(Paris) Die französische Redaktion von Aleteia veröffentlichte ein Interview mit Kardinal Robert Sarah, dem neuen Präfekten der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Das Interview von Elisabeth de Baudouin berührt eine ganze Reihe von Themen: „den Liturgiekrieg, die Kritik am Papst, Manif pour tous, Islam und Islamismus, die Größe Afrikas“. Kardinal Sarah hielt sich für einige Tage in Paris auf zur Vorstellung des neuen Gesprächsbuches mit dem Schriftsteller Nicolas Diat „Gott oder Nichts“. Zum Thema Liturgie sagte der Kardinalpräfekt:
Eminenz, in Ihrem Buch „Gott oder Nichts“ erwähnen Sie mehrfach den „Liturgiekrieg“, der die Katholiken seit Jahrzehnten trennt. Ein besonders verwerflicher Krieg, sagen Sie, weil die Katholiken in dieser Frage besonders geeint sein müßten. Wie können diese Trennungen heute überwunden und alle Katholiken um den Gott dargebrachten Kult vereint werden?
Robert Kardinal Sarah: Das Zweite Vaticanum hat nie gefordert, die Vergangenheit abzulehnen und die Messe des Heiligen Pius V., die viele Heilige hervorgebracht hat, aufzugeben, und auch nie Latein aufzugeben. Andererseits gilt es die vom Konzil selbst gewollte Liturgiereform voranzubringen. Die Liturgie ist der Ort der direkten Begegnung mit Gott, um ihm unser ganzes Leben, unsere Arbeit zu bringen, und das alles als Opfergabe für seine Herrlichkeit darzubringen. Wir können die Liturgie nicht in Waffen zelebrieren und eine Rüstung des Hasses, des Kampfes und des Grolls tragen. Jesus selbst sagte: „Bevor du deine Opfergabe zum Altar bringst, geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder“. In dieser Begegnung ‚von Angesicht zu Angesicht‘ mit Gott muß unser Herz rein sein, frei von jedem Haß und jedem Groll. Jeder muß aus seinem Herz entfernen, was diese Begegnung verdunkeln kann. Das setzt voraus, daß jeder in seiner Sensibilität respektiert wird.
Ist das nicht genau das, was Benedikt XVI. wollte?
Robert Kardinal Sarah: Ja, das ist die Bedeutung des Motu proprio Summorum Pontificum. Benedikt XVI. hat viel Energie und Hoffnung darin gelegt. Leider ist es ihm nicht ganz gelungen, da sowohl die einen wie die anderen sich an ihre Riten „festgeklammert“ haben und sich gegenseitig ausschließen. In der Kirche sollen alle nach ihrer eigenen Sensibilität zelebrieren. Das ist eine der Voraussetzungen für die Versöhnung. Man muß die Menschen auch zur Schönheit der Liturgie hinführen, zu ihrer Heiligkeit. Die Eucharistie ist nicht ein „Essen mit Freunden“, sondern ein heiliges Mysterium. Wenn man sie mit Inbrunst und Schönheit zelebriert, gelangt man zu einer Versöhnung, das ist selbstverständlich. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, daß es Gott ist, der versöhnt, und das braucht Zeit.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Aleteia