Wird Enzo Bianchi von Papst Franziskus zum Kardinal erhoben?


(Rom) In Rom häu­fen sich die Gerüch­te, daß Enzo Bian­chi zum Kar­di­nal erho­ben wer­den soll. Bian­chi ist kein Prie­ster, son­dern Laie, was in der Kir­che an sich kei­ne Neu­ig­keit wäre. Bian­chi ist aber auch Grün­der und Vor­ste­her einer bizar­ren Ver­ei­ni­gung (wes­halb er sich aber „Pri­or“ und „Mönch“ nennt), die aber nicht katho­lisch ist. Wegen sei­ner unor­tho­do­xen Leh­re bezeich­ne­te ihn Msgr. Anto­nio Livi, der ehe­ma­li­ge Dekan der Phi­lo­so­phi­schen Fakul­tät der Late­ran­uni­ver­si­tät als „fal­schen Propheten“.

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Ein Datum für das näch­ste außer­or­dent­li­che Kon­si­sto­ri­um, bei dem Papst Fran­zis­kus neue Kar­di­nä­le kre­iert, steht noch nicht fest. In Rom wer­den jedoch eif­rig Namen her­um­ge­reicht, unter denen sich vor allem jene fin­den, die zum enge­ren Hof­staat des Pap­stes gehö­ren und mit beson­de­rem Eifer, des­sen Kurs ver­tre­ten. Tra­di­tio­nell wer­den in Rom vor allem ita­lie­ni­sche Namen genannt. Neben Enzo Bian­chi sind vor allem drei Namen hoch­quo­tiert: Msgr. Mar­cel­lo Semer­a­ro, Bischof von Alba­no Lazia­le, Sekre­tär des C9-Kar­di­nals­ra­tes und Redak­ti­ons­mit­glied des Schluß­be­richts der Fami­li­en­syn­ode; Kuri­en­bi­schof Vin­cen­zo Paglia von der Gemein­schaft Sant’Egidio, Vor­sit­zen­der des Päpst­li­chen Fami­li­en­rats, und Msgr. Bru­no For­te, Erz­bi­schof von Chieti.

Enzo Bianchi und die Abschaffung des Papsttums

Für Enzo Bian­chi, Jahr­gang 1943, ist Fati­ma ein „Schwin­del“, soll die Kir­che zur Homo­se­xua­li­tät „schwei­gen“, ist die Fami­lie „eine Form, die sich die Gesell­schaft gibt“ und daher belie­big änder­bar und Maria „kein geeig­ne­tes Vor­bild für die Frau in der Kir­che“. Daß Bian­chi, der das Papst­tum zugun­sten der Öku­me­ne über­win­den möch­te, im Vati­kan heu­te ein gern gese­he­ner Gast ist, wird als Iro­nie der Geschich­te gedeu­tet. Enzo Bian­chi, der unter Papst Bene­dikt XVI. von Rom fern­ge­hal­ten wur­de, sieht sich mit Papst Fran­zis­kus im Ein­klang. Daß auch Fran­zis­kus ihm Wert­schät­zung ent­ge­gen­bringt, zeigt Bian­chis Ernen­nung im Juli 2014 zum Con­sul­tor des Päpst­li­chen Rats für die För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten.

Bischof Semeraro und die „Moral der Person“

Bischof Mar­cel­lo Semer­a­ro, Jahr­gang 1947, wur­de von Papst Fran­zis­kus per­sön­lich zum Syn­oda­len der Fami­li­en­syn­ode ernannt. Als drei­zehn Kar­di­nä­le auf Anre­gung von Kuri­en­kar­di­nal Geor­ge Pell, dar­un­ter auch der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, in einem Brief mas­si­ve Beschwer­den gegen die Vor­ge­hens­wei­se bei der Bischofs­syn­ode äußer­ten, schleu­der­te ihnen Semer­a­ro als Papst-Getreu­er sei­nen gan­zen Unmut ent­ge­gen. Die drei­zehn Kar­di­nä­le äußer­ten den Ver­dacht, es gebe die Absicht, „zu wich­ti­gen umstrit­te­nen The­men vor­ge­fer­tig­te Ergeb­nis­se“ zu erzie­len. Gleich­zei­tig kri­ti­sier­ten sie das vor­be­rei­te­te Arbeits­pa­pier, nach dem die Syn­ode statt­fand, als „inak­zep­ta­bel“. Semer­a­ro pol­ter­te dage­gen: „Ich emp­fin­de ein Gefühl des Abscheus über die Ver­öf­fent­li­chung des Schrei­bens.“ Wer den Sprach­ge­brauch und die Gepflo­gen­hei­ten in der Kir­che kennt, las zwei­er­lei aus Semer­a­ros Unmuts-Aus­bruch her­aus. Erstens: Der Bischof von Alba­no Lazia­le wuß­te sich durch den Papst gedeckt. Zwei­tens: Der Brief der Kar­di­nä­le durch­kreuz­te auf ärger­li­che Wei­se die Plä­ne der Synodenregie.
Vor kur­zem ver­öf­fent­lich­te Semer­a­ro eine klei­ne Schrift über die Fami­li­en­syn­ode, in der er auf eine mög­li­che Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kommunion

Kardinal Bergoglio läßt sich 2006 von protestantischen Predigern und P. Cantalamessa im Luna-Park-Stadion von Buenos Aires segnen
Kar­di­nal Berg­o­glio läßt sich 2006 von pro­te­stan­ti­schen Pre­di­gern und P. Can­tal­am­es­sa im Luna-Park-Sta­di­on von Bue­nos Aires segnen

vor­be­rei­tet und dies als „Rück­kehr“ zu einer „Pra­xis“ vor der „restau­ra­ti­ven“ Pha­se von Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. dar­stellt. Die Syn­ode habe näm­lich unter der „ent­schei­den­den“ Füh­rung von Papst Fran­zis­kus den Über­gang der Kir­che „von der Moral des Geset­zes zur Moral der Per­son“ voll­zo­gen, die das per­sön­li­che Gewis­sen zur höch­sten Instanz erhebt.
Bereits im Okto­ber 2014 hat­te Semer­a­ro in einem Hir­ten­brief Gläu­bi­gen sei­ner Diö­ze­se, die bei Prie­stern der Pius­bru­der­schaft (FSSPX) die Sakra­men­te emp­fan­gen, die Exkom­mu­ni­ka­ti­on angedroht.

Vincenzo Paglia und die homophilen Kasperiaden

Msgr. Vin­cen­zo Paglia, Jahr­gang 1945, war der erste Bischof aus den Rei­hen der Gemein­schaft Sant’Egidio. Sie ent­wickel­te die Idee zu den umstrit­te­nen inter­re­li­giö­sen Frie­dens­tref­fen von Assi­si. Seit ihn Papst Bene­dikt XVI. kurz vor sei­nem uner­war­te­ten Amts­ver­zicht zum Vor­sit­zen­den des Päpst­li­chen Fami­li­en­ra­tes ernann­te, gilt er als Anwär­ter für das Kar­di­nals­pur­pur. Seit­her fiel der Kuri­en­bi­schof aber weni­ger durch eine Ver­tei­di­gung von Ehe und Fami­lie auf, als viel­mehr als Ver­tre­ter einer „Öff­nung“ gegen­über der Homo­se­xua­li­tät und für die wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen. Gleich bei sei­ner ersten Pres­se­kon­fe­renz als „Fami­li­en­mi­ni­ster“ des Vati­kans, ließ er mit homo­phi­len Tönen auf­hor­chen. Ein Loch von 20 Mil­lio­nen Euro, das er 2012 in den Kas­sen sei­ner Diö­ze­se Ter­ni hin­ter­las­sen hat­te, brach­te ihm staats­an­walt­schaft­li­che Ermitt­lun­gen ein, die inzwi­schen aber archi­viert wur­den. Im Mai 2015 nahm Paglia am Geheim­tref­fen an der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät Gre­go­ria­na teil, mit dem sich die Kas­pe­ria­ner auf die Bischofs­syn­ode im Herbst vorbereiteten.

Bruno Forte und die „Legende“ vom leeren Grab

Msgr. Bru­no For­te, Jahr­gang 1949, Erz­bi­schof von Chie­ti, war von Papst Johan­nes Paul II. weni­ge Mona­te vor sei­nem Tod zum Erz­bi­schof ernannt wor­den, wäh­rend sei­ne Kar­rie­re unter Bene­dikt XVI. einen weit­ge­hen­den Still­stand auf­weist. For­te lei­te­te die Arbeits­grup­pe der Inter­na­tio­na­len Theo­lo­gen­kom­mis­si­on, die das Doku­ment für den „Tag der Ver­ge­bung“ im Hei­li­gen Jahr 2000 vor­be­rei­te­te, mit dem Papst Johan­nes Paul II. ein öffent­li­ches Schuld­be­kennt­nis abgab und Gott um Ver­ge­bung für die Feh­ler der ver­gan­ge­nen 2000 Jah­re, die „Men­schen der Kir­che im Namen des Glau­bens und der Moral“ began­gen hat­ten. 2009 mach­te er sich über das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von Papst Bene­dikt XVI. lustig und lei­ste­te hart­näcki­gen Wider­stand gegen die Auf­for­de­rung des deut­schen Pap­stes, die Wand­lungs­wor­te „pro mul­tis“ in den Lan­des­spra­chen mit „für vie­le“ statt „für alle“ zu über­set­zen. Eine Auf­for­de­rung, der die ita­lie­ni­schen Bischö­fe eben­so wie die deut­schen bis heu­te nicht nach­ge­kom­men sind. 2011 fabu­lier­te For­te, daß das lee­re Grab des auf­er­stan­de­nen Chri­stus nur eine Legen­de sei.
Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus fand auch For­te eine neue Über­ein­stim­mung mit Rom. Der neue Papst ernann­te ihn zum Son­der­se­kre­tär der Fami­li­en­syn­ode. Als sol­cher for­mu­lier­te For­te den umstrit­te­nen Zwi­schen­be­richt der Syn­ode 2014 mit Pas­sa­gen zur Homo­se­xua­li­tät und den wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen, die von der Syn­ode abge­lehnt wurden.

Vir­tu­ell her­um­ge­reicht wird der­zeit auch ein Kar­di­nals­ba­rett für Pater Ranie­ro Can­tal­am­es­sa, den Päpst­li­chen Haus­pre­di­ger. In der Advents­zeit bezeich­ne­te der Kapu­zi­ner in einer Pre­digt an die Römi­sche Kurie Maria als Hin­der­nis für die Ein­heit mit den Pro­te­stan­ten. Wört­lich sprach der Päpst­li­che Haus­pre­di­ger zwar von „bestimm­ten For­men“ der Mari­en­ver­eh­rung, die Aus­sa­ge war jedoch eine Abwer­tung und Ver­min­de­rung der Mari­en­ver­eh­rung als Ent­ge­gen­kom­men gegen­über den Pro­te­stan­ten, die kon­sti­tu­tiv Maria als Boll­werk des Glau­bens ableh­nen. Der Kapu­zi­ner wür­de jedoch nicht mehr zu den Papst-Wäh­lern zäh­len. Der Kapu­zi­ner voll­endet im kom­men­den Juli bereits sein 82. Lebensjahr.

Eini­ge der Genann­ten gal­ten bereits 2014 und 2015 als Anwär­ter auf das Pur­pur, ohne in den Kar­di­nals­stand erho­ben wor­den zu sein. Bis zu einer offi­zi­el­len Bestä­ti­gung han­delt es sich um Gerüch­te. Daß auch Enzo Bian­chi in den Anwär­ter­kreis auf­ge­stie­gen ist, ist ein Indiz, was inzwi­schen Papst Fran­zis­kus, den einen zur Freu­de, den ande­ren zum Leid, alles zuge­traut wird.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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