Die Synode, ein Kind und seine Instrumentalisierung – Progressive Synodenregie


Die Synode, das Kind und eine Instrumentalisierung
Die Syn­ode, das Kind und sei­ne Instrumentalisierung

(Rom) Der Schwei­zer Vati­ka­nist Giu­sep­pe Rus­co­ni erzählt auf Ros­so­por­po­ra die Hin­ter­grün­de der Instru­men­ta­li­sie­rung eines Ein­zel­falls, um die Bischofs­syn­ode durch Akti­vie­rung der emo­tio­na­len Ebe­ne zu der von den Pro­gres­si­ven gewünsch­ten „Öff­nung“ zu drän­gen. Aus­lö­ser ist ein Pfar­rer aus Tri­est, den Papst Fran­zis­kus per­sön­lich zum Syn­oda­len der Bischofs­syn­ode ernann­te. Unter den 270 Syn­oden­vä­tern fin­den sich auch zwei Pfar­rer, bei­de vom Papst per­sön­lich ernannt. Wie kommt der Papst dazu und nach wel­chen Kri­te­ri­en wählt er unter welt­weit mehr als 400.000 Prie­stern aus? Der Grund dürf­te in dem zu fin­den sein, was die­ser Pfar­rer der Syn­ode zu erzäh­len wußte.

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„Auch ein Kind, Urhe­ber einer star­ken Geste der Zunei­gung für sei­nen (wie­der­ver­hei­ra­tet geschie­de­nen) Vater, wird unfrei­wil­lig und ganz unschul­dig zum Prot­ago­ni­sten der Syn­ode. Eine kei­nes­wegs unbe­kann­te media­le Instru­men­ta­li­sie­rung mit dem Ziel, die Syn­oden­vä­ter dazu zu drän­gen, bei der Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on ‚nach­zu­ge­ben‘“, so Giu­sep­pe Rusconi.

Eine emo­tio­na­le Trumpf­kar­te, die zur rech­ten Zeit aus­ge­spielt wird? Unab­hän­gig vom Wahr­heits­ge­halt der Erzäh­lung, wirft der Auf­tritt des Pfar­rers Fra­gen nach der päpst­li­chen Stra­te­gie auf, nach einem päpst­li­chen Popu­lis­mus, ein­schließ­lich eines zwei­fel­haf­ten Spiels mit den Gefüh­len. Die Epi­so­de, die eine Pla­nung erah­nen läßt, ruft die Kri­tik der drei­zehn Kar­di­nä­le-Syn­oda­len am Beginn der Bischofs­syn­ode in Erin­ne­rung, die den Ein­druck äußer­ten, es wer­de mit Nach­druck ver­sucht, „zu wich­ti­gen umstrit­te­nen The­men vor­ge­fer­tig­te Ergeb­nis­se“ zu erzielen.

Hier Rus­co­nis Bericht:

Das Kind und das herrliche (und progressive) Schicksal der Synode

Es war ein Kind, das beab­sich­tig­te eine Geste der Zunei­gung gegen­über sei­nem wie­der­ver­hei­ra­tet geschie­de­nen Vater. Mit die­ser Geste ist es ihm – gewiß unbe­ab­sich­tigt – gelun­gen, der fin­ste­ren syn­oda­len Kriegs­ma­schi­ne neue Unver­fro­ren­heit zu ver­lei­hen. Es hat den Trom­pe­ten und Posau­nen Lun­gen­kraft zurück­ge­ge­ben, hat die Schrei­ber­lin­ge elek­tri­siert und die Thu­rif­era­ren begei­stert, die bis­her man­gels Weih­rauch etwas nie­der­ge­schla­gen waren. Trä­nen der Rüh­rung und der guten Gefüh­le, eine kolos­sa­le süß­li­che Wol­ke, eine gigan­ti­sche Melas­se trat über die Ufer über­all dort, wo die wie­der hei­ter gelaun­te Kriegs­ma­schi­ne ihre Stel­lun­gen hat, um das herr­li­che und pro­gres­si­ve Schick­sal einer Syn­ode zu beju­beln, die schon ver­lo­ren schien.

Der Auftritt von Don Roberto Rosa

Was war gesche­hen? Am Don­ners­tag­vor­mit­tag erzähl­te Don Rober­to Rosa, ein Prie­ster, der in Tri­est Dienst tut – ein Pfar­rer, den der Papst zur Teil­nah­me an der Bischofs­syn­ode ein­ge­la­den hat, – eine außer­ge­wöhn­li­che Epi­so­de, mit der er kon­fron­tiert wur­de. Ein Mini­mum an Sorg­falts­pflicht wür­de zumin­dest ein Mini­mum an Über­prü­fung des Wahr­heits­ge­halts des­sen nahe­le­gen, was in jener Trie­ster Kir­che wirk­lich vor­ge­fal­len ist. Neh­men wir aber ein­fach alles für bare Mün­ze und stel­len fest, daß die bekann­te Fan­fa­re auf der Stel­le Hän­dels Hal­le­lu­jah anstimm­te, das die unum­stöß­li­che Bestä­ti­gung der Fak­ten verkündete.

Die Fol­gen? Der Leser (Zuhö­rer, Fern­seh­zu­schau­er) muß­te am Don­ners­tag­abend und gestern Schlag­zei­len wie die­se auf­neh­men: „Muti­ge Geste eines Kin­des läßt Debat­te um Geschie­de­ne neu begin­nen“; „Muti­ge Geste eines Kin­des öff­net wie­der Debat­te um Geschie­de­ne“; „Geste eines Kin­der bewegt Syn­ode“; „Geschich­te eines Kin­des bewegt: Hostie mit Eltern geteilt“; „Von Kind geteil­te Hostie facht in Kir­che das Ja zur Kom­mu­ni­on für Wie­der­ver­hei­ra­te­te an“; „Das Sym­bol der Syn­ode: die Hostie des Kin­des für sei­ne geschie­de­nen und wie­der­ver­hei­ra­te­ten Eltern“; „Wer­den auch die Syn­oden­vä­ter hin­kom­men, wo ein Kind bereits ist?“. Und Dut­zen­de ähn­li­che Schlag­zei­len, alle bestimmt, „gute Gefüh­le“ popu­lär anzu­spre­chen und zu feiern.

„Papst Franziskus gerührt“

In den Arti­keln und Kom­men­ta­ren (mit gro­ßer Sicht­bar­keit sogar in den Gra­tis­blät­tern, die in den U‑Bahnen ver­teilt wer­den), liest man zum Bei­spiel von einer „explo­si­ven Geste“ eines „muti­gen Kin­des“ (man beach­te das Adjek­tiv) am Tag sei­ner Erst­kom­mu­ni­on. Im pathe­ti­schen Ton­fall geht es, aus­ge­rü­stet mit einem geeig­ne­ten Trä­nen­glas, wei­ter: „Der Jun­ge hat aus eige­ner Initia­ti­ve die Hostie ent­zwei gebro­chen und gab eine Hälf­te dem Vater, der ihn beglei­te­te, der aber, weil wie­der­ver­hei­ra­tet geschie­den, sie nicht direkt emp­fan­gen konn­te“ (selt­sam die­ses „direkt“ … wie wäre denn „indi­rekt“?). Und wei­ter: „Die Erzäh­lung hat Papst Fran­zis­kus und vie­le der 270 Syn­oden­vä­ter gerührt“. Kurz­um: „Eine klei­ne Epi­so­de, und den­noch bestimmt, mehr zu wir­ken als vie­le Wor­te in der dicht­ge­dräng­ten Debat­te die­ser Syn­ode“ (von Nie­der­ge­schla­gen­heit zu Begei­ste­rung ist der Schritt manch­mal nur kurz).

„Kirchliche Prophetie“: Kind mit zwölfjährigem Jesus im Tempel verglichen

In einem ande­ren Kom­men­tar wur­de die Geste des Kin­des als „kirch­li­che Pro­phe­tie“ bezeich­net und erklärt, daß „ein Kind, das den Hir­ten vor­aus ist, kei­ne Neu­ig­keit“ sei, indem sogar auf den zwölf­jäh­ri­gen Jesus ver­wie­sen wird, der im Tem­pel die „Schrift­ge­lehr­ten“ lehrte.

Zusam­men­ge­faßt: Ein klei­nes und unschul­di­ges Kind aus Tri­est wird zum Sym­bol des herr­li­chen und pro­gres­si­ven Schick­sals der Syn­ode gemacht, mit ande­ren Wor­ten, als Diet­rich ver­wen­det, um die noch star­ken Wider­stän­de gegen die bekann­te und ange­streb­te „Öff­nung“ der Kir­che aus den Angeln zu heben: an erster Stel­le – und als erster Schritt für wei­te­re Schrit­te – die Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on. Eine Instru­men­ta­li­sie­rung, die, wäre sie von ande­ren gemacht wor­den, eine berech­tig­te Wel­le der Empö­rung der selbst­er­nann­ten Hüter des wah­ren Jour­na­lis­mus aus­ge­löst hätte.

Statt nüchterner Geist Instrumentalisierung von Kindern

An die­ser Stel­le drän­gen sich, mit etwas Kennt­nis der Medi­en­me­cha­nis­men unse­rer Gesell­schaft, spon­tan eini­ge Anmer­kun­gen auf. Erstens: In unse­rer Mas­sen­me­di­en­ge­sell­schaft ist es üblich, einen extre­men Ein­zel­fall her­aus­zu­he­ben in der Hoff­nung, damit maß­geb­lich einem Anlie­gen zum Durch­bruch zu ver­hel­fen. Zwei­tens: Die­ser extre­me Ein­zel­fall löst immer gro­ße Emo­tio­nen aus, die die guten Gefüh­le bewe­gen. Drit­tens: Wenn es dabei um ein Kind geht, dann um so bes­ser, denn Kin­der (außer jene, die im Mut­ter­schoß getö­tet wer­den) lösen natür­li­che Sym­pa­thien aus und füh­ren zu noch mehr Rüh­rung. Vier­tens: Wir dach­ten, eine sol­che Instru­men­ta­li­sie­rung von Kin­dern sei vor allem in bestimm­ten Schrott-TV-Sen­dun­gen ver­brei­tet oder in der Mas­sen­ver­brei­tung der rich­ti­gen Pho­tos im rich­ti­gen Augen­blick im Zusam­men­hang mit sehr kom­ple­xen Pro­ble­men. In Wirk­lich­keit hat die­ser Mecha­nis­mus auch in die Syn­ode Ein­zug gehal­ten, wo Argu­men­te behan­delt wer­den, die für eine ernst­haf­te, seriö­se und nutz­brin­gen­de Behand­lung einen kla­ren, nüch­ter­nen Geist, kul­tu­rel­le Fun­die­rung, tie­fen Glau­ben, Weit­blick und natür­lich auch Bereit­schaft des Her­zens ver­lan­gen. Es braucht eine umfas­sen­de Weis­heit, die weit über die blo­ße Gefühls­ebe­ne hin­aus­geht, weit über die von eini­gen schlech­ten Rat­ge­bern aus­ge­lö­ste Sen­ti­men­ta­li­tät: jene schnel­len Emo­tio­nen, die so typisch sind für eine flüs­si­ge Gesell­schaft, aber sicher nicht für jene, die auf Fel­sen bau­en wollen.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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