„Keine Abstriche von der kirchlichen Lehre“ – Kardinal Müller zu Bischofssynode, Piusbruderschaft, Medjugorje und Befreiungstheologie


Kardinal Gerhard Müller
Kar­di­nal Ger­hard Müller

(Rom) Bei der Bischofs­syn­ode im Herbst wer­de es „kei­ne Abstri­che von der kirch­li­chen Leh­re“ geben. Dies bekräf­tig­te Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on. Es sei­en pasto­ra­le Wege zu suchen, um Per­so­nen in schwie­ri­gen Situa­tio­nen stär­ker in die Gemein­schaft zu inte­grie­ren. Wäh­rend es, so der Kar­di­nal, zur Pius­bru­der­schaft der­zeit kei­ne „sub­stan­ti­el­len Neu­ig­kei­ten“ gebe, wer­de es im Herbst eine Ent­schei­dung zu Med­jug­or­je geben. Katho​lisch​.de, das Medi­en­por­tal der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz ver­öf­fent­lich­te gestern ein Inter­view mit dem Kardinal.

Erneuerung und Vertiefung der Ehevorbereitung notwendig

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Mit Blick auf die Bischofs­syn­ode über Ehe und Fami­lie beton­te der deut­sche Kar­di­nal, daß die Kir­che „den Men­schen, auch den Katho­li­ken, hel­fen“ müs­se, „neu zu ver­ste­hen, wel­chen Sinn es hat, eine Ehe ein­zu­ge­hen und sich so, auch öffent­lich, an einen Men­schen zu bin­den“. Wäh­rend sich die Dis­kus­si­on bis­her vor allem um das „Schei­tern“ von Ehen dreh­te, hob Kar­di­nal Mül­ler die Not­wen­dig­keit „einer Erneue­rung und Ver­tie­fung“ der Ehe­vor­be­rei­tung hervor.

Der Kar­di­nal bestä­tig­te zudem, daß sich die „ordent­li­che Voll­ver­samm­lung“ der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on „im Herbst“ mit Med­jug­or­je befas­sen wer­de: „Die Stel­lung­nah­me der Kon­gre­ga­ti­on wird dann dem Hei­li­gen Vater zur wei­te­ren Ent­schei­dung vorgelegt.“

Verschiedene Begegnungen mit Piusbruderschaft, „die das gegenseitige Vertrauen stärken sollten“

Auf die Fra­ge, ob die „Eini­gungs­be­mü­hun­gen aus­ge­setzt oder ver­scho­ben“ wor­den sei­en, weil es „in jüng­ster Zeit“ um die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. „auf­fal­lend still gewor­den“ sei, sag­te Kar­di­nal Mül­ler, daß es „in die­ser Fra­ge kei­ne sub­stan­ti­el­len Neu­ig­kei­ten“ gebe. „Der Hei­li­ge Vater möch­te, daß wir am Ball blei­ben: ‚mit Ent­schie­den­heit und Geduld‘“. In den „ver­gan­ge­nen Mona­ten“, habe es „Begeg­nun­gen ver­schie­de­ner Art gege­ben, die das gegen­sei­ti­ge Ver­trau­en stär­ken soll­ten“. Als „Vor­aus­set­zung für eine vol­le Ver­söh­nung“ nann­te der Kar­di­nal erneut „die Unter­zeich­nung einer lehr­mä­ßi­gen Prä­am­bel, um die vol­le Über­ein­stim­mung in den wesent­li­chen Glau­bens­fra­gen zu garan­tie­ren“. Die Ant­wort des Glau­bens­prä­fek­ten läßt ver­mu­ten, daß es sich dabei nicht zwin­gend um die Prä­am­bel von 2012 han­deln müsse.

Die jüng­ste Latein­ame­ri­ka-Rei­se von Papst Fran­zis­kus habe gezeigt, „dass sich die Kir­che für eine authen­ti­sche Befrei­ungs­theo­lo­gie ein­set­zen muss“. Er, Mül­ler, arbei­te „seit vie­len Jah­ren im Ein­klang mit der Instruk­ti­on der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on“, mit der in den 1980er Jah­ren die mar­xi­sti­sche Befrei­ungs­theo­lo­gie ver­ur­teilt wur­de, „für eine sol­che Theo­lo­gie, die nicht ideo­lo­gisch aus­ge­rich­tet ist, son­dern das Wohl der Men­schen und der Gesell­schaft vor Augen“ habe. Die Wahl von Papst Fran­zis­kus auf den Stuhl Petri sei „ein Zei­chen der Vor­se­hung“, da die Mehr­heit der Katho­li­ken heu­te in Latein­ame­ri­ka lebe. „Papst Fran­zis­kus hat die Gläu­bi­gen auf sei­ner Rei­se vom Evan­ge­li­um her gestärkt und ermu­tigt und die Völ­ker dort zu einem fried­li­chen und gerech­te­ren Mit­ein­an­der auf­ge­ru­fen. Das ist ein Gebot der Stun­de“, so Müller.

„Treue zum Papst mein Leben lang ein Herzensanliegen“

Auf sei­ne Aus­sa­ge ange­spro­chen, es bestehe die Not­wen­dig­keit, das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus „theo­lo­gisch zu struk­tu­rie­ren“, bekräf­tig­te der Kar­di­nal „die spe­zi­fi­sche Auf­ga­be der Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re. Sie hat die Glau­bens- und Sit­ten­leh­re in der gan­zen katho­li­schen Kir­che im Auf­trag des Pap­stes zu för­dern und zu schüt­zen.“ Zu sei­nem per­sön­li­chen Ver­hält­nis zum amtie­ren­den Papst sag­te Kar­di­nal Mül­ler: „Per­sön­lich ist mir die Treue zum Papst mein Leben lang ein Her­zens­an­lie­gen gewesen.“

Zur Öko-Enzy­kli­ka Lau­da­to Si ange­spro­chen, sag­te Mül­ler, dem Papst „sehr dank­bar für die Enzy­kli­ka“ zu sein. Das Doku­ment habe eine „sehr star­ke sozi­al­ethi­sche Kom­po­nen­te“ und füh­re „die Tra­di­ti­on der Sozi­al­enzy­kli­ken“ wei­ter. Ihm „scheint“, daß es dem Papst dar­um gehe, „die Augen aller Men­schen guten Wil­lens für die Pro­ble­ma­tik der Umwelt- und der Human­öko­lo­gie zu öff­nen und den Dia­log unter­ein­an­der auf allen Ebe­nen zu fördern.“

Zu den umstrit­te­nen The­men der Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ner und der Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät, mit denen sich die Bischofs­syn­ode im kom­men­den Okto­ber befas­sen wer­de, sag­te Kar­di­nal Mül­ler: „Hier steht die Syn­ode vor der Her­aus­for­de­rung, pasto­ra­le Wege einer stär­ke­ren Inte­gra­ti­on in die Gemein­schaft zu fin­den, ohne Abstri­che vom Wort Jesu und der dar­auf auf­bau­en­den kirch­li­chen Leh­re zu machen. Für die Zukunft der Kir­che und der Gesell­schaft ist die Fami­lie von uner­setz­li­cher Bedeutung.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: katho​lisch​.de (Screen­shot)

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