Warum ist Vallejo Balda noch immer faktischer Leiter eines römischen Dikasteriums?


Vatileaks: Msgr. Vallejo Balda mit Francesca Chaouqui, die beiden Hauptverantwortlichen
Vatileaks: Msgr. Vallejo Balda mit Francesca Chaouqui, die beiden Hauptverantwortlichen

(Rom) Pater Feder­i­co Lom­bar­di SJ war zehn Jahr lang Lei­ter des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes und damit all­ge­mein als Vati­kan­spre­cher bekannt. Inzwi­schen 73 Jah­re alt wur­de er von Papst Fran­zis­kus in die­sem Amt durch den US-Ame­ri­ka­ner Greg Bur­ke ersetzt. Der bis­he­ri­ge Stell­ver­tre­ter wird mit 1. August in Lom­bar­dis Fuß­stap­fen treten.

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Lom­bar­di selbst, des­sen Onkel Ric­car­do Lom­bar­di ein sehr bekann­ter Jesu­it und des­sen Groß­va­ter ita­lie­ni­scher Sena­tor war, kehr­te zum Abschied an eine Stel­le zurück, die in sei­nem Leben bereits eine nicht unbe­deu­ten­de Rol­le gespielt hat­te. Er ver­öf­fent­lich­te einen Auf­satz in der römi­schen Jesui­ten­zeit­schrift La Civil­tà  Cat­to­li­ca. Die­sem halb­of­fi­ziö­sen Organ, in dem aus­schließ­lich Jesui­ten publi­zie­ren, kommt eine beson­de­re Bedeu­tung zu, weil die Druck­le­gung eines jeden Arti­kels vor­ab vom Hei­li­gen Stuhl geneh­migt wer­den muß. Im Gegen­satz zu sei­nen unmit­tel­ba­ren Vor­gän­ger macht das Papst Fran­zis­kus bei ihm wich­ti­gen The­men sogar persönlich.

Pater Lombardis neue Aufgabe als Kolumnist ersten Ranges?

Pater Lom­bar­di war von 1973–1977 stell­ver­tre­ten­der Schrift­lei­ter der bekann­te­sten unter den welt­weit zahl­rei­chen Publi­ka­tio­nen des Jesui­ten­or­dens und blieb auch dar­über hin­aus deren Mitarbeiter.

Pater Federico Lombardi SJ
Pater Feder­i­co Lom­bar­di SJ

Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster zoll­te Pater Lom­bar­di zum Abschied Lob, sein Amt als Vati­kan­spre­cher mit tadel­lo­ser Pro­fes­sio­na­li­tät aus­ge­führt zu haben. Magi­ster selbst war wegen sei­ner kri­ti­schen Bericht­erstat­tung über die Amts­füh­rung des amtie­ren­den Pap­stes für meh­re­re Mona­te die Akkre­di­tie­rung beim Pres­se­amt ent­zo­gen wor­den. Eine Des­avou­ie­rung, die ihn gegen­über dem offi­zi­el­len Lei­ter des Pres­se­am­tes, der den Raus­wurf unter­zeich­net hat­te, den­noch nicht nach­tra­gend sein­läßt. In der Tat kam die Ent­schei­dung, Magi­ster vor die Tür zu set­zen, nicht von Lom­bar­di, son­dern von wei­ter oben.

Lom­bar­di ist der­zeit mit der Auf­ga­be als Postu­la­tor im Selig­spre­chungs­ver­fah­ren des ita­lie­ni­schen Prie­sters Don Ber­nar­do Mat­tei (1845–1914) betraut. Er könn­te aber auch zum Kolum­ni­sten ersten Ran­ges für vati­ka­ni­sche Ange­le­gen­hei­ten wer­den. Im Heft 3987–3988 der Civil­tà  Cat­to­li­ca schrieb Pater Lom­bar­di über „Vati­leaks 2. Gedan­ken zum Urteil ersten Gra­des“. Neben zahl­rei­chen und detail­lier­ten Fak­ten, die der inzwi­schen pen­sio­nier­te Vati­kan­spre­cher mit distan­zier­ter Pro­fes­sio­na­li­tät auf­li­stet, flie­ßen Kom­men­ta­re ein, die Lom­bar­dis per­sön­li­che Mei­nung wie­der­ge­ben. Auf­grund sei­ner jahr­zehn­te­lan­gen Kennt­nis des Hei­li­gen Stuhls weiß Lom­bar­di, wovon er spricht.

Im Gegen­satz zu Arti­keln, die der Schrift­lei­tung wich­tig und daher kosten­los der All­ge­mein­heit zugäng­lich sind, muß für den Lom­bar­di-Arti­kel gezahlt wer­den, um ihn im Inter­net ein­se­hen zu kön­nen. Zu den frei zugäng­li­chen Ver­öf­fent­li­chun­gen gehört hin­ge­gen seit Wochen das umstrit­te­ne Inter­view von Wiens Erz­bi­schof, Kar­di­nal Chri­stoph Schön­born, über das nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia. Ein Inter­view, das eine gan­ze Rei­he von teils hef­ti­gen Reak­tio­nen nach sich zog, mit denen Papst Fran­zis­kus auf­ge­for­dert wur­de, Amo­ris lae­ti­tia zurück­zu­zie­hen oder zu kor­ri­gie­ren. Eine ande­re Fol­ge, die für Auf­se­hen sorg­te, sind Gerüch­te dar­über, daß Papst Fran­zis­kus den amtie­ren­den Glau­bens­prä­fek­ten Kar­di­nal Mül­ler durch den Wie­ner Erz­bi­schof erset­zen könnte.

Vallejo Balda „mit Mitleid und Barmherzigkeit betrachten“

Lom­bar­di führt zu den Urtei­len im Vati­leaks 2‑Prozeß aus, daß der Haupt­schul­di­ge, der zu 18 Mona­ten Haft ver­ur­teil­te spa­ni­sche Prä­lat Lucio Angel Val­le­jo Bal­da, „mit Mit­leid und Barm­her­zig­keit“ betrach­tet wer­den sol­le. Der ehe­ma­li­ge Pres­se­spre­cher bemüht sich, Ver­ständ­nis für den Ver­ur­teil­ten zu erzeu­gen. Val­le­jo Bal­da sei eine Auf­ga­be und Ver­ant­wor­tung im Vati­kan auf­ge­bür­det wor­den, die ihn offen­sicht­lich über­for­dert habe. Eine Auf­ga­be, die „sehr groß und sehr deli­kat“ war, „viel­leicht zu groß für ihn?“, so die Fra­ge Lombardis.

Papst Franziskus und Vallejo Balda
Papst Fran­zis­kus und Val­le­jo Balda

Wel­che Auf­ga­be aber hat­te Val­le­jo Bal­da inne? Er war als Sekre­tär der COSEA ins Visier der Ermitt­ler gera­ten. Die COSEA war eine Kom­mis­si­on, die von Papst Fran­zis­kus im Juli 2013 ein­ge­rich­tet wur­de, um die gesam­te Wirt­schafts- und Finanz­or­ga­ni­sa­ti­on des Hei­li­gen Stuhls zu stu­die­ren und Reform­vor­schlä­ge zu unter­brei­ten. Den Kom­mis­si­ons­mit­glie­dern wur­den dabei Kom­pe­ten­zen ein­ge­räumt, die über jede ande­re ver­gleich­ba­re Insti­tu­ti­on des Vati­kans hin­aus­gin­gen. Sie hat­ten Ein­blick in alle Vermögenswerte.

Wie Lom­bar­di schreibt, sei Val­le­jo Bal­da mit „gro­ßem Ein­satz und gro­ßen Ambi­tio­nen“ an die Arbeit gegan­gen. Als die­se sich nicht im gewünsch­ten Maße umset­zen lie­ßen, habe er eine „nega­ti­ve Hal­tung“ ein­ge­nom­men, zeigt sich der ehe­ma­li­gen Vati­kan­spre­cher ver­ständ­nis­voll. Die­se Ent­täu­schung habe sich, „wie es manch­mal lei­der in sol­chen Fäl­len gesche­hen kann“, durch die Wei­ter­ga­be von ver­trau­li­chen Doku­men­ten der Kom­mis­si­on ein Ven­til geschaf­fen. Val­le­jo Bal­da habe Medi­en­kon­tak­te unter­hal­ten, die in offe­nem Wider­spruch zu sei­nen insti­tu­tio­nel­len Ver­pflich­tun­gen stan­den, so Lombardi.

Lom­bar­di erwähnt nicht die „Aga­pe der Höf­lin­ge“ auf der VIP-Ter­ras­se zur Hei­lig­spre­chung von Papst Johan­nes Paul II. Für eine Son­der­be­hand­lung mit exklu­si­vem Aus­sichts­punkt bezahl­ten VIP’s ent­spre­chen­de Sum­men, um nicht mit dem Mas­sen auf dem Peters­platz an der Hei­lig­spre­chung teil­neh­men zu müs­sen. Val­le­jo Bal­das „Assi­sten­tin“ Fran­ce­s­ca Chaou­qui orga­ni­sier­te die VIP-Ter­ras­se und der Mon­si­gno­re brach­te per­sön­lich die Hei­li­ge Kom­mu­ni­on in einem Pla­stik­be­cher für die zah­len­den VIP’s auf die Terrasse.

Sekretär der Präfektur für die ökonomischen Angelegenheiten des Heiligen Stuhls

Val­le­jo Bal­da war jedoch nicht nur Sekre­tär der COSEA. Zu die­sem Amt sei er gekom­men, so Lom­bar­di, weil er bereits seit eini­ger Zeit Sekre­tär der Prä­fek­tur für die Prä­fek­tur für die öko­no­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten des Hei­li­gen Stuhls war. Wie im Lau­fe des Pro­zes­ses sicht­bar wur­de, so der ehe­ma­li­ge Vati­kan­spre­cher, sei er auf­grund „ver­schie­de­ner Cha­rak­te­ri­sti­ken sei­ner Per­sön­lich­keit“ durch Über­la­stung in eine „Kri­se“ geraten.

Die COSEA hat ihre Tätig­keit längst ein­ge­stellt. Die Präfek­tur für die öko­no­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten des Hei­li­gen Stuhls exi­stiert jedoch wei­ter­hin. Alle Wirt­schafts- und Finanz­be­rei­che des Hei­li­gen Stuhls soll­ten ursprüng­lich im neu­errich­te­ten und von Kar­di­nal Geor­ge Pell gelei­te­ten Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at zusam­men­ge­faßt wer­den. Da sich Papst Fran­zis­kus jedoch in einem Kon­fron­ta­ti­ons­kurs mit dem austra­li­schen Kar­di­nal befin­det, so wie auch mit ande­ren Dik­aste­ri­en­lei­tern der Römi­schen Kurie, wur­den Pells Zustän­dig­kei­ten erst vor weni­gen Tagen wie­der mas­siv beschnit­ten. Die Prä­fek­tur für die öko­no­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten des Hei­li­gen Stuhls könn­te daher noch län­ger fort­be­stehen, als ursprüng­lich gedacht. Papst Fran­zis­kus ernann­te im Som­mer 2015 deren Kar­di­nal­prä­fek­ten Giu­sep­pe Ver­sal­di zum neu­en Lei­ter der Kon­gre­ga­ti­on für das Katho­li­sche Bil­dungs­we­sen, nomi­nier­te aber gleich­zei­tig kei­nen neu­en Prä­fek­ten für die öko­no­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten des Hei­li­gen Stuhls. Val­le­jo Bal­da ist, als Sekre­tär der Prä­fek­tur und damit deren Num­mer Zwei, seit­her de fac­to Lei­ter die­ses römi­schen Dikasteriums.

Damit stellt sich aber die Fra­ge, war­um der wegen schwer­wie­gen­den Fehl­ver­hal­tens ver­ur­teil­te Val­le­jo Bal­da wei­ter­hin Sekre­tär der Prä­fek­tur für die öko­no­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten ist.

„Inzwi­schen gibt es die Prä­fek­tur noch: Was recht­fer­tigt, daß über die wirt­schaft­li­chen Akti­vi­tä­ten des Hei­li­gen Stuhls for­mal wei­ter­hin Msgr. Val­le­jo Bal­da wacht, der offen­sicht­lich für die­se Auf­ga­be unge­eig­net ist und gera­de wegen die­ser Untaug­lich­keit ver­ur­teilt wur­de? Was für eine Kuri­en­re­form ist das, die nicht ein­mal imstan­de ist, einem sol­chen Typen die Arbeit zu ändern?“, so San­dro Magister.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Telesur/​Settimo Cielo

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1 Kommentar

  1. Tohu­wa­bo­hu.
    Alles wild durch­ein­an­der gewor­fen- Alt­grie­chisch: dia-ballein

    Domi­ne, Deus meus, in Te spe­ra­vi; non con­fun­dar in aeternum.

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