Papst Franziskus und seine „revolutionäre Sprache“


Papst Franziskus und seine "revolutionäre Sprache"
Papst Franziskus und seine "revolutionäre Sprache"

(Rom) Der Histo­ri­ker und bekann­te katho­li­sche Intel­lek­tu­el­le Rober­to de Mat­tei ver­öf­fent­lich­te gestern in der römi­schen Tages­zei­tung Il Tem­po (18. Mai) eine Kolum­ne über die „revo­lu­tio­nä­re Spra­che“ von Papst Franziskus.

Die revolutionäre Sprache von Papst Franziskus

Anzei­ge

von Rober­to de Mattei*

In der Kir­chen­ge­schich­te gab es vie­le „refor­me­ri­sche“ Päp­ste, aber Papst Berg­o­glio scheint einer ande­ren Kate­go­rie anzu­ge­hö­ren, die bis­her unter den römi­schen Päp­sten fremd war, jener der „revo­lu­tio­nä­ren“.

Die Refor­mer wol­len die Leh­re und die Ord­nung wie­der zu ihrer Rein­heit und ursprüng­li­chen Inte­gri­tät füh­ren, wes­halb sie unter die­sem Aspekt auch als „Tra­di­tio­na­li­sten“ bezeich­net wer­den kön­nen. Sol­che Päp­ste waren zum Bei­spiel Pius IX. und Pius X.

Die Revo­lu­tio­nä­re sind hin­ge­gen jene, die einen Bruch zwi­schen Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart set­zen wol­len, indem sie das zu errei­chen­de Ide­al in einer uto­pi­schen Zukunft ansiedeln.

Der Bruch von Papst Fran­zis­kus mit der Ver­gan­gen­heit voll­zieht sich mehr auf sprach­li­cher als auf dok­tri­nel­ler Ebe­ne. Die Spra­che hat im Medi­en­zeit­al­ter jedoch eine grö­ße­re Macht zur Ver­än­de­rung als die Idee, die sie ver­tritt. Kei­nes­wegs zufäl­lig bezeich­ne­te Kar­di­nal Schön­born das päpst­li­che Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia bei der Vor­stel­lungs­pres­se­kon­fe­renz in Rom als „ein sprach­li­ches Ereignis“.

Die Ent­schei­dung für einen bestimm­ten „Sprach­stil“, der durch Wor­te, Gesten und auch Aus­las­sun­gen zum Aus­druck kommt, setzt eine bestimm­te Denk­wei­se vor­aus und ver­mit­telt impli­zit eine neue Leh­re. Der Anspruch aber, eine sprach­li­che Revo­lu­ti­on durch­zu­füh­ren, von der man leug­net, daß sie auch eine dok­tri­nel­le Revo­lu­ti­on ist, führt zwangs­läu­fig zur Ver­wir­rung. Die Ver­wir­rung, die Des­ori­en­tie­rung und eine gewis­se Schi­zo­phre­nie schei­nen aber die unver­wech­sel­ba­re Chif­fre des der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats zu sein.

Zu den jüng­sten Bei­spie­len der Ver­wir­rung gehört jene um den Begriff Armut. Die Armut des Evan­ge­li­ums wird mit jener der sozia­li­stisch-kom­mu­ni­sti­schen Ideo­lo­gien durcheinandergebracht.

Erste­re ist ein Zustand der Ver­voll­komm­nung, der aus der bewuß­ten Ent­schei­dung des Ein­zel­nen ent­steht. Zwei­te­re ist ein sozia­ler Zustand, der als Zwang von oben auf­er­legt ist.

Zudem: Wenn die Män­ner der Kir­che und die Katho­li­ken gene­rell auf per­sön­li­cher Ebe­ne im Geist der Armut leben sol­len, in dem Sinn, daß sie nicht an den irdi­schen Gütern hän­gen sol­len, heißt das nicht, daß die Kir­che als von Chri­stus gestif­te­te Insti­tu­ti­on arm sein soll, son­dern über alle nöti­gen mate­ri­el­len Mit­tel ver­fü­gen soll, um ihre Mis­si­on aus­üben zu können.

Die Kir­che die­ser Mit­tel zu berau­ben, bedeu­tet, sie zu ampu­tie­ren und ihr Wir­ken in der Welt zu schwä­chen. Unter die­sem Gesichts­punkt läuft die Armut­s­er­mah­nung von Papst Berg­o­glio Gefahr, der Kir­che ihre Fähig­keit zur Ver­än­de­rung zu neh­men, um sie in den Säku­la­ri­sie­rungs­pro­zeß ein­zu­tau­chen, der das auf­löst, was einst das christ­li­che Abend­land war.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt erschie­nen: Vica­rio di Cri­sto. Il pri­ma­to di Pie­tro tra nor­ma­li­tà  ed ecce­zio­ne (Stell­ver­tre­ter Chri­sti. Der Pri­mat des Petrus zwi­schen Nor­ma­li­tät und Aus­nah­me), Vero­na 2013; in deut­scher Über­set­zung zuletzt: Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil – eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, Rup­picht­eroth 2011. Die Zwi­schen­ti­tel stam­men von der Redaktion.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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