Neo-Kardinal: Am Ende der Synode gibt es „eine neue Flexibilität“


Berhaneyesus Demerew Souraphiel
Berha­ney­esus Kar­di­nal Souraphiel

(Rom) Afri­kas Bischö­fe mobi­li­sie­ren seit Mona­ten gegen eine Kas­pe­ria­de bei der bevor­ste­hen­den Bischofs­syn­ode und suchen mög­lichst Geschlos­sen­heit. In den näch­sten Wochen wer­den zwei Bücher zur Ver­tei­di­gung der katho­li­schen Ehe- und Moral­leh­re erschei­nen. Eines stammt aus­schließ­lich von Kar­di­nä­len und Erz­bi­schö­fen Afri­kas, am ande­ren hat ein afri­ka­ni­scher Kar­di­nal aus Nige­ria mit­ge­wirkt. Gleich­zei­tig mel­de­te sich eine Stim­me zu Wort, die aus der afri­ka­ni­schen Front aus­zu­sche­ren scheint.

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Der Erz­bi­schof von Accra in Gha­na, Gabri­el Charles Pal­mer-Buck­le, hat­te sich im Früh­jahr für Kas­pers „Öff­nung“ aus­ge­spro­chen und wur­de seit­her in pro­gres­si­ven Kir­chen­me­di­en Euro­pas eif­rig als „Beleg“ her­um­ge­reicht, daß Afri­ka nicht nur „kon­ser­va­ti­ve“ Bischö­fe habe.
Im Gegen­zug fand eine Tagung aller afri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­ren­zen, auf der die Linie zur Ver­tei­di­gung der katho­li­schen Ehe- und Moral­leh­re bei der Bischofs­syn­ode abge­steckt wur­de, in Accra statt, um Erz­bi­schof Pal­mer-Buck­le zu gewin­nen (sie­he Kar­di­nal Sarah: „Ob man uns hören will oder nicht, wir wer­den spre­chen“ – Afri­ka macht Front gegen „Stra­te­gie der Deut­schen“).

Im vergangenen Februar zum Kardinal erhoben

Nun scheint der Erz­bi­schof von Addis Abe­ba, Msgr. Ber­hany­esus Sou­ra­phiel aus der afri­ka­ni­schen Front aus­zu­sche­ren. Er war erst im ver­gan­ge­nen Febru­ar von Papst Fran­zis­kus in den Kar­di­nals­stand erho­ben wor­den. Erz­bi­schof Ber­hany­esus Sou­ra­phiel gehört dem Laza­ri­sten­or­den an und ist Ober­haupt der Äthio­pisch-katho­li­schen Kirche.

Ber­hany­esus Sou­ra­phiel, ein ent­schie­de­ner Geg­ner von Son­der­rech­ten für Homo­se­xu­el­le, wur­de vom Natio­nal Catho­lic Regi­ster inter­viewt. Die Aus­sa­gen erschei­nen wider­sprüch­lich und unter­schei­den sich damit von den Aus­sa­gen der gro­ßen Mehr­heit der afri­ka­ni­schen Kir­chen­ver­tre­ter. Der Metro­po­lit, der nach der­zei­ti­gem Stand nicht an der Bischofs­syn­ode teil­neh­men wird, sag­te einer­seits: „Die Bischofs­kon­fe­ren­zen sind nicht zur Syn­ode geru­fen, um die Leh­re Unse­res Herrn Jesus Chri­stus oder die Leh­re der Kir­che zu erset­zen oder zu ändern“.

Am Ende der Synode „wird eine neue Flexibilität“ stehen

Ande­rer­seits zeig­te er sich über­zeugt, daß am Ende der Syn­ode „eine neue Fle­xi­bi­li­tät“ ein­ge­führt wer­de. „Fle­xi­bi­li­tät“ ist ein Begriff, den Kar­di­nal Mara­dia­ga 2013 dem Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler, ent­ge­gen­ge­hal­ten hat­te. Ber­hany­esus Sou­ra­phiel mein­te eine „Fle­xi­bi­li­tät“, die dem beson­de­ren kul­tu­rel­len, wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Kon­text der ver­schie­de­nen Welt­ge­gen­den Rech­nung tra­ge. „Die katho­li­sche Kir­che ist eine uni­ver­sa­le, mensch­li­che und gött­li­che Insti­tu­ti­on. Es gibt nicht eine euro­päi­sche Kir­che, es gibt kei­ne kana­di­sche oder ame­ri­ka­ni­sche Kir­che. Sie ist etwas ande­res. Die Pro­ble­me, denen sich die Fami­li­en in eini­gen Tei­len der Welt gegen­über­se­hen, kön­nen ande­re sein, als in ande­ren Gegenden.“

„Unser größ­tes Pro­blem zum Bei­spiel ist die Armut“, so der Pur­pur­trä­ger mit Blick auf die Situa­ti­on in Äthio­pi­en und Eri­trea. „Wenn man nicht über die nöti­ge öko­no­mi­sche Grund­la­ge ver­fügt, könn­te eine Situa­ti­on ent­ste­hen, in der der Mann an einem Ort arbei­tet, die Frau an einem ande­ren. Dadurch trennt sich die Fami­lie und die Kin­der lei­den darunter.“

Laut Ber­hany­esus Sou­ra­phiel soll­ten „die Bischofs­kon­fe­ren­zen eine wich­ti­ge­re Rol­le spie­len, um die Leh­re der Syn­ode an die spe­zi­fi­schen Situa­tio­nen der eige­nen Län­der oder Regio­nen anzupassen“.

„Bischofskonferenzen sollen Lehre an die Situation ihrer Länder anpassen können“

Der äthio­pi­sche Metro­po­lit beton­te einer­seits die Posi­ti­on der ande­ren afri­ka­ni­schen Bischö­fe. Mit sei­nem Hin­weis, daß letzt­lich die Leh­re der Kir­che nicht mehr uni­ver­sa­le Gel­tung haben, son­dern in ver­schie­de­nen Län­dern und Welt­ge­gen­den unter­schied­lich aus­ge­legt wer­den könn­te, unter­stützt er die Posi­ti­on Kar­di­nal Kas­pers. Der Vor­schlag wür­de die viel­be­schwo­re­ne Kol­le­gia­li­tät stär­ken, wenn auch kon­kret die Bischofs­kon­fe­ren­zen und nicht die ein­zel­nen Bischö­fe. Falls Kas­pers „Öff­nung“ nicht welt­weit durch­ge­setzt wer­den könn­te, könn­te sie gemäß der vom Erz­bi­schof von Addis Abe­ba gefor­der­ten „Fle­xi­bi­li­tät“ zumin­dest in Euro­pa umge­setzt werden.

Letzt­lich hat­te Kar­di­nal Marx, der Erz­bi­schof von Mün­chen-Frei­sing, am Ende der Früh­jahrs­voll­ver­samm­lung der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz nichts ande­res gesagt, als er Rom wis­sen ließ, daß man kein Able­ger der Römi­schen Kurie sei.

Msgr. Ber­hany­esus Sou­ra­phiel könn­te viel­leicht doch noch als Syn­oda­le nach Rom geru­fen wer­den. Papst Fran­zis­kus hat noch nicht die Liste der Syn­oden­teil­neh­mer bekannt­ge­ge­ben, die er per­sön­lich ernennt. Sicher als Syn­oda­le in Rom anwe­send wird hin­ge­gen Erz­bi­schof Pal­mer-Buck­le sein, des­sen Posi­ti­on min­de­stens schwan­kend ist.

Papst Franziskus: Liste der von ihm persönlich ernannten Synodalen noch nicht bekannt

Wie auch immer Erz­bi­schof Ber­hany­esus Sou­ra­phiel sei­nen Hin­weis auf die „Fle­xi­bi­li­tät“ genau gemeint haben mag: Das Stich­wort wird in man­chen euro­päi­schen und nord­ame­ri­ka­ni­schen Kir­chen­krei­sen hel­le Freu­de aus­lö­sen. Vor allem weil es von einem afri­ka­ni­schen Kir­chen­mann stammt, jenem Kon­ti­nent, der mit sei­nem Wachs­tum an Katho­li­ken und Beru­fun­gen Euro­pa neid­voll erblas­sen läßt. Von Erblas­sen kann natür­lich kei­ne Rede sein, denn dazu ist das alte Euro­pa zu selbst­ge­fäl­lig und her­ab­las­send. Schließ­lich war es Kar­di­nal Kas­per, der am Ran­de der Bischofs­syn­ode 2014, als die Din­ge nicht so lie­fen, wie von ihm geplant, durch eine ras­si­sti­sche Ent­glei­sung gegen Afri­ka auffiel.

Laut Erz­bi­schof Ber­hany­esus Sou­ra­phiel müs­se die Bot­schaft Afri­kas auf der Syn­ode die sein, daß „die Fami­lie das Leben ist“. Vie­le Din­ge wür­den sich ändern, „es braucht aber Wer­te, die blei­ben müs­sen: Die Lie­be zwi­schen Mann und Frau, der Respekt zwi­schen Kin­der und Eltern und die Ach­tung vor den alten Menschen“.

An der Wort­wahl des Erz­bi­schofs von Addis Abe­ba fällt auf, daß er für sei­ne Aus­sa­ge, man wer­de sich am Ende der Syn­ode für „eine neue Fle­xi­bi­li­tät“ ent­schei­den, womit Papst Fran­zis­kus gemeint ist, da er allein Ent­schei­dun­gen tref­fen kann, nicht den Kon­junk­tiv gebrauch­te. Weiß er mehr, als andere?

Ob der Zwi­schen­ruf des äthio­pi­schen Kar­di­nals für die Syn­ode eine Rol­le spie­len wird, hängt vor allem von Papst Fran­zis­kus ab, der als letz­ter durch sei­ne per­sön­li­chen Ernen­nun­gen die Liste der Syn­oden­teil­neh­mer vervollständigt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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