„Recht auf Abtreibung“ – In der EU wird einer neuer Versuch unternommen


EU-Parlamet(Brüs­sel) Die „Todes­en­gel“ las­sen nicht locker. In der EU wird ein wei­te­res Mal ver­sucht, die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der zum „Recht“ zu erhe­ben. Der Weg vom straf­wür­di­gen Ver­bre­chen zum Recht ist eine blu­ti­ge Spur des Ver­sa­gens und emble­ma­tisch für die Umkeh­rung der tra­gen­den Prin­zi­pi­en in Staat und Gesell­schaft. In ande­re Wor­te gefaßt: der Sturz des Chri­sten­tums als prä­gen­de Kraft und des­sen Erset­zung durch die „Idea­le“ der Fran­zö­si­schen Revolution.

Estrela-Bericht 2013 gescheitert

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Am 10. Dezem­ber 2013 schei­ter­te der Est­re­la-Bericht über „sexu­el­le und repro­duk­ti­ve Gesund­heit“ (Ent­schlie­ßungs­an­trag A7-0306/2013), benannt nach der por­tu­gie­si­schen sozia­li­sti­schen Abge­ord­ne­ten, Edi­te Est­re­la, im Euro­päi­schen Par­la­ment. Der Bericht for­der­te ein „Grund­recht auf repro­duk­ti­ve Gesund­heit“. Die ver­schlei­ern­de Bezeich­nung „repro­duk­ti­ve Gesund­heit“ meint die unein­ge­schränk­te Lega­li­sie­rung der Abtrei­bung, von Ver­hü­tungs­mit­teln und Zugang zur künst­li­chen Befruch­tung. Zudem for­der­te der Bericht die Ein­füh­rung eines „obli­ga­to­ri­schen“ Sexu­al­kun­de­un­ter­richts an Schu­len und Kin­der­gär­ten mit der Ver­mitt­lung einer „posi­ti­ven Sicht­wei­se von Les­ben, Schwu­len, Bise­xu­el­len, Inter­se­xu­el­len und Trans­gen­der-Per­so­nen“ sowie die „wirk­sa­me“ gesetz­li­che Stär­kung von „Homo-Rech­ten“. Wäre der Est­re­la-Bericht ange­nom­men wor­den, hät­te alle EU-Mit­glieds­staa­ten unein­ge­schränkt auch Min­der­jäh­ri­gen die Abtrei­bung erlau­ben müs­sen. Zudem ver­pflich­ten­de Kur­se für Gen­der-Ideo­lo­gie für Leh­rer und Schüler.

Der Antrag wur­de durch einen neu­tra­len Gegen­an­trag der Euro­päi­schen Volks­par­tei (EVP) abge­wehrt, der beton­te, daß Ent­schei­dun­gen in Sachen „sexu­el­ler und repro­duk­ti­ver Gesund­heit“ und „Sexu­al­erzie­hung“ Ange­le­gen­heit der ein­zel­nen Mit­glieds­staa­ten ist.

Lunacek-Bericht 2014 angenommen

Nur teil­wei­se Ersatz bot der Lun­acek-Bericht „über den EU-Fahr­plan zur Bekämp­fung von Homo­pho­bie und Dis­kri­mi­nie­rung aus Grün­den der sexu­el­len Ori­en­tie­rung und der Geschlechts­iden­ti­tät“. Er ist nach der öster­rei­chi­schen grü­nen Abge­ord­ne­ten und beken­nen­den Les­be, Ulri­ke Lun­acek benannt. Der Bericht for­dert Son­der­rech­te für Homo­se­xu­el­le am Arbeits­markt und die Ein­schrän­kung der Mei­nungs­frei­heit durch straf­recht­li­che Ver­fol­gung und Sank­tio­nen für Kri­tik an Homo­se­xu­el­len und ihren gesell­schafts­po­li­ti­schen For­de­run­gen. Am 4. Febru­ar 2014 wur­de der Lun­acek-Bericht von einer deut­li­chen Mehr­heit des Euro­päi­schen Par­la­ments ange­nom­men, nach­dem auch zahl­rei­che Abge­ord­ne­te der christ­de­mo­kra­ti­schen Frak­ti­on dafür gestimmt hat­ten. Die im Bericht zitier­ten Doku­men­te beinhal­ten auch die För­de­rung und Lega­li­sie­rung der Abtrei­bung, aller­dings in ver­schlei­er­ter Form, um ein Schei­tern, wie beim Est­re­la-Bericht zu verhindern.

Marc Tarabella
Marc Tara­bel­la

Damit will sich die Abtrei­bungs­lob­by nicht zufrie­den geben. Der befürch­te­te „Rechts­ruck“ bei den Euro­pa­wah­len im Mai 2014 ist aus­ge­blie­ben. Grund genug für den bel­gi­schen Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ten Marc Tara­bel­la vom Par­ti Socia­list einen neu­en Ver­such zu unter­neh­men. Tara­bel­la, von 2007–2009 wal­lo­ni­scher Bil­dungs­mi­ni­ster, gehört nicht der Homo-Inter­grup­pe des Euro­päi­schen Par­la­ments an. Wie Est­re­la gehört auch Tara­bel­la der Frak­ti­on der Pro­gres­si­ven Alli­anz der Sozi­al­de­mo­kra­ten im Euro­päi­schen Par­la­ment an. Tara­bel­la gehört zu den „Pro­fis“ in Brüs­sel und Straß­burg. Dem Euro­päi­schen Par­la­ment gehör­te er bereits 2004–2007 an und wie­der seit 2009.

In sei­nem Antrag beharrt er dar­auf, daß „die Frau­en die Kon­trol­le über ihre sexu­el­len und repro­duk­ti­ven Rech­te haben müs­sen“, was laut Tara­bel­la nur erreicht wer­de durch einen „leich­ten Zugang zu Ver­hü­tung und Abtrei­bung“. Die EU-Mit­glieds­staa­ten wer­den nicht nur ver­pflich­tet, die­sen lega­len und unein­ge­schränk­ten Zugang zu schaf­fen, son­dern auch die Frau­en ange­mes­sen über ihre Rech­te zu infor­mie­ren und die Män­ner auf ihre „Ver­ant­wor­tung“ in Sachen „repro­duk­ti­ver Gesund­heit“ hin­zu­wei­sen. Obwohl in fast allen EU-Mit­glieds­staa­ten die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der libe­ra­li­siert wur­de und seit Jahr­zehn­ten das Aus­maß einer Mas­sen­tö­tung hat, genügt dies den euro­päi­schen Sozia­li­sten noch nicht.

Tarabella-Bericht Revanche für Estrela-Niederlage?

FAFCE startet Volksinitiative gegen Abtreibungs-Resolution
Katho­li­sche Fami­li­en­ver­bän­de star­ten Volks­in­itia­ti­ve gegen Abtreibungs-Resolution

Der Antrag wur­de am 20. Janu­ar vom Aus­schuß für die Rech­te der Frau und die Gleich­stel­lung der Geschlech­ter ange­nom­men. Der­sel­be Aus­schuß hat­te bereits den Est­re­la-Bericht her­vor­ge­bracht. 24 Aus­schuß­mit­glie­der stimm­ten gestern für den Abtrei­bungs­an­trag, neun dage­gen, zwei ent­hiel­ten sich ihrer Stim­me. Damit ist noch nichts ent­schie­den. Die Abstim­mung im Ple­num des Par­la­ments steht noch aus. Sie dürf­te wahr­schein­lich für Febru­ar ange­setzt wer­den und könn­te, wie bereits 2013 das gest­ri­ge Abstim­mungs­er­geb­nis umkip­pen. Die Sozia­li­sten suchen jeden­falls die Revan­che für die Nie­der­la­ge vom 10. Dezem­ber 2013. Eine Revan­che auf Kosten der Schwäch­sten, der unge­bo­re­nen Kin­der und der schwan­ge­ren Frau­en, die sich in einer schwie­ri­gen Situa­ti­on befin­den. Bereits im Zusam­men­hang mit dem Est­re­la-Bericht und nun erneut mit der Tara­bel­la-Reso­lu­ti­on wur­de von den Abtrei­bungs­be­für­wor­tern exzes­siv das Wort „ver­ant­wor­tungs­voll“ in den Mund genom­men. Ver­ant­wor­tungs­vol­le Poli­tik sieht aber anders aus. Sie ist kei­ne Tötungs­po­li­tik, die Men­schen zur Tötung ande­rer Men­schen verführt.

Brüs­sel geht jede juri­sti­sche Kohä­renz ab. Eine abge­lehn­te Reso­lu­ti­on, wie jene von Edi­te Est­re­la, kann nicht mit dem­sel­ben Inhalt erneut ein­ge­bracht wer­den, zudem in so kur­zem zeit­li­chem Abstand. Auch nicht von einem ande­ren Abge­ord­ne­ten. Das Euro­päi­sche Par­la­ment hat bereits dar­über befun­den und den Antrag abge­lehnt. Doch in Brüs­sel wird das Par­la­ment wie ein ein­ar­mi­ger Ban­dit ver­wen­det. Man zieht so lan­ge am Hebel, bis das gewünsch­te Ergeb­nis rauskommt.

EU-Technokraten blicken bereits auf post-2015-agenda der UNO

Die Fixie­rung auf die The­men Abtrei­bung und Ver­hü­tung hat zudem mit Mill­en­ni­ums-Ent­wick­lungs­zie­len und der post-2015-Agen­da der UNO zu tun. Im Jahr 2000 hat­te eine Arbeits­grup­pe aus Welt­bank, Inter­na­tio­na­lem Wäh­rungs­fonds und dem OECD- Aus­schuß für Ent­wick­lungs­hil­fe, kurz­um die Füh­rungs­ebe­ne der west­li­chen Welt acht Ent­wick­lungs­zie­le für das Jahr 2015 for­mu­liert. Dazu gehö­ren löb­li­che Zie­le, aber auch mit Ziel 5 die welt­wei­te Errei­chung eines „all­ge­mei­nen Zugangs zu repro­duk­ti­ver Gesund­heit“, sprich welt­wei­te Durch­set­zung der lega­li­sier­ten Abtrei­bung. Die Erste Welt setzt damit vor allem die Ent­wick­lungs­län­der unter Druck, die Gebur­ten­ra­ten durch Ver­hü­tung und Abtrei­bung zurück­zu­schrau­ben. Ziel 3 meint mit Gleich­stel­lung der Geschlech­ter längst auch die Homo-Agen­da, mit der Ent­wick­lungs­län­der zwangs­be­glückt wer­den. Sie erhal­ten inter­na­tio­na­le Dar­le­hen nur unter der Bedin­gung, daß sie Abtrei­bung, Ver­hü­tung und Homo­se­xua­li­tät lega­li­sie­ren. Eine Form von moder­nem Kolonialismus.

Die UNO ist dabei, für die Zeit nach 2015 neue Zie­le zu defi­nie­ren. Der Kampf in der EU ist auch vor die­sem Hin­ter­grund zu sehen. Die Brüs­se­ler Tech­no­kra­ten wol­len ein kla­res Wort mit­re­den und das wird wenig men­schen­freund­lich sein. Inner­eu­ro­päi­sche Dis­kus­sio­nen über Lebens­recht und Gen­der-Ideo­lo­gie soll­ten längst im Sin­ne von Bevöl­ke­rungs­kon­trol­le und Homo­se­xua­li­sie­rung abge­hakt sein. Der Est­re­la-Bericht war auch dank eini­ger Volks­in­itia­ti­ven gestoppt wor­den, mit denen die Bür­ger ein Ende des Abtrei­bungs- und Homo-Wahns for­der­ten. Aus die­sem Grund ver­sucht die Fede­ra­ti­on Of Catho­lic Fami­ly Asso­cia­ti­ons In Euro­pe (FAFCE) in Zusam­men­ar­beit mit Citi­zen­GO erneut die­sen Weg zu gehen und ruft zur Unter­stüt­zung einer neu­en Volks­in­itia­ti­ve auf, die in den ersten sechs Tagen bereits von mehr als 52.000 Men­schen unter­schrie­ben wur­de, um den Tara­bel­la-Bericht zu versenken.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons/​CitizenGO/​FAFCE/​getcaughtreading/​Screenshot

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