Unbehagen der Bischöfe über Papst Franziskus – in Polen und Italien – Eine Zitatensammlung


(Rom/​Krakau) Papst Fran­zis­kus traf am Mitt­woch in Kra­kau ein, wo er am Welt­ju­gend­tag 2016 teil­nimmt. Auf dem Pro­gramm ste­hen jedoch wei­te­re Punk­te. Einer war eine Begeg­nung mit den 130 pol­ni­schen Bischö­fen aus 45 Diö­ze­sen, die ursprüng­lich öffent­lich und mit einer Anspra­che des Pap­stes statt­fin­den soll­te. Statt­ge­fun­den hat sie jedoch hin­ter ver­schlos­se­nen Türen und in der Form von Fra­ge und Antwort.

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Polens Bischö­fe hat­ten bereits im Vor­feld hin­ter den Kulis­sen, aber dafür deut­lich ver­lau­ten las­sen, was sie vom jüng­sten Doku­ment die­ses Pap­stes, dem nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia, hal­ten: näm­lich ziem­lich wenig. Mehr noch, sie hal­ten es in eini­gen Pas­sa­gen für gefähr­lich und im Wider­spruch zur katho­li­schen Moral­leh­re und zur Sakra­men­ten­ord­nung. Sie hat­ten sich bereits auf den bei­den Bischofs­syn­oden in Rom gegen die „neue Barm­her­zig­keit“ gestellt, die sie für eine fal­sche Barm­her­zig­keit hal­ten. Das Apo­sto­li­sche Schrei­ben, das die umstrit­te­nen Punk­te trotz die­ser vor­ge­brach­ten Beden­ken auf­nahm und nicht min­der umstrit­ten aus­brei­tet, löste daher erheb­li­chen Unmut im pol­ni­schen Epi­sko­pat aus.

Polens Bischö­fe ste­hen damit nicht allein. In ande­ren Bischofs­kon­fe­ren­zen – läßt man die Bischofs­kon­fe­ren­zen des deut­schen Sprach­raums bei­sei­te – sieht es nicht anders aus, und das sogar im „Land des Pap­stes“, womit tra­di­tio­nell Ita­li­en gemeint ist.

Unter Ita­li­ens Bischö­fen, die Apen­ni­nen­halb­in­sel zählt 223 Diö­ze­sen, rumort es erheb­lich. Der Groß­teil der Bischö­fe emp­fin­det ein Unbe­ha­gen wegen Papst Fran­zis­kus. Das hat nicht nur damit zu tun, daß der argen­ti­ni­sche Papst im Dezem­ber 2013 die aus histo­ri­schen und geo­gra­phi­schen Grün­den tra­di­tio­nell in Rom beson­ders ein­fluß­rei­che Ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz fak­tisch unter kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung stell­te, indem er ihr mit einem neu­en Gene­ral­se­kre­tär, Bischof Nun­zio Galan­ti­no, einen Auf­pas­ser vor­setz­te, der seit­her den Ton angibt. Die Sache geht noch tie­fer, wie der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster schreibt:

„Es herrscht unter vie­len ita­lie­ni­schen Bischö­fen ein Unbe­ha­gen gegen­über Fran­zis­kus, das unter der Asche glimmt und sel­ten aper­tis ver­bis geäu­ßert wird.“

Vor weni­gen Tagen ver­öf­fent­lich­te Lui­gi Accat­to­li, der Seni­or-Vati­ka­nist des Cor­rie­re del­la Sera, in der Deho­nia­ner-Zeit­schrift Il Reg­no eine Samm­lung von Aus­sa­gen ita­lie­ni­scher Bischö­fe über Papst Fran­zis­kus. Es han­delt sich dabei um per­sön­li­che Urtei­le, die Accat­to­li im Lau­fe der ver­gan­ge­nen drei Jah­re bei den ver­schie­den­sten Anläs­sen sam­mel­te, bei denen er mit Bischö­fen in Kon­takt kam. Accat­to­li, „ein über jeden Ver­dacht erho­be­ner Beob­ach­ter“ (Magi­ster), nennt nicht die Namen der Bischö­fe. Er sagt nicht, wer was sag­te. Da es sich um infor­mel­le, per­sön­li­che Gesprä­che han­del­te, wäre das auch nicht mög­lich. Der Vati­ka­nist „ent­hüllt“, das ist sei­ne Absicht, am Bei­spiel Ita­li­en das Unbe­ha­gen der Bischö­fe über die­ses Pon­ti­fi­kat, ein Phä­no­men, das die gesam­te Welt­kir­che betrifft.

Wie Accat­to­li vor­aus­schickt, wur­den von ihm nur Aus­sa­gen jener Bischö­fe aus sei­ner Zita­ten­samm­lung aus­ge­wählt, die zu „Bewun­de­rern der apo­sto­li­schen Kühn­heit Berg­o­gli­os“ gehö­ren und die „mit dem argen­ti­ni­schen Papst sym­pa­thi­sie­ren“.  Der Vati­ka­nist signa­li­siert, sich damit nicht gegen den amtie­ren­den Papst stel­len zu wol­len, läßt aber gleich­zei­tig erah­nen, wie erst die Urtei­le jener Bischö­fe aus­ge­fal­len sein müs­sen, die nicht „mit dem argen­ti­ni­schen Papst sympathisieren“.

Papst Franziskus im Urteil italienischer Bischöfe

„Ich bewun­de­re sei­ne Groß­mü­tig­keit. Es war soviel Demo­ti­va­ti­on in Umlauf, sei­ne Ankunft war eine psy­cho­lo­gi­sche Befrei­ung. War­um aber soviel Unru­he, was ist sein Plan?“

„Er tadelt, drängt, sich zu bewe­gen: Aber wohin will er uns führen?“

„Ich habe den Ein­druck, daß er eine schlech­te Mei­nung von uns Bischö­fen hat, und ich ver­ste­he nicht, woher die kommt. Ita­li­en ist immer­hin der har­te Kern der katho­li­schen Kir­che: War­um prü­gelt er uns?“

„Ich bewun­de­re die Fähig­keit des Pap­stes, Gesten der Barm­her­zig­keit des ‚Hin­aus­ge­hens‘ zu set­zen, etwa gegen­über den Ent­rech­te­ten, gegen­über den Nicht-Glau­ben­den. Ich fra­ge mich aber, was mit dem gan­zen Rest ist: dem Kate­chis­mus, dem Kodex, den Semi­na­ren, den Pfar­rei­en, den Staats­ge­set­zen, die sich immer mehr vom christ­li­chen Emp­fin­den ent­fer­nen. Was ist da zu sagen, was zu tun?“

„Aber was heißt denn „hin­aus­ge­hen“? Das sagt sich leicht, aber tun? Was bedeu­tet das in einer gege­be­nen Situa­ti­on wie in mei­ner Diözese?“

„Er hat das Schlag­wort der nicht ver­han­del­ba­ren Wer­te blockiert, aber womit hat er es ersetzt? Mit einem hal­ben Wort, denn ein hal­bes Wort ist es, oder etwa nicht?“

„Er spielt auf die Paten bei Tau­fe und Fir­mung an, er sagt, daß es nicht rich­tig ist, jene aus­zu­schlie­ßen, die in einer irre­gu­lä­ren ehe­li­chen Situa­ti­on leben, aber dann ändert er nicht die exi­stie­ren­den Regeln und so bringt er uns in Schwie­rig­keit gegen­über dem Volk.“

„Die Gläu­bi­gen hal­ten uns dau­ernd ent­ge­gen: ‚der Papst hat gesagt‘. In den mei­sten Fäl­len haben sie falsch ver­stan­den, aber ver­such erst ein­mal sie davon zu über­zeu­gen. Er ist schnell im Reden, aber lei­der stellt er nicht in Rech­nung, daß wir es sind, die im Schüt­zen­gra­ben lie­gen. Es scheint gera­de so, als wäre er nie Bischof gewesen.“

„In Amo­ris lae­ti­tia im Para­graph 300 hat er geschrie­ben, daß die Unter­schei­dung der per­sön­li­chen Situa­tio­nen im Dia­log mit dem Beicht­va­ter zu gesche­hen habe „gemäß der Leh­re der Kir­che und den Richt­li­ni­en der Bischö­fe“: Ich als Bischof soll die­se Richt­li­ni­en geben? Wenn sie nicht ein­mal der Papst gege­ben hat – ich neh­me an, weil er kei­ne hat­te. Wie soll ich sie dann geben?“

„Die jüng­ste Syn­ode hat­te ihm die Fra­ge vor­ge­legt, wel­chen kirch­li­chen Dien­sten jene anver­traut wer­den könn­ten, die in irre­gu­lä­ren ehe­li­chen Situa­tio­nen leben; er hin­ge­gen hat im Para­graph 299, anstatt die­se Anfra­ge zu wür­di­gen, die Ange­le­gen­heit ein­fach uns anver­traut, die wir unter dem Erwar­tungs­druck der Leu­te stehen.“

„Im Para­graph 122 von Amo­ris lae­ti­tia erklärt er: ‚Man darf nicht zwei begrenz­ten Men­schen die gewal­ti­ge Last auf­la­den, in voll­kom­me­ner Wei­se die Ver­ei­ni­gung nach­zu­bil­den, die zwi­schen Chri­stus und sei­ner Kir­che besteht‘. Das hal­te ich für eine unbe­son­ne­ne Aus­sa­ge. Machen wir einen Ver­gleich mit dem Kle­rus: Sol­len wir etwa sagen, daß wir einem Prie­ster nicht die Last auf­la­den soll, die Gestalt des guten Hir­ten nachzubilden?“

„Im Ehe­nich­tig­keits­ver­fah­ren hat er den Bischof zum allei­ni­gen Rich­ter gemacht, und nun kom­men sie zu mir Ärm­sten, als könn­te ich jeden Fall behan­deln: ‚Sie sind der Rich­ter, hat der Papst gesagt.‘ Und alle wol­len ein Schnellverfahren.“

„Was die Gläu­bi­gen inter­es­siert, ist die Kom­mu­ni­on. Wenn die Unter­schei­dung dazu gelangt, den Zugang zu den Sakra­men­ten zu erlau­ben, inter­es­siert die Aner­ken­nung der Ehe­nich­tig­keit nicht mehr.“

„Bei den Ernen­nun­gen befolgt er nicht die übli­che Pra­xis, er ent­schei­det nach sei­nem Kopf. Man ver­steht noch, daß er dem Kar­rie­ris­mus und den Zieh­söh­nen ent­ge­gen­tre­ten will, die Pra­xis war aber ein Ret­tungs­ring, um Feh­ler zu ver­mei­den. Wenn er ohne Netz vor­geht, wel­che Sicher­heit hat er dann, kei­ne Feh­ler zu machen?“

„Er nimmt sich eine Frei­heit her­aus, die sei­ne Mit­ar­bei­ter an der Kurie und die Ver­ant­wort­li­chen der Bischofs­kon­fe­renz in Ver­le­gen­heit bringt. Für vie­le ist es so, als sei das Ver­trau­ens­ver­hält­nis verlorengegangen.“

„Er prü­gelt nicht nur Prie­ster und Bischö­fe, nun geht er sogar soweit, die Amts­ent­he­bung der Bischö­fe anzu­dro­hen, die sich nicht ein­set­zen, die Pädo­phi­lie des Kle­rus zu bekämp­fen. Die­sen Vor­stoß ver­ste­he ich wirk­lich nicht: Das ist ein heik­les Ter­rain. Der Bischof ist ja ein Vater und muß auch einen Weg fin­den, ein barm­her­zi­ger Vater zu sein, oder etwa nicht?“

„Ich ver­ste­he, daß er arm erschei­nen will, aber ein durch­schim­mern­des Gewand zu tra­gen, wo man die schwar­zen Hosen dar­un­ter sieht, ist das nicht Nach­läs­sig­keit? Wenn wir Bischö­fe ernannt wer­den, erhal­ten wir stren­ge Anwei­sun­gen, was unse­re Klei­dung betrifft, daß wir uns immer ordent­lich zei­gen sol­len. Wehe, wenn dem nicht so ist. Gilt das für den Papst nicht?“

„Er redet viel über Syn­oda­li­tät, aber dann ent­schei­det er alles allein. Er sagt, daß man dezen­tra­li­sie­ren muß, aber eine so star­ke per­sön­li­che Macht­kon­zen­tra­ti­on, hat es noch nie gegeben.“

Text/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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2 Kommentare

  1. Die Bischö­fe reden viel, kri­ti­sie­ren und stel­len die Hand­lun­gen die­ses Pap­stes in Fra­ge. Schön und gut. Doch wie wäre es mit Wider­stand? Kei­ner tut etwas, aber es wird gere­det, mög­lichst hin­ter ver­schlos­se­nen Türen.

  2. Da reden Bischö­fe über Fran­zis­kus, und dies oft nicht sehr schmei­chel­haft. Doch alles scheint hin­ter ver­schlos­se­nen Türen statt zu fin­den. Wo ist der Mut offen in Oppo­si­ti­on gegen die­sen Papst zu gehen? Da schwingt auch die Angst mit, wohl­näh­ren­de Pfrün­de zu ver­lie­ren. Es ist alles ein System der gei­sti­gen Unter­drückung. So kann es kaum Wider­stand gegen die­sen „Papst“, oder bes­ser Bischof von Rom geben.

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