Bischof Laise: „Heilige Messe von Pius V. ist ein liturgisches, spirituelles, theologisches, moralisches Ganzes“


Kardinal Sarah mit Bischof Laise in Rom bei der Vorstellung eines Buches des Liturgikers Nicola Bux
Kardinal Sarah mit Bischof Laise in Rom bei der Vorstellung eines Buches des Liturgikers Nicola Bux

(Paris) Die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Initia­ti­ve Paix Lit­ur­gi­que ver­öf­fent­lich­te ein Inter­view mit Msgr. Juan Rodol­fo Lai­se, dem eme­ri­tier­ten Bischof von San Luis in Argen­ti­ni­en. Bischof Lai­se gehört dem Kapu­zi­ner­or­den an. Er wur­de inter­na­tio­nal bekannt, weil er der erste Diö­ze­san­bi­schof war, der in sei­nem Bis­tum die Hand­kom­mu­ni­on unter­sag­te und dazu das Buch „Hand­kom­mu­ni­on“ ver­öf­fent­lich­te, das in ver­schie­de­ne Spra­chen über­setzt wur­de. 2001 wur­de Bischof Lai­se aus Alters­grün­den eme­ri­tiert. Auch unter sei­nen bis­her zwei Nach­fol­gern an der Spit­ze der Diö­ze­se wur­de das Ver­bot der Hand­kom­mu­ni­on bei­be­hal­ten. Inzwi­schen 90 Jah­re alt, lebt der gro­ße Ver­eh­rer des hei­li­gen Pater Pio aus dem Kapu­zi­ner­or­den heu­te in San Gio­van­ni Roton­do, wo Pater Pio den Groß­teil sei­nes Lebens ver­bracht hat­te und wo er auch bei­gesetzt ist. Bischof Lai­se ist in San Gio­van­ni Roton­do als Beicht­va­ter tätig.

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Paix Lit­ur­gi­que: Wel­che Mes­se zele­brie­ren Sie täglich?

Bischof Lai­se: Aktu­ell? Die Mes­se des hei­li­gen Pius V., jeden Tag um 6 Uhr mor­gens, wenn ich in San Gio­van­ni Roton­do bin. Das ist mei­ne Privatmesse.

Paix Lit­ur­gi­que: Kön­nen die Gläu­bi­gen dar­an teilnehmen?

Bischof Lai­se: Lei­der gibt es unter den Kapu­zi­nern des Kon­vents, die gene­rell schon ein gewis­ses Alter haben, kei­ne Offen­heit gegen­über der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie. Im Gegen­satz dazu gibt es unter den jun­gen Prie­stern, die zu Besuch kom­men, eini­ge, die wohl­ge­sinnt sind. Es wäre gut, wenn es eine öffent­li­che Zele­bra­ti­on für die vie­len Pil­ger des Wall­fahrts­or­tes gäbe, und ich bin mir sicher, daß die Gläu­bi­gen sehr posi­tiv dar­auf reagie­ren wür­den. Die Zeit scheint dafür aber, was die Obe­ren angeht, noch nicht reif zu sein. Was mich betrifft, pro bono pacis, zele­brie­re ich, indem ich jede Span­nung zu ver­mei­den versuche.

Paix Lit­ur­gi­que: Wie haben Sie die Pro­kla­ma­ti­on des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von Bene­dikt XVI. erlebt?

Bischof Lai­se: In jedem Fall war ich sehr sen­si­bel dafür, weil Sum­morum Pon­ti­fi­cum die Zele­bra­ti­on der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie wie­der­her­stell­te und dazu auf­for­dert. Die­se Mes­se ist hun­der­te von Jah­ren alt. Wenn ich in der ordent­li­chen Form zele­brie­re, ver­wen­det ich die Ora­tio­nen der außer­or­dent­li­chen Form, beson­ders auch beim Offer­to­ri­um und dem Römi­schen Canon. Ich den­ke, das ist der Sinn, wes­halb Papst Bene­dikt XVI. die bei­den For­men des glei­chen Ritus ein­an­der gegenüberstellte.

Paix Lit­ur­gi­que: Stel­len Sie bei den Prie­stern eine Ent­wick­lung der mens lit­ur­gi­ca fest?

Bischof Lai­se: Es ist not­wen­dig zwi­schen den Gene­ra­tio­nen zu unter­schei­den. Wir erle­ben eine posi­ti­ve Hal­tung bei den jun­gen Prie­stern, eine Hal­tung die oft ent­steht, wenn sie einen Kon­takt mit einem Prie­ster bekom­men, dank dem sie die über­lie­fer­te Mes­se ent­decken dür­fen. Auf die­se Wei­se bekom­men sie Zugang zu einem geist­li­chen und theo­lo­gi­schen Schatz, der ihnen bis dahin unbe­kannt war und der nur mehr erkun­det und geteilt wer­den muß. Der Inhalt der über­lie­fer­ten Mes­se ist viel rei­cher, viel prä­zi­ser als die moder­ne Mes­se. Die aller­se­lig­ste Jung­frau, der hei­li­ge Erz­engel Micha­el und die hei­li­gen Apo­stel Petrus und Pau­lus sind in allen Ora­tio­nen der außer­or­dent­li­chen Form gegen­wär­tig, wäh­rend sie in der ordent­li­chen Form völ­lig oder fast völ­lig ver­schwun­den sind. Auch solan­ge ich mit dem neu­en Mis­sa­le zele­brier­te, habe ich mich immer für das erste eucha­ri­sti­sche Hoch­ge­bet, den Römi­schen Kanon entschieden.

Paix Lit­ur­gi­que: Wann wur­den Sie in der außer­or­dent­li­chen Form zum Prie­ster geweiht?

Bischof Lai­se: Das war 1949! Ich habe sie 20 Jah­re lang zele­briert ein­schließ­lich mei­ner Zeit in Rom, als ich an der Gre­go­ria­na stu­dier­te. Ich habe sie auch wäh­rend der Bug­nini-Reform zele­briert, als die­ser die Absicht der Kon­zils­vä­ter ver­ra­ten hat – und viel­leicht auch die von Paul VI. Jeden­falls stimmt mich das Bei­spiel der Hand­kom­mu­ni­on nach­denk­lich, die Paul VI. nicht woll­te, wie die Instruk­ti­on Memo­ria­le Domi­ni belegt, die aber von den deut­schen und fran­zö­si­schen Bischö­fen auf­ge­zwun­gen wurde.

Paix Lit­ur­gi­que: Und Ihre Bischofsweihe?

Bischof Lai­se: Das war 1971 und daher im neu­en Ritus. Als ich zum Bischof von San Luis wur­de, war die Reform bereits umge­setzt wor­den. Ich muß sagen, daß ich kei­ne Pro­ble­me habe, denn zu jener Zeit respek­tier­ten wir in Argen­ti­ni­en die Rubri­ken und zele­brier­ten wir noch mit dem Geist der alten Lit­ur­gie. Es geschah lang­sam, lang­sam, daß die Situa­ti­on kipp­te. Des­halb wur­de die Hand­kom­mu­ni­on im Land auch erst spät, 1996 eingeführt.

Paix Lit­ur­gi­que: Wie ist die Lage derzeit?

Bischof Lai­se: Ich sehe eine Schwie­rig­keit, und das ist der Ver­lust des Lateins. Latein wird an den Schu­len nicht mehr unter­rich­tet und auch kaum mehr an den Semi­na­ren, wes­halb auch gut­ge­sinn­te und bereit­wil­li­ge Prie­ster sich die außer­or­dent­li­che Form nicht zu eigen machen können.

Paix Lit­ur­gi­que: Sehen Sie auch posi­ti­ve Zei­chen, die das aufwiegen?

Bischof Lai­se: Die Jun­gen. Sie haben Respekt für die Lit­ur­gie, sie schät­zen sie und vie­le füh­len sich durch die außer­or­dent­li­che Form ange­zo­gen. Sie bedür­fen aber der For­mung. Die Mes­se des hei­li­gen Pius V. ist ein Gan­zes, ein lit­ur­gi­sches, geist­li­ches, theo­lo­gi­sches und mora­li­sches Gan­zes. Jeder ein­zel­ne die­ser Aspek­te ist wie­der­zu­ent­decken. Man wird sich des­sen klar bewußt durch das The­ma Kom­mu­ni­on: der hei­li­ge Tho­mas von Aquin lehrt, daß Chri­stus selbst im klein­sten Teil der kon­se­krier­ten Hostie gegen­wär­tig ist, was die Gebets­hal­tung und die Ver­eh­rung durch die Gläu­bi­gen bedingt. Das erklärt auch, wes­halb die Hand­kom­mu­ni­on in der außer­or­dent­li­chen Form unvor­stell­bar ist. Wenn man die Wahr­heit aner­kennt, wenn man an sie glaubt, lebt man auch in Funk­ti­on auf die­se Über­zeu­gung, es gibt eine Über­ein­stim­mung zwi­schen unse­rem Leben und unse­rem Glau­ben. Man kann nicht im Wider­spruch zum wah­ren Glau­ben leben wegen der Klar­heit ihres theo­lo­gi­schen und geist­li­chen Inhalts. Wir brau­chen drin­gend die Wie­der­ent­deckung die­ser Über­ein­stim­mung. Sie ist die tra­gen­de Säu­le der Lit­ur­gie wie es der Kate­chis­mus der katho­li­schen Kir­che für unse­ren Glau­ben ist.

Paix Lit­ur­gi­que: Die Par­tei­gän­ger der Lit­ur­gie­re­form haben sie zum Teil damit begrün­det, daß es vor dem Kon­zil Miß­bräu­che in der Zele­bra­ti­on des triden­ti­ni­schen Ritus gab. Konn­ten Sie sol­che Miß­bräu­che wäh­rend der ersten Jah­re Ihres Prie­ster­tums beobachten?

Bischof Lai­se: Ja, natür­lich! Das waren vor allem per­sön­li­che Ein­zel­fäl­le von Miß­bräu­chen, aber kei­ne gene­ra­li­sier­ten Miß­bräu­che. Ich erin­ne­re mich, als ich sehr jung war, daß ich die Pfarr­mit­tei­lun­gen vor­zu­le­sen hat­te, wäh­rend der Prie­ster am Fuß des Alta­res die Gebe­te sprach. Das ent­setz­te mich. Die Mes­se erfor­dert eine gro­ße Kon­zen­tra­ti­on auf die Din­ge Got­tes, auf das Geheim­nis des Kreu­zes, das Lei­den und die Auf­er­ste­hung Unse­res Herrn Jesus Chri­stus. Der Zele­brant muß jede Gele­gen­heit der Zer­streu­ung ver­mei­den für sich und für die Gläubigen.

Paix Lit­ur­gi­que: Wäh­rend die ita­lie­ni­sche Über­set­zung Ihres Buches erschien, unter­zeich­ne­te ein boli­via­ni­scher Bischof ein Dekret, mit dem er in sei­ner Diö­ze­se Oruro die Mund­kom­mu­ni­on för­dert. Was sagen Sie zu die­ser Entscheidung?

Bischof Lai­se: Ich  wünsch­te, daß alle Bischö­fe sich der Wich­tig­keit der Mund­kom­mu­ni­on bewußt wer­den als Refe­renz an das Aller­hei­lig­ste, dann wer­den sie die­sel­be Hal­tung wie der Bischof von Oruro ein­neh­men! Das ist die ein­zi­ge Form, um wirk­lich mit den Wor­ten und den Taten den Glau­ben an die eucha­ri­sti­sche Gegen­wart des Herrn zu bezeu­gen.  Wir bedau­ern, daß heu­te nicht in der gan­zen Kir­che es so geschieht, wie es Paul VI. in Memo­ria­le Domi­ni defi­niert hat: daß die Kom­mu­ni­on immer mit dem Mund emp­fan­gen wer­den soll. Daher freut es mich, daß der Bischof von Oruro die Wor­te von Papst Paul VI. bekräftigt.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Paix Liturgique

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