Erosion der deutschen Kirche – Gänswein: „Hirte darf nicht aufgrund des Medienapplauses entscheiden“


Flashmob in Rio de Janeiro - sich der Lächerlichkeit preisgeben
Flash­mob in Rio de Janei­ro – sich der Lächer­lich­keit preisgeben

(Rom/​Berlin) Die katho­li­sche Kir­che in Deutsch­land hat­te im ver­gan­ge­nen Jahr die Rekord­zahl von fast 218.000 Kir­chen­aus­trit­ten zu ver­zeich­nen. 39.000 mehr als im Jahr zuvor.

Anzei­ge

Mehr sogar als im Jahr 2010, als die deut­sche Kir­che vom sexu­el­len Miß­brauchs­skan­dal an Min­der­jäh­ri­gen gebeu­telt wur­de und unter mas­si­vem öffent­li­chen Druck stand.

Die Zah­len erhel­len einen Neben­schau­platz: Zwi­schen 2005 und 2013 wur­den die Kir­chen­aus­trit­te all­jähr­lich Papst Bene­dikt XVI. ange­la­stet, wenn es nicht gera­de loka­le „Schul­di­ge“ gab, denen man sie in die Schu­he schie­ben konn­te, wie Bischof Krenn in Öster­reich oder die Bischö­fe Mixa und Tebartz-van Elst in der Bun­des­re­pu­blik Deutschland.

Gegen Benedikt XVI. instrumentalisierte Kirchenaustrittszahlen – Seither Schweigen

„Umstrit­te­ne Hand­lun­gen von Papst Bene­dikt XVI.“ sei­en schuld gewe­sen, etwa „Aus­gren­zung von Homo­se­xu­el­len“, „man­geln­de Gleich­stel­lung der Frau­en“ oder die „Auf­he­bung der Exkom­mu­ni­ka­ti­on für die lefeb­vria­ni­schen Bischö­fe“, wuß­ten bei­spiels­wei­se 2010 der öster­rei­chi­sche Pasto­ral­theo­lo­ge Paul Zuleh­ner (Wien) und Bischofs­vi­kar Wil­li Vie­böck (Linz) zu behaup­ten. Doch noch nie gab es bei­der­seits des Inns mehr Kir­chen­aus­trit­te als unter Papst Fran­zis­kus. Seit­her herrscht betre­te­nes Schwei­gen unter bis dahin wort­rei­chen Kir­chen­ver­tre­tern und den Medi­en. Ihre „Aus­le­gun­gen“ wer­den nach­träg­lich als kir­chen­po­li­ti­sche Instru­men­ta­li­sie­run­gen entlarvt .

In der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ist die Kir­chen­zu­ge­hö­rig­keit direkt mit der Steu­er­lei­stung gekop­pelt. Die aner­kann­ten Kon­fes­sio­nen for­dern und erhal­ten die soge­nann­te „Kir­chen­steu­er“, die vom Staat berech­net und ein­ge­ho­ben und an die Kir­chen wei­ter­ge­lei­tet wird.

Kirchensteuer sichert Einfluß

Die Geld­men­ge ist enorm. Allein 2011 nahm die katho­li­sche Kir­che in Deutsch­land in etwa 5,8 Mil­li­ar­den Euro ein.

Mit 1,3 Mil­lio­nen Ange­stell­ten ist die katho­li­sche Kir­che nach dem öffent­li­chen Dienst der zweit­größ­te Arbeit­ge­ber Deutsch­lands. Das größ­te Pri­vat­un­ter­neh­men, Sie­mens, beschäf­tigt knapp mehr als 400.000 Mitarbeiter.

Mit dem prall­ge­füll­ten Säckel übt die deut­sche Kir­che beacht­li­chen Ein­fluß in der Drit­ten Welt aus.

Großteil der deutschen Bischöfe will Glaubenslehre der Kirche ändern

Eini­ge Kom­men­ta­to­ren, wie der US-Ame­ri­ka­ner Geor­ge Weigel, schrei­ben den wach­sen­den Ero­si­ons­pro­zeß, neben finan­zi­el­len Grün­den, der Nei­gung eines Groß­teils der deut­schen Bischö­fe zu, die Glau­bens­leh­re der Kir­che ändern zu wollen.

Dazu gehö­ren die Ehe- und Sexu­al­mo­ral, beson­ders die Leh­re über die Zugangs­be­rech­ti­gung zum Ehe­sa­kra­ment und zum Altar­sa­kra­ment. Es geht kon­kret um die Aner­ken­nung der Zweit­ehe und die Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­te­ter Geschie­de­ner zur Kom­mu­ni­on. Mit genau die­sen The­men wird sich die Bischofs­syn­ode im kom­men­den Okto­ber beschäftigen.

Was Kurienerzbischof Geogr Gänswein dazu meint

„Inter­es­sant ist, zu hören, was Kuri­en­erz­bi­schof Georg Gäns­wein, Prä­fekt des Päpst­li­chen Hau­ses und Pri­vat­se­kre­tär von Bene­dikt XVI. in einem weit umfang­rei­che­ren Inter­view zu sagen hat“, so Mar­co Tosat­ti. Das Inter­view führ­te Jau­me Figa i Vael­lo für die kata­la­ni­sche und spa­ni­sche Sei­te +1 Sum­ant Hosto­ries der Uni­ver­si­tat Inter­na­cio­nal de Catalu­nya.

Fra­ge: Eini­ge die­ser Streit­fra­gen kom­men aus Ihrer Hei­mat Deutsch­land. Warum?

Erz­bi­schof Gäns­wein: Ja. Es stimmt, daß nicht alle Feh­ler von dort kom­men, der frag­li­che Punkt aber bestimmt: Vor 20 Jah­ren lehn­te es Johan­nes Paul II. nach einer lan­gen und mühe­vol­len Ver­hand­lung ab, daß wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne Zugang zur Kom­mu­ni­on erhal­ten. Wir kön­nen unser Lehr­amt nicht ein­fach über­ge­hen und die Din­ge ändern.

Fra­ge: War­um wol­len eini­ge Hir­ten , was nicht mög­lich ist?

Erz­bi­schof Gäns­wein: Ich weiß es nicht. Viel­leicht geben sie dem Zeit­geist nach, viel­leicht las­sen sie sich vom Applaus der Men­schen lei­ten, der von den Medi­en gemacht wird … Kri­tisch gegen­über den Mas­sen­me­di­en zu sein, ist sicher weni­ger ange­nehm. Ein Hir­te darf aber nicht auf der Grund­la­ge ent­schei­den, ob die Medi­en applau­die­ren oder nicht. Der Maß­stab sind das Evan­ge­li­um, der Glau­ben, die gesun­de Leh­re, die Tradition.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!