„Verwirrung auch in der Kirche“ – Interview von Kardinal Sarah: „Gläubige erwarten sich kräftiges Wort der Stärkung“


Kardinal Robert Sarah (im Bild noch vor seiner Kardinalserhebung 2010)
Kar­di­nal Robert Sarah (im Bild noch vor sei­ner Kar­di­nals­er­he­bung 2010)

(Paris) Für den seit ver­gan­ge­nem Novem­ber amtie­ren­den Kar­di­nal­prä­fek­ten der römi­schen Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung, Robert Sarah, „gibt es auch inner­halb der katho­li­schen Kir­che Ver­wir­rung zu Fra­gen der Leh­re und Moral“.

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Unmit­tel­bar nach sei­ner Rück­kehr aus Frank­reich, wo er sein jüng­stes Buch Dieu ou rien (Gott oder nichts) vor­stell­te, wur­de der Pur­pur­trä­ger aus Gui­nea zu Papst Fran­zis­kus in Pri­vat­au­di­enz geru­fen. Im Anschluß dar­an führ­te die Fran­zö­si­sche Sek­ti­on von Radio Vati­kan ein Inter­view mit Kar­di­nal Sarah. Nach 22 Jah­ren an der Spit­ze des Erz­bis­tums Con­a­kry berief Papst Johan­nes Paul II. 2001 den damals 56-Jäh­ri­gen nach Rom und mach­te ihn zum Sekre­tär der Kon­gre­ga­ti­on für die Evan­ge­li­sie­rung der Völ­ker. 2010 ernann­te ihn Papst Bene­dikt XVI. zum Vor­sit­zen­den des Päpst­li­chen Rates Cor Unum für die päpst­li­chen Hilfs­wer­ke und huma­ni­tä­ren Ein­sät­ze und krei­ier­te ihn ihm sel­ben Jahr zum Kar­di­nal. Heu­te ist der Schwarz­afri­ka­ner in der Welt­ki­re­che für die Lit­ur­gie und die Sakra­men­ten­ord­nung zuständig.

„Schrankenloser Liberalismus“

Zunächst stell­te der Kar­di­nal im Inter­view fest, daß „die Kir­che in Frank­eich schön und leben­dig ist trotz des schwie­ri­gen Umfelds, in dem die Chri­sten leben“. Dann lenk­te der lang­jäh­ri­ge Erz­bi­schof von Con­a­kry in Gui­nea den Blick auf den Westen all­ge­mein: „Ich den­ke, daß wir ehr­lich und demü­tig erken­nen müs­sen, daß sich heu­te im Westen, in Frank­reich, ein mora­li­scher und reli­giö­ser Rela­ti­vis­mus aus­brei­tet, ein bedenk­li­cher Ver­lust an Wer­ten und eine gei­sti­ge Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit, die durch einen schran­ken­lo­sen Libe­ra­lis­mus pro­vo­ziert wird.“

„Verwirrung auch in der Kirche“

Für Kar­di­nal Sarah „zeigt sich auch im Inne­ren der katho­li­schen Kir­che eine gewis­se Ver­wir­rung zu grund­le­gen­den Fra­gen der Leh­re, der Moral und der Ord­nung. Ich den­ke, daß die Chri­sten wirk­lich ein kräf­ti­ges Wort hören wol­len, das sie in ihren Über­zeu­gun­gen und in ihrem Glau­ben stärkt.“

„Sich Gottes entledigen“

Um die Wur­zeln die­ser Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit zu erken­nen, erin­ner­te der afri­ka­ni­sche Kar­di­nal an Wor­te von Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger: „Einen Monat vor sei­ner Wahl zum Papst sag­te er, daß sich eine Kri­se, wie sie der Westen heu­te erlebt, in der Geschich­te der Mensch­heit noch nie zuge­tra­gen hat und dar­in besteht, sich Got­tes ent­le­di­gen zu wol­len. Ich den­ke, daß die gro­ße Schwie­rig­keit heu­te dar­in besteht, Gott wie­der­zu­fin­den, die Men­schen wie­der zu Gott hin­zu­füh­ren, denn Gott ist weder fern noch tot, son­dern mit uns. Wir sind es, die uns von Ihm entfernen.“

„Als würde Gott nicht existieren“

Auch die ande­ren west­li­chen Staa­ten befin­den sich für den Kar­di­nal in der­sel­ben Situa­ti­on wie Frank­reich, wenn es etwa in Ita­li­en auch „mehr Prie­ster gibt“ als in Frank­reich. In Paris sei zudem „die­ser Wil­len sehr stark aus­ge­prägt, an der Stel­le Got­tes gesetz­ge­be­risch über grund­le­gen­de Fra­gen wie Ehe und Fami­lie zu bestim­men. Nun auch über die Eutha­na­sie“, so der Kar­di­nal. Das sei die Ver­su­chung des Men­schen „den Platz Got­tes ein­neh­men zu wol­len und an sei­ner Stel­le Geset­ze zu erlas­sen und die Gesell­schaft so aus­zu­rich­ten, als wür­de Gott nicht existieren“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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