Die Forderung in einem ZdK-Papier nach „vorbehaltloser Akzeptanz“ von Homo-Partnerschaften steht im Widerspruch zur kirchlichen Lehre, aber in Übereinstimmung mit der grün-rote Regierung in Baden-Württemberg, die Akzeptanz aller sexuellen Identitäten und Lebensformen schon den Kindern in der Schule aufdrücken will.
Ein Gastkommentar von Hubert Hecker
Das Zentralkomitee der deutschen Gremien-Katholiken hat am 9. Mai 2015 eine Sitzung abgehalten. In dem obersten Gremium der Sitzungs-Katholiken Deutschlands haben sich zumeist delegierte Berufskatholiken aus Vereinen, Verbänden, Bistumsräten, Hilfswerken und Parteien ihre Sitze gesicherte. Bezahlt werden die Sitzungen sowie hauptamtlichen Sitze des ZdK aus Kirchensteuermitteln von der Deutschen Bischofskonferenz.
Nach eigenem Bekunden will das ZdK zur „Auseinandersetzung“ mit den Positionen der vatikanischen Bischofsversammlung anregen. Zugleich soll mit der Erklärung des deutschen Zentralgremiums der anstehenden Bischofssynode in Rom „zentrale Punkte von besonderer Bedeutung“ für die Beratung aufgegeben werden. Das oberste Katholiken-Komitee beansprucht, „Brücken zu bauen“ zwischen der kirchlichen Lehre zu Ehe und Familie einerseits und der realen Lebenswelt und sozialen Wirklichkeit andererseits. Das soll durch die „Weiterentwicklung der Ehe- und Familienpastoral“ geschehen.
Der hauptberufliche ZdK-Genralsekretär Stefan Vesper behauptet in einer Presse-Erklärung, der ZdK-Sitzungsbeschluss gehe von einem „klaren Bekenntnis“ zur kirchlichen Lehre über Ehe und Familie aus. So scheint es, da sich der erste von vier Punkten in dem ZdK-Papier auf das Thema „sakramentale Ehe“ bezieht. In den Ausführungen dazu zeigt sich aber schnell, dass der deutsche Gremienkatholizismus längst von der Lehre der Kirche abgewichen ist: Es wird in dem vierseitigen Dokument zu Ehe und Familie nicht einmal auf die maßgeblichen biblischen Worte Jesu und die entsprechenden Stellen im Katechismus der Katholischen Kirche verwiesen. Stattdessen bemüht man sich im Jargon politischer Korrektheiten den aktuellen Strömungen des Mainstream entgegenzukommen:
- Die sakramentale Ehe wird ausdrücklich als ein „Lebensmodell“ neben „anderen Formen gemeinschaftlichen Lebens zweier Menschen“ relativiert. Im Einzelnen wird die kirchliche Lehre von der „unverbrüchlichen Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe“ unterschlagen. Stattdessen erklärt man die „lebenslange eheliche Gemeinschaft“ zu einem von Menschen gesetzten Ideal, „dem kein Mensch jemals ganz gerecht werden“ könne. Damit verneint das ZdK die kirchliche Lehre, nach der die Eheleute an der Liebe und Treue Gottes teilhaben, der die Ehegemeinschaft „trägt und stützt, sie bekräftigt und vollendet“ – so der Katholische Katechismus.
- Von der kirchlichen Naturrechtslehre hat sich das ZdK schon lange verabschiedet. Die Kirche lehrt in Übereinstimmung mit dem Schöpfungsbericht, dass die eheliche Liebe schon „von Natur aus von den Gatten unverletzliche Treue verlangt“. Denn „Liebe will endgültig sein. Sie kann nicht bis auf weiteres gelten“ (KKK 1646). Das ZdK will diese klaren Weisungen von unbedingter Liebe und Treue der Ehegatten ersetzten durch moderne Beziehungs-Vokabeln wie „Solidarität“ und „Verlässlichkeit“ . Dadurch wird der sakramentale Bund der ehelichen Liebe und Treue herabgestuft zu einem Lebensmodell unter vielen anderen. Denn die genannten Partnerschafts-Werte können für viele gesellschaftliche Lebensformen gelten – etwa unter Geschwistern, Freunden, Arbeitskollegen und Geschäftspartnern.
- Ausdrücklich behauptet das Gremien-Papier, dass die Werte, „welche die Ehe als Bild für den Bund zwischen Gott und Menschen auszeichnen, auch in anderen Formen gemeinschaftlichen Lebens gelebt“ würden. Diese Nivellierung von Werten läuft auf Tausch und Täuschung der Begriffe hinaus. Denn das Streben nach bürgerlich-soziale Beziehungswerten wie Solidarität etc. ist etwas völlig anderes als das unbedingte „Ja“ zu der Liebe der Eheleute und ihrer unverbrüchlichen Treue im Vertrauen auf die sakramentale Gnade. Besonders verräterisch ist die Wendung von der „Weggemeinschaft in Verbindlichkeit“, was soviel heißen soll wie: Solange die „Beziehungen gelingen“, geht man ein Stück des Weges gemeinsam.
- Ein anderer Ansatz, der den Dissens mit den kirchlichen Ehe-Grundsätzen vergrößert, besteht in der Theorie der Gradualität. Dabei wird die Ehe als die ideale Hochform einer menschlichen Beziehung stilisiert, um dann auch die Stufen oder Grade auf dem Weg zum Ideal der christlichen Ehe zu schätzen. In diesem Fall sollten alle Partnerschaftsformen wertgeschätzt werden, in denen es Bemühen um die oben genannten Werte gebe. Das ZdK geht bei diesem Gradualitätsprinzip noch einen Schritt weiter: Da dem Ideal einer christlichen Ehe „kein Mensch jemals gerecht werden“ könne und die Partner sogar mit „uneinlösbaren Erwartungen“ belaste, sollte man die Defizite zum Ideal als positive Ressourcen realisierter Beziehungswerte umdefinieren. Auf so eine verquere Logik muss man erstmal kommen!
- Die kirchliche Lehre kennt drei fundamentale Güter der Ehe: Die Einheit und Unauflöslichkeit, die Liebe in Treue bis zum Tod sowie die Bereitschaft der Gatten zur Fruchtbarkeit. Erst wenn die Brautleute alle drei Bedingungen vorbehaltlos bejahen, kommt eine gültige sakramentale Ehe zustande. Wenn aber das ZdK-Katholiken das dritte Ehegut mit keinem Wort erwähnen, brauchen und können sie gar nicht von sakramentaler Ehe sprechen.
- Die Tendenz des Zentralkomitees, die sakramentale Ehe zu relativieren, kommt auch in anderen Formulierungen zum Ausdruck. So redet das ZdK-Papier stets nur von „Beziehungen zwischen zwei Menschen“. An keiner Stelle wird von der Ehe zwischen Mann und Frau gesprochen. Es ist leicht zu erahnen, dass mit einer solchen Formel von Beliebigkeitsbeziehungen nicht-eheliche Lebensformen der Ehe gleichgestellt werden sollen: „Ausdrücklich wertzuschätzen“ seien alle „auf Dauer angelegte Partnerschaften“, die „Suche nach gelingenden Beziehungen“ junger Menschen (gemeint sind voreheliche Beziehungen), „standesamtlich geschlossene Ehen“ sowie die „Partnerschaften Geschiedener“. Für das „Zusammenleben in festen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften“ fordert das ZdK sogar eine „vorbehaltlose Akzeptanz“. Damit stellt sich das Zentralkomitee zwar in Widerspruch zur Lehre der Kirche, aber es steht in Übereinstimmung mit der grün-rote Regierung in Baden-Württemberg, die eine Akzeptanz aller sexuellen Identitäten und Lebensformen schon den Kindern in der Schule aufdrücken will. Mit der Wertschätzung von Homo-Partnerschaften als ein eheähnliches Lebensmodell dürfte auch klar sein, warum das ZdK-Papier aus der kirchlichen Ehelehre die ‚Offenheit für Kinder’ ausklammert: Homo-Paare sind bekanntlich von Natur aus steril.
- In der vatikanischen Erklärung von 2003 wird naturrechtlich begründet, warum Homopartnerschaften auch nicht im weitesten Sinne mit der Ehe in Analogie stehen – und das in allen drei Normbereichen der kirchlichen Ehelehre. Das Zdk dagegen befürwortet ausdrücklich liturgische Formen in Analogie zur sakramentalen Trauungszeremonie, „insbesondere Segnungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften“. In gleicher Weise soll die Kirche „neuen Partnerschaften Geschiedener“ Gottes Segen geben. Darüber hinaus sollen „liturgische Formen“ gefunden werden für die Selbstdarstellung von „zerbrochenen Beziehungen“ sowie für „die Bereitschaft einer neuen verbindlichen Beziehung“.
- Ein KNA-Artikel der DBK-Seite katholisch.de gibt Einblicke in das Aufschaukeln von kirchenfernen Forderungen während der Gremium-Debatte. Der Jugendverband BDKJ „pochte darauf, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare explizit in den fünf Seiten mit aufzunehmen, auch wenn dies implizit schon drin stand.“ Die Wertschätzung aller Formen der Partnerschaft sei jungen Menschen wichtiger als etwa die Frage nach dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen“. BDKJ-Vorsitzender Wolfgang Ehrenlechner machte sich auf diese Weise zum Vertreter der Homo-Lobby bei den Gremium-Katholiken. Nachdem der BDKJ seine Homo-Forderungen durchgeboxt hatte, forderte die Lobby der in zivilen Zweit- und Dritt-Ehen Lebenden die Aufnahme von liturgischen Segensfeiern für neue Partnerschaften Geschiedener in den Anspruchs-Katalog an die Bischofssynode.
- Das ZdK fordert eine Stärkung der Familie im Sinne des Grundgesetz, Art. 6. Bekanntlich gilt der grundgesetzliche Schutzauftrag des Staates nur für die ehebasierte Familie als Keimzelle der Gesellschaft. Das ZdK-Papier will dagegen alle ehelichen und nicht-ehelichen Formen von festen Partnerschaften als Familie sehen. Diese Definition entspricht der politisch korrekten Medien-Meinung. Geschulte Sitzungskatholiken drücken solche ideologischen Thesen von der beliebigen Zusammensetzung der Familie in Mainstream-Worten aus – nämlich als „Solidargemeinschaft der Geschlechter und Generationen“. Doch die Hohlheit diese soziologischen Worthülsen müsste selbst abgebrühten Gremienkatholiken in den Ohren klingeln: Denn die gegenseitige Eltern- und Kinderliebe hat einen völlig anderen Charakter als eine Solidargemeinschaft der Generationen, die allenfalls eine großgesellschaftliche Folge davon ist.
- Zum Schluss des ZdK-Papiers wird von einer angeblichen „pastoralen Wende“ gesprochen, die Papst Franziskus angestoßen habe. Der Passauer Bischof Stefan Oster hatte in seinem Facebook-Beitrag dazu die Einschätzung gegeben, dass das ZdK Papst Franziskus für sein eigenes politisches Programm instrumentalisierte. Ebenso frech ist die Behauptung der Gremienkatholiken, dass in ihren Thesen, die von Bibel und kirchlicher Lehre gleichweit entfernt sind, der „Glaubenssinn des Gottesvolkes“ präsent sei. Die Synoden-Bischöfe in Rom hätten an diesen Sensus Fidelium anzuknüpfen.
- Das mediale ‚Dressing’ auf den Forderungssalat des zentralen Katholiken-Gremiums lieferte ein Kommentar des ZdK-Mitglieds und Redakteurs von katholisch.de: Wer die Forderung nach Akzeptanz von Homo-Partnerschaften ablehne, mache sich „schuldig am Lebensglück“ homosexuell Liebender. Die kirchliche Lehre betreibe in dieser Frage „Verwirrung und Spaltung“, der Verweis auf die Tradition sei „formal und fühllos“. Der Kommentator vergaß, seine Polemik auch gegen die Bibel zu richten, die bekanntlich alle außereheliche Sexualität als Unzucht verurteilt.
- Von der Titelthese der ZdK-Papiers, dass zwischen der kirchlichen Lehre und der Lebenswelt Brücken zu bauen seien, bleibt am Ende nichts mehr übrig. Denn zwei Pfeiler für den Brückenbau werden vorab eingerissen: die auf Schrift und Tradition gegründete kirchliche Ehelehre. Gleichzeitig bauen die Komitee-Katholiken aus der „Lebenswelt“ einen eigenen Norm-Pfeiler auf. Der aber muss wegen der abgebauten Pfeiler von Bibel und kirchlicher Tradition eine Bauruine bleiben, auf die allein keine Brücke errichtet werden kann.
Text: Hubert Hecker
Bild: ZdK/KLJB (Screenshots)