(Rom) Gestern traf Papst Franziskus mit dem römischen Klerus zusammen. Der Papst hatte die Priester seiner Diözese zum traditionellen Treffen am Beginn der Fastenzeit gerufen. Papst Franziskus nahm in seiner kurzen Einleitung Bezug auf eine Stellungnahme zur Ars celebrandi, die er 2005 der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung zukommenließ und deren Text er nun an die Priester seiner Diözese verteilen ließ.
Vorweg sei festgehalten, daß in diesem Text, trotz des Themas, weder das Opfer noch das Priestertum Christi Erwähnung finden. Dafür wird dem nicht näher benannten Geheimnis und der Predigt großer Raum gewidmet. Die Predigt ist bestimmt wichtig als katechetisches Moment, sie ist aber keine liturgische Handlung und hat damit mit der Ars celebrandi eigentlich nichts zu tun. In der überlieferten Messe legt der Priester Manipel und Meßgewand ab (wenn er keine Kasel trägt), bevor er mit der Predigt beginnt, um zu unterstreichen, daß sie nicht Teil der heiligen Liturgie ist.
Neuer Seitenhieb gegen „Traditionalisten“
Zudem fehlte nicht ein neuerlicher Seitenhieb gegen die sogenannten „Traditionalisten“.
Papst Franziskus bezeichnete das Motu proprio Summorum Pontificum und den überlieferten Ritus als Geste, die sein Vorgänger, ein „Mann der Einheit“ setzen wollte, um „den Lefebvrianern und den Traditionalisten eine mutige Hand“ zu reichen, bzw. jenen Personen, die den Wunsch hatten, die Messe nach dem alten Rituale zu zelebrieren. Diese Art der sogenannten „tridentinischen“ Messe, so der Papst, sei jedoch eine „außerordentliche Form des römischen Ritus“, jenem, der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil approbiert wurde. Daher ist er nicht als eigener Ritus zu betrachten, sondern nur als „unterschiedliche Form desselben Ritus“. Dennoch, so Franziskus, gebe es Priester und Bischöfe, die von einer „Reform der Reform“ sprechen würden.
Einige von ihnen seien ‚Heilige‘ und sprechen im ‚guten Glauben‘. Das aber „ist falsch“, so der Papst. Er berichtete dann von einigen Bischöfen, die „traditionalistische“ Seminaristen, die von anderen Diözesen weggeschickt wurden, aufgenommen hätten, ohne zuvor Informationen zu ihnen einzuholen, weil „sie sich sehr gut und sehr fromm präsentierten“. Sie wurden geweiht, doch dann haben sie „psychologische und moralische Probleme“ gezeigt. Das ist nicht die Regel, aber es „passiert oft“ in diesen Kreisen, sagte der Papst. Und solche Typen von Seminaristen zu weihen, sei wie „die Kirche mit einer Hypothek zu belasten“. Das eigentliche Problem sei, daß einige Bischöfe manchmal von der „Notwendigkeit“ übermannt würden, „neue Priester in der Diözese“ zu brauchen, deshalb komme es nicht zur nötigen Auswahl unter den Kandidaten, bei denen sich hinter einigen eine „Unausgeglichenheit“ zeigen kann, die dann gerade in der Liturgie zum Ausdruck komme. Die Kongregation der Bischöfe habe bei drei Bischöfen zu solchen Fällen eingreifen müssen, wenn auch nicht in Italien. Soweit die Ausführung des Papstes am Donnerstag.
Tradition eine „Hypothek für die Kirche“?
Während der Papst gegenüber Kirchenfernen Toleranz zeigt, scheint er der Tradition aus jedem Hanffaden einen Galgenstrick drehen zu wollen. Damit legte er offen, wie erschreckend wenig er über die Tradition weiß, und auch über jene, die sie lieben. Eine Blöße, die zum Schaden der Gescholtenen wird. Wenn es nicht Unwissenheit sein sollte, dann kann es sich nur um eine ideologische Eigentümlichkeit handeln, die zur Geringschätzung der Vergangenheit und der Doktrin wird. Dem steht die Tradition mit ihrer Treue zur Lehre im Weg, die sie befolgt und von Generation zu Generation als von Christus – dem alleinigen Heil – geschenkte und anvertraute Wahrheit weitergibt. Das bedeutet auch, daß eine Pastoral, die nicht fest in dieser Wahrheit verankert ist, sich als Fähnlein im Wind erweist, das weder den Weg zur Freiheit noch zum Tor des Heils weist.
Woher kommt die päpstliche Geringschätzung der Tradition?
Papst Franziskus scheint vergessen zu haben, daß es Papst Benedikt XVI. war, der von der „Reform der Reform“ sprach. Worte, die ihm offenbar nicht verziehen wurden. Die von ihm errichtete Kommission für diese Reform der Reform wurde durch den harten Widerstand still begraben.
Kann man Priester und Seminaristen der Tradition unter einen schändlicheren Generalverdacht stellen? Kann man sich abschätziger über jene äußern, die das Erbe der Kirche treu bewahren? Der Kontext ist aber eindeutig. „Einige“ werden genannt, um im Kopf der Zuhörer ein negatives Urteil über alle zu fällen. Die Franziskaner der Immakulata haben die „neue Barmherzigkeit“ zu spüren bekommen.
Nein, Heiliger Vater, nicht die Seminaristen und Priester der Tradition sind eine Hypothek für die Kirche. Schwarze Schafe mag es bekanntlich überall geben. Nein, es sind vielmehr jene Priester, die mit ihrem unmoralischen und kriminellen Verhalten Skandal verursachen, jene, die die Lehre verkürzen, verstümmeln, deformieren und die Liturgie durch Mißbrauch schänden, jene, die nicht mehr an die Realpräsenz Christi im Allerheiligsten Altarsakrament glauben, jene, die also Lehre, Liturgie und Gewissen manipulieren. Sie sind es, die eine schwere Hypothek auf die Kirche laden. Hat Seine Heiligkeit zu diesen Priestern nichts zu sagen? Kein Wort?
Woher kommt diese Geringschätzung dieses Papstes für die Tradition?
Da die Liturgie Höhepunkt und Quelle des Glaubenslebens ist, das zum Leben der Kirche und der Gesellschaft wird, rührt von der Schändung der Liturgie auch das Leiden des mystischen Leibes Christi her. Von hier nehmen alle negativen Auswirkungen auf Disziplin und Moral ihren Ausgang.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Chiesa e postconcilio