(Vatikan) Die Katholische Kirche ist am Abend des 28. Februar 2013, Punkt 20 Uhr in einen Status der Anomalie eingetreten. Unvergessen sind die Bilder vom Ende eines Pontifikats. Der Abschied von einem verehrten Papst. Die Tore von Castel Gandolfo, die sich schließen mit einem beklemmenden Gefühl des Verlustes. Doch der Tod war es nicht, der eingetreten ist. Das am 13. März 2013 begonnene Pontifikat ist nur der zweite Teil ein und derselben Anomalie. Die Kirche durchlebt seither in immer neuen Schüben ein Wechselbad der Gefühle.
Chiesa e postconcilio veröffentlichte Bilder von zwei aktuellen Szenen, die diese Anomalie zwei Jahre nach ihrem Beginn dokumentieren. Beide zeigen die Ehrerbietung von Bischöfen und Kardinälen, wie sie einem Papst gebühren. Was daran nicht stimmt: es handelt sich dabei nicht um den Papst, sondern um eine kirchenrechtlich nicht existente und theologisch nicht geklärte Figur eines emeritierten Papstes.
Ehrerbietungen 2015 vor dem (emeritierten) Papst
Papst, darin scheinen sich alle einig zu sein, an erster Stelle er selbst, ist Benedikt XVI. nicht mehr. Der Ehrerbietung nach lassen sich die ukrainischen Bischöfe in den Vatikanischen Gärten aber vom Papst segnen. Sie kamen gerade vom Ad-limina-Besuch beim Papst, allerdings einem anderen.
Der Ehrerbietung nach verneigen sich die Kardinäle beim Konsistorium im Petersdom vor dem Papst. Der aber stand etliche Meter entfernt und kreierte gerade neue Kardinäle.
Eine Anomalie zieht bekanntlich eine andere nach sich. Wann dieser Zustand ein Ende haben wird, ist nicht absehbar. Fest steht allerdings, daß der „emeritierte“ Benedikt XVI. unter normalen Umständen noch immer Papst, der amtierende Papst aber ein emeritierter Erzbischof von Buenos Aires wäre. Damit könnte er zwar noch bis Dezember 2016 als Papstwähler an einem Konklave teilnehmen. Als Ruheständler wäre er aber kein Papabile mehr.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Chiesa e postconcilio