Kardinal Müller: „Es ist nicht möglich, Lehre der Kirche an unsere säkularisierten Staaten anzupassen“


Kardinal Gerhard Müller
Kar­di­nal Ger­hard Müller

(Rom) In einem Inter­view für die fran­zö­si­sche Zei­tung La Vie sag­te Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on: „Es ist nicht mög­lich, die Leh­re der Kir­che an unse­re säku­la­ri­sier­ten Län­der anzu­pas­sen, außer man akzep­tiert ein ober­fläch­li­ches Christentum“.

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La Vie befrag­te den Glau­bens­prä­fek­ten zur bevor­ste­hen­den zwei­ten Bischofs­syn­ode über die Fami­lie und dem damit zusam­men­hän­gen­den, umstrit­te­nen Vor­schlag von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per. Das Inter­view wur­de am 29. April veröffentlicht.

Gefragt wur­de der Kar­di­nal unter ande­rem, ob der Ein­druck star­ker Span­nun­gen zwi­schen den Syn­oden­teil­neh­mern zutrifft. Die Ant­wort von Kar­di­nal Müller:

„Kar­di­nal Kas­per hat eine Hypo­the­se vor­ge­legt, um Men­schen zu hel­fen, die in einer Ver­bin­dung leben, die für die Kir­che nicht sakra­men­tal ist. Wir stim­men alle dar­in über­ein, unse­ren Brü­dern und Schwe­stern, die sich in einer sol­chen Situa­ti­on befin­den, hel­fen zu wol­len. Aber wie? Die Leh­re der Kir­che ist kei­ne Theo­rie. Sie beruht auf der Treue zum Wort Got­tes. Die Ehe zwi­schen zwei Getauf­ten ist ein effek­ti­ves Sakra­ment und eine objek­ti­ve Rea­li­tät. Einen sakra­men­ta­len Schatz mit allen sei­nen kon­sti­tu­ti­ven Attri­bu­ten der Frei­heit, der Unauf­lös­lich­keit, der Treue und der Frucht­bar­keit auf­zu­lö­sen, ist unmög­lich. Als Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re habe ich die Dok­trin der Kir­che dar­zu­le­gen. Die Kir­che kann nicht die Sakra­men­ta­li­tät der Ehen ändern: Man gelobt, treu zu sein bis zum Tod.“

„Gefahr ist groß“, durch Diskussion über Geschiedene „das Wesentliche zu vergessen“

Für Kar­di­nal Mül­ler kann es nicht das Haupt­ziel der Syn­ode sein, über das Pro­blem der soge­nann­ten wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zu dis­ku­tie­ren. Das Haupt­ziel der Syn­ode müs­se die Bekräf­ti­gung der sakra­men­ta­len Bedeu­tung der Ehe und ihrer Rol­le als Fun­da­ment der Zivil­ge­sell­schaft und der Gemein­schaft der Kir­che sein.

„Die Gefahr ist groß, sich auf die­se beson­de­re Fra­ge zu kon­zen­trie­ren und dar­über das Wesent­li­che zu ver­ges­sen“, so der Kar­di­nal. „Es geht nicht dar­um, zu sagen, was wir ger­ne hät­ten, jeder in sei­ner spe­zi­el­len Situa­ti­on… Kom­pro­mis­se zu schlie­ßen, wäre ein­fach für uns. Das wirk­li­che Heil­mit­tel ist jedoch jenes, das erlaubt, die Situa­ti­on mit Wahr­heit zu sehen und die­se Situa­ti­on, die den Unfall mög­lich gemacht hat, zu über­win­den. Es ist nicht mög­lich, die Leh­re der Kir­che an unse­re säku­la­ri­sier­ten Län­der anzu­pas­sen, außer man akzep­tiert ein ober­fläch­li­ches Christentum.“

In vielen europäische Staaten ist „oberflächliches Christentum eine Realität“

Was meint Kar­di­nal Mül­ler mit einem „ober­fläch­li­chen Chri­sten­tum“? „In einem beträch­li­chen Teil der euro­päi­schen Län­der sind vie­le Chri­sten nicht glau­ben­de und nicht prak­ti­zie­ren­de Getauf­te. Sie akzep­tie­ren die Sub­stanz des Chri­sten­tums nicht, des­sen Wir­kung es ist, eine Ver­än­de­rung im Den­ken und Ver­hal­ten zu pro­vo­zie­ren: eine Bekeh­rung … Es genügt, die Zahl der Getauf­ten, aber nicht Gefirm­ten anzu­schau­en, oder die vie­len Abtrei­bun­gen, um zu sehen, daß die Exi­stenz eines ober­fläch­li­chen Chri­sten­tums Tat­sa­che ist“, so Kar­di­nal Ger­hard Müller.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: La Vie (Screen­shot)

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