! – in der Schu­le bei­gebracht (wird), daß jeder sein Geschlecht sel­ber wäh­len kann. (…) Und das ist schreck­lich.“ Schuld für die­se „Sün­de gegen den Schöp­fer­gott“ sei das Geld, mit dem ande­re Län­der ein­ge­kauft und unter Druck gesetzt werden.

Zugleich warn­te der Papst vor der Gno­sis, vor einem „spi­ri­tu­el­len Leben ohne Chri­stus“: „Erin­nern wir uns, dass dies die erste Häre­sie der Kir­che war. Der Apo­stel Johan­nes schlägt auf die Gno­sti­ker ein – und wie, mit wel­chem Nach­druck! – über­all da, wo eine sub­jek­ti­ve Spi­ri­tua­li­tät herrscht, ohne Chri­stus. Das schwer­wie­gend­ste Pro­blem die­ser Säku­la­ri­sie­rung ist mei­nes Erach­tens die Ent­christ­li­chung: Chri­stus aus­klam­mern, den Sohn Got­tes aus­klam­mern. Ich bete, ich emp­fin­de… und wei­ter nichts. Das ist Gnostizismus.“

Papst Fran­zis­kus: Bevor wir mit dem Gespräch begin­nen, mit den Fra­gen, die Sie vor­be­rei­tet haben, möch­te ich gemein­sam mit Ihnen allen ein Werk der Barm­her­zig­keit voll­brin­gen und ein wei­te­res vor­schla­gen. Ich weiß, dass vie­le von Ihnen in die­sen Tagen mit dem Welt­ju­gend­tag äußerst beschäf­tigt waren und nicht an den Exe­qui­en für den lie­ben Bischof Zimow­ski teil­neh­men konn­ten. Es ist ein Werk der Barm­her­zig­keit, die Toten zu begra­ben. So möch­te ich, dass wir jetzt alle gemein­sam ein Gebet für Bischof Zyg­mund Zimow­ski spre­chen und dass das ein ech­ter Aus­druck der Bru­der­lie­be sei, einen Bru­der zu begra­ben, der gestor­ben ist. Pater noster… Ave Maria… Glo­ria Patri… Requi­em aeternam…
Und dann das ande­re Werk der Barm­her­zig­keit, das ich vor­schla­gen möch­te. Ich weiß, dass Sie dar­um besorgt sind: Unser lie­ber Kar­di­nal Machar­ski ist sehr krank… Wenig­stens in sei­ne Nähe kom­men, denn ich glau­be, dass man dort, wo er bewusst­los liegt, kei­nen Zugang hat; aber wenig­stens zur Kli­nik, zum Kran­ken­haus kom­men und die Wand berüh­ren, als sag­te man: „Bru­der, ich bin dir nahe.“ Die Kran­ken zu besu­chen, ist ein wei­te­res Werk der Barm­her­zig­keit. Auch ich wer­de dort hin­ge­hen. Danke.
Und nun – jemand von Ihnen hat Fra­gen vor­be­rei­tet; wenig­stens sind sie mir zuge­schickt wor­den. Ich ste­he zur Verfügung.

Bischof Marek Jedra­szew­ski: Hei­li­ger Vater, es scheint, dass die Gläu­bi­gen der katho­li­schen Kir­che und all­ge­mein alle Chri­sten in West­eu­ro­pa sich in dem Umfeld einer zeit­ge­nös­si­schen athe­istisch-libe­ra­len Kul­tur zuneh­mend in der Min­der­heit befin­den. In Polen erle­ben wir eine tief­grei­fen­de Kon­fron­ta­ti­on, einen enor­men Kampf zwi­schen dem Glau­ben an Gott auf der einen Sei­te und – auf der ande­ren Sei­te – einem Den­ken und einem Lebens­stil, als gebe es Gott nicht. Wel­che Art pasto­ra­ler Aktio­nen müss­te die katho­li­sche Kir­che in unse­rem Land unter­neh­men, damit das pol­ni­sche Volk sei­ner bereits über tau­send­jäh­ri­gen Tra­di­ti­on treu bleibt? Danke.

Papst Fran­zis­kus: Exzel­lenz, Sie sind Bischof von…?

Bischof Marek Jedra­szew­ski: Von Lodz, wo der Weg der hei­li­gen Fausti­na begon­nen hat; denn gera­de dort hat sie die Stim­me Chri­sti gehört, nach War­schau zu gehen und Non­ne zu wer­den, gera­de in Lodz. Die Geschich­te ihres Lebens hat in mei­ner Stadt begonnen.

Papst Fran­zis­kus: Sie kön­nen sich glück­lich schätzen!
Es stimmt, die Ent­christ­li­chung, die Säku­la­ri­sie­rung der moder­nen Welt ist stark. Sie ist sehr stark. Doch man­cher sagt: Ja, sie ist stark, aber es sind Erschei­nun­gen von Reli­gio­si­tät zu beob­ach­ten, die an ein Erwa­chen des reli­giö­sen Emp­fin­dens den­ken las­sen. Und das kann auch eine Gefahr sein. Ich glau­be, dass wir in die­ser so säku­la­ri­sier­ten Welt auch der ande­ren Gefahr gegen­über­ste­hen: jener der gno­sti­schen Spi­ri­tua­li­sie­rung. Die­se Säku­la­ri­sie­rung gibt uns die Mög­lich­keit, ein etwas gno­sti­sches spi­ri­tu­el­les Leben ent­ste­hen zu las­sen. Erin­nern wir uns, dass dies die erste Häre­sie der Kir­che war. Der Apo­stel Johan­nes schlägt auf die Gno­sti­ker ein – und wie, mit wel­chem Nach­druck! – über­all da, wo eine sub­jek­ti­ve Spi­ri­tua­li­tät herrscht, ohne Chri­stus. Das schwer­wie­gend­ste Pro­blem die­ser Säku­la­ri­sie­rung ist mei­nes Erach­tens die Ent­christ­li­chung: Chri­stus aus­klam­mern, den Sohn Got­tes aus­klam­mern. Ich bete, ich emp­fin­de… und wei­ter nichts. Das ist Gnostizismus.
Es gibt noch eine ande­re Häre­sie, die eben­falls in die­sem Moment in Mode ist, aber die las­se ich bei­sei­te, denn Ihre Fra­ge, Exzel­lenz, geht in die­se Rich­tung. Es gibt auch einen Pela­gia­nis­mus, aber das las­sen wir bei­sei­te, um zu einem spä­te­ren Zeit­punkt dar­über zu sprechen.
Gott fin­den ohne Chri­stus: ein Gott ohne Chri­stus, ein Volk ohne Kir­che. Was soll das? Denn die Kir­che ist die Mut­ter, die dir das Leben gibt; und Chri­stus ist der älte­re Bru­der, der Sohn des Vaters, der sich auf den Vater bezieht und dir den Namen des Vaters offen­bart. Eine ver­wai­ste Kir­che: Der Gno­sti­zis­mus von heu­te ist eine wirk­li­che Ent­christ­li­chung – ohne Chri­stus – und dar­um führt er uns zu einer Kir­che, bes­ser gesagt, zu einem Volk von Chri­sten, die ver­waist sind. Und das müs­sen wir unse­rem Volk deut­lich machen.
Was ich anra­ten wür­de? Mir kommt in den Sinn – aber ich glau­be, es ist die Pra­xis des Evan­ge­li­ums, wo es eigens die Leh­re des Herrn ist – die Nähe. Heu­te müs­sen wir Die­ner des Herrn – Bischö­fe, Prie­ster, gott­ge­weih­te Per­so­nen, über­zeug­te Lai­en – dem Got­tes­volk nahe sein. Ohne Nähe gibt es nur fleisch­lo­ses Wort. Den­ken wir – und mir gefällt die­ser Gedan­ke – an die zwei Pfei­ler des Evan­ge­li­ums. Wel­ches sind die bei­den Pfei­ler des Evan­ge­li­ums? Die Selig­prei­sun­gen und dann Mat­thä­us 25, das „Pro­to­koll“, nach dem wir alle gerich­tet wer­den. Kon­kret­heit. Nähe. Berüh­rung. Die Wer­ke der Barm­her­zig­keit, sowohl der leib­li­chen als auch der geist­li­chen. – „Aber Sie sagen das, weil es Mode ist, in die­sem Jahr von der Barm­her­zig­keit zu spre­chen…“ Nein, es ist das Evan­ge­li­um! Das Evan­ge­li­um der Wer­ke der Barm­her­zig­keit. Da ist die­ser häre­ti­sche oder ungläu­bi­ge Sama­ri­ter, der inner­lich erschüt­tert ist und tut, was er tun muss, und sogar sein Geld ris­kiert! Berüh­ren. Da ist Jesus, der immer unter dem Volk oder beim Vater war: ent­we­der im Gebet allein beim Vater oder unter dem Volk, dort, mit den Jün­gern. Nähe. Berüh­ren. Das ist das Leben Jesu… Wenn er sich inner­lich erschüt­tern ließ… Am Stadt­tor von Naï n war er von Mit­leid gerührt, ging hin, berühr­te die Bah­re und sag­te: „Wei­ne nicht!“ (vgl. Lk 7,11–17). Nähe. Und die Nähe bedeu­tet, den lei­den­den Leib Chri­sti zu berüh­ren. Die Kir­che, der Ruhm der Kir­che sind die Mär­ty­rer, sicher, aber es sind auch vie­le Män­ner und Frau­en, die alles ver­las­sen und ihr Leben in den Kran­ken­häu­sern, in den Schu­len, mit den Kin­dern, mit den Kran­ken ver­bracht haben… Ich erin­ne­re mich an eine klei­ne Schwe­ster in Zen­tral­afri­ka, 83/​84 Jah­re alt, mager, tüch­tig, mit einem klei­nen Mäd­chen… Sie kam, um mich zu begrü­ßen: „Ich bin nicht von hier, ich kom­me von jen­seits des Flus­ses, aus dem Kon­go. Aber ein­mal pro Woche kom­me ich hier­her, um ein­zu­kau­fen, denn hier ist es bil­li­ger. Seit 23 Jah­ren bin ich hier; ich bin Kran­ken­schwe­ster, Heb­am­me; ich habe zwei- bis drei­tau­send Kin­der zur Welt gebracht…“ – „Ah… und Sie kom­men allein hier­her?“ – „Ja, ja, wir neh­men das Kanu…“. Mit 83 Jah­ren! Nach einer Stun­de mit dem Kanu kam sie an. Die­se Frau und vie­le wie sie haben ihr Land ver­las­sen – sie ist Ita­lie­ne­rin, aus Bre­scia –, um den Leib Chri­sti zu berüh­ren. Wenn wir in die­se Mis­si­ons­län­der gehen, ins Ama­zo­nas-Gebiet, nach Latein­ame­ri­ka, fin­den wir auf den Fried­hö­fen die Grä­ber vie­ler Ordens­frau­en und ‑män­ner, die jung gestor­ben sind, weil sie für die Krank­hei­ten jenes Lan­des kei­ne Anti­kör­per besa­ßen und ihnen dann in jun­gen Jah­ren erla­gen… Die Wer­ke der Barm­her­zig­keit: berüh­ren, leh­ren, trö­sten, „Zeit verlieren“…
Zeit ver­lie­ren. Da hat mir ein­mal etwas sehr gefal­len: Ein Mann ging zur Beich­te, befand sich aber in einer Situa­ti­on, in der er kei­ne Abso­lu­ti­on erhal­ten konn­te. Er war mit eini­gem Ban­gen gekom­men, denn er war schon eini­ge Male fort­ge­schickt wor­den: „Nein, nein… scher dich fort!“. Der Prie­ster hat ihm zuge­hört, hat ihm die Situa­ti­on erklärt und ihm gesagt: „Du aber bete! Gott liebt dich. Ich ertei­le dir den Segen, komm aber wie­der. Ver­sprichst du mir das?“ Die­ser Prie­ster hat „Zeit ver­lo­ren“, um den Mann zu den Sakra­men­ten hin­zu­zie­hen. Das heißt Nähe.
Und da ich zu Bischö­fen über Nähe spre­che, glau­be ich, dass ich über die wich­tig­ste Nähe spre­chen muss: die Nähe zu den Prie­stern. Der Bischof muss für sei­ne Prie­ster ver­füg­bar sein. Als ich in Argen­ti­ni­en war, habe ich, wenn ich Exer­zi­ti­en pre­dig­te – das habe ich immer ger­ne getan – und zu den Prie­stern sag­te: „Sprich dar­über mit dei­nem Bischof…“, vie­le, vie­le Male gehört: „Aber nein, ich habe ihn ange­ru­fen; die Sekre­tä­rin hat mir gesagt: Nein, er ist über­aus beschäf­tigt, aber in drei Mona­ten wird er dich emp­fan­gen“. – So ein Prie­ster fühlt sich als Wai­se, ohne Vater, ohne Nähe und beginnt, sich fal­len zu las­sen. Ein Bischof, der am Abend, wenn er heim­kommt, auf dem Blatt mit den Tele­fon­ge­sprä­chen den Anruf eines Prie­sters sieht, muss die­sen ent­we­der noch am sel­ben Abend oder am näch­sten Tag sofort anru­fen. „Ja, ich bin beschäf­tigt, aber ist es drin­gend?“ – „Nein, nein, aber machen wir etwas aus…“. Damit der Prie­ster spürt, dass er einen Vater hat. Wenn wir den Prie­stern die Vater­fi­gur vor­ent­hal­ten, kön­nen wir von ihnen nicht ver­lan­gen, dass sie selbst Vater­fi­gu­ren sind. Und so rückt das Emp­fin­den für die Vater­schaft Got­tes in die Fer­ne. Das Werk des Soh­nes ist, die mensch­li­chen Erbärm­lich­kei­ten – die geist­li­chen wie die leib­li­chen – zu berüh­ren. Die Nähe. Das Werk des Vaters ist, Vater zu sein, ein väter­li­cher Bischof.
Und dann die Jugend­li­chen – denn in die­sen Tagen muss man von den jun­gen Men­schen spre­chen. Die Jugend­li­chen sind „lästig“! Denn sie kom­men immer die glei­chen Din­ge zu sagen; oder: „Ich sehe das aber so…“ oder: „die Kir­che müss­te…“, und es braucht Geduld mit den jun­gen Leu­ten. Ich habe als Jun­ge meh­re­re Prie­ster ken­nen­ge­lernt – es war eine Zeit, in der der Beicht­stuhl häu­fi­ger auf­ge­sucht wur­de als jetzt –; sie ver­brach­ten Stun­den um Stun­den damit, zuzu­hö­ren, oder sie emp­fin­gen einen im Pfarr­bü­ro, um die­sel­ben Din­ge zu hören… aber mit Geduld. Und außer­dem, die jun­gen Leu­te aufs Land oder in die Ber­ge mit­neh­men… Den­ken Sie an den hei­li­gen Johan­nes Paul II.: Was mach­te er mit den Uni­ver­si­täts­stu­den­ten? Ja, er hielt die Lek­tio­nen, aber dann ging er mit ihnen in die Ber­ge! Nähe. Er hör­te ihnen zu. Er war mit den jun­gen Leu­ten zusammen…
Und ein Letz­tes möch­te ich unter­strei­chen, denn ich glau­be, dass der Herr es von mir ver­langt: die Groß­el­tern. Sie, die Sie unter dem Kom­mu­nis­mus, unter dem Athe­is­mus gelit­ten haben, wis­sen, dass es die Groß­vä­ter und die Groß­müt­ter waren, die den Glau­ben geret­tet und wei­ter­ge­ge­ben haben. Die Groß­el­tern haben das Gedächt­nis eines Vol­kes, haben das Gedächt­nis des Glau­bens, das Gedächt­nis der Kir­che. Nicht die Groß­el­tern „aus­ran­gie­ren“! In die­ser Weg­werf­kul­tur, die eben ent­christ­licht ist, wird aus­ge­son­dert, was nicht nütz­lich ist, was nicht funk­tio­niert. Nein! Die Groß­el­tern sind das Gedächt­nis des Vol­kes, sie sind das Gedächt­nis des Glau­bens. Und die jun­gen Men­schen mit den Groß­el­tern ver­bin­den – auch das ist Nähe. Nahe sein und Nähe schaf­fen. So wür­de ich auf die­se Fra­ge ant­wor­ten. Es gibt kei­ne Rezep­te, aber wir müs­sen uns auf den Kampf­platz bege­ben. Wenn wir war­ten, bis sie anru­fen oder an die Tür klop­fen… Nein. Wir müs­sen hin­aus­ge­hen und suchen, wie der Hir­te, der sich auf die Suche nach den Ver­lo­re­nen macht. Ich weiß nicht, das ist es, was mir dazu ein­fällt. Ganz einfach.

Bischof Sla­woj Les­zek Glodz, Erz­bi­schof von Dan­zig: Lie­ber Papst Fran­zis­kus, vor allem sind wir sehr dank­bar, dass Papst Fran­zis­kus die Leh­re von der Barm­her­zig­keit ver­tieft hat, die der hei­li­ge Johan­nes Paul II. gera­de hier in Kra­kau begon­nen hat­te. Wir alle wis­sen, dass wir in einer von Unge­rech­tig­keit beherrsch­ten Welt leben: Die Reich­sten wer­den immer noch rei­cher, die Armen ver­elen­den, es gibt den Ter­ro­ris­mus, es gibt libe­ra­le For­men von Ethik und Moral, ohne Gott… Und mei­ne Fra­ge lau­tet: Wie – und vor allem auf wen – soll man die Leh­re von der Barm­her­zig­keit anwen­den? Der Hei­li­ge Vater hat eine Medi­zin pro­pa­giert, die sich „miser­i­cor­di­na“ nennt und die ich hier bei mir habe: Dan­ke für die Kampagne…

Papst Fran­zis­kus: … aber jetzt kommt die „miser­i­cor­di­na plus“: Die ist noch stärker!

Bischof Sla­woj Les­zek Glodz: … ja, und dan­ke für die­ses „Plus“. Wir haben hier das auch von der Regie­rung geför­der­te „Plus“-Programm für kin­der­rei­che Fami­li­en. Die­ses „Plus“ ist in Mode. Mir geht es vor allem um das „Für wen?“ und das „Wie?“. An erster Stel­le: Wer müss­te der Adres­sat unse­rer Leh­re von der Barm­her­zig­keit sein? Danke.

Papst Fran­zis­kus: Dan­ke. Das mit der Barm­her­zig­keit ist nicht etwas, das mir in den Sinn gekom­men ist. Es ist ein Pro­zess. Wenn wir es recht betrach­ten, fin­den wir bereits beim seli­gen Paul VI. eini­ge Andeu­tun­gen über die Barm­her­zig­keit. Dann war der hei­li­ge Johan­nes Paul II. ein „Gigant“ der Barm­her­zig­keit, mit der Enzy­kli­ka Dives in miser­i­cor­dia, mit der Hei­lig­spre­chung der Schwe­ster Fausti­na und dann mit dem Sonn­tag nach Ostern – am Vor­abend jenes Tages ist er gestor­ben. Es ist seit Jah­ren ein Pro­zess in der Kir­che. Man sieht, dass der Herr ver­lang­te, in der Kir­che die­se Hal­tung der Barm­her­zig­keit unter den Gläu­bi­gen neu zu erwecken. Er ist der Barm­her­zi­ge, der alles verzeiht.
Mich beein­druckt sehr ein mit­tel­al­ter­li­ches Kapi­tell in der Basi­li­ka der hei­li­gen Maria Mag­da­le­na zu Vezelay in Frank­reich, wo der Jakobs­weg beginnt. Auf die­sem Kapi­tell sieht man auf der einen Sei­te Judas, der sich erhängt hat, mit offe­nen Augen und her­aus­ge­streck­ter Zun­ge, und auf der ande­ren Sei­te sieht man den Guten Hir­ten, der ihn mit zu sich nimmt. Und wenn wir genau und ganz auf­merk­sam hin­schau­en, bemer­ken wir, dass das Gesicht des Guten Hir­ten, sei­ne Lip­pen auf der einen Sei­te einen trau­ri­gen Aus­druck haben, auf der ande­ren Sei­te aber ein Lächeln zei­gen. Die Barm­her­zig­keit ist ein Geheim­nis, sie ist ein Geheim­nis. Sie ist das Geheim­nis Gottes.
Man hat mich inter­viewt und dar­aus wur­de dann ein Buch gemacht mit dem Titel „Der Name Got­tes ist Barm­her­zig­keit“. Doch das ist ein jour­na­li­sti­scher Aus­druck; ich mei­ne, dass man sagen kann, dass Gott der barm­her­zi­ge Vater ist. Zumin­dest prä­sen­tiert Jesus ihn so im Evan­ge­li­um. Er straft, um zur Umkehr zu füh­ren. Und außer­dem die Gleich­nis­se von der Barm­her­zig­keit und die Wei­se, wie er uns ret­ten woll­te… Als die Zeit erfüllt war, ließ er sei­nen Sohn von einer Frau zur Welt brin­gen: leib­lich, er ret­tet uns mit dem Leib; nicht auf­grund der Angst, son­dern vom Leib aus­ge­hend. In die­sem Pro­zess der Kir­che emp­fan­gen wir so vie­le Gnaden.
Und Sie sehen die­se Welt, die an Unge­rech­tig­keit, an feh­len­der Lie­be und an Kor­rup­ti­on krankt. Aber das ist wahr, das ist wahr. Heu­te kam im Flug­zeug die Rede auf die­sen über acht­zig Jah­re alten Prie­ster, der in Frank­reich getö­tet wur­de: Seit lan­gem sage ich, dass die Welt im Krieg ist, dass wir den stück­wei­se geführ­ten drit­ten Welt­krieg erle­ben. Den­ken wir an Nige­ria… Ideo­lo­gien, ja, aber was ist die heu­ti­ge Ideo­lo­gie, die im Mit­tel­punkt steht und die Mut­ter der Kor­rup­tio­nen und der Krie­ge ist? Die Ver­göt­te­rung des Gel­des. Nicht mehr der Mensch ist die Krö­nung der Schöp­fung; an sei­ne Stel­le ist der Göt­ze Geld gesetzt wor­den, und alles wird für Geld gekauft und ver­kauft. Im Zen­trum steht das Geld. Die Men­schen wer­den aus­ge­beu­tet. Und der Men­schen­han­del heu­te? Immer war es so: die Grau­sam­keit! Ich habe dar­über mit einer Regie­rungs­chefin gespro­chen und sie hat mir gesagt: „Grau­sam­keit hat es immer gege­ben. Das Pro­blem ist, dass wir sie jetzt im Fern­se­hen sehen; sie hat sich unse­rem Leben genä­hert.“ Aber immer die­se Grau­sam­keit. Töten um des Gel­des wil­len. Die Men­schen und die Schöp­fung aus­beu­ten. Ein kürz­lich gewähl­ter afri­ka­ni­scher Regie­rungs­chef hat mir in der Audi­enz gesagt: „Der erste Regie­rungs­akt, den ich unter­nom­men habe, war die Wie­der­auf­for­stung des Lan­des, das ent­wal­det und zugrun­de gerich­tet war.“ Wir küm­mern uns nicht um die Schöp­fung! Und das bedeu­tet mehr Arme und mehr Korruption.
Aber was den­ken wir, wenn acht­zig Pro­zent – mehr oder weni­ger, schau­en Sie in den Sta­ti­sti­ken nach; wenn nicht acht­zig, dann sind es zwei­und­acht­zig oder acht­und­sieb­zig – des Reich­tums in den Hän­den von weni­ger als zwan­zig Pro­zent der Bevöl­ke­rung sind? „Pater, reden Sie nicht so, Sie sind Kom­mu­nist!“ Nein, nein, das sind Sta­ti­sti­ken! Und wer bezahlt das? Die Leu­te, das Got­tes­volk: die aus­ge­beu­te­ten Mäd­chen, die arbeits­lo­sen Jugend­li­chen. In Ita­li­en sind vier­zig Pro­zent der jun­gen Men­schen unter fünf­und­zwan­zig Jah­ren arbeits­los; in Spa­ni­en sind es fünf­zig Pro­zent, in Kroa­ti­en sie­ben­und­vier­zig. War­um? Weil es die „liquid eco­no­my“ gibt, die die Kor­rup­ti­on begün­stigt. Ein bedeu­ten­der Katho­lik erzähl­te mir schockiert, dass ein Freund ihm sag­te: „Ich zei­ge dir, wie ich zwan­zig­tau­send Dol­lar ver­die­ne, ohne aus dem Haus zu gehen.“ Und von Kali­for­ni­en aus tätig­te er mit dem Com­pu­ter einen Ankauf von ich weiß nicht was und ver­kauf­te das Erwor­be­ne wei­ter nach Chi­na. In zwan­zig Minu­ten, in weni­ger als zwan­zig Minu­ten hat­te er die­se zwan­zig­tau­send Dol­lar ver­dient. Alles ist im Fluss! Und die jun­gen Leu­te besit­zen kei­ne Kul­tur der Arbeit, weil sie kei­ne Arbeit haben! Der Boden ist tot, weil er ohne jede Klug­heit aus­ge­beu­tet wor­den ist. Und so machen wir wei­ter. Die Welt erwärmt sich. War­um? Weil wir ver­die­nen müs­sen. Der Gewinn. „Wir sind in die Ver­göt­te­rung des Gel­des gefal­len“, hat mir ein Bot­schaf­ter bei sei­ner Vor­stel­lung gesagt. Das ist Götzendienst.
Die gött­li­che Barm­her­zig­keit ist das Zeug­nis, das Zeug­nis vie­ler Men­schen – Män­ner und Frau­en, Jugend­li­che –, die Wer­ke tun: in Ita­li­en zum Bei­spiel das Genos­sen­schafts­we­sen. Ja, es gibt eini­ge, die all­zu geris­sen sind, aber immer wird Gutes getan, wer­den gute Din­ge ver­wirk­licht. Und dann die Ein­rich­tun­gen für die Pfle­ge der Kran­ken: lei­stungs­star­ke Ein­rich­tun­gen. Die­sen Weg muss man ein­schla­gen, etwas für den Auf­bau der Men­schen­wür­de tun.
Doch was Sie sagen, ist wahr. Wir erle­ben einen reli­giö­sen Analpha­be­tis­mus. Das geht so weit, dass in eini­gen Hei­lig­tü­mern der Welt die Din­ge durch­ein­an­der­ge­bracht wer­den: Man geht, um zu beten, es gibt Läden mit Devo­tio­na­li­en, Rosen­krän­zen…, aber in eini­gen Geschäf­ten wer­den auch Din­ge ver­kauft, die sich auf Aber­glau­ben bezie­hen, weil man das Heil im Aber­glau­ben sucht, im reli­giö­sen Analpha­be­tis­mus, die­sem Rela­ti­vis­mus, der das eine mit dem ande­ren ver­wech­selt. Und dort ist die Kate­che­se gefragt, die Lebens-Kate­che­se. Die Kate­che­se, die nicht nur dar­in besteht, Kennt­nis­se zu ver­mit­teln, son­dern dar­in, den Weg zu beglei­ten. Das Beglei­ten ist eine der wich­tig­sten Hal­tun­gen! Das Wachs­tum des Glau­bens beglei­ten. Es ist eine gro­ße Arbeit, und die jun­gen Leu­te erwar­ten das! Die jun­gen Leu­te war­ten… „Aber wenn ich anfan­ge zu reden, lang­wei­len sie sich!“ Aber gib ihnen etwas zu tun! Sag ihnen, sie sol­len wäh­rend der Feri­en für zwei Wochen beim Bau von beschei­de­nen Woh­nun­gen für die Armen hel­fen oder irgend­et­was ande­res auf die Bei­ne stel­len! Dass sie anfan­gen zu spü­ren, dass sie nütz­lich sind. Und dort lass dann den Samen Got­tes fal­len. Ganz all­mäh­lich. Doch allein mit Wor­ten funk­tio­niert das nicht! Den heu­ti­gen reli­giö­sen Analpha­be­tis­mus, den müs­sen wir mit drei For­men der Spra­che ange­hen: mit der Spra­che des Ver­stands, der Spra­che des Her­zens und der Spra­che der Hän­de. Alle drei im Ein­klang miteinander.
Ich weiß nicht… ich rede zu viel! Es sind Gedan­ken, die ich Ihnen vor­le­ge. Sie wer­den mit Ihrer Klug­heit wis­sen, was zu tun ist. Doch immer Kir­che im Auf­bruch! Ein­mal habe ich im Zusam­men­hang mit jenem Vers aus der Offen­ba­rung des Johan­nes: „Ich ste­he vor der Tür und klop­fe an“ (3,20) zu sagen gewagt: Er klopft an die Tür, aber ich fra­ge mich, wie oft der Herr von innen an die Tür klopft, damit wir ihm öff­nen und er zusam­men mit uns hin­aus­ge­hen kann, um das Evan­ge­li­um nach drau­ßen zu tra­gen. Nicht ein­ge­schlos­sen, hin­aus! Hin­aus­ge­hen, hin­aus­ge­hen! Danke.

Bischof Les­zek Leszkie­wicz, Weih­bi­schof von Tar­now: Hei­li­ger Vater, unser pasto­ra­ler Ein­satz basiert größ­ten­teils auf dem tra­di­tio­nel­len Modell der Pfarr­ge­mein­de, die auf dem sakra­men­ta­len Leben auf­ge­baut ist. Es ist ein Modell, das hier immer noch Früch­te trägt. Den­noch wird uns bewusst, dass sich auch bei uns die Bedin­gun­gen und die Umstän­de des täg­li­chen Lebens rasch ändern und von der Kir­che neue pasto­ra­le Hand­lungs­wei­sen ver­lan­gen. Bei­de – Hir­ten wie Gläu­bi­ge – ähneln wir ein wenig jenen Jün­gern, die hören, sich sehr zu schaf­fen machen, aber nicht immer ver­ste­hen, die inne­re und äuße­re mis­sio­na­ri­sche Dyna­mik der kirch­li­chen Gemein­schaf­ten frucht­bar wer­den zu las­sen. Hei­li­ger Vater, sie spre­chen in Ihrem Schrei­ben Evan­ge­lii gau­di­um von den mis­sio­na­ri­schen Jün­gern, die der Welt von heu­te vol­ler Begei­ste­rung die Fro­he Bot­schaft brin­gen. Was emp­feh­len Sie uns? Wor­in ermu­ti­gen Sie uns, damit wir in unse­rer Welt die Gemein­schaft der Kir­che erfolg­reich, frucht­bar, freu­dig und mit mis­sio­na­ri­schem Schwung auf­bau­en können?

Papst Fran­zis­kus: Dan­ke! Eines möch­te ich unter­strei­chen: Die Pfarr­ge­mein­de ist nach wie vor wert­voll! Die Pfar­rei muss blei­ben: Sie ist eine Struk­tur, die wir nicht über Bord wer­fen dür­fen. Die Pfar­rei ist ja gera­de das Haus des Got­tes­vol­kes, in dem es lebt. Die Fra­ge ist, wie ich die Pfar­rei gestal­te! Es gibt Pfar­rei­en mit Pfarr­se­kre­tä­rin­nen, die „Jün­ge­rin­nen Satans“ zu sein schei­nen, die die Leu­te erschrecken. Pfar­rei­en mit geschlos­se­nen Türen. Aber es gibt auch Pfar­rei­en mit offe­nen Türen, Pfar­rei­en, in denen, wenn jemand mit einer Fra­ge kommt, gesagt wird: „Ja, ja… bit­te, neh­men Sie Platz! Was haben Sie auf dem Her­zen?“ Und man hört zu, mit Geduld… Denn sich um das Volk Got­tes küm­mern ist anstren­gend, ist anstren­gend! Ein tüch­ti­ger Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor, ein Jesu­it, den ich in Bue­nos Aires ken­nen lern­te, bat im Moment sei­ner Pen­sio­nie­rung den Pro­vin­zi­al, als Pfar­rer in ein Stadt­vier­tel gehen zu dür­fen, um die­se ande­re Erfah­rung zu machen. Ein­mal pro Woche kam er in die Fakul­tät – er gehör­te zu jener Gemein­schaft – und eines Tages sag­te er mir: „Sag dei­nem Pro­fes­sor für Ekkle­sio­lo­gie, dass in sei­nem Trak­tat zwei The­sen feh­len“ – „Wel­che?“ – „Erstens: Das hei­li­ge Volk Got­tes ist wesent­lich ermü­dend. Und zwei­tens: Das hei­li­ge Volk Got­tes tut onto­lo­gisch das, was ihm bes­ser scheint. Und das macht müde!“ Heu­te Pfar­rer zu sein, ist anstren­gend: In die­ser heu­ti­gen Welt mit so vie­len Pro­ble­men eine Pfar­rei vor­an­zu­brin­gen, ist müh­sam. Und der Herr hat uns beru­fen, damit wir uns ein wenig anstren­gen; um zu arbei­ten und nicht um aus­zu­ru­hen. Die Pfar­rei ist ermü­dend, wenn sie einen guten Grund­an­satz hat.
Die Erneue­rung der Pfar­rei ist eines der Din­ge, die die Bischö­fe immer vor Augen haben müs­sen: Wie geht es die­ser Pfar­rei? Was tust du? Wie läuft die Kate­che­se? Wie lehrst du sie? Ist sie offen? So vie­le Din­ge… Ich den­ke an eine Pfar­rei in Bue­nos Aires; wenn die Ver­lob­ten kamen: „Wir möch­ten hier hei­ra­ten…“ – „Ja – sag­te die Sekre­tä­rin – dies sind die Prei­se.“ Das geht nicht; eine sol­che Pfar­rei ist nicht in Ord­nung. Wie wer­den die Men­schen auf­ge­nom­men? Wie hört man ihnen zu? Ist immer jemand im Beicht­stuhl? Wenn es in den Pfarr­kir­chen – nicht in den klei­nen Quar­tie­ren, son­dern in denen, die im Zen­trum, an den Haupt­stra­ßen lie­gen – einen Beicht­stuhl gibt, in dem das Licht an ist, gehen die Leu­te immer hin. Immer. Eine ein­la­den­de Pfar­rei. Wir Bischö­fe müs­sen unse­ren Prie­stern die­se Fra­gen stel­len: „Wie geht es dei­ner Pfar­rei? Und gehst du hin­aus? Besuchst du die Gefan­ge­nen, die Kran­ken, die alten Frau­en? Und was unter­nimmst du mit den Kin­dern? Wie bringst du sie zum Spie­len, und wie för­derst du das Ora­to­ri­um? Das ist eine der gro­ßen Ein­rich­tun­gen auf Pfar­rei­ebe­ne, zumin­dest in Ita­li­en. Das Ora­to­ri­um. Dort spie­len die Kin­der und man ver­mit­telt ihnen ein Wort, ein wenig Kate­che­se. Müde, zufrie­den und mit einem guten Samen im Her­zen keh­ren sie nach Hau­se zurück. Die Pfar­rei ist wich­tig! Hier und da wird gesagt, die Pfar­rei tau­ge nichts mehr, weil jetzt die Stun­de der Bewe­gun­gen ist. Das ist nicht wahr! Die Bewe­gun­gen hel­fen, aber sie dür­fen kei­ne Alter­na­ti­ve zur Pfar­rei dar­stel­len: Sie müs­sen sich in der Pfar­rei nütz­lich machen und sie för­dern, wie die Maria­ni­sche Kon­gre­ga­ti­on, wie die Katho­li­sche Akti­on und vie­le andere.
Die Neu­heit suchen und die Pfarr­struk­tur ändern? Was ich Ihnen sage, mag viel­leicht wie eine Häre­sie erschei­nen, aber es ist, wie ich es erle­be: Ich glau­be, dass sie etwas Ähn­li­ches wie die bischöf­li­che Struk­tur ist, sie ist anders, aber ähn­lich. An die Pfar­rei darf man nicht rüh­ren: Sie muss bestehen blei­ben als ein Ort der Krea­ti­vi­tät, als Bezugs­punkt, als ein müt­ter­li­cher Hort… Und dort die­sen Erfin­dungs­geist wal­ten las­sen. Und wenn eine Pfar­rei so wei­ter­macht, ver­wirk­licht sich das, was ich – in Bezug auf die mis­sio­na­ri­schen Jün­ger – „eine Pfar­rei im Auf­bruch“ nenne.
So den­ke ich zum Bei­spiel an eine Pfar­rei – ein schö­nes Vor­bild, das dann von vie­len nach­ge­ahmt wur­de – in einem Dorf, in dem die Kin­der­tau­fe nicht üblich war, weil das Geld fehl­te. Aber für das Patro­nats­fest beginnt man drei bis vier Mona­te vor­her mit den Vor­be­rei­tun­gen, mit Haus­be­su­chen, und da sieht man, wie vie­le Kin­der nicht getauft sind. Man berei­tet die Fami­li­en vor, und eine der Fei­ern beim Patro­nats­fest ist dann die Tau­fe von drei­ßig bis vier­zig Kin­dern, die andern­falls unge­tauft geblie­ben wären. Sol­che Din­ge muss man erfin­den. Die Leu­te hei­ra­ten nicht in der Kir­che. Ich den­ke an eine Prie­ster­ver­samm­lung. Einer stand auf und frag­te: „Hast du über­legt, war­um?“ Und er nann­te vie­le Grün­de, die wir eben­so sehen: die heu­ti­ge Kul­tur und vie­les mehr. Aber es gibt eine ansehn­li­che Grup­pe von Men­schen, die nicht hei­ra­ten, weil das heu­te teu­er ist! Es kostet! Alles kostet, das Fest… Es ist ein gesell­schaft­li­ches Fak­tum. Und die­ser Pfar­rer, der sehr erfin­dungs­reich war, sag­te: „Wenn jemand hei­ra­ten will, war­te ich auf ihn!“ Denn in Argen­ti­ni­en gibt es zwei Ehe­schlie­ßun­gen: Man muss immer die zivi­le Trau­ung vor­neh­men und dann, wenn du willst, gehst du zum Got­tes­haus dei­ner Reli­gi­on, um zu hei­ra­ten. Man­che – vie­le! – kom­men nicht, weil sie kein Geld für ein gro­ßes Fest haben… Aber die Prie­ster, die ein biss­chen Erfin­dungs­geist haben, sagen: „Nein, nein, ich war­te auf dich!“ An jenem Tag wer­den die zivi­len Trau­un­gen zwi­schen 11.00 und 14.00 Uhr vor­ge­nom­men; da mache ich kei­ne Sie­sta! Nach der zivi­len Trau­ung kom­men sie in die Kir­che, hei­ra­ten und gehen in Frie­den. Erfin­den, suchen, hin­aus­ge­hen, die Leu­te auf­su­chen, sich in ihre Schwie­rig­kei­ten hineinversetzen.
Doch eine „Büro-Pfar­rei“ funk­tio­niert heu­te nicht. Denn die Leu­te sind nicht dis­zi­pli­niert. Sie haben ein dis­zi­pli­nier­tes Volk, und das ist eine Gna­de Got­tes! Aber im All­ge­mei­nen sind sie nicht dis­zi­pli­niert. Ich den­ke an mein Land: Wenn du nicht auf die Suche nach ihnen gehst, wenn du kei­ne Annä­he­rung her­bei­führst, kom­men sie nicht. Und das ist der mis­sio­na­ri­sche Jün­ger, die Pfar­rei im Auf­bruch. Hin­aus­ge­hen und suchen, wie Gott es getan hat, der sei­nen Sohn gesandt hat, um uns zu suchen.
Ich weiß nicht, ob dies eine grob ver­ein­fa­chen­de Ant­wort ist, aber ich habe kei­ne ande­re. Ich bin kein erleuch­te­ter Pasto­ral­ex­per­te, ich sage das, was mir einfällt.

Bischof Krzy­sz­tof Zadar­ko, Weih­bi­schof von Kos­za­lin-Kolo­brzeg: Hei­li­ger Vater, eines der beäng­sti­gend­sten Pro­ble­me, mit dem das heu­ti­ge Euro­pa sich aus­ein­an­der­set­zen muss, ist die Flücht­lings­fra­ge. Wie kön­nen wir ihnen hel­fen, da es so vie­le sind? Und was kön­nen wir tun, damit die Angst vor ihrer Inva­si­on oder Aggres­si­on, die die gan­ze Gesell­schaft lähmt, über­wun­den wird?

Papst Fran­zis­kus: Dan­ke! Das Flücht­lings­pro­blem… Nicht zu allen Zei­ten waren die Flücht­lin­ge wie jetzt. Sagen wir Migran­ten und Flücht­lin­ge; wir betrach­ten sie zusam­men. Mein Vater war ein Migrant. Und ich habe dem Prä­si­den­ten [von Polen] erzählt, dass es in der Fabrik, in der er arbei­te­te, vie­le pol­ni­sche Migran­ten gab, in der Nach­kriegs­zeit. Ich war ein Kind und habe vie­le von ihnen gekannt. Mein Land ist ein Land der Ein­wan­de­rer, alle… Und dort gab es kei­ne Pro­ble­me; es waren ande­re Zei­ten, das stimmt. Und heu­te, war­um gibt es so viel Migra­ti­on? Ich spre­che nicht von der Aus­wan­de­rung aus der eige­nen Hei­mat ins Aus­land; das geschieht auf­grund des Arbeits­man­gels. Es ist klar, dass sie drau­ßen Arbeit suchen gehen. Das ist ein hei­mi­sches Pro­blem, das auch Sie ein wenig haben… Ich spre­che von denen, die zu uns kom­men: Sie flie­hen vor den Krie­gen, vor dem Hun­ger. Das Pro­blem liegt dort. Und war­um liegt das Pro­blem dort? Weil es in jenem Land eine Aus­beu­tung der Men­schen, eine Aus­beu­tung der Erde, eine Aus­beu­tung, um noch mehr Geld zu ver­die­nen, gibt. Wenn man mit Wirt­schafts­wis­sen­schaft­lern von Welt­rang spricht, die die­ses Pro­blem sehen, sagen sie: Wir müs­sen in die­sen Län­dern inve­stie­ren; dadurch wer­den sie Arbeit bekom­men und nicht mehr aus­wan­dern müs­sen. Aber es herrscht Krieg! Es gibt den Stam­mes­krieg, eini­ge ideo­lo­gi­sche Krie­ge oder eini­ge künst­li­che Krie­ge, die von den Waf­fen­händ­lern vor­be­rei­tet wer­den, die davon leben: Sie geben dir die Waf­fen, der du gegen die ande­ren bist, und den ande­ren, die gegen dich sind. Und so leben sie! Wirk­lich, die Kor­rup­ti­on steht am Ursprung der Migration.
Was tun? Ich glau­be, jedes Land muss das Wie und das Wann abwä­gen. Nicht alle Län­der sind gleich; nicht alle Län­der haben die glei­chen Mög­lich­kei­ten. Jawohl. Aber sie haben die Mög­lich­keit, groß­her­zig zu sein! Groß­her­zig als Chri­sten. Wir kön­nen nicht dort inve­stie­ren, aber für die­je­ni­gen, die kom­men… Wie vie­le und wie? Man kann kei­ne all­ge­mein­gül­ti­ge Ant­wort geben, denn die Auf­nah­me hängt von der Situa­ti­on jedes Lan­des und auch von der Kul­tur ab. Doch gewiss kann man vie­les tun. Zum Bei­spiel das Gebet: Ein­mal in der Woche die Anbe­tung vor dem Aller­hei­lig­sten mit einem Gebet für die, wel­che an die Tür Euro­pas klop­fen und nicht hin­ein­kom­men kön­nen. Eini­gen gelingt es, aber ande­ren nicht… Dann kommt einer her­ein und schlägt einen Weg ein, der Angst macht. Wir haben Län­der, die es ver­stan­den haben, die Migran­ten gut zu inte­grie­ren, seit Jah­ren! Sie haben sie gut zu inte­grie­ren ver­stan­den. In ande­ren hat sich lei­der eine Art von Get­tos gebil­det. Da gibt es eine umfas­sen­de Reform, die auf Welt­ebe­ne in Bezug auf die­se Ver­pflich­tung der Auf­nah­me durch­zu­füh­ren ist. Doch das ist letzt­lich ein rela­ti­ver Aspekt; gene­rell not­wen­dig ist das auf­nah­me­be­rei­te, offe­ne Herz. Das ist das Gene­rel­le! Mit dem Gebet, mit der Für­bit­te das tun, was ich kann. Rela­tiv ist die Art, in der ich es tun kann; nicht alle kön­nen es in der glei­chen Wei­se tun. Aber das Pro­blem besteht welt­weit! Die Aus­beu­tung der Schöp­fung, die Aus­beu­tung der Men­schen. Wir erle­ben einen Moment der Ver­nich­tung des Men­schen als Eben­bild Gottes.
Und mit die­sem Aspekt möch­te ich hier schlie­ßen, denn hin­ter die­sem Phä­no­men ste­hen die Ideo­lo­gien. In Euro­pa, in Ame­ri­ka, in Latein­ame­ri­ka, in Afri­ka, in eini­gen Län­dern Asi­ens gibt es einen wah­ren ideo­lo­gi­schen Kolo­nia­lis­mus. Und einer von die­sen – ich nen­ne ihn unver­hoh­len beim Namen – ist die Gen­der-Theo­rie! Heu­te wird den Kin­dern – den Kin­dern! – in der Schu­le bei­gebracht, dass jeder sein Geschlecht sel­ber wäh­len kann. Und war­um wird das gelehrt? Weil die Lehr­bü­cher von den Per­so­nen und den Insti­tu­tio­nen kom­men, die dir das Geld geben. Das sind die For­men von ideo­lo­gi­schem Kolo­nia­lis­mus, die auch von sehr ein­fluss­rei­chen Län­dern unter­stützt wer­den. Und das ist schreck­lich. In einem Gespräch mit Bene­dikt XVI. – dem es übri­gens gut geht und der ein ganz kla­res Den­ken hat – sag­te er mir: „Hei­lig­keit, dies ist die Zeit der Sün­de gegen den Schöp­fer­gott!“ Das ist klug. Gott hat Mann und Frau geschaf­fen; Gott hat die Welt so und so geschaf­fen… und wir sind dabei, das Gegen­teil zu machen. Gott hat uns einen Zustand der „Wild­nis“ anver­traut, damit wir aus ihr Kul­tur machen; und dann tun wir mit die­ser Kul­tur Din­ge, die uns in den Zustand der „Wild­nis“ zurück­ver­set­zen (vgl. Roma­no Guar­di­ni, Das Ende der Neu­zeit, Würz­burg 1950, S. 95–96)!  Was Bene­dikt XVI. da gesagt hat, soll­ten wir beden­ken: „Es ist die Zeit der Sün­de gegen den Schöp­fer­gott!“ Das wird uns helfen.
Aber du, Krzy­sz­tof wirst mich fra­gen: „Was hat das mit den Migran­ten zu tun?“ Es ist das ein biss­chen der Kon­text, weißt du? In Bezug auf die Migran­ten will ich sagen: Das Pro­blem liegt dort, in ihrem Land. Aber wie neh­men wir sie auf? Jeder muss sehen, wie er es anstellt. Doch alle kön­nen wir ein offe­nes Herz haben und dar­an den­ken, in den Pfar­rei­en eine Stun­de wöchent­lich Anbe­tung zu hal­ten und für die Migran­ten zu beten. Das Gebet ver­setzt Berge!
Das waren die vier Fra­gen. Ich weiß nicht… Ent­schul­di­gen Sie, wenn ich zu viel gere­det habe, aber das ita­lie­ni­sche Blut ver­rät mich…
Vie­len Dank für den Emp­fang. Hof­fen wir, dass die­se Tage uns mit Freu­de erfül­len – mit Freu­de, mit gro­ßer Freu­de. Und beten wir zu Maria, die Mut­ter ist und uns immer bei der Hand nimmt.
Sal­ve Regina…
Und ver­ges­sen Sie die Groß­el­tern nicht; sie sind das Gedächt­nis eines Volkes!

Kritik für die Worte zur Gender-Ideologie

Inter­na­tio­na­les Inter­es­se fan­den bis­her nur die Wor­te von Papst Fran­zis­kus zur „Gen­der-Theo­rie“, wor­in durch­aus ein Sym­ptom zu sehen ist.
In der New York Times vom 3. August warf Mari­an­ne Dud­dy-Bur­ke, die Direk­to­rin von Dignity­U­SA dem Papst „gefähr­li­che Igno­ranz“ vor. Dignity­U­SA ist eine US-ame­ri­ka­ni­sche Homo-Orga­ni­sa­ti­on, deren erklär­tes Ziel es ist, die Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät in der katho­li­schen Kir­che durch­zu­set­zen. Gegrün­det wur­de die Orga­ni­sa­ti­on 1969 vom katho­li­schen Prie­ster Patrick Nidorf „für homo­se­xu­el­le Katho­li­ken“. Nidorf gab weni­ge Jah­re spä­ter sein Prie­ster­tum auf und heiratete.

Kri­tik an Papst Fran­zis­kus kam auch von Fran­cis DeBer­nar­do, dem Spre­cher von New Ways Mini­stries, einer Orga­ni­sa­ti­on, die sich „katho­lisch“ nennt, ohne es zu sein. „Die Här­te des Kom­men­tars war über­ra­schend“, so DeBer­nar­do. „Wie vie­le Kir­chen­ver­tre­ter, ver­steht auch er die Wirk­lich­keit der Per­so­nen nicht, die mit Fra­gen der Geschlechts­iden­ti­tät zu tun haben. Nie­mand wählt sein Geschlecht, son­dern ent­deckt es.“

New Ways Mini­stries wur­de 1977 von der Les­be Jean­ni­ne Gra­mick, einer katho­li­schen Ordens­frau, und dem homo­se­xu­el­len katho­li­schen Prie­ster Robert Nugent gegrün­det. Es dau­er­te 22 Jah­re, bis die Akti­vi­tä­ten der Ver­ei­ni­gung und die Schrif­ten Nugents von der Kir­che ver­ur­teilt wur­den. Da die dama­li­gen ame­ri­ka­ni­schen Bischö­fe bis Anfang der 90er Jah­re dazu nicht imstan­de waren, muß­te schließ­lich Rom aktiv werden.

Papst Fran­zis­kus fand deut­li­che Wor­te gegen die Gen­der-Ideo­lo­gie, doch sei­ne eige­ne Päpst­li­che Stif­tung Scho­las Occur­ren­tes ver­brei­tet mit dem Bild und im Namen von Papst Fran­zis­kus die Gen­der-Ideo­lo­gie unter Kin­dern.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va

 

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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6 Kommentare

  1. Je deka­den­ter der Westen wird, desto mehr radi­ka­li­sie­ren sich bei uns jun­ge Mus­li­me. Jun­ge Mus­li­me haben eben nicht das Bedürf­nis nach Inte­gra­ti­on, im Gegen­teil, sie wol­len sich von der west­li­chen Deka­denz so weit als mög­lich distan­zie­ren. Die löb­li­chen patri­ar­cha­li­schen Struk­tu­ren isla­mi­scher Län­der för­dern dies (und das wäre an sich gut). Die Gen­der-Ideo­lo­gie selbst radi­ka­li­siert jun­ge Mus­li­me und erzeugt einen dif­fu­sen Hass auf den gesam­ten Westen. Und damit auch auf das Chri­sten­tum. Ihnen ist der Athe­is­mus sogar dem Chri­sten­tum gleich (ein Vor­wurf, den die Anti­ke schon hat­te). Wenn man so man­chen Kir­chen­ver­tre­ter bis zum Papst selbst hin­auf anschaut, könn­te man die­ser Sicht­wei­se heu­te fast zustim­men. Die­se radi­ka­li­sier­ten Mus­li­me wol­len also die Zer­stö­rung der west­li­chen Lebens­wei­se, in der zwar stän­dig von Wer­ten gere­det wird, die man ver­tei­di­gen müs­se, die es aber real längst nicht mehr gibt, weil an ihre Stel­le die Dik­ta­tur des Rela­ti­vis­mus getre­ten ist.

    • „Die löb­li­chen patri­ar­cha­li­schen Struk­tu­ren isla­mi­scher Länder…“

      Patri­ar­cha­lisch schon, aber löblich?

      • Christ­li­che patri­ar­cha­li­sche Struk­tu­ren im Sin­ne des Hl. Pau­lus sind löb­lich. In isla­mi­schen Län­der bestehen nicht löb­li­che Clanstrukturen.

  2. Ich möch­te hier noch etwas ergänzen.

    Es wird immer wie­der vom sich aus­brei­ten­den Athe­is­mus gespro­chen. Tat­säch­lich sieht man aber eher einen sich rasant aus­brei­ten­den Pan­the­is­mus. Schon der heu­te all­seits ver­wen­de­te Frei­heits­be­griff ist ein pan­the­isti­scher, weil Frei­heit als die völ­li­ge Befrei­ung von jeg­li­cher Deter­mi­na­ti­on ver­stan­den wird. Es ist die Frei­heit eines Got­tes, der an nichts gebun­den ist. So sieht die Gen­der-Ideo­lo­gie Natur nicht mehr als etwas bestim­men­des an, son­dern als das frei bestimm­ba­re. Dies ist aber nur im Glau­ben mög­lich, Natur frei defi­nie­ren zu kön­nen, sich also selbst zum Schöp­fer zu machen. Schöp­fer sein ist aber nur Gott mög­lich. Im Pan­the­ist ist Natur selbst gött­lich, sie ist selbst das Schöp­fe­ri­sche, das sich frei Bestim­men­de. In ihr gibt es kei­nen höhe­ren Bezug. Was sie aus sich selbst her­vor­bringt, ist dann immer das Gött­li­che selbst. Die­ser Pan­the­is­mus kennt dann natür­lich auch kei­ne mora­li­sche Schran­ken, wie soll­te auch dem Gött­li­chen eine Schran­ke gesetzt sein. Goe­thes Natur­ver­ständ­nis als herr­lich leuch­ten­de Natur hat­te ein­deu­tig schon pan­the­isti­sche Züge, die aber Goe­the nicht kon­se­quent (zum Glück) zu Ende gedacht hat. Die in der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on wur­zeln­de Auf­klä­rung war pan­the­isti­sche, nicht atheistisch!

    Im christ­li­chen Glau­ben hat sich das Wis­sen ver­fe­stigt, dass der Pan­the­is­mus eigent­lich die schlimm­ste Wei­se des Abfalls des Men­schen von der Wahr­heit ist, es ist die völ­li­ge Blind­heit, die radi­ka­le Sub­jek­ti­vi­tät, die zur Tota­li­tät wird, in dem sich der Mensch zum auto­no­men Gott erhebt. Aus die­sem pan­the­isti­schen Den­ken sind dann die moder­nen „Füh­rer“ her­vor­ge­gan­gen, die Men­schen wie blo­ßes Mate­ri­al betrach­te­ten, mit dem der sub­jek­ti­ve Wil­le ver­fah­ren kann, wie es ihm beliebt. Das jüdisch christ­li­che Tötungs­ver­bot fällt im Pan­the­is­mus dahin, Eutha­na­sie wird dann zum Got­tes­akt und ent­zieht sich so jeg­li­cher mora­li­scher Beur­tei­lung. Auch die Tötung des wer­den­den Lebens ist dann ledig­lich ein Schöpfungsakt.

    Ein Athe­ist wird, wenn er im Den­ken kon­se­quent ist, nichts ande­res kon­sta­tie­ren kön­nen als den Nihi­lis­mus. Er wird die Welt und Dasein als völ­lig sinn­los anse­hen, wie es z.B. Scho­pen­hau­er getan hat. Ein Athe­ist kann daher auch kei­ne „Idea­le“ postu­lie­ren, die blei­ben ihm immer nur Schein. Ein Athe­ist, der sei­ne Lage rich­tig ein­schätzt, wür­de wahr­schein­lich am Leben ver­zwei­feln und Selbst­mord bege­hen oder aber das Leben radi­kal ver­nei­nen, wie im Bud­dhis­mus. Der Pan­the­ist hin­ge­gen glaubt, die Natur, sich selbst, völ­lig frei immer wie­der umschaf­fen zu kön­nen. Er ver­meint auch, Sinn set­zen zu kön­nen, was nur einem Gott mög­lich wäre. In dem Moment, in dem sich aber der Mensch selbst zu Gott macht, ist alles was er tut, rich­tig, es gibt also kei­ne Wahr­heit mehr, nach der er sich rich­ten müss­te, er selbst wird zur „Wahr­heit“. Der Pan­the­is­mus ist die ins abso­lu­te gestei­ger­te Form der mensch­li­chen Hybris, der im christ­li­chen Glau­ben erkann­te Sün­den­fall; die Ursün­de. Der Mensch erschafft sich eben nicht das Para­dies son­dern die Höl­le, das wuss­te z.B. der Phi­lo­soph Jean-Paul Sart­re oder auch Camus sehr genau. Aus dem Pan­the­is­mus wird not­wen­dig Pandämonismus.

  3. Mir haben die umfäng­li­chen Aus­füh­run­gen des Hl. Vaters an die pol­ni­schen Bischö­fe sehr gefalö­en; ins­be­son­de­re auch, was er über die Pfarr­ge­mein­de in sei­ner Ant­wort auf die Fra­ge des Weih­bi­schofs von Tarnów sagte.

  4. „Im Vor­feld war ver­ein­bart wor­den, daß der Islam nicht the­ma­ti­siert wer­den sollte“.
    Ist dies heu­te nicht eines der wich­tig­sten The­men, sich kri­tisch mit dem Islam aus­ein­an­der­zu­set­zen, nicht nur für Chri­sten oder Medi­en, son­dern auch für die Mos­lems selber?

    „Aber immer die­se Grau­sam­keit. Töten um des Gel­des wil­len.“ Das passt nicht zum ange­schnit­te­nen The­ma des Prie­ster­mor­des in Frank­reich. Die Ter­ro­ri­sten mor­den nicht um des Gel­des wil­len, son­dern wegen fal­scher reli­giö­ser Vorstellungen!

    „Chri­stus aus­klam­mern, den Sohn Got­tes aus­klam­mern. Ich bete, ich emp­fin­de… und wei­ter nichts. Das ist Gnostizismus.“
    För­dern und prak­ti­zie­ren nicht gera­de die Kir­chen­füh­rer von heu­te einen sol­chen „Gno­sti­zis­mus“, indem sie Mos­lems, Juden oder Hei­den oft gar nicht mehr zu Chri­stus füh­ren, ja z.B. „Mis­si­on“ (z.B. unter Juden) sogar aus­drück­lich ableh­nen (!)und so tun, als könn­ten die­se Men­schen genau so gut auch ohne Chri­stus selig werden?

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