(Rom) Seit Monaten gibt es Gerüchte, der argentinische Papst könnte die Päpstliche Schweizergarde abschaffen. In den vergangenen Tagen haben sich die Spekulationen intensiviert. Grund dafür ist die Verabschiedung von Oberst Daniel Rudolf Anrig, dem Kommandanten der Schweizergarde. Am 1. Dezember 2014 hatte Papst Franziskus den aus dem Kanton Sankt Gallen stammenden Anrig entlassen. Gründe dafür wurden nicht genannt. Medien behaupteten, es könne an der „Strenge“ des Oberst gelegen haben, der seit 2008 die päpstliche Wachtruppe befehligte. Morgen wird Daniel Rudolf Anrig offiziell im Rahmen einer militärischen Zeremonie verabschiedet.
Der Umstand, daß Papst Franziskus noch keinen Nachfolger ernannt hat, befeuert die Spekulationen über eine Auflösung der Papstgarde. In einem Interview mit der argentinischen Tageszeitung La Nacion sprach der Papst nur lobend über den entlassenen Oberst Anrig. Er sei eine “hervorragende Person, ein guter Katholik, mit einer hervorragenden Familie“. Bei seiner Absetzung gehe es nur um eine „gesunde und normale Erneuerung“, so das Kirchenoberhaupt. Seither wird darüber gerätselt, was Papst Franziskus mit einer „gesunden und normalen Erneuerung“ meine.
Schrullige Gesten, telegene Lockerheit oder …
In Rom ist es ein offenes Geheimnis, daß der argentinische Papst mit dem Traditionscorps der Schweizergardisten wenig anzufangen weiß. Wegen schrulliger Gesten wurde bereits sepkuliert, daß der Papst wenig Respekt vor Auftrag und Arbeit anderer zeige. Einmal salutierte er einen Gardisten, wie es US-Präsidenten zu tun pflegen. So unpassend es wirkt, wenn ein Zivilist einen militärischen Gruß ausführt, so haftete auch der päpstlichen Szene der Zweifel an, ob sich der Papst vielleicht einfach nur lustig machte. Ein anderes Mal ging er beim Vorübergehen zu einem Gardisten und schüttelte ihm die Hand. Der junge Mann lachte verlegen über die außerprotokollarische Geste im Blitzlichtgewitter. Nicht das Protokoll steht im Vordergrund. Der Papst hätte ausreichend Möglichkeit, abseits der Fernsehkameras zu seinen Gardisten zu gehen.
Jorge Mario Bergoglios phänomenales Gespür für Gefälliges und Medienträchtiges sehen manche Beobachter als sicherste Garantie für den Fortbestand der über 500 Jahre alten Garde. Sie sei telegen und wegen der alten Uniformen auffallend bunt, deshalb werde sie der Papst nicht auflösen. Daß die Ankündigung von Oberst Anrigs Ablöse während des Ad-limina-Besuchs der Schweizer Bischöfe erfolgte, spricht für andere gegen diese Annahme. Eine bloße Höflichkeitsgepflogenheit gegenüber den Schweizer Bischöfen wird nicht angenommen.
Seit 1506 zum Schutz des Papstes
Die Schweizergarde wurde 1506 errichtet. Seither wacht zum Schutz über den Papst und die Apostolischen Residenzen. Sie ist die einzige Garde des Kirchenstaates, die erhalten blieb. Die meisten militärischen Korps gingen mit Kirchenstaat 1870 unter. Die überdauernden Garden, wie die Nobelgarde und die Palatingarde wurden 1970 von Papst Paul VI. zeitgleich mit der Liturgiereform aufgelöst.
Die Päpstliche Schweizergarde ist keine Wachmannschaft der Vatikanstadt oder der Kirche, sondern eine Leibgarde des Papstes. Sie verpflichten sich mit ihrem Leben die Unversehrheit des Papstes zu verteidigen. Während der Sedisvakanz haben die Gardisten die sichere Durchführung des Konklaves zu garantieren, damit ein neuer Papst inthronisiert wird. Zugelassen sind ausschließlich katholische Schweizer Staatsbürger, die in der Schweiz bereits ihren Militärdienst geleistet haben, beim Dienstantritt nicht älter als 30 sein dürfen und ledig sein müssen.
In manchen katholischen Schweizer Familien ist es seit Generationen Tradition, daß ein Familienmitglied dem Papst dient. Die Angelobung der neuen Rekruten findet alljährlich in einer feierlichen Zeremonie statt. Jeder Rekrut leistet den Eid in seiner Muttersprache (siehe Mit dem Leben den Papst verteidigen – Rekruten der Schweizergarde angelobt).
Einst gab es zahlreiche Schweizergarden des wehrtüchtigen alemannischen Bergvolkes. So hatte der König von Frankreich eine Leibgarde von Schweizern und ebenso der römisch-deutsche Kaiser in Wien, woran noch das Schweizertor der Hofburg erinnert. Die päpstliche Schweizergarde ist die einzige, die noch heute besteht und zu den traditionsreichsten Militärverbände der Welt zählt.
Vor einem Jahr hatte Anrigs Vorgänger als Kommandant der Schweizergarde, Oberst Elmar Mäder a.D. für Aufsehen gesorgt, als er von der Existenz eines homosexuellen „Geheimbundes“ im Vatikan sprach, der ein „Sicherheitsrisiko“ darstelle.
Bis dato gibt es nur Spekulationen und die schießen bekanntlich irgendwann ins Kraut. Bemerkenswerter ist, daß es überhaupt zu solchen Spekulationen kommen konnte. Das hat bekanntlich mit bestimmten Signalen und vor allem mit einem gefühlten Klima zu tun.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: RV/OR/InfoVaticana/Screenshots