(Paris) Der Imam der Großen Moschee von Paris, Dalil Boubakeur sagte es frank und frei: „Die derzeit existierenden Moscheen reichen nicht aus. Ihre Zahl muß die der Gläubigen unserer Religion widerspiegeln“. Und da der Bau neuer Moscheen kostet und es nicht immer leicht ist, Baugenehmigungen zu erhalten, warum sollte man nicht die vielen leerstehenden katholischen Kirchen nützen, die in französischen Landen herumstehen?
„Das ist ein heikles Problem, aber warum nicht?“ schrieb Boubakeur in seinem Buch „Offener Brief an die Franzosen“. Bereits der Vater des Algeriers Boubakeur war Imam der Großen Moschee von Paris. Die Familie leitet ihre Abstammung von Abu Bakr, den ersten Kalifen nach Mohammeds Tod ab.
Letztlich, so der Imam, der von 2003 – 2008 und von 2013 – 2015 Vorsitzender des 2003 mit Hilfe des französischen Innenministeriums gegründeten islamischen Dachverbandes Conseil français du culte musulman (Moslemischer Kultusrat von Frankreich) war, gebe es das Vorbild bereits, das in großem Stil landesweit angewandt werden könnte. In Clermont-Ferrand wird die Kapelle zum Guten Hirten seit mehr als 30 Jahren kostenlos der moslemischen Gemeinschaft überlassen. Letztendlich „ist es ja der gleiche Gott“, wie die lokalen Oberen betonten.
Nach Kritik ruderte Imam zurück und log
Angesichts der sofortigen und vor allem unerwarteten Proteste, ruderte Boubakeur zurück und behauptete, es handle sich um eine Fälschung, er habe nie dergleichen gefordert.
Der Schriftleiter der französischen Zeitschrift la Vie, Jean-Pierre Denis, kommentierte vor wenigen Tagen ironisch: „Überrascht hat mich nur, wie ich gestehen muß, daß die Medien diese Lüge übernommen haben, obwohl er diese Ideen schwarz auf weiß auf den Seiten 270/271 seines Buches niedergeschrieben hat“.
Während die Medien bereitwillig die Lüge Boubakeurs akzeptierten, gibt es eine Reaktion aus dem Volk: Mehr als 40.000 Franzosen unterzeichneten bereits die erst vor wenigen Tagen gestartete Petition: „Hände weg von meiner Kirche“.
Unter den Erstunterzeichnern finden sich 25 Politiker der gaullistischen Rechten und etliche Intellektuelle. Auch Ex-Staatspräsident Nicolas Sarkozy unterstützt den Appell.
Eine Umfrage, über die von der Washington Post berichtet wurde, hob hervor, daß 80 Prozent der Sympathisanten der Sarkozy-Partei UMP den Vorschlag des Moschee-Leiters ablehnen.
Unter den Anhängern des Front National (FN) sind es sogar 83 Prozent.
Aber auch unter den Wählern der regierenden Sozialisten (PS) sind die Gegner des Boubakeur-Vorschlags mit 58 Prozent klar in der Mehrheit.
Katholische Kirche selbst in dieser Frage gespalten
Nicht vorhersehbar war die Spaltung in dieser Frage innerhalb der katholischen Kirche.
Verschiedene Bischöfe reagierten sofort mit scharfen Tönen auf den Vorschlag und behielten sie auch bei.
Der traditionsfreundliche Bischof von Frejus und Toulon, Msgr. Dominique Rey, dessen Diözese zu den am besten aufgestellten Frankreichs gehört, nahm als erster Stellung. Ohne Umschweife bezeichnete er Boubakeurs Vorstoß als „Beleidigung unseres kollektiven Gedächtnisses“, da der Vorschlag ein Angriff auf „unsere Kultur und unsere Wurzeln“ ist. Bischof Rey stellte klar, daß „die Kirchen weder austauschbar noch omnikultisch sind“.
Auf derselben Linie folgte Bischof Stanislas Lalanne von Pontoise: „Ich bin absolut gegen die Vorstellung, Kirchen könnten an Moslems verkauft und in Moscheen umgewandelt werden. Ich verstehe die Notwendigkeit, Orte für das Gebet zu haben, aber der Vorschlag von Boubakeur ist die falsche Antwort“.
Aber auch einige abweichende Stimmen wurden laut.
Msgr. Michel Dubost, der Leiter der Abteilung für Religiöse Angelegenheiten der Französischen Bischofskonferenz ließ wissen, daß es ihm lieber sei, daß aus den ungenützten Kirchen Moscheen werden anstatt Bars und Restaurants.
Dubost kritisierte die Petition mit der Feststellung, die beste Art „die Kirche vor diesem Schicksal zu bewahren“ sei es, „regelmäßig an der Messe teilzunehmen“.
„Kirchen sind heilige Orte, sie können nicht für andere Zwecke benützt werden“
Widerspruch kam von Bischof Lalanne, der auch Mitglied des Ständigen Rats der Bischofskonferenz ist: „Die Kirchen sind heilige Orte. Auch wenn sie nicht jeden Tag von Gläubigen besucht werden, können sie nicht für andere Zwecke benützt werden, die nicht Ausdruck des christlichen Glaubens sind. Wir dürfen nicht mit den Symbolen spielen. Diese Orte sind das Gedächtnis von Generationen und Generationen von Gläubigen, die sie aufgesucht haben, um dort zu beten“, so der Bischof.
Bemerkenswert ist, daß Dalil Boubakeur keineswegs als Islamist, sondern als Vertreter eines „Euroislams“ oder „liberalen Islams“ gilt. Die Imame der Familie Boubakeur entstammen einer Sufi-Tradition. In seinen interreligiösen Bemühungen, seinen Forderungen und seinem Dialog mit dem Staat, Christen, Juden und auch mit dem Dalai Lama fügt er sich nahtlos ein in die laizistische Staatsdoktrin Frankreichs. Von moslemischer Seite wird er beschuldigt, wie bereits sein Vater, Freimaurer zu sein. Beweisen läßt sich nur soviel, daß er bereits Ehrengast in Freimaurerlogen war, so 2002 in der Loge Aequitas des Großorient von Frankreich, deren Wurzeln in Frankreich und Algerien liegen.
Messa in Latino meinte zum Boubakeur-Vorschlag: „Unser Vorschlag lautet: Jede Kirche, die zur Moschee gemacht werden soll, einer Gemeinschaft der Tradition zu übergeben. Die Früchte werden nicht ausbleiben.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/Riposte catholique