Papst empfing Großerzbischof Schewtuschuk, um Wogen nach Kuba-Treffen mit Moskaus Patriarch zu glätten


(Rom) Die Wogen, wegen des histo­ri­schen Tref­fens zwi­schen Papst Fran­zis­kus und dem rus­sisch-ortho­do­xen Patri­ar­chen von Mos­kau, haben sich in der Ukrai­ne noch nicht geglät­tet. Die grie­chisch-katho­li­schen Ukrai­ner, rund 12 Pro­zent der Bevöl­ke­rung, füh­len sich „ver­ra­ten“. Sie wer­fen dem Papst vor, eine zu ruß­land­freund­li­che Linie zu ver­tre­ten. Um die Äng­ste zu zer­streu­ten, emp­fing Fran­zis­kus am ver­gan­ge­nen Sams­tag eine Dele­ga­ti­on der unier­ten Ukrai­ner im Vatikan.

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Das Tref­fen zwi­schen den bei­den Kir­chen­ober­häup­tern am 12. Febru­ar auf der Kari­bik­in­sel Kuba ern­te­te all­ge­mein viel Lob, nicht aber in der Ukrai­ne. Der Apo­sto­li­sche Nun­ti­us bemüh­te sich bereits im Febru­ar, die grie­chi­schen Katho­li­ken zu beru­hi­gen. Bereits am Tag nach der Begeg­nung in Havan­na, ging Nun­ti­us Clau­dio Guge­rot­ti in Kiew soweit, den mit Rom unier­ten Ukrai­nern zu erklä­ren, sie soll­ten die „Gemein­sa­me Erklä­rung“ von Papst Fran­zis­kus und Patri­arch Kyrill I. von Mos­kau ein­fach „ver­ges­sen“. Ein Rat, der bei einem Kon­flikt, der seit Jahr­hun­der­ten schwelt, und für die Unier­ten Ver­fol­gung und Unter­drückung bedeu­te­te, nicht aus­reich­te. Schon gar nicht, seit zwi­schen der Ukrai­ne und Ruß­land ein bewaff­ne­ter Gebiets­streit um die Ost-Ukrai­ne herrscht. Gleich­zei­tig ver­si­cher­te der Nun­ti­us, daß Papst Fran­zis­kus den unier­ten Ukrai­nern „nahe“ sei.

Das Ober­haupt, der seit dem 16. Jahr­hun­dert mit Rom unier­ten ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che, Groß­erz­bi­schof Swja­to­slaw Schewtschuk von Kiew-Halytsch, über­setz­te am 13. Febru­ar die Wor­te des Nun­ti­us für sei­ne Mit­brü­der ins Ukrai­ni­sche, spar­te aber nicht im Anmerkungen.

Unierten sehen sich als Ostkirche, die sich an die Einigung von 1439 hält

Die unier­ten Ukrai­ner, rund fünf Mil­lio­nen Gläu­bi­ge, sehen sich als Ver­tre­ter der histo­ri­schen Ver­söh­nung von West- und Ost­kir­che auf dem Kon­zil von Flo­renz von 1439. Der übri­gen Ortho­do­xie wer­fen sie vor, der Eini­gung von Flo­renz zuge­stimmt, und die­se mit ihrer Unter­schrift besie­gelt, sich dann aber nicht dar­an gehal­ten zu haben. Ein Ver­trags­bruch, den die Unier­ten, nicht mit­ma­chen woll­ten. Die ortho­do­xen Kir­chen, vor allem die rus­sisch-ortho­do­xe Kir­che, sehen in den Unier­ten hin­ge­gen abtrün­ni­ge Ortho­do­xe, die sich von Rom „ködern“ ließen.

Das Mos­kau­er Patri­ar­chat, dem welt­weit laut eige­nen Anga­ben 150 Mil­lio­nen Gläu­bi­ge unter­ste­hen, betrach­tet die Ukrai­ne als Teil der Rus. In den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten wur­de von Rom erwar­tet, sich auf die Seel­sor­ge für die latei­ni­schen Katho­li­ken zurück­zie­hen. Das sind drei Pro­zent der Ukrai­ner. Die Fra­ge der Unier­ten beleuch­tet der Histo­ri­ker Rober­to de Mat­tei: Die „histo­ri­sche“ Begeg­nung zwi­schen Fran­zis­kus und Kyrill).

Papst Franziskus empfängt griechisch-katholische Ukrainer im Vatikan

Da die Wor­te des Nun­ti­us zur Beru­hi­gung der unier­ten Ukrai­ner nicht genüg­ten, emp­fing Papst Fran­zis­kus am ver­gan­ge­nen Sams­tag, den 5. März Groß­erz­bi­schof Schewtschuk von Kiew-Halytsch und ande­re Bischö­fe der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che im Vati­kan. Die Ukrai­ner bekräf­tig­ten dabei, daß die Begeg­nung zwi­schen Papst und Patri­arch an sich „pro­phe­tisch“ gewe­sen sein. Sie äußer­ten gleich­zei­tig aber auch ihr Unbe­ha­gen über den poli­ti­schen Teil der „Gemein­sa­men Erklä­rung“ von Havanna.

Rom nennt als Haupt­ziel der „Gemein­sa­men Erklä­rung“, die Schaf­fung einer Alli­anz zwi­schen Katho­li­ken und Ortho­do­xen gegen die Chri­sten­ver­fol­gung im Nahen Osten. Mos­kau sprach zudem von einer Alli­anz gegen die „Kri­se der Fami­lie“, „gegen Abtrei­bung und Homo-Ehe“.

Wäh­rend die grie­chi­schen Ukrai­ner ent­setzt waren, daß in der Erklä­rung die Form der Uni­on mit Rom als „über­holt“ bezeich­net wird, zeig­te sich Metro­po­lit Hila­ri­on, der „Außen­mi­ni­ster des Mos­kau­er Patri­ar­chats „zufrie­den“ dar­über und sprach von einer Genug­tu­ung, die der rus­sisch-ortho­do­xen Kir­che wider­fah­ren sei. Die Erklä­rung von Metro­po­lit Hila­ri­on wur­de am ver­gan­ge­nen Frei­tag vom Osser­va­to­re Roma­no als Leit­ar­ti­kel ver­öf­fent­licht. Für den rus­sisch-ortho­do­xen „Außen­mi­ni­ster“ stellt die Erklä­rung einen Schritt in Rich­tung eines „dau­er­haf­ten Frie­dens“ in der Ukrai­ne dar.

Yves Hamant: Politischer Teil der Erklärung von Havanna „dient“ Moskau

Für den fran­zö­si­schen Ruß­land-Exper­ten Yves Hamant sei „evi­dent, daß das Tref­fen den poli­ti­schen Inter­es­sen“ sowohl von Patri­arch Kyrill als auch von Ruß­lands Prä­si­dent Wla­di­mir Putin die­ne. „Kyrill wird vom Papst als das Ober­haupt einer Gemein­schaft eines Lan­des aner­kannt, in dem die Reli­gi­on blüht, wäh­rend wei­te Tei­le des übri­gen Euro­pa völ­lig säku­la­ri­siert sind.“

Durch das Tref­fen, so Hamant, habe Fran­zis­kus den Mos­kau­er Patri­ar­chen als gleich­ran­gig aner­kannt, da in der Ortho­do­xie alle Patri­ar­chen den glei­chen Rang haben.

Kaum eine Stun­de nach Unter­zeich­nung der „Gemein­sa­men Erklä­rung“ zeig­te sich Papst Fran­zis­kus jedoch bereits besorgt über die poli­ti­sche Aus­rich­tung des Doku­ments. Im Flug­zeug auf dem Weg nach Mexi­ko ver­such­te er die poli­ti­sche Sei­te zu mini­mie­ren. „Das ist kei­ne poli­ti­sche Erklä­rung, das ist kei­ne sozio­lo­gi­sche Erklä­rung, das ist eine pasto­ra­le Erklä­rung“, so das katho­li­sche Kirchenoberhaupt.

Die grie­chi­schen Katho­li­ken der Ukrai­ne sahen es den­noch anders und sind besorgt. Dazu trug auch die Geheim­hal­tung im Vor­feld des Tref­fens auf Kuba bei. Die Erklä­rung war ohne Ein­bin­dung der ukrai­ni­schen Katho­li­ken aus­ge­han­delt worden.

Kyrill I. erklär­te gegen­über der rus­si­schen Pres­se­agen­tur Inter­fax, daß vor der Unter­zeich­nung nur fünf Per­so­nen sei­nes Sta­bes, den Inhalt der „Gemein­sa­men Erklä­rung“ kann­ten. „Es ist unmög­lich, ein Tref­fen von die­ser Art in der Öffent­lich­keit vor­zu­be­rei­ten“, so der Patriarch.

Am ver­gan­ge­nen Sams­tag war Rom bemüht, die Beden­ken und Äng­ste der unier­ten Ukrai­ner zu zer­streu­en. Ob es gelun­gen ist?

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Crux­now (Screen­shot)

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