(Rom) Am frühen Morgen stehen zwei Lektüren auf dem Tagesplan des Papstes: Franziskus liest in der Heiligen Schrift und die Tageszeitung. Gedanken, Stichworte, Schlagzeilen fließen dann in seine morgendliche Predigt in der Hauskapelle von Santa Marta ein.
Beleg für diesen Ablauf war der Hinweis des Papstes in seiner Predigt am 21. April auf die jüngsten Märtyrer: „Ermordet weil Christen“, so wie es Stephanus, dem ersten Märtyrer erging, der zu Tode gesteinigt wurde „von jenen, die glaubten Gott damit Ehre zu erweisen“.
Papst Franziskus: „Heute ist die Kirche eine Kirche der Märtyrer“
„Wie viele Stephanus gibt es in diesen Tagen auf der Welt! Denken wir an unserer am Strand von Libyen ermordeten Brüder; denken wir an jenes Kind, das von seinen Mitschülern – weil Christ – lebendig verbrannt wurde; denken wir an jene Einwanderer, die von den anderen – weil Christen – auf hoher See ins Meer geworfen wurden; denken wir an jene Äthiopier, die – weil Christen – ermordet wurden… und viele andere. Und viele andere, von denen wir nichts wissen, die in den Gefängnissen leiden, weil Christen… Heute ist die Kirche eine Kirche der Märtyrer: sie leiden, geben ihr Leben und wir erhalten den Segen Gottes wegen ihres Zeugnisses.“
Soweit Papst Franziskus. Andere Kirchenmänner tun sich mit deutlichen Worten wesentlich schwerer. Um genau zu sein, findet man nur wenige, die eine deutliche Sprache sprechen. „Die Zaghaftigkeit der „politischen Korrektheit“ grassiert vor allem unter jenen, die Papst Franziskus besonders nahestehen und die mit ihrer päpstlichen Auserwählung auftrumpfen, um eine Autorität geltend zu machen, die sie in Wirklichkeit nicht haben“, so der Vatikanist Sandro Magister.
Artikulationsprobleme des päpstlichen „Kommissars“ in der Bischofskonferenz
Nunzio Galantino, gehört zu den „Kreationen“ von Papst Franziskus, der ihn als Generalsekretär zu seinem „Kommissar“ in der Italienischen Bischofskonferenz machte. Galantino, der vor allem durch ziemlich unrühmliche Auftritte aufgefallen ist (siehe „Weitere Artikel“ unten), sagte am 17. April gegenüber Radio Vatikan zu den zwölf Christen, die von Moslems aus einem Einwandererboot auf hoher See ins Meer geworfen wurden, weil sie nicht zu Allah, sondern zu Jesus Christus und dem Dreieinigen Gott beteten:
„Das war zu erwarten. Einige Diskurse, die bisher auf ideologischer Ebene geführt wurden und die Ideologie, die einige Verhaltensweisen nährte, die von mehr oder weniger strukturierten Elementen vertreten wurden, die mehr oder weniger von Gruppen, Vereinigungen, Clans zusammengehalten wurden; nun wird diese Art eines Diskurses des Anspruchs, dies Art von Gegenposition, die leider mit der Religion begründet wird, aber mit der Religion nichts zu tun hat, auf kleinster Ebene persönlicher Kontraste angewandt. Das bedeutet, meines Erachtens, einen Schritt mehr in Richtung Verwilderung, in Richtung Instrumentalisierung der Religion. Wenn Menschen, die in denselben Schwierigkeiten leben, wie die, in der sich jene befinden, die auf einem Schiff sind und versuchen, einen Ort zu erreichen, der Hoffnung bedeuten sollte, sogar die religiöse Erfahrung und das religiöse Bekenntnis instrumentalisieren, um ihre Denken, ihre Situation durchzusetzen, bedeutet das, daß gewisse Überlegungen verinnerlicht wurden.“
Das Ganze noch einmal und weniger wirr
Alles klar? Oder sollten Sie gewisse Schwierigkeiten haben, den Überlegungen von Msgr. Galatino zu folgen?
Darum gleich noch einmal Bischof Galantino zum selben Thema am 18. April gegenüber der Tageszeitung La Stampa. Dieses Mal etwas weniger wirr:
„Zunächst gilt es vor allem genau den Ablauf der Ereignisse zu verstehen und dieser Tragödie nicht eine Bedeutung zu geben, die sie nicht haben könnte. Wenn Menschen tagelang auf Booten unter so prekären Bedingungen verbringen müssen, kann der kleineste Streit oder das geringste Ressentiment ein unvorhersehbares Verhalten auslösen… Verstehen wollen bedeutet nicht, die generelle Lage der Christen zu unterschätzen, die sich verschärft, wie wir leider täglich sehen. Es bedeutet nur, vorsichtig zu sein, bevor man den schrecklichen Vorfall, der sich zugetragen hat, sofort dem Bereich eines Religionskrieges zuschreibt. Wir erleben eine Verwilderung und eine Instrumentalisierung der Religion. Gewisse Diskurse, die Religion instrumentalisieren, verwandeln sich zu individuellen Verhaltensweisen. Wenn verzweifelte Menschen, die sich in einer prekären Lage befinden, das Meer überqueren zu müssen und soweit kommen, solche Handlungen zu begehen, bedeutet das, daß bestimmte Ideen verinnerlicht wurden.“
Die Aussagen sind im zweiten Anlauf zumindest verständlicher. Eine klare Sprache, die Roß und Reiter beim Namen nennt und Partei für unschuldige Opfer ergreift, die von Moslems gnadenlos dem Tod ausgeliefert wurden, nur weil sie Christen sind, hört sich dennoch anders an.
Text: Settimo Cielo/Giuseppe Nardi
Bild: Facebook-Seite Antonio Socci/Blog Turco (Screenshot)