Wenn Maria auf „National Geographic“ statt auf dem Petersdom zu suchen ist


Fiat Lux Affe Petersdom
Fiat Lux: Der Affe auf dem Petersdom

(Rom/​Washington) Die Gemein­schaft „Comu­nio­ne e Libe­ra­zio­ne“ (CL) galt als die Gemein­schaft von Johan­nes Paul II. Unter Papst Fran­zis­kus bemüht sich eine neue Füh­rung um rasche Annä­he­rung. Trotz selbst­ver­ord­ne­ter Zurück­hal­tung wird es auch man­chem „Ciel­li­no“, wie die Ange­hö­ri­gen der Gemein­schaft in Ita­li­en genannt wer­den, zu viel. Zuviel wur­de dem „Ciel­li­no“ Lui­gi Amico­ne, Jour­na­list der Wochen­zeit­schrift „Tem­pi“, das Licht­spek­ta­kel auf der Fas­sa­de des Peters­do­mes am Abend des Hoch­fe­stes Mariä Empfängnis.

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Ein Kom­men­tar von Lui­gi Amicone*

Alle Kin­der wer­den laut „Ooh!“ geru­fen haben beim Anblick der Bil­der exo­ti­scher Tie­re, von jun­gen Wöl­fen und Löwen, Papa­gei­en, Schwär­men von Vögeln und Thun­fi­schen. Aller­dings fehl­ten der Angriff eines Wei­ßen Hai­es und ins­ge­samt die töd­li­che Dyna­mik der Natur. Es wur­de ein Idyll gezeigt und kein Ele­fant, der ein afri­ka­ni­sches Dorf in den Boden stampft. Auch kei­ne Python, die ihre Beu­te, auch Kin­der, erdrückt und ver­schluckt. Das alles ist Natur, genau­so wie die gna­den­lo­se Kraft des Anpas­sungs- und Selbst­er­hal­tungs­triebs. Doch das alles wur­de der Sen­si­bi­li­tät wegen aus dem Spek­ta­kel der Zärt­lich­keit und der Gefüh­le ent­fernt, das am ver­gan­ge­nen Mari­en­fest an der Fas­sa­de der Peters­kir­che und der Peters­kup­pel insze­niert wur­de. Mit der Aus­re­de, man wol­le die Enzy­kli­ka Lau­da­to si ehren, wur­de am Hoch­fest der aller­se­lig­sten Maria aber nicht die Mut­ter­got­tes geehrt, son­dern die Mut­ter Erde.

Para­do­xer­wei­se fand man am Tag der Eröff­nung des Hei­li­gen Jahrs der Barm­her­zig­keit und des Hoch­fe­stes der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis die Mut­ter Jesu nicht auf dem Peters­platz, son­dern auf der Titel­sei­te des Natio­nal Geo­gra­phic Maga­zi­ne.

Maria beschert National Geographic die erfolgreichste Ausgabe

Maria auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe von "National Geographic"
Maria auf der Titel­sei­te der aktu­el­len Aus­ga­be von „Natio­nal Geographic“

Rund fünf­zehn Jah­re nach ihrer Emp­fäng­nis mach­te das bedin­gungs­lo­se „Ja“ einer jun­gen Frau die defi­ni­ti­ve Barm­her­zig­keit Got­tes gegen­über dem Men­schen mög­lich und dadurch auch der Men­schen unter­ein­an­der. Die­ses „Ja“ öff­ne­te den Weg für Weih­nach­ten, dem Fest der Geburt Jesu des Got­tes­soh­nes, dem wir uns nähern.

Und sie­he da, kei­ne Aus­ga­be der seit 127 Jah­ren erschei­nen­den Monats­zeit­schrift Natio­nal Geo­gra­phic war erfolg­rei­cher als die aktu­el­le Dezem­ber-Aus­ga­be, die Maria gewid­met ist. Ein Bild der Got­tes­mut­ter fin­det sich auf der Titel­sei­te mit dem Titel der Repor­ta­ge: „Mary. The Most Powerful Woman in the World“. Eine bekann­te Jour­na­li­stin rei­ste um die Welt und such­te nach der aktu­el­len, geheim­nis­vol­len und barm­her­zi­gen Gegen­wart der Mut­ter Gottes.

Die eksta­ti­schen Berich­te über den Bil­der­rei­gen von nied­li­chen Jung­tie­ren aller Spe­zi­es auf dem in sei­nen Umris­sen erkenn­ba­ren Peters­dom zei­gen, daß wir uns um das Welt­kli­ma sor­gen, um die Bewah­rung der Bio­di­ver­si­tät, aber nicht um den Men­schen, der besten­falls mit­lei­dig als Ver­ur­sa­cher, Schän­der und als Bela­stung wahr­ge­nom­men wird. Ist das nicht im Advent eben­so, wenn zahl­rei­che Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen mit nied­li­chen Tier­bil­dern um Spen­den wer­ben, die Men­schen aber kaum vor­kom­men, auch nicht die Unglück­lich­sten unter ihnen? Net­te Tier­bil­der sol­len uns Herz und Brief­ta­sche öff­nen, die Tra­gö­di­en des Men­schen hin­ge­gen wer­den versteckt.

Realitätsfremdheit

Viel­leicht soll­ten wir, soll­te auch die Kir­che, nicht einem fal­schen Idyll hin­ter­her­ren­nen, son­dern mit bei­den Bei­nen auf dem Boden ste­hen, denn die­se Erde brennt von Ori­ent bis Okzi­dent. Mag sein, daß Fein­staub schwer nach­weis­ba­ren Scha­den anrich­ten kön­nen und im Jah­re irgend­wann, soll­te sich die Erde um unwahr­schein­li­che vier Gra­de erwär­men, Natur­ka­ta­stro­phen unge­ahn­ten Aus­ma­ßes auf uns zukom­men. Aber die­se Kata­stro­phen­ma­le­rei, die dem Men­schen in die Schu­he gescho­ben wird, scheint nur eine ande­re Sei­te ein und der­sel­ben rea­li­täts­fer­nen Medail­le zu sein, die den Men­schen in eine Schein­welt umlen­ken und lenk­bar machen soll.

Die Welt steht jetzt und heu­te vor größ­ten Pro­ble­men. In ver­schie­de­nen Welt­ge­gen­den zei­gen sich Bil­der unglaub­li­chen Schreckens. Wir wis­sen inzwi­schen, was der Homo Sapi­ens für das neue „Kali­fat“ ist. Wir erle­ben um uns her­um ein Pro­pa­gan­da­sze­na­rio unge­ahn­ten Aus­ma­ßes rund um die „Flücht­lings­fra­ge“. Die hohe Poli­tik ver­kün­det, das Volk habe „Hur­ra“ zu schrei­en, weil „Flücht­lin­ge“ kom­men, und das Volk hat „Hur­ra“ zu schrei­en. Und eben­so hat das Volk „Buuuh“ zu schrei­en, wenn die­sel­be hohe Poli­tik ein „Buuuh“ ver­kün­det. Der Unter­ta­nen­sta­tus konn­te kaum je erbärm­li­cher sein und häm­mern­der schon Klein­kin­dern ein­ge­trich­tert wer­den. Ein Blick in die Fern­seh­ka­nä­le für Kin­der genügt.

„Frau Europa“ auf dem Weg zur UNO-Generalsekretärin

„Frau Euro­pa“, Ange­la Mer­kel, hat dafür aus den USA, die Aus­zeich­nung bekom­men und wur­de vom Time Maga­zi­ne zum „Mensch des Jah­res“ gekürt. Auch Euro­pa ist besten­falls second hand, dafür steht Kohls „Mäd­chen“ der Weg in den Glas­pa­last als näch­ste UNO-Gene­ral­se­kre­tä­rin offen. Die Hof­pres­se wird das neue „Hal­le­lu­ja“ anstim­men und ver­kün­den, seit dank­bar, denn seht ihr Undank­ba­ren: Das deut­sche Anse­hen war noch nie so groß, 70 Jah­re nach Hit­ler kommt der UNO-Gene­ral aus Berlin.

Wie steht es aber jen­seits von wei­ßen Tigern und blau­en Fisch­lein um den Men­schen, den nor­ma­len Men­schen, um die 99,9 Pro­zent unter­halb der ganz Rei­chen und Mächtigen?

Mehr Menschen bei Lichtspektakel als bei Öffnung der Heiligen Pforte

Ob auch Papst Fran­zis­kus, als er sicht­lich ange­strengt und mit ange­spann­tem Gesichts­aus­druck die Stu­fen des Peters­doms her­un­ter­stieg, ein Augen­blick des Zwei­fels gekom­men ist? Wird er sich gefragt haben, ob er Akteur oder selbst nur Sta­tist die­ses Schau­spiels ist?

Am Abend des 8. Dezem­ber 2015, einem der groß­ar­tig­sten Feste der Kir­che, dem Eröff­nungs­tag eines Gna­den­jah­res, schien alle Reli­gi­on, alle Ver­nunft und alle Weis­heit der Kir­che um Wesen und Natur des Men­schen und der inner­sten Zusam­men­hän­ge die­ser Welt über­la­gert von der grel­len Licht-Per­for­mance eines bun­ten Bil­der­rei­gens, der über­all­hin pro­ji­ziert wer­den hät­te kön­nen, auf eine Fabrik­hal­le, das Wei­ße Haus von Oba­ma, den Glas­pa­last der UNO, aber nicht auf den Peters­dom. Ihm fehl­te näm­lich alles, was rea­li­stisch und mensch­lich ist, alles Reli­giö­se, alles was Gott ein­be­zieht, ohne den das gan­ze mensch­li­che Den­ken und Stre­ben, selbst das wohl­mei­nend­ste in die Irre gehen kann.

Der PR-Gag war bemer­kens­wert, die Effek­te waren gran­di­os. In der Tat hat die Pro­jek­ti­on am sel­ben Tag mehr Men­schen ange­lockt als die Öff­nung der Hei­li­gen Pfor­te . Das soll­te zu den­ken geben. Denn wem nützt das Spek­ta­kel? Es scheint, als könn­te Solo­wjews de pro­fun­dis über die Byzan­ti­ner auch uns interessieren.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL/​Tempi

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