(Jerusalem) Während in den westlichen Leitmedien nur wenig über das Schicksal der verfolgten und ermordeten Christen im Nahen Osten und Nordafrika zu sehen, zu lesen und zu hören ist, hat die koptisch-orthodoxe Kirche mitten in Jerusalem ein Zeichen gesetzt. An der 6. Station der Via Dolorosa, dem Leidensweg von Jesus Christus nach Golgotha, klagt ein großes Transparent die Ermordung koptischer Christen durch den Islamischen Staat (IS) an.
Europa will helfen und bietet dabei ein ziemlich hilfloses und naives Bild. Eine undifferenzierte „Willkommenskultur“ scheint auf freiwilliger Basis schwerwiegende Probleme ins Land zu holen. Die Attentate von Madrid, London, Brüssel, Paris, Graz sprechen eine klare Sprache. Der Grund liegt darin, daß sich Europa durch die fortschreitende Entchristlichung seiner eigenen Identität nicht mehr im klaren ist. Noch nie wurde es deutlicher, als in der grenzenlosen Einwanderung, daß es ein Europa ohne Christentum nicht mehr gibt. Ein entchristlichtes Europa wird zum identitäts- und konturenlosen Spielball von Ideologien und außereuropäischen Kräften. Die ideologischen Verwerfungen des 20. Jahrhunderts waren die Vorboten dieser Wahrheit. Damals gab man sich psychisch preis, nun auch physisch.
Im Gegensatz zu den äußerlich bunter, innerlich jedoch farbloser werdenden Europäern wissen die Christen Ägyptens und des Nahen Osten wer sie sind, welche Geschichte sie haben und sie wissen um ihre Position. Die Christen Europas könnten von ihnen viel lernen, was den Islam und das Verhältnis zum Islam betrifft. In Europa werden die Christen der Levante jedoch weitgehend ignoriert, um ein ebenso falsches wie verklärtes, im deutschen Sprachraum von Karl May geprägtes Bild beizubehalten. Darin ist die arabische Welt nur moslemisch. Bestenfalls ist noch Platz für die Jesiden und natürlich seit 1948 für die Juden Israels.
Ob der westliche Blick auf den Nahen Osten nun islamisch verklärt ist oder den jüdisch-moslemischen Konflikt im Fokus hat, die morgenländischen Christen spielen für Europa kaum bis gar keine Rolle. Eine Form von hochmütiger Selbstverleugnung, wie sie auch in der undifferenzierten Öffnung der Grenzen zum Ausdruck kommt, mit der illegale Masseneinwanderung als „humanitärer Notstand“ von „Flüchtlingen“ behauptet wird.
Venetiens Ministerpräsident Luca Zaia sagte vor wenigen Tagen, daß mindestens zwei Drittel der „Flüchtlinge“, die täglich nach Europa drängen, keine Flüchtlinge sind. Gleichzeitig verhaftete die italienische Polizei mehrere, teils seit Jahren im Land lebende Moslems, die beschuldigt werden, als Islamisten für den Dschihad geworben und neue Terroristen rekrutiert zu haben. Eine Realität, wie sie sich in allen europäischen Staaten zeigt. Der Unterschied liegt bestenfalls darin, mit welchem Nachdruck die jeweiligen meinungsbildenden Massenmedien diese Realität verharmlosen oder vertuschen.
Daß die verfolgten Christen des Nahen Ostens nicht zu den Lieblingsankömmlingen der „Willkommenskulturler“ gehören und daß es dieselben Leitmedien sind, die kaum über das Schicksal der Christen im Nahen Osten berichten, vollendet den Zirkelschluß.
Text: Andreas Becker