Papst Franziskus bringt Päpstliche Akademie für das Leben und Päpstliches Ehe- und Familieninstitut auf Bergoglio-Kurs


Kurienerzbischof Vincenzo Paglia soll Päpstliche Akademie für das Lebenu und Pästliches Institut Johannes Paul II. für Studien über die Ehe und Familie auf Bergoglio-Kurs bringen. Der Aufstieg der Gemeinschaft Sant'Egidio setzt sich fort.
Kurienerzbischof Vincenzo Paglia soll Päpstliche Akademie für das Lebenu und Pästliches Institut Johannes Paul II. für Studien über die Ehe und Familie auf Bergoglio-Kurs bringen. Der Aufstieg der Gemeinschaft Sant'Egidio setzt sich fort.

(Rom) Heu­te wird die gleich zwei­fa­che Ernen­nung von Kuri­en­erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia bekannt­ge­ge­ben: Msgr. Paglia wird von Papst Fran­zis­kus zum Vor­sit­zen­den der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben und zum Groß­kanz­ler des Päpst­li­chen Insti­tuts Johan­nes Paul II. für Stu­di­en zu Ehe und Fami­lie ernannt. Dies berich­tet weni­ge Stun­den vor Ver­öf­fent­li­chung des vati­ka­ni­schen Tages­bul­le­tins der Vati­ka­nist San­dro Magister.

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Inner­halb weni­ger Tage erfährt damit die Gemein­schaft Sant’Egidio einen wei­te­ren päpst­li­chen Gun­st­er­weis. Wie der Imam von Peru­gia bekannt­gab, wird Papst Fran­zis­kus am kom­men­den 19. Sep­tem­ber am Tref­fen der Reli­gio­nen in Assi­si teil­neh­men, das anläß­lich des ersten inter­re­li­giö­sen Frie­dens­ge­bets von 1986 mit Papst Johan­nes Paul II. in der Stadt des „Pover­el­lo“ statt­fin­det, wie der hei­li­ge Franz von Assi­si in Ita­li­en auch genannt wird. Die umstrit­te­nen, inter­re­li­giö­sen Assi­si-Tref­fen von Reli­gi­ons­füh­rern gehen auf die Gemein­schaft Sant’Egidio zurück und wur­den auch jeweils von ihr organisiert.

Der Aufstieg von Vincenzo Paglia und der Gemeinschaft Sant’Egidio

Obwohl die 1968 gegrün­de­te neue Gemein­schaft als ziem­lich pro­gres­siv gilt, bemüh­te sie sich mit Erfolg, die Nähe des jewei­li­gen Pap­stes zu suchen. Den­noch wur­de erst im Hei­li­gen Jahr der Gna­de 2000 mit Msgr. Paglia einem Prie­ster die­ser Gemein­schaft die Bischofs­wür­de zuteil. Papst Johan­nes Paul II. gab dem Wunsch nach und setz­te mit der Ernen­nung Pagli­as zum Bischof von Ter­ni ein Zei­chen der Anerkennung.

„Dort leg­te er in der Immo­bi­li­en­ver­wal­tung nicht gera­de die Weis­heit eines pater fami­li­as an den Tag, der ein guter Bischof bedarf“, so Magister.

Der vor­letz­te Prä­si­dent der Vatik­an­bank IOR, Ernst von Frey­berg, kam in sei­nem aus­führ­li­chen Abschieds­schrei­ben vom Juli 2014 dar­auf zu spre­chen. Zu sei­nem Abschied konn­te von Frey­berg nur einen beschei­de­nen Jah­res­ge­winn von 2,9 Mil­lio­nen Euro vor­wei­sen. Der Grund lag in einer finan­zi­el­len Ret­tungs­ak­ti­on für die Diö­ze­se Ter­ni, die unter Bischof Paglia vor dem Bank­rott stand.

Die „Familienpolitik“ von Sant’Egidio

„Aber auch als Mit­glied ersten Ran­ges der Gemein­schaft von Sant’Egidio hat­te Paglia nie in Sachen Fami­li­en­kom­pe­tenz geglänzt. Weder er noch die ande­ren Füh­rungs­kräf­te der Gemein­schaft, ein­schließ­lich des all­mäch­ti­gen Grün­ders Andrea Ric­car­di“, so Magister.

Ric­car­di, Orga­ni­sa­tor der Assi­si-Tref­fen und Karls­preis­trä­ger, wur­de den­noch 2012 unpas­sen­der­wei­se von Mario Mon­ti als Mini­ster für Inter­na­tio­na­le Zusam­men­ar­beit und Inte­gra­ti­on in die ita­lie­ni­sche Regie­rung beru­fen und hat­te als sol­cher mit Fami­li­en­fra­gen zu tun.

Was in Sachen Fami­lie in der Gemein­schaft von Sant’Egidio „hin­ter einer strah­len­den Fas­sa­de“ abläuft, ent­hüll­te der 2003 an das diö­ze­sa­ne Kir­chen­ge­richt von Rom gestell­te Ehe­nich­tig­keits­an­trag eines lang­jäh­ri­gen Gemein­schafts­mit­glieds, das mit einer Frau ver­hei­ra­tet war, die eben­falls der Gemein­schaft angehört.

Dem Nich­tig­keits­an­trag war eine Denk­schrift bei­gefügt, in der der Antrags­stel­ler detail­liert aus­führ­te, „unter Zwang“ zur Hei­rat genö­tigt wor­den zu sein. Das sei kein Ein­zel­fall gewe­sen, son­dern Teil des all­ge­mei­nen, auto­ri­tä­ren Systems in der Gemein­schaft, wo die Füh­rungs­spit­ze die Ver­lo­bun­gen und die Ehe­schlie­ßun­gen ihrer Mit­glie­der ver­wal­te. Die Denk­schrift wur­de von San­dro Magi­ster unter dem Titel „25 Jah­re Gemein­schaft von Sant’Egidio. Eine Denk­schrift“ ver­öf­fent­licht.

Das Diö­ze­san­ge­richt erklär­te die Ehe 2007 für nich­tig mit dem Ver­weis auf den als erwie­sen aner­kann­ten, aus­ge­üb­ten Zwang. Zur höch­sten Füh­rungs­ebe­ne der Gemein­schaft gehör­ten zum Zeit­punkt der Ehe­schlie­ßung und danach Ric­car­di als unum­strit­te­ner Vor­sit­zen­der und Paglia als geist­li­cher Assistent.

Wundersame Rettung

Bischof Paglia hat­te sich durch sein Ver­hal­ten in Ter­ni eigent­lich nicht für höhe­re Auf­ga­ben oder gar eine Beru­fung an die Römi­sche Kurie qua­li­fi­ziert. Die Gemein­schaft von Sant’Egidio stand durch das Urteil des Kir­chen­ge­richts eigent­lich ziem­lich schlecht da. Doch das alles konn­te „auf wun­der­sa­me Wei­se“, so Magi­ster, dem Anse­hen Pagli­as, Ric­car­dis und der Gemein­schaft nichts anha­ben. Das Finanz­loch der Diö­ze­se Ter­ni wur­de durch Gel­der der Vatik­an­bank gestopft und die Zwangs­ehen der Gemein­schaft dran­gen kaum an die Öffentlichkeit.

Als Paglia von Papst Bene­dikt XVI. 2012 zum Vor­sit­zen­den des Päpst­li­chen Rates für die Fami­lie ernann­te, war das Finanz­de­sa­ster von Ter­ni aller­dings noch nicht bekannt, wäh­rend die Gemein­schaft von Sant’Egidio nicht nur über exzel­len­te Medi­en­kon­tak­te ver­fügt, son­dern es auch ver­steht, an der Römi­schen Kurie effi­zi­en­tes Lob­by­ing zu betrei­ben. Die Gemein­schaft ver­fügt offen­bar über gute Freunde.

Angela Merkel, Imame und die Seligsprechung von Oscar Romero

Wegen ihrer Par­al­lel­di­plo­ma­tie auf dem inter­na­tio­na­len Par­kett begab sich selbst Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel bei ihrem jüng­sten Staats­be­such in Ita­li­en im Febru­ar 2012 an den Sitz der Gemein­schaft nach Tra­ste­ve­re. In deren dor­ti­ger Kir­che, wur­de nach der Ermor­dung von Abbé Jac­ques Hamel, auch ein Imam ein­ge­la­den, um im Zusam­men­hang mit der Sonn­tags­mes­se aus dem Koran zu rezi­tie­ren. Beim inter­re­li­giö­sen Betrieb steht die Gemein­schaft in der katho­li­schen Kir­che in der ersten Reihe.

Der Auf­stieg der Gemein­schaft geht indes unter Papst Fran­zis­kus unge­bro­chen wei­ter. Paglia arbei­te­te mit Papst Fran­zis­kus sehr zufrie­den­stel­lend bei der Selig­spre­chung von Erz­bi­schof Oscar Rome­ro zusam­men. Der Kuri­en­erz­bi­schof war Postu­la­tor Rome­ros. Obwohl Papst Bene­dikt XVI. das Ver­fah­ren auf Eis gelegt hat­te, da es schwer­wie­gen­de Beden­ken gab, daß der Erz­bi­schof von San Sal­va­dor nicht in odi­um fidei, son­dern wegen poli­ti­scher Din­ge ermor­det wor­den war. Papst Fran­zis­kus wisch­te alle Beden­ken weg, erkann­te Rome­ros Tod als Mar­ty­ri­um an, so wie es eine bestimm­te lin­ke Kli­en­tel in Latein­ame­ri­ka, aber noch mehr im Westen wünsch­te, und nahm im Mai 2015 per­sön­lich die Selig­spre­chung vor, obwohl das sonst nicht mehr üblich ist.

Die selektive Personalpolitik des Papstes

Bei der Dop­pel-Bischofs­syn­ode über die Fami­lie war Paglia Syn­oda­le kraft sei­nes Amtes als vati­ka­ni­scher „Fami­li­en­mi­ni­ster“. Papst Fran­zis­kus „hüte­te sich des­sen Vor­gän­ger an der Spit­ze des Päpst­li­chen Fami­li­en­ra­tes, Kar­di­nal Ennio Anto­nel­li, ad hoc als Syn­oda­le zu beru­fen, obwohl des­sen Kom­pe­tenz in Sachen Ehe und Fami­lie unver­gleich­bar grö­ßer ist“, so Magi­ster. Der Grund für die Nicht-Ernen­nung? Kar­di­nal Anto­nel­li „unter­stüt­ze offen und klar Posi­tio­nen gegen die Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­te­ter Geschie­de­ner zu den Sakramenten.“

Kuri­en­erz­bi­schof Paglia wirk­te hin­ge­gen in die gegen­tei­li­ge Rich­tung. Er über­nahm die Schirm­herr­schaft einer Exper­ten­run­de von Theo­lo­gen, die sich für die „neue Barm­her­zig­keit“ von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per aus­spra­chen. Deren Posi­tio­nen wur­den in einem Buch zusam­men­ge­faßt und zwi­schen den bei­den Syn­oden nicht von irgend­ei­nem, son­dern vom Vati­kan­ver­lag ver­öf­fent­licht. Bereits zuvor war aus­ge­rech­net der „Fami­li­en­mi­ni­ster“ des Vati­kans mit homo­phi­len Aus­sa­gen aufgefallen.

Papst Fran­zis­kus hielt nicht nur eine emi­nent kom­pe­ten­te Gestalt wie Kar­di­nal Anto­nel­li von der Bischofs­syn­ode fern, und ver­setz­te einen ande­ren Geg­ner der „Öff­nung“, Kar­di­nal Anto­nio Cani­zares kurz vor der ersten Syn­ode nach Spa­ni­en, wäh­rend er den Wort­füh­rer der Ver­tei­di­ger des Ehe­sa­kra­ments und der kirch­li­chen Moral­leh­re, den US-ame­ri­ka­ni­schen Kar­di­nal Ray­mond Leo Bur­ke nach der ersten Syn­ode absetz­te und aus der Römi­schen Kurie ver­bann­te. Papst Fran­zis­kus hielt auch das Päpst­li­chen Insti­tuts Johan­nes Paul II. für Stu­di­en zu Ehe und Fami­lie von der Syn­ode fern, obwohl gera­de die­ses Insti­tut wie kaum ein ande­res, sich aus kirch­li­cher Sicht mit dem Syn­oden­the­ma befaßt. Direk­tor des Insti­tuts ist Livio Melina, Groß­kanz­ler bis­her Kar­di­nal Gaet­a­no Val­li­ni, der Kar­di­nal­vi­kar von Rom. Als Groß­kanz­ler der Päpst­li­chen Late­ran­uni­ver­si­tät stand Kar­di­nal Val­li­ni auch dem Insti­tut vor, das sei­nen Sitz an der Uni­ver­si­tät hat.

Papst Franziskus legt Akademie für das Leben und Ehe- und Familieninstitut an die Kandare

Nun aber ändert sich alles. Neu­er Groß­kanz­ler des Ehe- und Fami­li­en­in­sti­tuts wird Msgr. Paglia. Die Ernen­nung erfolgt nicht nur ehren­hal­ber. „Sie zielt dar­auf ab, mit den Per­so­nen auch die Aus­rich­tung des Insti­tuts zu ändern und an den neu­en Berg­o­glio-Kurs anzu­pas­sen“, so Magi­ster. „Und was die Päpst­li­che Aka­de­mie für das Leben anbe­langt, die der Papst eben­falls Paglia anver­traut, so ist auch dort man­ches Erd­be­ben zu erwarten.“

Bekannt­lich gehö­ren bio­ethi­sche Fra­gen wie der Wider­stand gegen den Mas­sen­mord an unge­bo­re­nen Kin­dern durch Abtrei­bung nicht zu den Prio­ri­tä­ten die­ses Pon­ti­fi­kats. Magi­ster rech­net mit per­so­nel­len Umbe­set­zun­gen und nennt als Bei­spiel den öster­rei­chi­schen Phi­lo­so­phen Josef Sei­fert, einen inter­na­tio­nal aner­kann­ten Ver­tei­di­ger des Lebens­rechts unge­bo­re­ner Kin­der. Sei­fert leg­te vor kur­zem eine „töd­li­che Demo­lie­rung“ des nach­syn­oda­len Schrei­bens Amo­ris Lae­ti­tia von Papst Fran­zis­kus vor und for­der­te den Papst auf, die dar­in ent­hal­te­nen häre­ti­schen Aus­sa­gen zu korrigieren.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild. MiL

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