Relatio finalis zwischen Fehler und gefährlichen Zweideutigkeiten – Beispiel: Paragraph 63


Synode ambivalenter Schlußtext
Syn­ode ambi­va­len­ter Schlußtext

(Rom) Die Rela­tio fina­lis, der Schluß­be­richt der Bischofs­syn­ode über die Fami­lie, ent­hält „Feh­ler und gefähr­li­che Zwei­deu­tig­kei­ten“. Zu die­sem Schluß kommt Cor­ri­spon­den­za Roma­na (CR) in ihrer ersten Text­ana­ly­se. Das erstaunt nicht, ange­sichts der Umstän­de und des Zeit­drucks, unter denen das Doku­ment im letz­ten Augen­blick zustan­de kam, mit dem Ziel, eine in Wirk­lich­keit ganz und gar nicht vor­han­de­ne Zwei­drit­tel­mehr­heit unter den Syn­oda­len zu finden.

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„Legen wir eini­ge Para­gra­phen des Schluß­be­richts unter das Ver­grö­ße­rungs­glas“, so CR mit dem Hin­weis, daß die Rela­tio fina­lis nur bera­ten­den, aber nicht beschlie­ßen­den Cha­rak­ter hat.

Im Para­graph 63 heißt es: „In Über­ein­stim­mung mit dem per­sön­li­chen und mensch­lich voll­stän­di­gen Cha­rak­ter der ehe­li­chen Lie­be ist der rich­ti­ge Weg für die Fami­li­en­pla­nung jener eines kon­sen­su­el­len Dia­logs zwi­schen den Ehe­leu­ten, des Respek­tie­rens der Zei­ten und der Beach­tung der Wür­de des Partners.“

„Einige schräge Töne“

In die­sem Abschnitt „fin­den sich eini­ge schrä­ge Töne“, so der Rechts­phi­lo­soph Tom­ma­so Scan­dro­glio in sei­ner Ana­ly­se. Es fällt zunächst vor allem das Wort „Fami­li­en­pla­nung“ auf, ein Aus­druck, der wenn schon der Welt­be­völ­ke­rungs­fonds der UNO ger­ne gebraucht, nicht aber das kirch­li­che Lehr­amt. Dabei geht es mehr noch um eine Sinn­fra­ge, als um eine sprach­li­che Fra­ge. „Fami­li­en­pla­nung“ ist eine For­mel, die von eini­gen inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen geprägt wur­de, um Ver­hü­tung und Abtrei­bung zu för­dern. Es meint das Prin­zip, daß die Ehe­leu­te Her­ren über das Leben (und den Tod) ihrer Kin­der sind. Die Kin­der wer­den letzt­lich als eine Art Ware gese­hen, deren stra­te­gi­sches Mar­ke­ting pro­gram­miert wer­den kön­ne. Die Kir­che ver­weist hin­ge­gen auf die phy­sio­lo­gi­schen Regeln, die den Zyklus der Frau bestim­men und daher auf die Respek­tie­rung der Naturgesetze.

Eben­so erstaunt der Gebrauch des Begriffs „Part­ner“ anstatt „Ehe­mann oder Ehe­frau“ Der Aus­druck steht in direk­tem Zusam­men­hang mit außer­ehe­lich zusam­men­le­ben­den Paa­ren, doch der Geschlechts­ver­kehr, auf den Para­graph 63 impli­zit Bezug nimmt, ist – das ist kirch­li­che Leh­re – nur in der Ehe erlaubt. „Es müß­te an die­ser Stel­le also ‚Ehe­gat­te‘ hei­ßen und nicht ‚Part­ner‘“, so Scandroglio.

Der pro­ble­ma­tisch­ste unter den begriff­li­chen Kno­ten in die­sem Para­gra­phen, ist jedoch der Bezug auf die Kri­te­ri­en, die bei einer mora­lisch erlaub­ten „Fami­li­en­pla­nung“ ein­zu­hal­ten sind. Es wer­den genannt: „kon­sen­su­el­ler Dia­log zwi­schen den Ehe­leu­ten“, „Respek­tie­ren der Zei­ten“ und „Beach­tung der Wür­de des Partners“.

„Familienplanung“ heißt kirchlich verantwortete Vater- und Mutterschaft

Die Dar­le­gung ist miß­ver­ständ­lich, wenn nicht sogar falsch. Für das Lehr­amt ist die Fra­ge der Gebur­ten­re­ge­lung untrenn­bar mit dem Ver­ständ­nis der Ehe ver­bun­den, die grund­sätz­lich immer für das Leben offen zu sein hat.

Nur aus ern­sten Grün­den kön­nen die Gebur­ten durch Beach­tung der unfrucht­ba­ren Peri­oden (Hum­a­nae vitae, 16 und Fami­lia­ris con­sor­tio, 32) in grö­ße­ren Abstän­den erfol­gen und das im Zusam­men­hang mit dem Moral­prin­zip, das nie erlaubt, das Böse zu tun, es aber manch­mal erlaubt, sich des Guten für ein höhe­res Wohl zu ent­hal­ten. Es irrt sich daher, wer behaup­tet: „Die Ehe­leu­te haben zu bestim­men, wie vie­le Kin­der sie haben wol­len“. Rich­tig muß es hei­ßen: „Man muß immer offen für das Leben sein, außer in eini­gen Fällen“.

Das Prin­zip ist daher nicht die Fami­li­en­pla­nung, son­dern die ver­ant­wor­te­te Vater­schaft und Mut­ter­schaft. Die­se ver­ant­wor­te­te Vater- und Mut­ter­schaft ent­steht sicher auch – wie die Rela­tio fina­lis sagt – durch den Dia­log und den Respekt vor der Wür­de des Ehe­gat­ten. Doch, und das ist der sprin­gen­de Punkt, die Beach­tung die­ser Ele­men­te legi­ti­miert nicht die Ent­halt­sam­keit in den frucht­ba­ren Pha­sen. Mit ande­ren Wor­ten: Es genügt nicht, nach einem kon­sen­su­el­len Dia­log die Ent­schei­dung getrof­fen zu haben, kei­ne Kin­der haben zu wol­len, damit eine Ent­halt­sam­keit von den ehe­li­chen Pflich­ten erlaubt wäre.

Zudem ver­steht man nicht, wie die Offen­heit für das Leben der Wür­de des Ehe­gat­ten wider­spre­chen könn­te, außer – doch dazu schweigt die Rela­tio – die­se Offen­heit wäre in der Art, wie sie zum Aus­druck kommt, gegen die Wür­de (zum Bei­spiel durch Gebrauch von Gewalt).

Kryp­tisch bleibt schließ­lich auch der Ver­weis auf das „Respek­tie­ren der Zei­ten“. Der Ver­weis wäre rich­tig, wenn er sich auf die unfrucht­ba­ren Pha­sen bezie­hen wür­de oder auf das Respek­tie­ren psy­cho­lo­gi­scher und phy­sio­lo­gi­scher Zeiten/​Umstände des Ehe­gat­ten. Ein ern­ster Grund zur Ver­zö­ge­rung von Gebur­ten könn­te zum Bei­spiel das Auf­tre­ten einer schwe­re Patho­lo­gie bei einem der Ehe­gat­ten sein oder eine tie­fe psy­cho­lo­gi­sche oder affek­ti­ve Unreife.

„Kurz­um, die­ser Para­graph der Rela­tio fina­lis schwankt zwi­schen Feh­lern und gefähr­li­chen Zwei­deu­tig­kei­ten“, so der Rechts­phi­lo­soph Tom­ma­so Scan­dro­glio in sei­ner Ana­ly­se für Cor­ri­spon­den­za Roma­na.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: lafe​ded​ein​ostri​pa​dri​.com

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