Widersprüche der Kirche „der offenen Türen“: Argentiniens Staatspräsident darf nicht Taufpate sein


Dem kleinen Tiziano Taufe verweigert
Dem kleinen Tiziano wurde die Taufe verweigert, weil Staatspräsident Mauricio Macri sein Taufpate ist

(Bue­nos Aires) Argen­ti­ni­ens Kir­che kommt durch die neue Kir­chen­li­nie ins Schlän­geln. Alles scheint sei­ne Ord­nung zu haben, doch so ganz sicher dürf­te sich da nie­mand mehr sein, schon gar nicht das Volk, das durch die Signa­le ins Schleu­dern kom­men könn­te. Oder ist alles nur eine Fra­ge der Politik?

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Die dop­pel­te Bischofs­syn­ode hat­te das offen­kun­di­ge Ziel, wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne – mit oder ohne Zulas­sung zur Hei­li­gen Kom­mu­ni­on – bes­ser in die Kir­che zu inte­grie­ren. In einem Inter­view mit der argen­ti­ni­schen Tages­zei­tung La Naci­on sag­te Papst Fran­zis­kus am 7. Dezem­ber 2014:

„Sie sind nicht exkom­mu­ni­ziert, das stimmt. Aber sie dür­fen nicht Tauf­pa­ten sein, sie dür­fen nicht Lek­to­ren in der Mes­se sein, sie dür­fen nicht Kom­mu­ni­ons­pen­der sein, sie dür­fen nicht Kate­che­ten sein. Sie dür­fen sie­ben Din­ge nicht machen, ich habe die Liste hier. Halt! Wenn ich das in Rech­nung stel­le, dann scheint es, als wären sie de fac­to exkom­mu­ni­ziert! Dar­um: Öff­ne wir die Tür ein biß­chen. War­um dür­fen sie nicht Tauf­pa­ten sein?“

Das war kurz nach dem Ende der ersten Bischofs­syn­ode und noch vor der zwei­ten Bischofs­syn­ode über die Familie.

Taufe als Homo-Spektakel

Am 5. April 2014, weni­ge Mona­te zuvor, wur­de in der Kathe­dra­le der argen­ti­ni­schen Stadt Cor­do­ba ein durch künst­li­che Befruch­tung gezeug­tes Mäd­chen getauft, des­sen Mut­ter in einer les­bi­schen Bezie­hung mit einer ande­ren Frau lebt. Die bei­den Frau­en, die in der Homo-Sze­ne aktiv sind, waren kurz zuvor eine „Homo-Ehe“ eingegangen.

Taufe als Homo-Spektakel (links die leibliche Mutter)
Tau­fe als Homo-Spek­ta­kel (links die leib­li­che Mutter)

Die Tau­fe wur­de zum media­len Event der Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät. Die dama­li­ge link­spe­ro­ni­sti­sche Staats­prä­si­den­tin Cri­sti­na Fer­nan­dez Kirch­ner hat­te die Paten­schaft über­nom­men. Das Ereig­nis sorg­te über erheb­li­chen Wir­bel, da es begrün­de­te Zwei­fel gab, daß das Les­ben­paar eine christ­li­che Erzie­hung des Kin­des sicher­stel­len kön­ne. Glei­ches galt für die Tauf­pa­tin, die in ihrer Amts­zeit die „Homo-Ehe“ durch­ge­setzt und sich um die Ein­füh­rung der Abtrei­bung bemüht hatte.

Alle Beden­ken wur­den jedoch vom Dom­pfar­rer, nicht ohne Unter­stüt­zung des Erz­bis­tums, weg­ge­wischt. Es gehe um die Tau­fe eines Kin­des  und Punkt. Das Mäd­chen wur­de aber nicht in irgend­ei­ner Kapel­le und unter Aus­schluß der Medi­en, son­dern in der Bischofs­kir­che und unter gro­ßem Medi­en­rum­mel getauft.

Da es an flan­kie­ren­den Erklä­run­gen fehl­te, muß­te der Ein­druck ent­ste­hen, daß die katho­li­sche Kir­che die Homo­se­xua­li­tät, die „Homo-Ehe“ und die künst­li­che Befruch­tung les­bi­scher Frau­en aner­kennt. Die Paten­schaft durch Staats­prä­si­den­tin Kirch­ner gab dem Ereig­nis zudem eine ein­deu­tig poli­ti­sche Note und stell­te die Tau­fe in den Dienst der Homo-Lobby.

Mit der künst­li­chen Befruch­tung ist zudem im Zusam­men­hang mit Homo­se­xu­el­len der Ver­dacht auf selek­ti­ve Abtrei­bung gege­ben. Les­ben bevor­zu­gen Mäd­chen, Schwu­le wol­len Jun­gen adop­tie­ren oder von Leih­müt­tern gebä­ren lassen.

Transsexueller als „Taufpatin“

Im März 2014 beklag­te der „Trans­se­xu­el­le“ Enri­que Mar­ti­nez ali­as Solan­ge Liset­te Luna Navar­ro, ein bekann­ter Homo-Akti­vist, in einem Inter­view mit Radio Fénix, daß er nicht „Tauf­pa­tin“ sein kön­ne. „Das Gesetz gibt mir recht“, erhob der „Trans­se­xu­el­le“ einen „Rechts­an­spruch“ und bezog sich damit auf das Gesetz des Staa­tes, nicht auf das Gesetz der Kir­che. Auf die katho­li­sche Leh­re ging Mar­ti­nez gar nicht ein.

Kurz dar­auf ver­öf­fent­lich­te das zustän­di­ge Erz­bis­tum La Rio­ja eine Pres­se­er­klä­rung des Gene­ral­vi­kars, der bekannt­gab, daß der „Trans­se­xu­el­le“ sehr wohl „Tauf­pa­tin“ sein kann. Die Begrün­dung des Gene­ral­vi­kars beruh­te, zusam­men­ge­faßt, auf der „neu­en Rechts­ord­nung“ des päpst­li­chen Aus­spru­ches: „Wer bin ich, um zu urteilen“.

Die Tau­fe eines Mäd­chens mit „zwei Müt­tern“ und Paten­schaft eines „Trans­se­xu­el­len“, obwohl in bei­den Fäl­len die Betrof­fe­nen in öffent­li­chen Erklä­rung ihre Ableh­nung eines Tei­les der katho­li­schen Leh­re bekräf­tig­ten, war für die argen­ti­ni­sche Kir­che kein Pro­blem, auch nicht die demon­stra­tiv poli­tisch gefärb­te Paten­schaft einer wenig kir­chen­freund­li­chen Staatspräsidentin.

Taufverweigerung wegen Patenschaft von Staatspräsident Macri

Ganz anders sieht die Sache beim kon­ser­va­ti­ven neu­en Staats­prä­si­den­ten Mau­ricio Macri aus. Macri ist seit 2010 in drit­ter Ehe mit der Unter­neh­me­rin Julia­na Awa­da ver­hei­ra­tet. Awa­da, Toch­ter einer bekann­ten liba­ne­sisch­stäm­mi­gen Unter­neh­mer­fa­mi­lie in Argen­ti­ni­en, Vater Mus­lim, Mut­ter Katho­li­kin (syrisch-katho­lisch), war wie ihre vier Geschwi­ster katho­lisch getauft und erzo­gen worden.

Papst Franziskus mit Mauricio Macri und Juliana Awada im Vatikan
Papst Fran­zis­kus mit Mau­ricio Macri und Julia­na Awa­da im Vatikan

Tizia­no, der inzwi­schen vier Mona­te alte Paten­sohn des Staats­prä­si­den­ten, muß­te in einer evan­ge­li­schen Kir­che getauft wer­den, weil sich kei­ne katho­li­sche Pfar­rei dazu bereit erklärt hat­te. Der Grund? Weil der Staats­prä­si­dent wie­der­ver­hei­ra­tet geschie­den ist.

Tizia­no ist das sieb­te Kind einer katho­li­schen Fami­lie. Einer Tra­di­ti­on nach ist es üblich, daß der Staats­prä­si­dent auf Wunsch für das sieb­te Kind die Paten­schaft übernimmt.

Die sie­ben­fa­che Mut­ter Nata­lia Alcal­le ging „ganz glück­lich“ in die Kathe­dra­le, der ehe­ma­li­gen Bischofs­kir­che von Erz­bi­schof Jor­ge Mario Berg­o­glio, um dort um die Tau­fe anzu­fra­gen. Die über­ra­schen­de Ant­wort lau­te­te „Nein“. Dann such­te sie den bekann­te­sten Mari­en­wall­fahrts­ort Argen­ti­ni­ens, die Basi­li­ka Unse­rer Lie­ben Frau von Lujan, auf. Die Ant­wort war erneut negativ.

In drei Pfar­rei­en frag­te sie an. Sobald der Name Macris genannt wur­de, „stan­den wir vor einer Wand“, wie Mediam­za vor zwei Tagen die Mut­ter zitier­te. Nach drei Absa­gen habe sie sich „so geniert“, daß sie eine vier­te Anfra­ge gar nicht mehr wag­te. „Über­all wur­de mir gesagt, das ist nicht mög­lich, weil der Prä­si­dent geschie­den ist und im Kon­ku­bi­nat lebt.“

Nach eini­ger Bera­tung mit der Prä­si­di­al­kanz­lei wur­de auf die evan­ge­li­ka­le Kir­che „Vida y Paz“ (Leben und Frie­den) von Pastor Vic­tor Doro­schuk ausgewichen.

Päpstliches Signal an wiederverheiratet Geschiedene

Dabei war es Papst Fran­zis­kus, der das Pro­to­koll des Hei­li­gen Stuhls kur­zer­hand änder­te, und Staats­prä­si­dent Macri am ver­gan­ge­nen 27. Febru­ar zusam­men mit Julia­na Awa­da emp­fan­gen hat­te. Bis dahin wur­den die Ehe­part­ner von wie­der­ver­hei­ra­tet geschie­de­nen Staats­ver­tre­tern vom Papst nur geson­dert in einem eige­nen Raum kurz begrüßt. Auch gab  es kein gemein­sa­mes Pho­to mit dem Papst. Das Pro­to­koll woll­te damit, der Klar­heit wegen und um die Gewis­sen zu schu­len, den Unter­schied zwi­schen einer regu­lä­ren Ehe und einer irre­gu­lä­ren Ver­bin­dung unterstreichen.

Die Ände­rung bedeu­te­te weni­ge Mona­te nach dem Ende der zwei­ten Bischofs­syn­ode über die Fami­lie einen dra­sti­schen Ein­griff in das vati­ka­ni­sche Pro­to­koll und wur­de als Signal einer Kurs­än­de­rung gegen­über Schei­dung und Zweit­ehe verstanden.

Papst „verbindet wirklich nichts“ mit Präsident Macri

Ins­ge­samt ist jedoch bekannt, daß Papst Fran­zis­kus bei den Prä­si­dent­schafts­wah­len Macris link­spe­ro­ni­sti­schen Gegen­spie­ler bevor­zugt hat­te. Seit­her kam es mehr­fach zu Sti­che­lei­en. Dazu gehör­te auch, daß Macri, der am 10. Dezem­ber 2015 sein Amt als Staats­ober­haupt über­nahm, im ver­gan­ge­nen März der Päpst­li­chen Stif­tung Scho­las Occur­ren­tes eine Zuwen­dung von mehr als einer Mil­li­on Dol­lar zukom­men ließ. „Als am 30. Mai die Nach­richt in den Vati­kan gelang­te, nahm sie der Papst, den mit dem Anti-Pero­ni­sten und Libe­ra­len Macri wirk­lich nichts ver­bin­det, sehr schlecht auf, laut dem, was sei­ne argen­ti­ni­schen Freun­de erklär­ten“, schrieb damals der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster. Das Geld wur­de post­wen­dend zurück­ge­schickt. Man neh­me kein Geld von Regie­run­gen. Das war aller­dings unter Macris Vor­gän­ge­rin Kirch­ner noch etwas anders. Argen­ti­ni­sche Medi­en berich­te­ten von einer „Des­avou­ie­rung“ des Prä­si­den­ten, mit dem Papst Fran­zis­kus offen­bar nicht in Ver­bin­dung gebracht wer­den möchte.

Soll­te für Tau­fen in Argen­ti­ni­ens Kir­che unter Papst Fran­zis­kus am Ende die poli­ti­sche Gesin­nung aus­schlag­ge­bend sein? Homo­se­xu­el­le und trans­se­xu­el­le LGBT-Akti­vi­sten ja, kon­ser­va­ti­ve Poli­ti­ker nein?

Auf­klä­rung, Unter­wei­sung und Infor­ma­ti­on der katho­li­schen Glau­bens­leh­re und Sakra­men­ten­ord­nung in alle Rich­tun­gen und zu allen Situa­tio­nen scheint ein Gebot der Stunde.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: SMM/MiL/Vatican.va (Screen­shot)

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