Papst-Rede in Quito enthält das „gesamte kulturhistorische Kauderwelsch der vergangenen 200 Jahre“


Papst Franziskus Quito Parque del Bicentenario
Papst Fran­zis­kus im Par­que del Bicen­ten­ario in Qui­to: „Wel­che lit­ur­gi­sche Far­be ist das?“ frag­te Secre­tum meum mihi

(Qui­to) Der spa­ni­sche Publi­zist und ehe­ma­li­ge Chef­re­dak­teur der Tages­zei­tung La Gace­ta, Edu­ar­do Garcà­a Ser­ra­no, sieht nach der Pre­digt von Fran­zis­kus in Qui­to den argen­ti­ni­schen Papst als „Opfer“ einer „Schwar­zen Legen­de“. Im deut­schen Sprach­raum wür­de man von einer Geschichts­fäl­schung sprechen.

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Papst Fran­zis­kus sprach im Par­que del Bicen­ten­ario von Qui­to über die Unab­hän­gig­keit Ame­ri­kas. „Obwohl Papst Fran­zis­kus Argen­ti­ni­er und damit Latein­ame­ri­ka­ner ist“, habe er in Qui­to „ver­ges­sen oder igno­riert“, daß „das katho­li­sche Spa­ni­en die Indi­os Latein­ame­ri­kas mit dem Evan­ge­li­um befreit hat“ und nicht die frei­mau­re­risch-oli­ga­ri­sche Unab­hän­gig­keits­be­we­gung des 19. Jahr­hun­derts, so Edu­ar­do Garcà­a Ser­ra­no. „Es war das katho­li­sche Spa­ni­en, das sich mit den ‚Ley­es de Indi­as‘ gegen die Ver­skla­vung der Indi­os wehr­te und sie als Glei­che unter Glei­chen anerkannte.“

„Es ist Spa­ni­en zu ver­dan­ken, wenn die Kir­che heu­te einen argen­ti­ni­schen Papst hat“, so der bekann­te Journalist.

Durch sei­ne Anspra­che habe der Papst gezeigt, „daß auch er mit sei­nem Ver­ständ­nis von Spa­ni­en und der Ent­deckung und Evan­ge­li­sie­rung Ame­ri­kas ein Opfer der Schwar­zen Legen­de ist“. Mehr noch: Er habe auch gezeigt, daß sei­ne „Sicht der histo­ri­schen Ent­wick­lung, die zur Unab­hän­gig­keit der spa­nisch­spra­chi­gen Staa­ten Latein­ame­ri­kas führ­te, von Frei­mau­rer-Pro­pa­gan­da kon­ta­mi­niert ist“.

Freimaurerische Kreolen wollten gegen den Willen der indigenen Bevölkerung die Unabhängigkeit von Spanien

Simon Bolivar und José de San Martà­n (rechts) vereinbarten am 26. Juli 1822 in Guayaquil die Militäraktion gegen Spanien in Südamerika
Simon Boli­var und San Martà­n (rechts) ver­ein­bar­ten am 26. Juli 1822 in Gua­ya­quil die Mili­tär­ak­ti­on gegen Spa­ni­en in Südamerika

„Es waren gera­de die frei­mau­re­ri­schen Kreo­len, die an der Spit­ze der anti­s­pa­ni­schen Unab­hän­gig­keits­be­we­gung stan­den, die sich gegen den Wil­len der indi­ge­nen Bevöl­ke­rung rich­te­te, denn die indi­ge­ne Bevöl­ke­rung sah mit gutem Grund in der Zuge­hö­rig­keit zu Spa­ni­en die beste Garan­tie für ihre Frei­hei­ten gegen­über den kreo­li­schen Eli­ten und Olig­ar­chen. Die­ses jahr­hun­der­te­al­te Para­dox hat in der häre­ti­schen Befrei­ungs­theo­lo­gie ihre jüng­ste Aus­prä­gung gefun­den, die den Indi­ge­nis­mus als Motor der Unab­hän­gig­keit His­pano­ame­ri­kas preist, indem sie Chri­stus das Aus­se­hen von Che Gue­va­ra und den Prie­stern die Frei­zeit- und Aben­teu­er­mo­de der Mar­ke Coro­nel Tapioc­ca ver­paßt“, so Edu­ar­do Garcà­a Serrano.

Papst Fran­zis­kus begann sei­ne Pre­digt im Par­que del Bicen­ten­ario mit den Worten:

„Ich stel­le mir jene ver­hal­te­nen Wor­te Jesu beim Letz­ten Abend­mahl als einen lau­ten Aus­ruf in die­ser Mes­se vor – stel­len wir uns das gemein­sam vor! – in die­ser Mes­se, die wir im Bicen­ten­ario-Park fei­ern, dem Park der Zwei­hun­dert­jahr­fei­er jenes Aus­rufs der Unab­hän­gig­keit Latein­ame­ri­kas. Das war ein Aus­ruf, der aus dem Bewusst­sein des Man­gels an Frei­heit, der Unter­drückung und Plün­de­rung, der Unter­wer­fung unter die ‚zufäl­li­gen Nütz­lich­kei­ten der jewei­li­gen Macht­ha­ber‘ her­vor­ging (Evan­ge­lii gau­di­um 213).“

In die­sen weni­gen Sät­zen sei das „gesam­te kul­tur­hi­sto­ri­sche Kau­der­welsch“ der ver­gan­ge­nen 200 Jah­re ent­hal­ten, so Edu­ar­do Garcà­a Ser­ra­no. Der Papst beto­ne die Ver­tei­di­gung der indi­ge­nen Bevöl­ke­rung gegen die Olig­ar­chen, erzäh­le aber gleich­zei­tig die Geschichts­fäl­schung der Olig­ar­chen. Die erste Frei­mau­rer­lo­ge wur­de 1812 in Bue­nos Aires gegrün­det und habe sofort in Rich­tung „Unab­hän­gig­keit“ von Spa­ni­en geblickt.

„Der argen­ti­ni­sche Papst scheint zu igno­rie­ren, daß Spa­ni­en den ame­ri­ka­ni­schen Kon­ti­nent evan­ge­li­siert hat und daß es die­sem katho­li­schen Spa­ni­en, das in den Nie­der­lan­den und Deutsch­land blu­te­te, zu ver­dan­ken ist, wie sein Vor­gän­ger Bene­dikt XVI. aner­kann­te, daß die Katho­li­zi­tät nicht zur Gän­ze durch die pro­te­stan­ti­sche Refor­ma­ti­on aus Nord­eu­ro­pa ver­drängt wur­de. Spa­ni­en ver­tei­dig­te die ter­ri­to­ria­le und geist­li­che Uni­ver­sa­li­tät der katho­li­schen Kir­che als der ein­zi­gen wah­ren Reli­gi­on“, so Edu­ar­do Garcà­a Serrano.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: InfoVaticana/​Wikicommons

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