Erzbischof verbietet Kardinal Müller sein Buch vorzustellen, weil „gegen den Papst“


Erzbischof Carlos Osoro und Papst Franziskus
Erzbischof Carlos Osoro und Papst Franziskus

(Madrid) Papst-Ver­trau­ter als Zen­sor? Madrids Erz­bi­schof Car­los Osoro Sier­ra unter­sag­te Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, dem Glau­bens­prä­fekt der Katho­li­schen Kir­che, sein neue­stes Buch “Infor­me sob­re la espe­ran­za“ (Zur Lage der Hoff­nung) an der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät San Dáma­so in Madrid vor­zu­stel­len. Die Begrün­dung? Weil es „ein Buch gegen den Papst“ sei.

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Die renom­mier­te spa­ni­sche Biblio­te­ca de Auto­res Cri­stia­nos (BAC), des­sen Lei­ter, der Prie­ster Car­los Gra­na­dos, das Gespräch mit Kar­di­nal Mül­ler führ­te, das Grund­la­ge des Buches wur­de, lud den deut­schen Kar­di­nal für kom­men­de Woche nach Spa­ni­en ein, um an ver­schie­de­nen Orten das Gesprächs­buch vor­zu­stel­len, dar­un­ter in Valen­cia, Madrid und Oviedo.

Das Buch han­delt von der Lage der Kir­che. Der Titel ist eine Anleh­nung an das berühm­te, vor 30 Jah­ren erschie­ne­ne Gesprächs­buch von Kar­di­nal Joseph Ratz­in­ger und Vitto­rio Mess­o­ri „Zur Lage des Glau­bens“. Der Inhalt ver­spricht die­sel­be Bri­sanz. Eine deut­sche Aus­ga­be befin­det sich bereits in Vorbereitung.

Erzbischof von Madrid verbietet Buchvorstellung

"Informe sobre la esperanza" - Das neue Buch von Kardinal Müller
„Infor­me sob­re la espe­ran­za“ – Das neue Buch von Kar­di­nal Müller

In Madrid, der spa­ni­schen Haupt­stadt, soll­te die Vor­stel­lung an der erz­bi­schöf­li­chen Uni­ver­si­tät San Dáma­so statt­fin­den, die zugleich auch Prie­ster­se­mi­nar des Erz­bis­tums Madrid ist. Doch Erz­bi­schof Osoro ver­bot die Buch­vor­stel­lung. Er wol­le „nichts von einem Buch wis­sen, das gegen den Papst“ sei, so Info­va­ti­ca­na.

Die Vor­stel­lung fin­det nun an der Uni­ver­si­tät Fran­cis­co de Vito­ria statt, einer Uni­ver­si­tät der Legio­nä­re Chri­sti und natür­lich ohne Erz­bi­schof Osoro, der die Ein­la­dung aus­ge­schla­gen hatte.

Die unfreund­li­che Aus­la­dung des Glau­bens­prä­fek­ten und die abwei­sen­de Behand­lung durch den Madri­der Erz­bi­schof hat­te bereits ein Vor­spiel. Bei der Früh­jahrs­voll­ver­samm­lung der Spa­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz mach­ten Osoro und ande­re ihm nahe­ste­hen­de Bischö­fe die Buch­erschei­nung zum The­ma. Die Grup­pe kri­ti­sier­te, daß die BAC die­ses Buch ver­öf­fent­lich­te, „ohne zu fra­gen“. Osoro begrün­de­te sei­ne Kri­tik damit, daß das Buch einen „Kon­flikt“ zwi­schen Kar­di­nal Mül­ler und Papst Fran­zis­kus behaup­te, den es in Wirk­lich­keit gar nicht gebe.

Wie die jüng­sten Ereig­nis­se zei­gen, glaubt Erz­bi­schof Osoro sei­ne The­se selbst nicht. Sie dien­te ledig­lich dazu, Druck auf die BAC aus­zu­üben, die aber nicht zurück­wich und die Ver­an­stal­tungs­rei­he zur Buch­vor­stel­lung nicht absag­te. Dar­auf­hin wur­de als näch­ster Schritt gegen das Buch das Haus­ver­bot für die erz­bi­schöf­li­che Uni­ver­si­tät verhängt.

Hat Erzbischof Osoro seinen Lebenslauf gefälscht?

Katholische Universität San Damaso Madrid
Katho­li­sche Uni­ver­si­tät San Dama­so in Madrid

Unter­des­sen wird in Spa­ni­en mit zuneh­men­der Insi­stenz die Fra­ge gestellt, war­um Erz­bi­schof Osoro „den Vati­kan belo­gen hat“, so Info­va­ti­ca­na.

Erz­bi­schof Osoro, Jahr­gang 1945, war zuletzt Erz­bi­schof von Valen­cia. Als Papst Fran­zis­kus 2014 den Madri­der Erz­bi­schof Kar­di­nal Anto­nio Maria Ruo­co Vare­la aus Alters­grün­den eme­ri­tier­te, wur­den ihm von der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on nach dem übli­chen Aus­wahl­ver­fah­ren drei Kan­di­da­ten vor­ge­schla­gen. Fran­zis­kus lehn­te alle ab und beför­der­te statt­des­sen Osoro von Valen­cia nach Madrid. Zum Erz­bi­schof von Valen­cia ernann­te er hin­ge­gen Anto­nio Kar­di­nal Cañi­zares Llove­ra, den er als Prä­fekt der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on ablöste.

Vor sei­ner Beru­fung nach Madrid muß­te Osoro einen Lebens­lauf in den Vati­kan schicken, der aus­zugs­wei­se mit der Ernen­nung ver­öf­fent­licht wur­de. Dar­in gab Osoro an, vier Lizen­tia­te erwor­ben zu haben: in Phi­lo­so­phie, Theo­lo­gie, Natur­wis­sen­schaf­ten und Pädagogik.

Im Tages­bul­le­tin des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes, mit der die Ernen­nung 2014 bekannt­ge­ge­ben wur­de, heißt es:

Mons. Car­los Osoro Sier­ra ਠnato a Casta­ñe­da, pro­vin­cia e dio­ce­si di San­tan­der, il 16 mag­gio 1945. Dopo aver stu­dia­to Magi­stero pres­so la Escue­la Nor­mal ed aver eser­ci­ta­to la docen­za per un anno a San­tan­der, ਠent­ra­to nel semi­na­rio per le voca­zio­ni adul­te Cole­gio Mayor El Sal­va­dor di Sala­man­ca, ove ha fre­quen­ta­to i cor­si di Filoso­fia e Teo­lo­gia pres­so la Pon­ti­fi­cia Uni­ver­si­tà  di quella cit­tà , otten­en­do la Licen­za nel­le due disci­pli­ne. Ha pure con­se­gui­to la Licen­za in Sci­en­ze Esat­te dell’Università  Comp­lu­ten­se di Madrid e in Pedago­gia dell’Università  di Sala­man­ca. (Her­vor­he­bung durch die Redaktion)

In Spa­ni­en behaup­ten Stim­men öffent­lich, daß Osoro in Wirk­lich­keit nicht eines der vier Lizen­tia­te erwor­ben habe. In der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on wur­de auf Jour­na­li­sten­nach­fa­ge offi­zi­ell auf die Geheim­hal­tung der Akten einer Bischofs­er­nen­nung ver­wie­sen. Inof­fi­zi­ell hieß es, in der Kon­gre­ga­ti­on sei der Lebens­lauf nicht mehr über­prüft wor­den, nach­dem Papst Fran­zis­kus alle geprüf­ten und vor­ge­schla­ge­nen Kan­di­da­ten abge­lehnt und statt­des­sen Osoro ernannt hatte.

Spa­ni­sche Beob­ach­ter schlie­ßen nicht aus, daß es einen Zusam­men­hang zwi­schen dem Affront gegen Kar­di­nal Mül­ler und den Gerüch­ten über den gefälsch­ten Lebens­lauf gibt. „Osoro braucht nun einen Freund in Rom. Einen sehr hohen Freund“, so Fran­cis­co Fer­nan­dez de la Cigoña.

Wel­ches auch immer die per­sön­li­chen Grün­de für Erz­bi­schof Osoro sein mögen:  Einem Kar­di­nal­prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on den Zugang zu einer katho­li­schen Uni­ver­si­tät zu ver­weh­ren, um sein Buch zu prä­sen­tie­ren, stellt einen bis­her nicht gekann­ten Bruch in den Umgangs­for­men dar. Die Begrün­dung, weil das Buch „gegen den Papst“ sei, gibt dem Affront erst recht eine ganz beson­de­re Spit­ze. „Das Buch muß von Bedeu­tung sein“, so Fer­nan­dez de la Cigo­ña, „wenn die­se Zen­sur ver­sucht wird.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Infovaticana

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2 Kommentare

  1. Eine bes­se­re Wer­bung für das neue Buch von Kar­di­nal Mül­ler hät­te Osoro (der übri­gens wie der ein­ei­ige Zwil­lings­bru­der von Berg­o­glio aus­schaut) nicht machen kön­nen! Der Schuss ging wohl nach hin­ten los.
    Nach und nach kommt immer mehr ans Licht was sich hin­ter den Kulis­sen auf höch­ster kirch­li­cher Ebe­ne wirk­lich abspielt und wer die Strip­pen zieht.
    Ein Erz­bi­schof, der den Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on maß­re­gelt, das war auch noch nicht da! Und woher weiß Osoro so genau, dass das Buch gegen den Papst gerich­tet ist? Wahr­schein­lich weil es den Titel zur Lage der Hoff­nung trägt – wo sich die Kir­che doch gera­de im fin­ster­sten Tal der Trä­nen befin­det – ohne Aus­sicht auf Bes­se­rung der Lage.
    Hät­te Kar­di­nal Mül­ler den Titel Lage ohne Hoff­nung gewählt, hät­te Osoro wohl kei­nen Ver­dacht der Iloya­li­tät geschöpft.
    Aber zu hof­fen wo es nichts zu hof­fen gibt, ist immer sehr verdächtig!

  2. Sehr inter­es­sant!

    Dann schei­nen ja die pro­gres­si­ven Kräf­te in der Kir­che lang­sam wirk­lich Angst vor der Auto­ri­tät der Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re zu bekom­men. Soll­te es tat­säch­lich stim­men, dass Erz­bi­schof Car­los Osoro als Begrün­dung angibt, der Prä­fekt(!) der Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re stel­le sich gegen den Papst, dann lässt das Auf­hor­chen, denn das kirch­li­che Lehr­amt hat die wah­re Auto­ri­tät in Fra­gen des Glau­bens. Wenn man sich den Cha­rak­ter von Kar­di­nal Mül­ler ver­ge­gen­wär­tigt, sei­ne Grad­li­nig­keit, gepaart mit sei­ner exzel­len­ten theo­lo­gi­schen Kom­pe­tenz, dann kann man sich leicht aus­ma­len, dass er zu den Ver­wäs­se­rungs­ver­su­chen des Glau­bens nicht schweigt. Zudem genießt der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on hohes Anse­hen bei sol­chen schwer­ge­wich­ti­gen Kar­di­nä­len wie Kar­di­nal Robert Sarah. Wir soll­ten den Mut und die Hoff­nung nicht ver­lie­ren, da die­se Schwer­ge­wich­te in der Kir­che der Seich­tig­keit Gren­zen set­zen, was dann offen­bar zu solch pein­li­chen und höchst ärger­li­chen Reak­tio­nen führt, wie im Arti­kel beschrieben. 

    Die pro­gres­si­ven Kräf­te in der Kir­che kön­nen es natür­lich nicht ertra­gen, Gott nicht aus­trick­sen zu können.

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