Spaemann-Kritik: Papst Franziskus „Aufbruch“ oder „Ausrutscher“? – „Kult der Spontaneität“


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Robert Spae­mann, der Doy­en der deut­schen Phi­lo­so­phen übt schar­fe Kri­tik an Papst Franziskus

(Frei­burg) Der Doy­en der deutsch­spra­chi­gen katho­li­schen Phi­lo­so­phen, der 87-jäh­ri­ge Robert Spae­mann schwieg lan­ge zum „Phä­no­men Fran­zis­kus“. In der neu­en Her­der Kor­re­spon­denz Spe­zi­al direkt dar­auf ange­spro­chen, war die galan­te Zurück­hal­tung auf­ge­zehrt. Her­der ver­öf­fent­lich­te ein Dop­pel-Inter­view mit Robert Spae­mann und Hans Joas, das gegen­sätz­li­che Posi­tio­nen zur Amts­füh­rung des amtie­ren­den Pap­stes wie­der­gibt. Joas kommt dabei der seit März 2013 man­cher­orts obli­ga­to­ri­sche Jubel­part über das argen­ti­ni­sche Kir­chen­ober­haupt zu.

Chaotische Amtsführung und theologisches Desinteresse

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Robert Spae­mann stellt Papst Fran­zis­kus denk­bar schlech­te Zen­su­ren aus. Eine gewich­ti­ge Stim­me, die nach zwei­jäh­ri­gem Schwei­gen und Beob­ach­ten, aus ihrer Ent­täu­schung, mehr noch ihrer Sor­ge kein Hehl mehr macht. Der gro­ße deut­sche Phi­lo­soph wirft Papst Fran­zis­kus nicht nur eine „chao­ti­sche“ Amts­füh­rung, son­dern – weit schwer­wie­gen­der – theo­lo­gi­sches Des­in­ter­es­se vor.

Die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Sonn­tags­zei­tung nann­te Papst Fran­zis­kus in der Jour­na­li­sten­spra­che vor kur­zem einen „Pan­nen­papst“ und sprach von einem „Sicher­heits­ri­si­ko“ für die Katho­li­sche Kir­che. Eine Ein­schät­zung, die Spae­mann zu tei­len scheint.

Flüchtige  Symbolik – ambivalenter Kurs

Papst Franziskus
Papst Fran­zis­kus

Der Papst frö­ne einem „Kult der Spon­ta­nei­tät“, so Spae­mann. Der argen­ti­ni­sche Papst suche die flüch­ti­ge Sym­bo­lik, habe aber gleich­zei­tig – für einen Papst ein gera­de­zu ver­nich­ten­des Urteil – mit Theo­lo­gie „nicht viel im Sinn“.

Spae­mann, der gro­ße Den­ker, blickt gera­de­zu indi­gniert auf den ein­sti­gen Kar­di­nal Jor­ge Mario Berg­o­glio, den eine Kar­di­nals­mehr­heit aus nach wie vor kaum nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den auf den Stuhl Petri wählte.

Der deut­sche Phi­lo­soph wählt pro­phe­ti­sche Wor­te der Hei­li­gen Schrift, um sei­ne Distanz zum Aus­druck zu brin­gen: Es wer­den „Leh­rer kom­men, die Din­ge sagen, die für die Ohren schön klin­gen, und die Men­schen wer­den die­sen Leh­rern fol­gen“. Wor­te der Miß­bil­li­gung für einen unde­fi­nier­ba­ren, ambi­va­len­ten und daher besorg­nis­er­re­gen­den Kurs des amtie­ren­den Kirchenoberhauptes.

Spae­mann hält dem medi­al seit der Wahl mit dem Eti­kettt „offen“ behaf­te­ten Fran­zis­kus ent­ge­gen, in Wirk­lich­keit ein auto­ri­tä­rer Papst zu sein: Fran­zis­kus sei „einer der auto­ri­tär­sten, die wir seit Lan­gem hat­ten“. „Wenn Bene­dikt das gesagt hät­te, hät­te es einen Auf­schrei gege­ben. Aber bei Fran­zis­kus wer­den die Voll­mach­ten des Pap­stes wie­der stär­ker betont. Und kei­ne Zei­tung echauf­fiert sich.“

„Das Gefühl des Chaos wird man nicht ganz los“

„Was der Hei­li­ge Vater nun vor­hat“, das wis­se nie­mand. Dar­in muß­te selbst Hans Joas Spae­mann zustim­men. Mit ande­ren Wor­ten: Auch die von Papst Fran­zis­kus Begei­ster­ten wis­sen in Wirk­lich­keit nicht, wohin der „Zug Berg­o­glio“ unter­wegs ist. „Das Gefühl des Cha­os wird man nicht ganz los“, so Spae­mann über Papst Franziskus.

Das gel­te auch für die Fami­li­en­syn­ode, zu deren zwei­ten Teil der Papst im kom­men­den Okto­ber nach Rom lädt. Die gan­ze Syn­ode sei „irri­tie­rend“, weil der Papst ein­sei­tig Par­tei ergreife.

Es sei kei­nes­wegs sicher, daß die Art von Fran­zis­kus in Zukunft als „Auf­bruch“ wahr­ge­nom­men wer­de, oder nicht viel­mehr als „Aus­rut­scher“.

Ob das Spae­mann-Inter­view bis zum Papst vor­drin­gen wird? Immer­hin wirft der Den­ker Spae­mann dem Papst aus Argen­ti­ni­en vor, wenig zu lesen. Zu wenig.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons/​MiL

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