Synode: Papst Franziskus und das „amerikanische Problem“


Erzbischof Chaput mit Papst Franziskus in Philadelphia
Erz­bi­schof Cha­put mit Papst Fran­zis­kus in Philadelphia

(Rom) Die drei­zehn am Mitt­woch ver­öf­fent­lich­ten Arbeits­grup­pen­be­rich­te zum drit­ten Teil des Instru­men­tum labo­ris (mit den The­men wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne und Homo­se­xua­li­tät) las­sen je nach Mehr­heits­ver­hält­nis­sen unter­schied­li­che Nuan­cie­run­gen erken­nen. Der Vati­ka­nist Matteo Mat­zuzzi von Il Foglio stell­te dazu eini­ge Über­le­gun­gen an.

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Es fal­le auf, daß die „Kas­pe­ria­ner“ in kei­ner Grup­pe durch­mar­schie­ren konn­ten, nicht ein­mal in der deut­schen, in der Kar­di­nal­prä­fekt Mül­ler Platz genom­men hat­te und das wohl nicht von unge­fähr. An ihm kamen auch Marx und Kas­per nicht vor­bei. Kar­di­nal Schön­born, dem „gebo­re­nen Diplo­ma­ten“ wie es in Wien heißt, fiel die Auf­ga­be zu, die gegen­sätz­li­chen Posi­tio­nen so lan­ge zu kon­ju­gie­ren, bis ein ein­stim­mi­ges Doku­ment her­aus­kam, das die „Kas­pe­ria­ner“ ziem­lich schwach aus­se­hen läßt. 

Sie brin­gen alle ihre Anlie­gen vor, doch als ein­zi­ger Hin­weis zur kon­kre­ten Umset­zung wird nur die Nr. 84 aus Fami­lia­ris Con­sor­tio von Papst Johan­nes Paul II. genannt. Zwar wur­de nur der erste Teil zitiert und der zwei­te, der wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne, die sich aus „schwer­wie­gen­den Grün­den“ (wegen Kin­dern) nicht mehr tren­nen kön­nen, zur Joseph­se­he ver­pflich­tet, weg­ge­las­sen. Impli­zit ist er durch die Beru­fung auf die Nr. 84 jedoch mit dabei.

Haben „Kasperianer“ Synode bereits abgeschrieben und hoffen auf Franziskus?

Mit Kar­di­nal Mül­ler hat­ten die Kas­pe­ria­ner einen Gegen­spie­ler, der sich nicht ins Bocks­horn jagen läßt. Wie immer hin­ter ver­schlos­se­ner Tür die Din­ge abge­lau­fen sein mögen, das deut­sche Papier erklärt den Groll der Kas­pe­ria­ner, den sie gleich zu Beginn an Kar­di­nal Pell abreagierten.

Wahr­schein­li­cher ist, daß die Kas­pe­ria­ner die Hoff­nung, in der Syn­ode einen Durch­bruch zu erzie­len, bereits auf­ge­ge­ben haben. Sie blicken auf Papst Fran­zis­kus. Er könn­te das Blatt noch zu ihren Gun­sten ändern. Wird er es tun? Und wenn ja wie? Wege und Mög­lich­kei­ten wur­den in den ver­gan­ge­nen Wochen meh­re­re ange­spro­chen oder zumin­dest angedeutet.

Die Syn­ode, auch nicht die Papie­re der drei­zehn Arbeits­grup­pen, lie­fern kei­ne Hand­ha­be oder gar Stüt­ze, um die katho­li­sche Ehe- und Moral­leh­re auf­zu­wei­chen oder umzu­dre­hen. Der Papst, so er es woll­te, täte sich schwer, die­se syn­oda­le Ori­en­tie­rung ein­fach zu ignorieren.

Das „amerikanische Problem“ des Papstes

Das größ­te Pro­blem für das Kir­chen­ober­haupt kommt aus den USA, genau dem Land, dem er gera­de einen Besuch abge­stat­tet hat­te. Das war abseh­bar. Es genügt, sich die Rede von Fran­zis­kus an die Bischö­fe in der Kathe­dra­le von Washing­ton nach­zu­le­sen. Mit der Ernen­nung von Blai­se Cupich zum Erz­bi­schof von Chi­ca­go wur­de die ame­ri­ka­ni­sche Pha­lanx zwar etwas auf­ge­lockert, mehr auch nicht. Cupich selbst, ver­such­te sich dank­bar zu erweisen.

Auch außer­halb der Syn­ode zeigt sich der US-Epi­sko­pat kämp­fe­risch. Der Erz­bi­schof von Newark, Msgr. John Myers, ver­schick­te die­se Woche an alle Prie­ster sei­ner Diö­ze­se ein Schrei­ben, mit dem er ihnen streng­stens unter­sagt, Gläu­bi­ge, die sich in einer irre­gu­lä­ren Posi­ti­on befin­den (wie eben wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne) oder Posi­tio­nen im Wider­spruch zur katho­li­schen Leh­re ver­tre­ten, zur Kom­mu­ni­on zuzu­las­sen. Dazu gehö­ren auch Abtrei­bungs­be­für­wor­ter und Unter­stüt­zer von „Homo-Rech­ten“ oder „Homo-Ehe“.

Das Schrei­ben hängt zwar unmit­tel­bar mit den begin­nen­den Vor­wah­len zu den Prä­si­dent­schafts- und Par­la­ments­wah­len im kom­men­den Jahr zusam­men, fällt aber auch mit­ten in die Syn­oden­ar­bei­ten in Rom.

Erz­bi­schof Myers teil­te auch unmiß­ver­ständ­lich mit, daß er in sei­nem Juris­dik­ti­ons­be­reich es nicht dul­det, daß kirch­li­che Ein­rich­tun­gen oder katho­li­sche Orga­ni­sa­tio­nen „Per­so­nen oder Orga­ni­sa­tio­nen“ Gast­freund­schaft gewäh­ren, „die der Leh­re der Kir­che wider­spre­chen“. Eine Absa­ge an Zusam­men­ar­beit und Akti­ons­bünd­nis­sen bis zu Räum­lich­kei­ten, die in Pfar­rei­en zur Ver­fü­gung gestellt werden.

Richt­li­ni­en, die hel­fen sol­len, „den katho­li­schen Glau­ben inmit­ten einer immer säku­la­ri­sier­te­ren Kul­tur zu bewah­ren und zu schüt­zen“, so der Erzbischof.
Auch in Rom las­sen die ame­ri­ka­ni­schen Syn­oda­len, zusam­men mit den pol­ni­schen und afri­ka­ni­schen, ihre Stim­me deut­li­cher hören als frü­her. Vor allem fehlt ihnen die häu­fig nebel­haft-ver­schwom­me­ne kir­chen­di­plo­ma­ti­sche Spra­che der Westeuropäer.

Schärfste Kritik am Instrumentum laboris aus Nordamerika

Ein Bei­spiel ist der Erz­bi­schof von Phil­adel­phia, Msgr. Charles Cha­put, der Gast­ge­ber des jüng­sten Welt­fa­mi­li­en­tref­fens, an dem auch Papst Fran­zis­kus teil­nahm. „Als ober­ster Hir­te der katho­li­schen Kir­che“, so Cha­put auf Papst Fran­zis­kus bezo­gen, „kann er auf den Rat [der Syn­oden­vä­ter] hören, ihn igno­rie­ren oder etwas zwi­schen die­sen bei­den Wegen machen. Es wäre aber son­der­bar, daß der Bischof von Rom nicht den Kon­sens sei­ner Brü­der berück­sich­ti­gen wür­de“, da „die Syn­oden ja einen kol­le­gia­len Wert haben.“
Erz­bi­schof Cha­put war der Rela­tor des Cir­culus Angli­cus D, Mode­ra­tor der kana­di­sche Kar­di­nal Coll­ins, der zu den bei­den Arbeits­grup­pen gehört, die am schärf­sten Kri­tik am päpst­lich appro­bier­ten Instru­men­tum labo­ris übten. Die von Cha­put und Coll­ins geführ­te Arbeits­grup­pe ließ den Papst und die Syn­ode schwarz auf weiß wis­sen, daß „das Instru­men­tum labo­ris nicht die gering­ste Defi­ni­ti­on von Ehe bie­tet“ und, daß das „ein schwer­wie­gen­der Man­gel ist, der den gesam­ten Text mehr­deu­tig“ macht. Eine ver­nich­ten­de­re Kri­tik am Papst und dem von ihm ein­ge­setz­ten Syn­oden-Gene­ral­se­kre­ta­ri­at ist kaum denkbar.

Daß die Syn­ode sich letzt­lich auf eine Fra­ge, die Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on kon­zen­triert, bestä­tig­te ein­mal mehr Kar­di­nal Marx, der im Ple­num wie­der­hol­te, daß „die Mög­lich­keit, wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen den Zugang zum Sakra­ment der Buße und der hei­li­gen Kom­mu­ni­on zu erlau­ben, ernst­haft in Betracht gezo­gen wer­den soll­te“, wenn er auch die Ein­schrän­kung hin­zu­füg­te, daß dies auf Ein­zel­fäl­le bezo­gen und nicht als gene­rel­le Rege­lung zu ver­ste­hen sei. Der Domi­ni­ka­ner Jean-Paul Ves­co, Bischof von Oran in Alge­ri­en, sekun­dier­te. Es wer­de immer Ehen geben, die schei­tern. Man müs­se „der Rea­li­tät in die Augen sehen“.

Der dar­aus abge­lei­te­ten Schluß­fol­ge­rung wider­sprach ener­gisch Kar­di­nal Marc Ouel­let, der Prä­fekt der römi­schen Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, ein Mann, der sei­ne Wor­te genau wiegt und grund­sätz­lich wenig öffent­li­che Stel­lung­nah­men abgibt. Doch in der Syn­ode­nau­la wur­de er deut­lich und wie­der­hol­te sei­ne Posi­ti­on auch gegen­über Radio Vati­kan: „Die Posi­ti­on von Fami­lia­ris Con­sor­tio ist die über­lie­fer­te Leh­re der Kir­che, bestä­tigt von Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. (…) Wenn ein Ehe­band sakra­men­tal und damit unauf­lös­lich ist, dann kön­nen wir [wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen] nicht den Zugang zu den Sakra­men­ten gewäh­ren, ohne die Leh­re zu ändern, weil das der zen­tra­le dok­tri­nel­le Punkt ist.“

West­eu­ro­pa und Nord­ame­ri­ka bil­den zwei Tei­le des soge­nann­ten Westens, wie er durch bzw. nach dem Zwei­ten Welt­krieg ent­stan­den ist. Und doch unter­schei­den sich die bei­den Tei­le deut­lich voneinander.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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