Peinlicher Beifall und Reinfall des Deutschlandradios – medienethisches Versagen DR (4)


Verkehrte Wahrnehmung beim Deutschlandradio: "Agitation auf seine Weise verdoppelt"
Verkehrte Wahrnehmung beim Deutschlandradio: "Agitation auf seine Weise verdoppelt"

Ein Gast­bei­trag von Hubert Hecker.

Anzei­ge

In der Woche nach der Ber­li­ner Urauf­füh­rung von Falk Rich­ters lin­kem Bou­le­vard­stück FEAR im Okto­ber 2015 wur­de auf das Auto von Bea­trix von Storch ein Brand­an­schlag aus­ge­übt, eini­ge Tage spä­ter auch gegen den Wagen der Frau von Bever­foer­de. Bei­de Frau­en dämo­ni­siert das links­ra­di­ka­le Büh­nen­stück als Nazi-Mon­ster. Die Zuschau­er wer­den gegen sol­che „Mäch­te der Fin­ster­nis“ auf­ge­hetzt. Die­sen Zom­bies müs­se man „direkt ins Gehirn schie­ßen und ihr Gehirn aus­lö­schen.

Das Deutschlandradio eilt dem mutmaßlichen Brandstifterstück zu Hilfe

Nach dem Brand­an­schlag protz­te ein anony­mes Beken­ner­schrei­ben damit: „auto von rech­ter Demo­an­mel­de­rin abge­fackelt“. Die Betrof­fe­nen stell­ten Anzei­ge. Dane­ben erho­ben sie öffent­lich Ankla­ge, dass das Stück FEAR als gei­sti­ge Brand­stif­tung für die Aus­füh­run­gen mit­ver­ant­wort­lich sei. Die bei­den Frau­en hat­ten auch gegen die Ver­wen­dung ihrer Fotos beim Land­ge­richt Ber­lin Unter­las­sungs­kla­ge ein­ge­reicht. Bei­de Ein­sprü­che wur­den in zwei­ter Instanz abge­lehnt. Eben­falls hat­te Frau Kuby wegen des Fotos und gefälsch­ter Zita­te auf Unter­las­sung geklagt. Doch das Gericht ließ die Her­ab­wür­di­gun­gen, Fäl­schun­gen und Ver­leum­dun­gen als Kunst­frei­heit durchgehen.

Ange­sichts der öffent­li­chen Kri­tik an dem lin­ken Agi­ta­ti­ons­stück eil­te das Deutsch­land­ra­dio dem mut­maß­li­chen Brand­stif­ter zu Hil­fe mit meh­re­ren affir­ma­ti­ven Sen­de­bei­trä­gen. Die 1993 gegrün­de­te Sen­de­an­stalt mit vor­wie­gend Wort­bei­trä­gen zu Poli­tik und Kul­tur arbei­tet unter dem Dach der ARD.

Dem Deutsch­land­ra­dio (DR) ist wie allen ande­ren öffent­lich-recht­li­chen Sen­dern eine gesetz­li­che Infor­ma­ti­ons­pflicht auf­er­legt. Es hat in unpar­tei­ischer, aus­ge­wo­ge­ner und neu­tra­ler Art und Wei­se zu berich­ten. Das ist ihre Auf­trags­lei­stung im Gegen­zug zu der gesamt­bür­ger­li­chen Pflicht­fi­nan­zie­rung. Doch in die­sem Fall stell­te sich der Sen­der in allen dies­be­züg­li­chen Bei­trä­gen par­tei­isch auf die Sei­te des Brand­stif­ter-Stückes. Regis­seur und Thea­ter­chef sowie lin­ke Kom­men­ta­to­ren wur­den zu Gesprä­chen ins Stu­dio ein­ge­la­den – die durch den Inhalt und die Brand­an­schlä­ge Geschä­dig­ten nie.

DR-Häme für die Rufgeschädigten 

Verkehrte Wahrnehmung beim Deutschlandradio 1
Ver­kehr­te Wahr­neh­mung beim Deutsch­land­ra­dio 1

In der Fazit-Sen­dung des Deutsch­land­ra­di­os am 9. 11. 2015 wur­de zustim­mend die Recht­fer­ti­gung der Ber­li­ner Schau­büh­ne zitiert: „Einen Zusam­men­hang zwi­schen der Insze­nie­rung und den Straf­ta­ten her­zu­stel­len“ sei absurd. Der Autor und Regis­seur Falk Rich­ter hat in sei­nem Stück an Her­ab­wür­di­gung, Ver­leum­dun­gen und Hass-Kas­ka­den nicht gespart. Der Sen­der zitier­te ihn mit den Wor­ten, er sei betrof­fen von der „Ver­leum­dung“ sei­ner Per­son und Arbeit. Für die ruf- und brand­ge­schä­dig­ten Frau­en dage­gen hat­te der Kul­tur-Redak­teur And­re Mumot nur die unver­schäm­te Häme übrig, dass sie „emp­find­lich reagie­ren“ wür­den.

Eine Woche spä­ter bekam Falk Rich­ter selbst Gele­gen­heit, im Sen­der­stu­dio sei­ne Posi­tio­nen zu recht­fer­ti­gen: Er fokus­sier­te sich dabei auf die AfD. Frau von Storch und ihre Par­tei woll­ten ver­hin­dern, „dass man sich ernst­haft kri­tisch mit ihnen aus­ein­an­der­setzt“.  Im Stück selbst stellt er mehr­fach her­aus, dass er kei­ner­lei Inter­es­se an einer inhalt­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung habe, weil die­se rechts­na­tio­na­len Mon­ster­frau­en kei­nen ratio­na­len Gedan­ken und erst recht kei­ne Argu­men­te hätten.

Bühnenmutiger Theaterheld – Jammerlappen im realen Personenstreit

Verdrehte Wahrnehmung beim Deutschlandradio 2
Ver­dreh­te Wahr­neh­mung beim Deutsch­land­ra­dio 2

In einem spä­te­ren Inter­view behaup­tet Rich­ter: „Wir set­zen uns im Dia­log mit denen aus­ein­an­der“. Aber als die Zeit­schrift Christ und Welt ihn beim Wort nahm und Rich­ter und Kuby zu einer öffent­li­chen Dis­kus­si­on ein­lud, da war es schnell wie­der vor­bei mit sei­ner Dia­log­be­reit­schaft. Offen­bar sind nicht die Frau­en, die hin­ter den Mon­stern ste­hen, dia­log­un­fä­hig, son­dern Falk Rich­ter selbst.  Bei der Vor­stel­lung, der rea­len, ratio­na­len, wort­ge­wand­ten und gar nicht häss­li­chen Frau Kuby zu begeg­nen, hat der sonst so büh­nen­mu­ti­ge Thea­ter­held dann doch geknif­fen und die Dis­kus­si­ons­teil­nah­me abge­sagt. Ihm schwan­te wohl, dass er gegen­über Frau Kuby in ratio­na­ler Dis­kus­si­on eine ganz jäm­mer­li­che Figur abge­ge­ben hätte.

Aber bei den unkri­ti­schen und wohl­wol­len­den Cla­queu­ren des Deutsch­land­ra­di­os, da konn­te er wei­ter­hin den cou­ra­gier­ten Anti­fa­schi­sten vor­spie­len. So stell­te er die lächer­li­che The­se auf, er habe doch in sei­nem Stück „bewie­sen“, dass die AfD „natio­nal­so­zia­li­sti­sche Gedan­ken­gän­ge und Argu­men­ta­ti­ons­wei­sen bedient“ hät­te. Glaubt er viel­leicht, dass sei­ne obszö­nen Thea­ter­phan­ta­sien – etwa die Gespen­ster­sze­ne mit dem SS-Uni­for­mier­ten – irgend­ei­ne Beweis­kraft hätte?

Der Zitatenfälscher beklagt Zitatenfälschung

Verkehrte Wahrnehmung beim Deutschlandradio 3
Ver­kehr­te Wahr­neh­mung beim Deutsch­land­ra­dio 3

Schließ­lich beklagt Rich­ter sich lar­moy­ant, dass ihm von Sei­ten der AfD „alle mög­li­chen Sachen“ vor­ge­wor­fen und stän­dig „Text­stel­len aus dem Zusam­men­hang geris­sen oder falsch zitiert wür­den, um so Stim­mung zu machen“. Das sagt der Mei­ster von fal­schen Text- und Zita­ten­col­la­gen, des­sen gan­zes Stück nichts ande­res ist als pole­mi­sche Stimmungsmache.

Ein wei­te­res DR-Fea­ture am 18. 1. von Tho­mas Klug fährt voll auf die Ruf­mord­kam­pa­gne des FEAR-Stückes ab. Von jour­na­li­sti­scher Distanz zum Gegen­stand sei­ner Dar­stel­lung kei­ne Spur, kein Ansatz von kri­ti­schen Nach­fra­gen. Eine Kom­men­tar-Aus­wahl des Redak­teurs zeigt an, wie er die Agi­ta­ti­on des Büh­nen­stückes auf sei­ne Wei­se ver­dop­pelt. Sei­ne Ver­ächt­lich­ma­chung rich­tet sich vor allem gegen die katho­li­sche Publi­zi­stin Gabrie­le Kuby als Unter­stüt­ze­rin und Red­ne­rin auf der Demo für alle:

Noch ein Unterstützer der Rufmordkampagne

  • Die „obsku­re ‚Demo für alle’ nennt sich Ret­te­rin des Abend­lan­des“. – Das ist auf der Inter­net­sei­te auch nicht im Klein­ge­druck­ten zu finden.
  • „Die Reden der Demo-für-alle-Orga­ni­sa­to­ren sind Anschlä­ge auf den Intel­lekt den­ken­der Men­schen.“ – Mit Sicher­heit hat Klug kei­ne der Demo-Reden gele­sen oder gehört, denn dort wur­de sach­lich argumentiert.
  • Auf der Demo kann gegen jede Form von Auf­klä­rung gehetzt wer­den.“ – Der Redak­teur hält anschei­nend die Ein­füh­rung von Erst­kläss­lern in den Lebens­stil von Homo‑, Bi- und Trans­se­xu­el­len für „Auf­klä­rung“.
  • Was nicht zur grund­ge­setz­li­chen Fami­lie nach dem „Muster Vater-Mut­ter-Kind“ pas­se, sei „nicht nor­mal“ und müs­se „min­de­stens zum Arzt“. – Poli­ti­schen Geg­nern zu unter­stel­len, sie wür­den Anders­den­ken­de und –leben­de zu Kran­ken erklä­ren, ist eine üble Diffamierungsmethode.
  • Gabrie­le „Kubys Hal­tung ist ein­fach zu beschrei­ben: Sie ist dage­gen – gegen Kin­der­krip­pen, gegen Homo­se­xua­li­tät, gegen Sexu­al­auf­klä­rung, gegen Ver­hü­tung und gegen Har­ry Pot­ter.“ – Jede der pau­scha­len Gegen-The­sen ist falsch. Der Autor hat offen­sicht­lich nicht ein­mal aus dem FEAR-Stück Kubys Rede­aus­schnitt gele­sen, von den ande­ren Reden und Schrif­ten der Publi­zi­stin ganz zu schweigen.
  • Falk Rich­ter set­ze „die stärk­ste Waf­fe gegen jene ein, die Äng­ste schü­ren und Hass pre­di­gen. Er zitiert sie.“ – Tat­säch­lich hat­te der Thea­ter­au­tor kei­ne ein­zi­ge Hass- und Angst­pre­digt bei den Demo-Red­ne­rin­nen gefun­den, des­halb muss­te er wel­che erfin­den und Zita­te falsch zusam­men­stückeln, um „Hass“ vorzutäuschen.

Kubys Kla­ge gegen die Falsch-Zita­te im Thea­ter war vor Gericht wegen „Kunst­frei­heit“ abge­wim­melt wor­den. Aber ein Jour­na­list kann für sei­ne Kom­men­ta­re natür­lich nicht die Kunst- oder Nar­ren­frei­heit bean­spru­chen, mit gefälsch­ten Zita­ten einen Men­schen zu diffamieren.

Die erneu­te Kla­ge von Frau Kuby gegen die Ver­brei­tung der Falsch-Zita­te im Rund­funk war erfolg­reich. Pein­lich, pein­lich für das Deutsch­land­ra­dio: Der öffent­lich-recht­li­che Sen­der muss­te eine Unter­las­sungs­er­klä­rung unter­schrei­ben und die gefälsch­ten Zita­te aus dem Text streichen.

Frei­lich blie­ben die vie­len ande­ren Ver­leum­dun­gen, Falsch­aus­sa­gen und Ein­sei­tig­kei­ten im abruf­ba­ren Text ste­hen. Die gesetz­li­che Auf­la­ge für die Redak­teu­re der öffent­lich-recht­li­chen Anstal­ten, aus­ge­wo­gen und neu­tral Posi­tio­nen dar­zu­stel­len sowie mit Sorg­falt und Fair­ness zu berich­ten, löst der Sen­der nicht ein – ein wei­te­res Bei­spiel für medi­en­ethi­sches Versagen.

Text: Hubert Hecker
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1 Kommentar

  1. Da haben wir doch ein bewähr­tes Antwortmuster?
    Die­se Anschlä­ge haben nichts mit dem üblen Ber­li­ner Hetz­stück FEAR zu tun. Wie über­haupt nix mit nix zu tun hat.

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