Medjugorje: Ernennung eines vatikanischen Verwalters und Anerkennung als „Heiligtum“?


(Rom/​Medjugorje) Laut einem Bericht der kroa­ti­schen Tages­zei­tung Večern­ji list ( wird der Vati­kan das Phä­no­men Med­jug­or­je nicht aner­ken­nen. Der Hei­li­ge Stuhl wer­de statt­des­sen einen vati­ka­ni­schen Ver­wal­ter ein­set­zen, der die Ober­auf­sicht aus­üben und Fehl­ent­wick­lun­gen ver­hin­dern sol­le. Gleich­zei­tig wer­de der her­ze­go­wi­ni­sche Ort jedoch, anders als ursprüng­lich vor­ge­se­hen, als Sanc­tua­ri­um (Hei­lig­tum) anerkannt.

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Die Zei­tung bemüh­te sich ohne Erfolg eine Bestä­ti­gung durch die her­ze­go­wi­ni­sche Fran­zis­ka­ner­pro­vinz zu erhal­ten. Die im Bericht genann­te Lösung ent­spricht jedoch weit­ge­hend dem Lösungs­pa­ket, das seit Mai 2015 unter­schrifts­reif auf dem Schreib­tisch von Papst Fran­zis­kus liegt. Inzwi­schen soll die Bereit­schaft aller betei­lig­ten Sei­ten vor­lie­gen, eine sol­che Lösung zu akzep­tie­ren. Der Grund dafür liegt in einer Ände­rung des ursprüng­li­chen Entwurfs.

Keine Anerkennung des übernatürlichen Charakters

Das 2015 dem Papst vor­ge­leg­te Dekret sah für den her­ze­go­wi­ni­schen Ort, an dem seit 35 Jah­ren meh­re­ren Sehern die Gos­pa, die Got­tes­mut­ter Maria erschei­nen soll, den Sta­tus einer Gebets­stät­te vor, die direkt der Ver­wal­tung durch den Hei­li­gen Stuhl unter­stellt wird. Ent­spre­chen­de Plä­ne, die soge­nann­te „admi­ni­stra­ti­ve Lösung“ wur­den bereits unter Bene­dikt XVI. diskutiert.

Der zustän­di­ge Bischof von Mostar, Msgr. Rat­ko Peric stell­te in den 1980er Jah­ren fest, daß die angeb­li­chen Erschei­nun­gen „nicht über­na­tür­li­chen“ Cha­rak­ters sind. Das „non cons­tat de super­na­tu­ra­li­ta­te“ wur­de 1991 von der zustän­di­gen Bischofs­kon­fe­renz, damals noch von Jugo­sla­wi­en, bestätigt.

Medjugorje-Bericht von Večernji list
Med­jug­or­je-Bericht von Večernji list vom 2. Juli

Seit­her hof­fen die zahl­rei­chen Pil­ger, die jähr­li­chen den Balkan­ort nahe der Adria­kü­ste auf­su­chen, auf eine Aner­ken­nung durch den Hei­li­gen Stuhl. Mit dem Ver­weis, Rom habe „noch nicht ent­schie­den“, wur­de viel­fach der Ein­druck erweckt, eine kirch­li­che Ent­schei­dung ste­he noch aus.

2009 bestä­tig­te die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on aller­dings die Zustän­dig­keit der bos­ni­schen Bischö­fe, womit die ableh­nen­de Ent­schei­dung von 1991 fak­tisch bestä­tigt wurde.

2010 setz­te Papst Bene­dikt XVI. eine vati­ka­ni­sche Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ein, um das Phä­no­men Med­jug­or­je zu prü­fen und eine seit Jah­ren gefor­der­te Ent­schei­dung Roms her­bei­zu­füh­ren. 2012 schloß die Kom­mis­si­on ihre Arbeit ab. Durch den uner­war­te­ten Amts­ver­zicht durch Papst Bene­dikt XVI. kam eine Ent­schei­dung jedoch nicht zustan­de. Der 2013 neu­ge­wähl­te Papst Fran­zis­kus äußer­te sich mehr­fach kri­tisch zu „Erschei­nungs- und Bot­schaf­ten-Süch­tig­keit“. Anspie­lun­gen, die nicht nur, aber nament­lich auch auf Med­jug­or­je gemünzt waren.

Neue Fassung für den Dekret-Entwurf von Mai 2015?

Im Juni 2015 schien Bewe­gung in die Sache zu kom­men, als Fran­zis­kus auf dem Rück­flug von Sara­je­wo eine bal­di­ge Ent­schei­dung ankün­dig­te. Damit setz­te erneut ein star­kes Tau­zie­hen hin­ter den Kulis­sen ein, das bereits die Jah­re zuvor unter Bene­dikt XVI. geprägt hatte.

Die Befür­wor­ter des Phä­no­mens ver­su­chen eine nega­ti­ve Ent­schei­dung, sie bestün­de in einer Bestä­ti­gung der „Non cons­tat de supernaturalitate“-Entscheidung der zustän­di­gen Bischö­fe, zu ver­mei­den. Das Phä­no­men sei noch im Gan­ge mit neu­en „Bot­schaf­ten“ der Got­tes­mut­ter, wes­halb eine Letzt­ent­schei­dung noch gar nicht mög­lich sei.

Zudem gehe es dar­um, Med­jug­or­je-Anhän­ger unter den Gläu­bi­gen nicht vor den Kopf zu sto­ßen. Eine nega­ti­ve Ent­schei­dung könn­te sie ver­un­si­chern und in ihrem Glau­ben erschüt­tern. Die Kir­che bemü­he sich, dar­auf Rück­sicht zu neh­men, indem sie die­se Gefahr ernst nehme.

Seit dem Früh­jahr 2015 liegt Papst Fran­zis­kus ein aus­ge­ar­bei­te­tes Dekret auf dem Schreib­tisch. Es sieht eine admi­ni­stra­ti­ve Lösung vor mit den Eck­punk­ten: Aner­ken­nung Med­jug­or­jes als Gebets­stät­te, die Seel­sor­ge blei­be wei­ter­hin dem Fran­zis­ka­ner­or­den anver­traut, gleich­zei­tig soll die Gebets­stät­te direkt der Auf­sicht des Hei­li­gen Stuhls unter­stellt werden.

Anerkennung Medjugorjes als „Sanctuarium“?

Das Tau­zie­hen führ­te laut Večern­ji list zu einer Kor­rek­tur die­ses ursprüng­li­chen Ent­wur­fes: Med­jug­or­je soll nicht nur als „Gebets­stät­te“, son­dern als „Hei­lig­tum“ aner­kannt wer­den. Details wur­den nicht genannt. Es gibt drei unter­schied­li­che Stu­fen von Sank­tua­ri­en. Die höch­ste Stu­fe bil­det das Sanc­tua­ri­um inter­na­tio­na­le (inter­na­tio­na­les Hei­lig­tum). Der Sta­tus des vati­ka­ni­schen Ver­wal­ters ist eben­so noch nicht bekannt. Es könn­te sich dabei um einen Päpst­li­chen Dele­ga­ten handeln.

Eine Lösung, mit der inzwi­schen fast alle leben könn­ten, wie es in Rom heißt. Selbst die Fran­zis­ka­ner, aber auch der zustän­di­ge Bischof von Mostar könn­ten sich zwi­schen­zeit­lich mit einer sol­chen Kon­struk­ti­on anfreunden.

Teil des Lösungs­pa­kets soll zudem eine Zurück­drän­gung öffent­li­cher Auf­trit­te der soge­nann­ten Seher sein. Bereits unter Papst Bene­dikt XVI. begann die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on gegen Auf­tritt ein­zel­ner „Seher“ mit Auf­tritts­ver­bo­ten vor­zu­ge­hen. Das gilt vor allem für sol­che, die in der gan­zen Welt her­um­rei­sen und bei ihren Auf­trit­ten in der Öffent­lich­keit jeweils „Erschei­nun­gen“ haben sollen.

Kar­di­nal Vin­ko Pul­jic, der Erz­bi­schof von Sara­je­vo, der auch Mit­glied der von Bene­dikt XVI. ein­ge­setz­ten Päpst­li­chen Unter­su­chungs­kom­mis­si­on war, sprach sich Anfang 2016 mit Nach­druck für die „admi­ni­stra­ti­ve“ Lösung aus. In Sara­je­wo, aber auch in Rom wird sie als „salo­mo­ni­sche“ oder „päd­ago­gi­sche“ Lösung bezeichnet.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: madre­mia (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. An sich hört es sich nach einer diplo­ma­ti­schen Lösung an. Alle schei­nen zu zustim­men und so gibt es kei­nen Bruch, der die Gläu­bi­gen ver­schrecken könn­te. Zunächst wür­de ich sagen Denn lei­der hat die Ankün­di­gung eines vati­ka­ni­schen Ver­wal­ters einem bit­tern Bei­geschmack bekom­men, wenn man an ande­re ähn­li­che Aktio­nen denkt.
    Wer weiss was unter „aus­ufern“ ver­stan­den wird. Even­tu­ell die Beich­te im Aussen­be­reich? Oder die vie­len Prie­ster? Oder ande­re Din­ge, die so nicht dem katho­li­schen All­tag entsprechen?
    Wenn es so kommt, so möch­te ich fast wet­ten, dass aus einem blü­hen­den Ort eine klei­ne Wüste ent­steht. Oder soll­te es sich anders entwickeln?
    Sicher­lich bedarf es des Gebe­tes und der Sühne.
    Dies scheint das ein­zi­ge Mit­tel zu sein, den Herrn mit allem zu ver­söh­nen, was in die­ser trau­ri­gen Zeit der Kir­che geschieht.

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