Papst Franziskus, Karnickel, Geburtenkontrolle, Gender-Theorie und Dalai Lama


Papst im Flugzeug
Papst im Flugzeug

(Manila/​Rom) Auf der zwei­ten flie­gen­den Pres­se­kon­fe­renz sei­ner Asi­en­rei­se sprach Papst Fran­zis­kus am gest­ri­gen Mon­tag, auf dem Rück­flug nach Rom eine Viel­zahl von The­men an. Teil­wei­se kam er auf The­men zurück, die er bereits auf dem Flug von Sri Lan­ka auf die Phil­ip­pi­nen ange­spro­chen hat­te. Da bestimm­te Stich­wor­te her­aus­ge­fischt und der Kon­test der Aus­sa­ge igno­riert wer­den, sol­len die Aus­sa­gen des Pap­stes mög­lichst wört­lich wie­der­ge­ge­ben werden.

Die beleidigte Faust

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Da war ein­mal die „Faust“, die der Papst sei­nem Rei­se­mar­schall androh­te, soll­te die­ser sei­ne Mut­ter belei­di­gen. So hat­te es Fran­zis­kus scherz­haft auf dem Weg nach Mani­la for­mu­liert, um dar­auf hin­zu­wei­sen, daß eine belei­di­gen­de Pro­vo­ka­ti­on Reak­tio­nen nach sich zie­he, wes­halb grund­sätz­lich auf Belei­di­gun­gen ver­zich­tet wer­den sol­le. Auf dem Rück­flug nach Rom sag­te er dar­auf zurückkommend:

„In der Theo­rie kön­nen wir sagen, daß eine gewalt­tä­ti­ge Reak­ti­on auf eine Belei­di­gung, eine Pro­vo­ka­ti­on kei­ne gute Sache ist. Das darf man nicht tun. In der Theo­rie kön­nen wir sagen, was das Evan­ge­li­um sagt, daß wir die ande­re Wan­ge hin­hal­ten soll­ten. In der Theo­rie kön­nen wir sagen, daß wir Mei­nungs­frei­heit haben und das ist wich­tig. In der Theo­rie sind wir alle einer Mei­nung, aber wir sind Men­schen, und es gibt die Klug­heit, die eine Tugend des mensch­li­chen Zusam­men­le­bens ist. Ich darf eine Per­son nicht stän­dig belei­di­gen, pro­vo­zie­ren, weil ich Gefahr lau­fe, sie zu ärgern, ich ris­kie­re, eine nicht rich­ti­ge Reak­ti­on zu bekom­men. Des­halb muß die Frei­heit von der Klug­heit beglei­tet sein.“

Die Geburtenregelung

Der Christ soll nicht Kin­der am Fließ­band zeu­gen. Ich habe vor eini­gen Mona­ten eine Frau in einer Pfar­rei geta­delt, weil sie beim ach­ten schwan­ger war nach sie­ben Kai­ser­schnit­ten. „Wol­len Sie sie­ben zu Wai­sen machen?“, „Nein, ich ver­traue auf Gott“. „Na schau an, Gott gibt dir die Mit­tel, sei ver­ant­wor­tungs­be­wußt.“ Das heißt, Gott zu ver­su­chen. (…) Ich glau­be, daß drei Kin­der je Fami­lie das ist, von dem die Tech­ni­ker sagen, daß es wich­tig ist, um die Bevöl­ke­rung zu erhal­ten. Des­halb ist das Schlüs­sel­wort um zu ant­wor­ten das, das die Kir­che schon immer ver­wen­de­te, auch ich: ver­ant­wor­te­te Eltern­schaft. Eini­ge mei­nen, ent­schul­digt den Aus­druck, ja – daß wir um gute Katho­li­ken zu sein, wie die Hasen sein sol­len, nicht? Nein, ver­ant­wor­te­te Eltern­schaft. Das ist klar und dafür gibt es in der Kir­che die Ehe­grup­pen, gibt es die Exper­ten dar­in, gibt es die Hir­ten und sucht man. Und ich ken­ne vie­le, vie­le zuläs­si­ge Aus­we­ge, die dabei gehol­fen haben.

Paul VI. und Humanae vitae

Was woll­te ich über Paul VI. sagen? Es stimmt, daß das Offen­sein für das Leben Vor­aus­set­zung für das Ehe­sa­kra­ment ist. Ein Mann kann nicht das Sakra­ment der Frau geben und die Frau dem Mann, wenn sie in die­sem Punkt nicht über­ein­stim­men, offen für das Leben zu sein. Die Ableh­nung Pauls VI. bezog sich nicht nur auf die per­sön­li­chen Pro­ble­me, zu denen er spä­ter den Beicht­vä­tern sagen wird, sie sol­len barm­her­zig sein und die Situa­tio­nen ver­ste­hen und ver­ge­ben. Er schau­te auf den welt­wei­ten Neo-Mal­thu­sia­nis­mus, der im Gan­ge war und der von Sei­ten der Mäch­te eine Kon­trol­le der Mensch­heit anstreb­te. Paul VI. war kein Zurück­ge­blie­be­ner, Abge­schlos­se­ner. Nein, er war ein Prophet.

Die Gender-Ideologie

Ich wer­de nur ein Bei­spiel nen­nen, das ich gese­hen habe. Vor 20 Jah­ren, 1995, hat­te ein Unter­richts­mi­ni­ster einen gro­ßen Kre­dit bean­tragt, um Schu­len für die Armen zu bau­en. Sie haben ihm den Kre­dit gege­ben unter der Bedin­gung, daß es in den Schu­len ein Buch gab für Kin­der eines gewis­sen Niveaus. Es war ein Schul­buch, ein didak­tisch gut aus­ge­ar­bei­te­tes Buch, in dem die Gen­der-Theo­rie gelehrt wur­de. Das ist die ideo­lo­gi­sche Kolo­nia­li­sie­rung: sie drin­gen in ein Volk mit einer Idee ein, die nichts mit die­sem Volk zu tun hat und kolo­nia­li­sie­ren das Volk mit einer Idee, die eine Men­ta­li­tät oder eine Struk­tur ändert oder ändern will. Wäh­rend der Bischofs­syn­ode klag­ten afri­ka­ni­sche Bischö­fe dar­über, daß für bestimm­te Kre­di­te bestimm­te Bedin­gun­gen auf­er­legt wer­den. Das ist aber nichts Neu­es. Das­sel­be mach­ten die Dik­ta­tu­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts. Sie sind mit ihrer Dok­trin ein­ge­drun­gen. Denkt an die Bal­il­la [Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on des ita­lie­ni­schen Faschis­mus], denkt an die Hit­ler­ju­gend. Es gibt einen Schrift­stel­ler, der die­ses Dra­ma der ideo­lo­gi­schen Kolo­nia­li­sie­rung erlebt hat und es in einem Buch schil­dert. Es heißt „The Lord of the Earth“ oder „The Lord of the World“. Der Autor ist Ben­son, es wur­de 1903 geschrie­ben. Ich emp­feh­le euch, es zu lesen. Wenn ihr es lest, wer­det ihr ver­ste­hen, was ich mit „ideo­lo­gi­scher Kolo­nia­li­sie­rung“ sagen will.

Die Korruption in der Kirche

Ich erin­ne­re mich, 1994, als ich gera­de zum Bischof ernannt war, daß im Stadt­teil Flo­res in Bue­nos Aires zwei Funk­tio­nä­re eines Mini­ste­ri­ums zu mir kamen, um mir zu sagen: „Sie brau­chen hier viel, bei soviel Armen in den Vil­las mise­ri­as“. „Oh ja“, sag­te ich und habe ihnen berich­tet. „Wir kön­nen Ihnen hel­fen. Wir haben, wenn Sie möch­ten, eine Hil­fe von 400.000 Pesos.“ Damals war das Ver­hält­nis Peso und Dol­lar eins zu eins: also 400.000 Dol­lar. „Das könnt ihr machen?“. „Aber ja, ja.“ Ich hör­te zu, denn wenn die Gabe so groß ist, bekommt auch der Hei­li­ge Zwei­fel: „Aber um das machen zu kön­nen, legen wir ein Depot an und dann geben Sie die Hälf­te uns.“ In dem Augen­blick über­leg­te ich, was ich tun soll­te: ent­we­der beschimp­fe ich sie und gebe ihnen einen Tritt in den Aller­wer­te­sten oder ich spie­le den Dum­men. Ich habe den Dum­men gespielt und gesagt: „Sie wis­sen, daß wir in den Vika­ria­ten kei­ne Kon­ten haben. Sie müs­sen das Geld im erz­bi­schöf­li­chen Palais hin­ter­le­gen mit Emp­fangs­be­stä­ti­gung.“ Alles da. „Ah, wir wuß­ten nicht … Auf Wie­der­se­hen“, und sie sind gegan­gen. Dann habe ich mir gedacht: Wenn die­se bei­den direkt bei mir gelan­det sind, stand wohl noch eine ande­re Absicht dahinter.

Der Dalai Lama und China

Es ist aus pro­to­kol­la­ri­schen Grün­den des Staats­se­kre­ta­ri­ats üblich, kei­ne Staats­chefs oder Per­so­nen die­ses Ran­ges wäh­rend inter­na­tio­na­ler Tagun­gen in Rom zu emp­fan­gen. Zum Bei­spiel wur­de des­halb nie­mand für die FAO emp­fan­gen. Des­halb wur­de auch der Dalai Lama nicht emp­fan­gen. Ich habe gese­hen, daß man­che Zei­tung sag­te, daß ich ihn aus Angst vor Chi­na nicht emp­fan­gen hät­te. Das stimmt nicht. Er hat um eine Audi­enz gebe­ten, und es wur­de ihm dann irgend­wann ein Ter­min genannt. Er hat­te um einen frü­he­ren gebe­ten, aber nicht für jenen Moment, und so sind wir in Bezie­hun­gen. Der Grund war aber kei­ne Zurück­wei­sung der Per­son oder aus Angst vor Chi­na. Ja, wir sind offen und wol­len den Frie­den mit allen. Und wie steht es um die Bezie­hun­gen? Tja, die chi­ne­si­sche Regie­rung ist höf­lich. Auch wir sind höf­lich und machen die Din­ge Schritt für Schritt, wie man eben die Din­ge in der Geschich­te macht, nicht? Noch weiß man nicht, aber sie wis­sen, daß ich bereit bin, zu emp­fan­gen oder hin­zu­kom­men. Sie wis­sen es.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insi­der (Screen­shot)

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