Wurde Höchstrichter Scalia ermordet? Spekulationen zeigen Unruhe in den USA


Oberster Gerichtshof der USA
Oberster Gerichtshof der USA

(Washing­ton) Der Tod des kon­ser­va­ti­ven Katho­li­ken Anto­nin Sca­lia, Rich­ter am Ober­sten Gerichts­hof der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka, über­schat­tet den Wahl­kampf für die Prä­si­dent­schafts- und Par­la­ments­wah­len im kom­men­den Novem­ber. Nun sind zudem Zwei­fel an einem natür­li­chen Tod auf­ge­taucht. Sca­lia wur­de mög­li­cher­wei­se ermor­det. Damit wird sein Tod nicht nur zum Polit­kri­mi, son­dern in der Kom­bi­na­ti­on mit den Wah­len und der Nach­fol­ge­fra­ge zur Zusam­men­set­zung des Höchst­ge­richts zu einer hoch­ex­plo­si­ven Mischung.

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Vor­erst han­delt es sich um Medi­en­spe­ku­la­tio­nen. In Deutsch­land wur­den sie von der Bild-Zei­tung auf­ge­grif­fen, die Sca­lia als den „wich­tig­sten Ober­sten Rich­ter der USA“ bezeichnete.

Dem­nach sei Sca­lia mit einem Kis­sen auf dem Gesicht auf­ge­fun­den wor­den. Eine Aut­op­sie zur Fest­stel­lung der Todes­ur­sa­che sei nicht durch­ge­führt worden.

Sca­lia hat­te sich in Texas auf der Cibo­lo Creek Ranch, einem „eli­tä­ren Jagd-Club“, mit Freun­den getrof­fen und sei, so die Augen­zeu­gen, bei „bester Lau­ne und guter Ver­fas­sung“ gewe­sen. Er habe sich am 12. Febru­ar schla­fen gelegt. Als er am näch­sten Mor­gen nicht erschien, habe der Eigen­tü­mer der Ranch gegen Mit­tag auf sein Zim­mer geschaut und ihn tot aufgefunden.

Die zustän­di­ge Bezirks­rich­te­rin Cin­de­re­la Gue­va­ra teil­te mit, daß es sich um eine „natür­li­che Todes­ur­sa­che“ gehan­delt habe. Dar­auf­hin habe sei­ne Fami­lie aus Pie­täts­grün­den eine Lei­chen­öff­nung abgelehnt.

Vor­erst han­delt es sich nur um Wort­mel­dun­gen von Pri­vat­de­tek­ti­ven und Mei­nungs­äu­ße­run­gen von ande­ren Rich­tern, die anders vor­ge­gan­gen wären und eine Aut­op­sie ange­ord­net hätten.

Sind die USA ein­fach nur schockiert, weil der Tod Sca­li­as von emi­nent poli­ti­scher Bedeu­tung ist und US-Prä­si­dent Barack Oba­ma in den letz­ten elf Mona­ten sei­ner Amts­zeit uner­war­tet die Mög­lich­keit eröff­net, dem Ober­sten Gerichts­hof auf lan­ge Sicht eine Links­wen­de zu ver­pas­sen? Sind die Mord-Spe­ku­la­tio­nen also nur hei­ße Luft, weil sich ein Teil der USA in einem Schreck­mo­ment befindet?

Die näch­sten Tage wer­den hof­fent­lich Klar­heit schaffen.

USA steht heißer Herbst bevor

Durch den Tod Sca­li­as ste­hen am Ober­sten Gerichts­hof nur mehr drei kon­ser­va­ti­ve Rich­ter vier libe­ra­len Rich­tern gegen­über, ein vier­ter, nomi­nell, kon­ser­va­ti­ver Rich­ter stimmt in der Regel mit den libe­ra­len Richtern.

US-Prä­si­den­ten haben ver­hält­nis­mä­ßig sel­ten Gele­gen­heit, eine der neun Rich­ter­stel­len am Ober­sten Gerichts­hof zu beset­zen, da dies auf Lebens­zeit geschieht. Zudem ist der Prä­si­dent auf die Zustim­mung des Senats ange­wie­sen, wo er nicht immer über eine Mehr­heit ver­fügt. Geor­ge W. Bush konn­te in sei­ner acht­jäh­ri­gen Amts­zeit (2001–2009) zwar gan­ze drei Höchst­rich­ter ernen­nen, aber nur zwei kon­ser­va­ti­ve Kan­di­da­ten durch­brin­gen. Bei die­sen Ernen­nun­gen hat­ten die Repu­bli­ka­ner die Mehr­heit im Senat. Zum Zweit­punkt der drit­ten Nomi­nie­rung war die­se an die Demo­kra­ten über­gan­gen und die­se lehn­ten kon­ser­va­ti­ve Kan­di­da­ten kon­se­quent ab. Damals hät­te die Chan­ce bestan­den, das schon lan­ge andau­ern­de knap­pe lin­ke Über­ge­wicht umzu­dre­hen. Der Prä­si­dent war aber zu Kom­pro­miß­vor­schlä­gen gezwun­gen, die schließ­lich zur Ernen­nung von Rich­te­rin Soto­ma­yor führ­ten, die kon­se­quent mit den libe­ra­len Rich­tern stimmt.

Bei den Par­la­ments­wah­len von Novem­ber 2014 konn­ten die Repu­bli­ka­ner die Mehr­heit im Senat zurück­ge­win­nen. Sie hal­ten der­zeit 54 Sena­to­ren, denen 44 Demo­kra­ten und zwei unab­hän­gi­ge Sena­to­ren gegen­über­ste­hen, die in der Regel mit den Demo­kra­ten stim­men. Damit könn­ten die Repu­bli­ka­ner einen von Oba­ma vor­ge­schla­ge­nen links­ge­rich­te­ten Rich­ter blockie­ren. Aller­dings ist die Mehr­heit ver­hält­nis­mä­ßig dünn. Einen Frak­ti­ons­zwang gibt es in den USA nicht und das Abstim­mungs­ver­hal­ten der Kon­greß­mit­glie­der ist nicht an die Par­tei­zu­ge­hö­rig­keit gebunden.

Die Wah­len im Novem­ber dürf­ten durch die von Prä­si­dent Oba­ma betrie­be­ne Pola­ri­sie­rung zu einer Rich­tungs­ent­schei­dung wer­den, wie sie die Ver­ei­nig­ten Staa­ten schon lan­ge nicht mehr gese­hen haben.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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