(Rom) In einer „Kirche der Ränder“ ist für viele Platz, aber offenbar kein Platz für die Tradition, jedenfalls nicht in den italienischen Abruzzen. Dort regiert Bischof Michele Seccia, der in Italien als Beispiel für einen klerikalen Wendehals gilt. Von Benedikt XVI. zum Bischof berufen und an die Spitze der Diözese Teramo-Atri gesetzt, befleißigte er sich, dem Papst auch in Sachen Motu proprio Summorum Pontificum zu folgen. Gegenüber Papst Franziskus gilt dasselbe, allerdings in die genau entgegengesetzte Richtung.
Die Lage der traditionsverbundenen Gläubigen in der Diözese ist dramatisch (siehe An den „Rändern der Kirche“ – Überlieferter Ritus: Situationsbericht aus den Abruzzen). Als Papst Benedikt XVI. das Motu proprio Summorum Pontificum erließ, rief Bischof Seccia die Franziskaner der Immakulata nach Teramo. Diese übernahmen das aufgelassene Dominikanerkloster und betreuten in der Kirche San Domenico eine wachsende Zahl von Gläubigen im überlieferten Ritus. Doch zusammen mit der Tradition fielen auch die Franziskaner der Immakulata nach der Wahl von Papst Franziskus an höchster kirchlicher Stelle in Ungnade.
Zelebrationsverbot im überlieferten Ritus für Franziskaner der Immakulata
Im Juli 2013 verbot die römische Ordenskongregation unter der Leitung von Kardinalpräfekt Joà£o Kardinal Bráz de Aviz den Franziskanern der Immakulata im überlieferten Ritus zu zelebrieren. In dieser Notsituation kam ein argentinischer Militärkaplan zu Hilfe, der seit einigen Jahren der Diözese Teramo-Atri ausgeborgt ist. In der Kirche der Franziskaner der Immakulata, die selbst nicht mehr durften, zelebrierte nun Don Gaston Munoz Meritello im überlieferten Ritus.
Im Februar 2015 hob jedoch der inzwischen verstorbene Apostolische Kommissar Pater Fidenzio Volpi das Kloster der Franziskaner der Immakulata in Teramo auf. Die Kirche San Domenico wurde geschlossen. Die Gläubigen im überlieferten Ritus standen sprichwörtlich vor verschlossenen Türen. Sie wurden aus der Kirche ausgesperrt.
Sich leerende Kirchen doch kein Platz für den überlieferten Ritus
Seither bemühte sich der Coetus in sich hinziehenden Verhandlungen mit dem Bischof, Aufnahme in einer anderen Kirche der Stadt zu finden, oder um die Öffnung der Kirche San Domenico zumindest für die Meßzelebration von Don Gaston an Sonn- und Feiertagen.
Obwohl die Kirchen der Stadt leerer werden, zeigte kein Priester der Stadt Mitleid mit ihnen und bot in seiner Pfarrei Gastfreundschaft an. Obwohl der Bischof an der im großen Stil gefeierten Eröffnung des „Zentrums“ einer anderen Religion teilnahm, zeigte er kein Mitleid mit den Gläubigen im überlieferten Ritus und bot ihnen trotz vieler Vertröstungen, Andeutungen und Versprechungen keine der zahlreichen, teils ungenützten Kirchen der Stadt an.
Die Wanderschaft an die Ränder – Das Exil im Gebirge
Der argentinische Militärkaplan Don Gaston Munoz Meritello konnte schließlich Ersatz finden. In der 25 Kilometer von Teramo entfernt liegenden Pfarrei, in der er als Kaplan wirkte, erhielt er die Erlaubnis, eine abgelegene Kapelle nützen zu dürfen. Dort zelebriert er seither für die Gläubigen, die aus der Stadt Teramo und der ganzen Umgebung die Heilige Messe im überlieferten Ritus besuchten. Obwohl die Kapelle winzig ist, erstrahlte an diesem abgelegenen Ort die ganze Pracht der heiligen Liturgie zur Ehre Gottes und zum Segen für die Gläubigen und die ganze Kirche. Diese fühlten sich zwar von der Ordenskongregation und vom eigenen Bischof wie in den Untergrund gedrängt, waren aber froh, wieder einen Meßort zu haben.
Mit der Versetzung von Don Gaston Munoz Meritello in die Bergpfarrei Faieto mußte auch die altrituelle Gemeinde wieder auf Wanderschaft gehen, dieses Mal ins Gebirge. Der Weg an den „Rand der Kirche“, nicht einen virtuellen, sondern einen ganz wörtlich zu nehmenden Rand wurde fortgesetzt. In der Berggegend ist ein einziger Priester für sieben Pfarreien zuständig. Die Pfarreien sind sehr klein, liegen aber weit von einander entfernt. Eine Entlastung durch Don Gaston war daher willkommen. Don Gaston konnte in der Pfarrkirche zum Apostel Andreas von Faieto die heilige Messe im überlieferten Ritus zelebrieren. Faieto liegt 630 Meter über dem Meeresspiegel und zählt keine 90 Einwohner. Ein abgelegenerer Ort konnte in der Diözese Teramo-Atri kaum gefunden werden.
Die Gläubigen begannen mit Don Gaston auf eigene Kosten die Bergkirche etwas zu verschönen und mehrere liturgische Anschaffungen zu tätigen. Doch auch dieses Exil währte nicht lange. Bischof Seccia beendete nun ohne Vorankündigung die Zusammenarbeit mit Don Gaston Munoz Meritello. Gründe wurden nicht genannt. Da nur „ausgeborgt“, muß Don Gaston damit die Diözese Teramo-Atri verlassen. Über seinen nächsten Wirkungskreis entscheidet das argentinische Militärordinariat.
Die Unbarmherzigkeit der „neuen Barmherzigkeit“
Zum neuen Pfarrer von Faieto ernannte Bischof Seccia Pater Giovanni Maria Manelli von den Franziskanern der Immakulata. Wie der Familiennamen bereits andeutet, handelt es sich dabei um einen Verwandten des Ordensgründers Pater Stefano Maria Manelli. Pater Manelli hat zwar die abgelegene Bergpfarrei zu übernehmen, ist aber mit dem Verbot belegt, die Heilige Messe nicht im überlieferten Ritus zelebrieren zu dürfen.
Die Gläubigen stehen damit erneut auf der Straße, vertrieben von denen, die ihre Hirten sein sollten. Für sie scheint es in der „neuen Barmherzigkeit“ keinen Platz in der Herberge zu geben, auch nicht in der kirchlichen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Messa in Latino