Das Ergebnis der Familiensynode VI – Sandro Magisters Bericht


Sandro Magister zum Ende der Synode
San­dro Magi­ster zum Ende der Synode

(Rom)  Die Ja-Stim­men lagen zwi­schen 178 und 190 und damit knapp über dem Quo­rum der für die Annah­me not­wen­di­gen zwei Drit­tel der Stim­men (177). Die Nein-Stim­men lagen zwi­schen 64 und 80. So ist am Sams­tag­nach­mit­tag, dem 24. Okto­ber 2015, die Abstim­mung über die drei Para­gra­phen zum umstrit­ten­sten Punkt, die Kom­mu­ni­on für die wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen ver­lau­fen, bzw. über die „Unter­schei­dung und Inte­gra­ti­on“ der Geschie­de­nen und stan­des­amt­lich Wie­der­ver­hei­ra­te­ten in die Kir­che, ohne daß in die­sen Para­gra­phen weder das Wort „Kom­mu­ni­on“ noch irgend­ein ver­gleich­ba­rer Begriff auch nur ein ein­zi­ges Mal auftaucht.

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Es gibt noch ein wei­te­res Para­dox in die­ser Abstim­mung, die nach zwei Jah­ren der end­lo­sen Dis­kus­si­on erfolgte.

Worüber die beiden Vorgänger-Päpste sprachen

Das Para­dox betrifft eine Lösung, die bereits von zwei Vor­gän­ger-Päp­sten ins Feld geführt wur­de und das sogar aus­drück­lich, wobei die­se sehr wohl das Wort „Kom­mu­ni­on“ gebrauch­ten. Von Johan­nes Paul II. hat die Rela­tio fina­lis der Syn­ode – wie bereits zuvor die deut­sche Arbeits­grup­pe – die Emp­feh­lung der „Unter­schei­dung der Situa­tio­nen“ auf­ge­grif­fen, von denen eine in Fami­lia­ris Con­sor­tio von 1981 als Bei­spiel ange­führt ist: „Wie­der ande­re sind eine neue Ver­bin­dung ein­ge­gan­gen im Hin­blick auf die Erzie­hung der Kin­der und haben manch­mal die sub­jek­ti­ve Gewis­sens­über­zeu­gung, daß die frü­he­re, unheil­bar zer­stör­te Ehe nie­mals gül­tig war.“

In Fami­lia­ris Con­sor­tio schloß Johan­nes Paul II. jed­we­den Zugang zur Kom­mu­ni­on aus, da die erste Ehe gül­tig bleibt. Eine Aus­nah­me gilt nur für jene, die in einer zwei­ten Ver­bin­dung wie Bru­der und Schwe­ster zusammenleben.

Auch Bene­dikt XVI. ging als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on von einem ähn­li­chen Fall aus: dem jener, die ihrem Gewis­sen nach über­zeugt sind, daß die kirch­lich geschlos­se­ne Ehe nich­tig ist, denen aber der Weg zu einem kano­ni­schen Urteil, die das fest­stellt, ver­schlos­sen ist.

In einem sol­chen Fall, so Joseph Ratz­in­ger 1988 in einem Arti­kel, den er als Papst 2011 erneut ver­öf­fent­li­chen ließ, „scheint die Anwen­dung der ‚Epi­keia‘ im Forum inter­num nicht prin­zi­pi­ell ausgeschlossen“.

Und wei­ter:

„Vie­le Theo­lo­gen sind der Mei­nung, daß die Gläu­bi­gen sich auch im forum inter­num abso­lut an die ihrer Ansicht nach fal­schen Urtei­le der Gerich­te hal­ten müs­sen. Ande­re sind hin­ge­gen der Mei­nung, daß hier im forum inter­num Aus­nah­men denk­bar sind, weil es sich in der Pro­zeß­ord­nung nicht um Bestim­mun­gen gött­li­chen Rechts han­delt, son­dern um Bestim­mun­gen des Kir­chen­rechts. Die­se Fra­ge ver­langt jedoch wei­te­re Stu­di­en und Klä­run­gen. Es müß­ten prä­zi­se die Bedin­gun­gen geklärt wer­den für das Auf­tre­ten einer ‚Aus­nah­me‘, um Will­kür zu ver­mei­den und den öffent­li­chen Cha­rak­ter der einem sub­jek­ti­ven Urteil ent­zo­ge­nen Ehe zu schützen.“

Kardinal Müllers Überlegungen

Im Okto­ber 2013 kam der Glau­bens­prä­fekt und ent­schie­de­ne Ratz­in­ge­ria­ner Ger­hard Mül­ler, Her­aus­ge­ber der Gesam­mel­ten Wer­ke des eme­ri­tier­ten Pap­stes, in einem Arti­kel des Osser­va­to­re Roma­no dar­auf zurück und optier­te für den stren­ge­ren der bei­den Wege:

„Wenn wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne in ihrem Gewis­sen sub­jek­tiv der Über­zeu­gung sind, daß eine vor­aus­ge­hen­de Ehe nicht gül­tig war, muß dies objek­tiv durch die zustän­di­gen Ehe­ge­rich­te nach­ge­wie­sen wer­den. Die Ehe betrifft näm­lich nicht nur die Bezie­hung zwei­er Men­schen zu Gott, sie ist auch eine Wirk­lich­keit der Kir­che, ein Sakra­ment, über des­sen Gül­tig­keit nicht der ein­zel­ne für sich, son­dern die Kir­che ent­schei­det, in die er durch Glau­be und Tau­fe ein­ge­glie­dert ist.“

Mül­ler ver­wies dabei auf der­sel­ben Sei­te des Osser­va­to­re auf den oben zitier­ten Text von Ratz­in­ger, der die Fra­ge für „wei­te­re Stu­di­en und Klä­run­gen“ offenließ.

Heftige Kritik am Bericht des Circulus Germanicus

Zwei Jah­re spä­ter, bei die­ser Syn­ode, optier­te in einer bestimm­ten Situa­ti­on auch Mül­ler für den ande­ren Weg, indem er mit allen ande­ren Mit­glie­dern der deut­schen Arbeits­grup­pe die Mög­lich­keit eines „Weges der Unter­schei­dung“ in Ein­zel­fäl­len akzep­tier­te, der im forum inter­num klä­ren könn­te, in wel­chem Maß ein Zugang zu den Sakra­men­ten mög­lich wäre.

Im Bericht der deut­schen Arbeits­grup­pe wur­de die Kom­mu­ni­on durch die For­mu­lie­rung „Zugang zu den Sakra­men­ten“ aus­drück­lich erwähnt. In der Rela­tio fina­lis der Syn­ode ist die­ser Bezug ver­schwun­den, nach­dem er in der Syn­ode­nau­la hef­ti­ger Kri­tik aus­ge­setzt war. Einer Kri­tik, die Erz­bi­schof Charles Cha­put von Phil­adel­phia auch öffent­lich äußerte.

Cha­put wur­de am 22. Okto­ber mit den mei­sten Stim­men in den neu­en zwölf­köp­fi­gen Syn­oden­rat gewählt, der dem Syn­oden-Gene­ral­se­kre­ta­ri­at bis zur näch­sten Syn­oden­ver­samm­lung zur Sei­te ste­hen soll.

Synode: Objektive Ehenichtigkeitserklärung zwingend – Doch die hat Papst Franziskus radikal reformiert

Damit ist die Syn­ode zum ersten der bei­den 1998 von Ratz­in­ger erwähn­ten Wege zurück­ge­kehrt, den Mül­ler 2013 bekräf­tig­te: es reicht nicht, laut eige­nem Gewis­sen die Ehe für nich­tig zu hal­ten, um Zugang zur Kom­mu­ni­on zu erhal­ten. Die­se Nich­tig­keit muß objek­tiv von einem zustän­di­gen Kir­chen­ge­richt bestä­tigt werden.

Eine Nich­tig­keit, die aller­dings künf­tig viel leich­ter erreich­bar sein wird, wenn die radi­ka­le, von Papst Fran­zis­kus im Allein­gang kurz vor Syn­oden­be­ginn beschlos­se­ne Reform des Ehe­nich­tig­keits­ver­fah­rens Wirk­lich­keit wer­den wird.

Wie dem auch sei: die Rela­tio hat kei­nen beschlie­ßen­den Wert. Sie ist nur ein ein­fa­cher Vor­schlag, der dem Papst von der Syn­ode ange­bo­ten wird. Er ent­schei­det, ob und wie er ihm folgt.

Einen Hin­weis dazu lie­fert die Schluß­an­spra­che, die Papst Fran­zis­kus nach der Schluß­ab­stim­mung in der Syn­ode­nau­la hielt.

Nachtrag

Soweit der Bericht von San­dro Magi­ster. Die von Magi­ster erwähn­te Wahl eines Syn­oden­ra­tes erbrach­te am 22. Okto­ber fol­gen­des Ergeb­nis, in dem sich das Stim­mungs­bild der unter­schied­li­chen Posi­tio­nen wider­spie­gelt und zwar Kon­ti­nent für Kon­ti­nent. Die Rei­hung erfolgt nach erhal­ten­den Stimmen.

Ame­ri­ka

Charles Cha­put, Erz­bi­schof von Phil­adel­phia, USA
Kar­di­nal Marc Ouel­let, Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, Kanada
Kar­di­nal Oscar Rodri­guez Mara­dia­ga, Erz­bi­schof von Tegu­ci­gal­pa, Honduras

Euro­pa

Kar­di­nal Chri­stoph Schön­born, Erz­bi­schof von Wien, Österreich
Kar­di­nal Vin­cent Nichols, Erz­bi­schof von West­min­ster, England
Bru­no For­te, Erz­bi­schof von Chie­ti-Vasti, Italien

Afri­ka

Kar­di­nal Robert Sarah, Prä­fekt der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on, Guinea
Kar­di­nal Wil­frid Fox Napier, Erz­bi­schof von Dur­ban, Südafrika
Mathieu Made­ga Leboua­ke­han, Bischof von Moui­la, Gabun

Asi­en und Ozeanen

Kar­di­nal Geor­ge Pell, Prä­fekt des Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats, Australien
Kar­di­nal Luis Anto­nio Tag­le, Erz­bi­schof von Mani­la, Philippinen
Kar­di­nal Oswald Gra­ci­as, Erz­bi­schof von Bom­bay, Indien

Übersetzung/​Nachtrag: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo

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