Korsische Lösung: Die Mafia gegen die Islamisten?


Korsische Antwort auf die islamistische Gewalt
Korsische Antwort auf die islamistische Gewalt

Unor­tho­do­xe Über­le­gun­gen von Rino Cammilleri*

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Die Nach­richt fin­det seit Ende Juli inter­na­tio­na­le Ver­brei­tung, sol­ches Auf­se­hen erreg­te sie. Sie kommt aus Kor­si­ka, jener Insel im Mit­tel­meer, die in ihrer gesam­ten Geschich­te nur die christ­li­che „Herr­schaft“ ger­ne ertra­gen hat, wäh­rend sie sich gegen alle ande­ren Her­ren als unduld­sam erwies. Auch mit den Fran­zo­sen gab es nie ein wirk­li­ches Ein­ver­neh­men, obwohl Napo­le­on, der „Kai­ser der Fran­zo­sen“, dort gebo­ren wur­de. Die See­re­pu­blik Genua, der vor­letz­te „Besit­zer“, ver­kauf­te die auf­müp­fi­ge Insel 1769 an Frank­reich. Seit­her hat­te Paris mit dem bom­ben­le­gen­den Insel­se­pa­ra­tis­mus schon man­ches Hühn­chen zu rup­fen. Die Mut­ter­spra­che der Kor­sen ist schließ­lich auch nicht fran­zö­sisch, son­dern mittelitalienisch. 

Die Kor­sen sind ent­schlos­se­ne Leu­te, ihre “Ven­det­ta“ ist legen­där, so legen­där, daß sie in den Wort­schatz der gan­zen Welt Ein­gang gefun­den hat. „Ven­det­ta cor­sa“ wird auch ein Wurf­mes­ser genannt, das zur belieb­te­sten Waf­fe der Kor­sen wur­de, wenn sie ihre sprich­wört­li­che Rache aus­füh­ren. Auf der Klin­ge vie­ler die­ser Wurf­mes­ser ist das Wort „ven­det­ta“ eingraviert.

Wie sich die Korsen sehen: "Oft erobert, aber nie unterworfen"
Wie sich die Kor­sen sehen: „Oft erobert, aber nie unterworfen“

Im ver­gan­ge­nen Jahr, zum Bei­spiel, als sich die Nach­richt von der Pro­fa­ni­sie­rung einer Mari­en­sta­tue durch einen Mus­li­men ver­brei­te­te, hat­te die fran­zö­si­sche Gen­dar­me­rie alle Hän­de voll zu tun, um einen Pogrom gegen die isla­mi­schen Ein­wan­de­rer zu ver­hin­dern. Die Rächer waren ganz nor­ma­le kor­si­sche Bür­ger und nicht etwa „von Berufs wegen“ har­te Ker­le wie die kor­si­schen Sepa­ra­ti­sten. Nach dem Atten­tat von Niz­za und dem Ritu­al­mord an einem Prie­ster in Rouen haben aber auch Letz­te­re begon­nen, die Geduld zu ver­lie­ren mit den mus­li­mi­schen Neu­an­kömm­lin­gen, zu denen die Kor­sen nie befragt wur­den, ob sie denn den „Zuwachs“ über­haupt möchten.

Kor­si­ka gehört offi­zi­ell, und das bald seit 250 Jah­ren, zu Frank­reich. Die Nach­rich­ten von den Atten­ta­ten der Dschi­ha­di­sten in Paris, Niz­za oder Rouen gelan­gen daher direk­ter auf die Insel und nicht durch Aus­lands­kor­re­spon­den­ten gefil­tert wie zu uns. Kor­si­ka kämpft seit lan­gem für mehr Auto­no­mie. Ein Teil der Kor­sen will die völ­li­ge Unab­hän­gig­keit. Dafür tre­ten auch bewaff­ne­te Grup­pen ein, die in der Ver­gan­gen­heit durch zahl­rei­che Atten­ta­te gegen fran­zö­si­sche Ein­rich­tun­gen für Auf­se­hen sorg­ten. Eine der gefähr­lich­sten bewaff­ne­ten Grup­pen, der Frontu di Libe­ra­zio­ne Nazi­u­na­le Cor­su (FLNC 22. Okto­ber) hat­te im Mai einen Waf­fen­still­stand und die „Demi­li­ta­ri­sie­rung“ ange­kün­digt. Grund dafür war, weil die Separ­ti­sten mit der Par­tei Cor­si­ca Libe­ra seit 2015 in der Regio­nal­re­gie­rung sitzen.

Aus der Ent­mi­li­ta­ri­sie­rung scheint aber nichts mehr zu wer­den. Die Natio­na­le Kor­si­sche Befrei­ungs­front schick­te am 28. Juli eine Bot­schaft in drei­fa­cher Aus­fer­ti­gung an die Mus­li­me auf Kor­si­ka, an die radi­ka­len Mus­li­me auf Kor­si­ka und an den fran­zö­si­schen Staat. Genau in die­ser Rei­hen­fol­ge. Die Bot­schaft ist eine War­nung, die sich an alle drei Adres­sa­ten richtet.

Die Mus­li­me auf Kor­si­ka wird nach einer detail­lier­ten Dar­stel­lung der aktu­el­len Kon­flikt­li­ni­en gesagt, daß nie­mand ver­lan­ge, daß sie ihre Her­kunft ver­leu­gen oder ihre Reli­gi­on auf­ge­ben soll­ten, aber daß sie kon­kret gegen den radi­ka­len Islam „Posi­ti­on bezie­hen“ sol­len, indem die „über Abir­run­gen infor­mie­ren, die sie an den von Radi­ka­li­sie­rung ver­führ­ten Jugend­li­chen fest­stel­len können“.

An die radi­ka­len Mus­li­me auf Kor­si­ka, die Dschi­ha­di­sten wer­den als „Pre­di­ger des Todes“ bezeich­net, rich­te­te der FLNC eine unver­hoh­le­ne Drohung:

„Ihr sollt wis­sen, daß wir auf jeden Angriff gegen unser Volk, ohne jedes Zögern, eine uner­bitt­li­che Ant­wort fol­gen lassen.“

Die War­nung an den fran­zö­si­schen Staat lautet:

„Frank­reich muß damit auf­hö­ren, der gan­zen Welt Lek­tio­nen in Sachen Demo­kra­tie zu ertei­len, wenn es ver­mei­den will, daß die los­ge­tre­te­nen Kon­flik­te wie ein Bume­rang auf sei­nen eige­nen Boden zurückfallen.“

Die­se unmiß­ver­ständ­li­che und ein­deu­ti­ge Spra­che ist wahr­schein­lich die ein­zi­ge Spra­che, die von den Sala­fi­sten und Dschi­ha­di­sten ver­stan­den wird. Der Isla­mi­sche Staat (IS) und die ande­ren isla­mi­sti­schen Mili­zen dür­fen sich bereits infor­miert haben und ver­stan­den haben, daß mit den kor­si­schen Sepa­ra­ti­sten nicht zu spa­ßen ist. Die Kor­sen haben, wie ihre Geschich­te lehrt, für weit Gerin­ge­res zu den Waf­fen gegriffen.

Kurz­um, kein Geschwätz, weni­ge, aber kla­re Wor­te, kei­ne End­los­de­bat­ten, kei­ne Dif­fe­ren­zie­run­gen, kei­ne Luft­bal­lons und kein „Wir haben uns doch alle lieb“- und Je suis Char­lie-Aktio­nis­mus. Die Dro­hung ist ein­deu­tig. Es wird „uner­bitt­lich“ zurück­ge­schla­gen, ohne wei­te­re Vor­war­nung. Im Klar­text: Beim ersten Aus­rut­scher setzt es TNT, Pech, wenn es Kol­la­te­ral­schä­den gibt. So scheint die Dro­hung gemeint zu sein.

Kor­si­ka ist Teil des Westens und daher nicht weni­ger von den Strö­mun­gen der poli­ti­schen Kor­rekt­heit, der Lai­ci­té Hol­lan­des und sei­ner Sozia­li­sten und dem gut­mensch­li­chen Rela­ti­vis­mus gebeu­telt als ande­re Tei­le. Der Unter­schied der Kor­sen lau­tet: „Nie­mand rührt uns an!“

Wer mir die Nach­richt über Kor­si­ka wei­ter­ge­lei­tet hat, hat­te noch einen iro­ni­schen Kom­men­tar ange­fügt, der zusam­men­ge­faßt meint: War­um grei­fen wir Ita­lie­ner die Idee nicht auf und ver­trau­en den Schutz der öffent­li­chen Sicher­heit vor den Dschi­ha­di­sten der Mafia an, den Camor­ri­sten, der Ndran­ghe­ta, der Sacra Coro­na Unita.

War­um nicht?! Das könn­te als „sozi­al nütz­li­che Tätig­keit“ ein­ge­stuft wer­den, even­tu­ell als Alter­na­ti­ve zum Gefäng­nis. Effi­zi­en­ter als der Staat wäre die Mafia mit Sicher­heit. Vor allem wäre es nicht das erste Mal, daß die Mafia „staats­tra­gen­de“ Funk­tio­nen über­nimmt. Die Ame­ri­ka­ner haben bei der alli­ier­ten Inva­si­on auf Sizi­li­en, im Kampf gegen die deut­schen und ita­lie­ni­schen Trup­pen, auf Lucky Lucia­no gesetzt. Der bour­bo­ni­sche Innen­mi­ni­ster und Poli­zei­chef des König­reichs Bei­der Sizi­li­en, Libo­rio Roma­no, fiel dem eige­nen König und dem eige­nen Heer in den Rücken und ließ die nea­po­li­ta­ni­sche Camor­ra den Weg für Giu­sep­pe Gari­bal­dis Ein­zug in Nea­pel ebnen. Roma­no bil­de­te in der Über­gangs­zeit aus der Camor­ra eine in Kom­pa­nien und Patrouil­len orga­ni­sier­te Sicher­heits­wa­che zur Auf­recht­erhal­tung der öffent­li­chen Ordnung.

Man wird ein­wen­den, daß 1860 und 1943 ein patrio­ti­scher Not­stand herrsch­te. Sind wird heu­te aber noch weit davon entfernt?

*Rino Cam­mil­le­ri, gebo­ren 1950 auf Sizi­li­en, Stu­di­um der Poli­tik­wis­sen­schaf­ten, Assi­stent für Diplo­ma­ti­sches und Kon­su­la­ri­sches Recht an der Uni­ver­si­tät Pisa, seit­her frei­er Publi­zist, wäh­rend sei­ner Stu­den­ten­zeit mili­tan­ter Anhän­ger der Stu­den­ten­be­we­gung, dar­auf folg­te die Bekeh­rung zum katho­li­schen Glauben.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: NBQ/​Matin cor­se (Sreen­shot)

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2 Kommentare

  1. In Kor­si­ka sind vie­le Men­schen offen­kun­dig noch nicht durch den sozia­len Rechts‑, bes­ser Unrechts­staat ent­mün­digt und ver­weich­licht wor­den. Es gab gegen den arro­gan­ten Ver­ein­heit­li­chungs­staat immer Wider­stand. Auf Kor­si­ka konn­ten offen­bar die über­lie­fer­ten, natür­li­chen und ver­nünf­ti­gen Stam­mes­ge­set­ze von der Fremd­herr­schaft noch nicht ganz abge­schafft wer­den. Hier stieß das anti-könig­li­che und repu­bli­ka­ni­sche Frank­reich mit „liber­té, ega­lité und fra­ter­nité schon immer an Gren­zen und das ist gut so. Auch in der Bre­ta­gne, der Hei­mat der Le Pen‚s, hat sich noch Rest-Wider­stand erhal­ten. Das ist heu­te hilf­reich beim Wider­stand gegen die staat­lich durch­ge­führ­te Anti-Chri­stia­ni­sie­rung und Islamisierung.

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