Frankreichs Bischöfe und der Front National


Die katholischen Bischöfe und der Front National FN
Die katho­li­schen Bischö­fe und der Front Natio­nal (FN)

(Paris) Die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Inter­net­sei­te Ripo­ste catho­li­que befaß­te sich in einem Kom­men­tar mit dem Ver­hält­nis der fran­zö­si­schen Bischö­fe zum Front Natio­nal. In Ansät­zen wird dabei ein ande­res Frank­reich sicht­bar, das im deut­schen Sprach­raum kaum bekannt ist.

Anzei­ge

Die Rechts­par­tei von Mari­ne Le Pen wur­de nach den Euro­pa­wah­len 2014 bei den Depar­te­ments­wah­len am ver­gan­ge­nen Sonn­tag mit 25 Pro­zent erneut stärk­ste poli­ti­sche Par­tei in Frank­reich. Abge­schla­gen lie­gen der bür­ger­li­che UMP mit 6,7 Pro­zent und die regie­ren­de Sozia­li­sti­sche Par­tei (PS) mit 13,3 Pro­zent dahin­ter. Aller­dings ist in Frank­reich in Par­tei­bünd­nis­sen zu rech­nen und zum UMP auch UD, UDI und MoDem als Zusam­men­schluß ver­schie­de­ner klei­ne­rer Par­tei­en sowie loka­ler bür­ger­li­cher Grup­pen und Ein­zel­kan­di­da­ten hin­zu­zu­zäh­len. Damit steht das Mit­te-rechts-Bünd­nis von Alt-Prä­si­dent Sar­ko­zy mit 29 Pro­zent vor­ne. Die Sozia­li­sten des amtie­ren­den Prä­si­den­ten Hol­lan­de blei­ben selbst dann mit 21 Pro­zent nur Drit­te. In Blöcken gerech­net, lie­gen das gesam­te lin­ke (ein­schließ­lich Kom­mu­ni­sten, Trotz­ki­sten, Grü­ne) und das gesam­te bür­ger­li­che Lager bei je 36 Pro­zent gleich­auf. Den drit­ten Block bil­det der Front Natio­nal mit sei­nen 25 Pro­zent, da er kei­ne Bünd­nis­part­ner hat.

Regierungsparteien bekamen für Abtreibungsgesetz nie so viele bischöfliche Blitze ab, wie FN

Ripo­ste catho­li­que geht es dabei nicht so sehr um den Front Natio­nal, son­dern um die öffent­li­che Glaub­wür­dig­keit der Bischö­fe. „Die Zei­ten viru­len­ter Ver­ur­tei­lun­gen des Front Natio­nal durch unse­re Bischö­fe scheint been­det zu sein. Unklar ist noch, war­um es zu die­ser Wen­de kam. Als 1975 die Loi Veil [Frank­reichs Abtrei­bungs­ge­setz] von einer Min­der­heit des bür­ger­lich-christ­de­mo­kra­ti­schen PRP-UDF im Bünd­nis mit dem sozia­li­sti­schen PS beschlos­sen wur­de, sand­ten die Bischö­fe nicht annä­hernd so vie­le Blit­ze ab, wie sie die Par­tei von Jean-Marie Le Pen ein­stecken muß­te. Oder soll­ten unse­re Bischö­fe ver­stan­den haben, daß es weni­ger schwer­wie­gend ist, gegen die Ein­wan­de­rung zu kämp­fen (was von der Sozi­al­leh­re der Kir­che erlaubt ist), als für ein Recht auf lega­le und staat­lich finan­zier­te Tötung der klei­nen, unge­bo­re­nen Kin­der im Mut­ter­leib? Oder soll­te die enor­me Dyna­mik von Manif Pour Tous gegen ein Gesetz, mit dem die Keim­zel­le der Gesell­schaft zer­setzt wer­den soll, die Bischö­fe zurück­hal­ten­der gemacht haben? Oder soll­ten sie ein­fach nur fest­ge­stellt haben, daß ihre Wahl­emp­feh­lun­gen in den Hir­ten­brie­fen nicht mehr gehört wer­den? Eine ande­re Hypo­the­se ist, daß es sich ein­fach um einen Gene­ra­tio­nen­wech­sel unter den Bischö­fen han­delt. Kommt Zeit kommt Rat.

Zeitung der Bischöfe „blitzt“ noch immer

Die Tages­zei­tung La Croix der Fran­zö­si­schen Bischofs­kon­fe­renz bot aller­dings noch vor den Wah­len eini­ge Aus­sa­gen der Ver­ur­tei­lung gegen den Front Natio­nal. Seit dem ersten Wahl­gang, bei dem die Par­tei von Mari­ne Le Pen in mehr als 1100 Kan­to­nen in die Stich­wahl ein­ge­zo­gen ist, hat man kei­ne Erklä­rung der Ver­ur­tei­lung durch die Bischofs­kon­fe­renz gehört, kei­ne Schel­te gegen einen ‚Rück­zug auf sich selbst‘, eine ‚Wei­ge­rung sich dem Frem­den zu öff­nen‘, gegen eine ‚Ableh­nung eines offe­nen Lan­des‘ oder gegen das ‚Schü­ren von Angst vor dem Ande­ren‘ und ande­ren Unsinn. Die Bevöl­ke­rung, die täg­lich im heu­ti­gen Frank­reich, um ihre Exi­stenz rin­gen muß zwi­schen Erwerbs­lo­sig­keit, pre­kä­ren Arbeits­ver­hält­nis­sen, stei­gen­den Lebens­hal­tungs­ko­sten, exor­bi­tan­ten Steu­ern, wach­sen­der Kri­mi­na­li­tät und der Aus­brei­tung eines aggres­si­ven Islams, hat von den mora­li­schen Leh­ren der 68er Gene­ra­ti­on genug.

Ein­zel­ne kön­nen natür­lich die klei­nen mora­li­schen Beleh­run­gen nicht las­sen, dazu gehört Bischof Michel Dubost von Evry, der noch ein­mal wie­der­hol­te: ‚Man kann nicht Christ sein, wenn man Mos­lems als Mit­bür­ger ablehnt.‘

Man kann aber Christ sein, wenn man die Loi Tau­bi­ra [Gesetz zur Lega­li­sie­rung der Homo-Ehe] unter­stützt? Man kann aber Christ sein, wenn man die Abtrei­bung unterstützt?

Ein anonym blei­ben­der Bischof erklär­te damals, es vor­zu­zie­hen, den Mund zu hal­ten: ‚Ich habe nichts zu sagen, weil es kon­tra­pro­duk­tiv wäre. Schließ­lich sind es nicht wir, die das Gesetz machen.‘ Das war alles.

„Warum Wähler beschuldigen, die nicht mehr wissen wohin?“

Neue Töne stam­men von Bischof Brunin von Hav­re, der zu ver­ste­hen gab, daß ‚viel faul‘ ist: ‚Der Front Natio­nal hat kein Mono­pol auf eine Sicht des Men­schen und der Gesell­schaft, die dem Evan­ge­li­um widerspricht.‘

Bischof Dagens von Angou­le­me wur­de noch deut­li­cher und for­der­te in Anspie­lung auf das durch die sozia­li­sti­sche Regie­rung geschaf­fe­ne Kli­ma in Frank­reich zu einer Gewis­sens­ent­schei­dung auf in einer Situa­ti­on von ‚Not, Iso­la­ti­on und sogar Haft­stra­fen‘: ‚ Ich zie­he es vor, wäh­len zu gehen, als die Wäh­ler zu beschuldigen.‘

Einer sei­ner Mit­brü­der bestä­tig­te: ‚ Ich weiß sehr wohl, daß in Tei­len mei­ner Diö­ze­se, in denen sich die Men­schen im Stich gelas­sen füh­len, die Stim­men für die Extre­men stark sein wer­den. War­um soll­te ich die­se Men­schen beschul­di­gen, die nicht mehr wis­sen, an wen sie sich wen­den sollen?‘“

Text: Andre­as Becker
Bild: Ripo­ste catholique

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!