Roberto de Mattei*
Sic transit gloria mundi. Für die Franziskaner der Immakulata, den von Pater Stefano Maria Manelli gegründeten und seit 11. Juli 2013 unter kommissarischer Verwaltung stehenden Orden, ist die „Ära Volpi“ zu Ende. Eine Zeit, die als eines der traurigsten Kapitel in die Geschichte dieses noch jungen Ordens eingehen wird.
Der Kapuziner, Pater Fidenzio Volpi, der von der Ordenskongregation als Apostolischer Kommissar eingesetzt wurde, um den traditionsverbundenen Orden von Pater Manelli zu liquidieren, wurde nach einem Schlaganfall in eine römische Klinik eingeliefert. Folge des Gehirnschlags ist eine Hemiparese. Sein Gesundheitszustand ist schwer beeinträchtigt und zwang den Apostolischen Kommissar Amt und Auftrag aufzugeben.
Zerstörerischer Plan gegen einen blühenden Orden
Corrispondenza Romana sammelte im Februar 2014 8.000 Unterschriften, die dem Heiligen Stuhl übergeben wurden, und mit denen die Abberufung des Kapuziners als Kommissar der Franziskaner der Immakulata gefordert wurde. „In nur fünf Monaten hat Pater Volpi den Orden zertrümmert. Im Orden provozierte er Chaos und Leid, unter den Gläubigen Ärgernis, löste Kritik in den Medien aus und Unbehagen und Erstaunen in der Kirche. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob Pater Volpi Urheber oder nur ausführendes Organ eines zerstörerischen Plans ist. Sicher ist, daß die Folgen desaströs sein werden, sollte der Plan nicht gestoppt werden. Um zu verhindern, daß ein Desaster dem nächsten folgt, muß Pater Volpi abgesetzt werden“, schrieb Corrispondenza Romana bereits im Dezember 2013.
Kommissar Volpi wurde von der Ordenskongregation nicht abgesetzt, aber von den geheimnisvollen Plänen der göttlichen Vorsehung. Sein Gesundheitszustand war nie gut und die Spannungen, denen er sich nach der Annahme des Kommissarsamtes aussetzte, waren sehr groß. Nicht nur wegen des sofortigen Bruches, den er bei den Franziskanern der Immakulata aufriß, die zu mehr als 70 Prozent Pater Manelli treu blieben, sondern auch durch die Gegensätze, die mit Pater Alfonso Bruno entstanden, den der Kommissar nach Absetzung der Ordensleitung zum starken Mann im Orden gemacht hatte und der den Orden unter kommissarischer Obhut in die Katastrophe führte.
Zuletzt gab es auch Spannungen zwischen Kommissar und Ordenskongregation
Zuletzt kamen sogar Spannungen mit der Ordenskongregation hinzu, die viele vom Kommissar getroffene Entscheidungen mißbilligte, so auch den Versuch, einige Brüder ohne reguläres Verfahren zu verurteilen, die aufgrund des Kahlschlags gegen das Charisma des Ordens um Dispens von den Ordensgelübden ersucht, aber aus Willkür nicht gewährt bekommen hatten. Sie baten Bischöfe, sie in ihren Diözesen aufzunehmen. Kommissar Volpi warnte und drohte daraufhin zum Beispiel den italienischen Bischöfen, dies nicht zu tun. Die Brüder befinden sich heute dennoch unter dem Schutz vieler Bischöfe von Italien über Großbritannien bis zu den Philippinen.
Die Glaubwürdigkeit von Pater Volpi wurde zusätzlich durch eine vom Landgericht Rom vermittelte Einigung vom 12. Februar 2015 kompromittiert. Kommissar Volpi unterzeichnete zuerst die Einigung, mit der er eingestand, die Familie des Ordensgründers Pater Manelli verleumdet zu haben, indem er sie beschuldigt hatte, sich widerrechtlich Güter des Ordens angeeignet zu haben. Zudem war anfangs der Eindruck erweckt worden, als sei das ein Grund, der die kommissarische Verwaltung des Ordens notwendig gemacht habe. Der Kommissar verpflichtete sich, der verleumdeten Familie 20.000 Euro Schadensersatz zu bezahlen. Als die Sache in den Medien bekannt wurde, zog er die Unterschrift wieder zurück. Das von der Familie Manelli angestrebte Gerichtsverfahren ist anhängig.
Verleumdungen, Anzeigen und Bluffs
Als großer Bluff entpuppte sich auch die Anschuldigung gegen die Franziskaner der Immakulata, illegal mehrere Millionen Euro auf die Seite geschafft zu haben. Wie die Untersuchungen ergaben, steckte dahinter ein Konflikt zwischen den dem Ordensgründern treuen Brüdern und Laienvereinigungen auf der einen Seite und dem umtriebigen und aufstrebenden Pater Alfonso Bruno.
Nach der Absetzung der Ordensleitung und der Machtübernahme durch den Kommissar, der Pater Alfonso Bruno zu seiner rechten Hand und zum Generalsekretär des Ordens machte, forderte das neue Führungsduo die Verfügungsgewalt über Güter, die sich im rechtmäßigen Besitz der mit dem Orden verbundenen Laienvereinigungen befinden.
Weil diese sich weigerten, den Ordenszertrümmerern auch noch auszuliefern, was nicht in deren Verfügungsgewalt stand, gingen Volpi und Bruno mit Anzeigen vor. Das Ergebnis war die ungewöhnliche Entscheidung eines Einzelrichters, die Aufsicht über die Güter dem Kommissar anzuvertrauen, obwohl selbst Konfliktpartei, bis das Gericht ein Urteil gefällt haben wird.
Kernfrage nach wie vor unbeantwortet: Warum wurde Orden unter kommissarische Verwaltung gestellt?
Schließlich steht auch nach bald zwei Jahren noch immer die eigentliche Frage unbeantwortet im Raum, warum der blühende Orden der Franziskaner der Immakulata überhaupt unter kommissarische Verwaltung gestellt wurde. Was sind die wirklichen Gründe für diesen Schritt? Es gibt unterschiedliche Hypothesen dafür, doch die Gründe wurden offiziell nie genannt.
Wir übermitteln Pater Volpi, der vom Schauplatz der Franziskaner der Immakulata definitiv abgetreten ist, die besten Wünsche für seine Genesung. Unterdessen befindet sich auch Ordensgründer Pater Stefano Maria Manelli im Krankenhaus von San Giovanni Rotondo, das von seinem geistlichen Vater, Pater Pio von Pietrelcina gegründet worden war. Inzwischen 82 Jahre alt, haben ihn Absetzung, Hausarrest und der Kahlschlag gegen seinen Orden schwer mitgenommen. Ihm zur Seite stehen die Liebe und Zuneigung vieler Brüder, Schwestern und Laien, die der von ihm gegründeten geistlichen Familie angehören.
„Ära Volpi“ zu Ende – Was wird der Heilige Stuhl nun tun?
Nun wird der Heilige Stuhl einen neuen Kommissar ernennen müssen. Es gilt zu hoffen, daß man aus den desaströsen Fehlern der vergangenen 20 Monate kommissarischer Verwaltung gelernt hat. Alle hoffen, daß sich diese Fehler nicht wiederholen und daß nun ein Kapitel beendet ist und sich unter anderen Vorzeichen ein neues auftut.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Schriftleiter der Monatszeitschrift Radici Cristiane und der Online-Nachrichtenagentur Corrispondenza Romana, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschienen: Vicario di Cristo. Il primato di Pietro tra normalità ed eccezione (Stellvertreter Christi. Der Primat des Petrus zwischen Normalität und Ausnahme), Verona 2013; in deutscher Übersetzung zuletzt: Das Zweite Vatikanische Konzil – eine bislang ungeschriebene Geschichte, Ruppichteroth 2011.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana