Martyrium von Erzbischof Romero anerkannt – Bedenken vom Tisch


Oscar Arnulfo Romero von El Salvador
Oscar Arnul­fo Rome­ro von El Salvador

(Rom) Das Theo­lo­gen­kol­le­gi­um der römi­schen Kon­gre­ga­ti­on für die Hei­lig- und Selig­spre­chungs­pro­zes­se hat am Don­ners­tag ein­stim­mig das Mar­ty­ri­um in odi­um fidei des Erz­bi­schofs Oscar Arnul­fo Rome­ro von San Sal­va­dor aner­kannt. Damit fal­len alle dok­tri­nel­len Ein­wän­de und Beden­ken gegen die Selig­spre­chung des latein­ame­ri­ka­ni­schen Bischofs weg.

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Die Katho­li­sche Kir­che kennt ver­schie­de­ne Wege, die zur Hei­lig­spre­chung füh­ren kön­nen. Einer davon ist das Erlei­den des Mar­ty­ri­ums. In die­sem Fall ist kein Wun­der von­nö­ten, das den Tugend­grad bekräf­tigt. Auch ist die Über­prü­fung der Lebens­wei­se, von Hand­lun­gen und Aus­sa­gen nicht wei­ter von Bedeu­tung, wie sie hin­ge­gen in ande­ren Selig­spre­chungs­ver­fah­ren ent­schei­dend ist.

Bereits im Novem­ber 2003 habe Papst Johan­nes Paul II. zu sal­va­do­ria­ni­schen Bischö­fen gesagt, die sich zum ad limi­na Besuch in Rom auf­hiel­ten, daß er Erz­bi­schof Rome­ro als Mär­ty­rer betrachte.

Erz­bi­schof Rome­ro war am 24. März 1980 am Altar, als er die Hei­li­ge Mes­se zele­brier­te, von einem Mili­tär erschos­sen wor­den. Nun hat die Voll­ver­samm­lung der Kon­gre­ga­ti­on ihre Mei­nung abzu­ge­ben, wäh­rend Papst Fran­zis­kus die Letzt­ent­schei­dung zukommt. Es wer­de „daher bald zur Selig­spre­chung kom­men“, kom­men­tier­te die Tages­zei­tung Avve­ni­re der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz in ihrer heu­ti­gen Aus­ga­be erfreut.

Bedenken nur „theologisch und doktrinell getarnt“?

Die Zuer­ken­nung des Mar­ty­ri­ums deu­tet den nahen Abschluß einer „müh­se­li­gen Cau­sa“ an, so Avve­ni­re. Das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren sei durch Ein­wän­de erschwert wor­den, es habe „Ver­su­che gege­ben, es zu brem­sen und ver­san­den zu las­sen“. Die „Ein­wän­de“ und „Ver­su­che“, wer­den von der links­ka­tho­lisch ange­hauch­ten Redak­ti­on des Avve­ni­re als blo­ße „theo­lo­gi­sche und dok­tri­nel­le Tar­nung“ abge­tan, ohne sich näher damit zu beschäf­ti­gen, oder sie gar zu nennen.

In der Tat stellt sich die Fra­ge auch nicht mehr, da mit der Zuer­ken­nung des Mar­ty­ri­ums, sofern der Papst die­ser Ein­schät­zung fol­gen soll­te, Fra­gen nach von Erz­bi­schof Rome­ro ver­tre­te­nen Posi­tio­nen für das wei­te­re Ver­fah­ren obso­let wer­den. Das Theo­lo­gen­kol­le­gi­um stell­te fest, daß die Täter nicht nur einen poli­ti­schen Geg­ner besei­ti­gen woll­ten, son­dern gehan­delt hät­ten aus Haß gegen den Glau­ben, „und die Lie­be für die Gerech­tig­keit und die Bevor­zu­gung der Armen, die Rome­ro als direk­ten Aus­fluß sei­nes Glau­bens an Chri­stus und sei­ner Treue zum Lehr­amt der Kir­che zum Aus­druck brach­te“, so die Tages­zei­tung der ita­lie­ni­schen Bischöfe.

„Im Blut­rausch, der El Sal­va­dor in jenen Jah­ren quäl­te, war Rome­ro der gute Hir­te, der bereit war, sein Leben zu opfern, um sei­ner Bevor­zu­gung für die Armen, die dem Evan­ge­li­um eigen ist, zu fol­gen“, so der Avve­ni­re.

Die Ent­schei­dung des Theo­lo­gen­kol­le­gi­ums der Hei­lig­spre­chungs­kon­gre­ga­ti­on „macht rei­nen Tisch mit jahr­zehn­te­lan­gen Ver­su­chen, der Ermor­dung Rome­ros nur eine poli­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on zu geben“, so Vati­can Insi­der. Sie bestä­ti­ge, „daß die Kir­che in El Sal­va­dor durch die Todes­schwa­dro­nen und im Bür­ger­krieg eine bru­ta­le Ver­fol­gung durch Per­so­nen erlitt, die zumin­dest sozio­lo­gisch betrach­tet, Chri­sten waren. Der Haß, der mor­de­te, wur­de auch von Sei­ten der Olig­ar­chie gehegt und geteilt, die es gewohnt war, zur Mes­se zu gehen oder kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen zu spen­den. Ein­schließ­lich angeb­li­cher Ver­ei­ni­gun­gen ‚katho­li­scher Frau­en‘, die in Zei­tun­gen kon­stru­ier­te Ankla­gen und Bös­wil­lig­kei­ten gegen ihn ver­öf­fent­lich­ten“, so Vati­can Insi­der.

Beseitigt Nihil obstat die „Nebelschwaden“ oder friert es sie ein?

Das Nihil obstat der Theo­lo­gen räumt auch die „Nebel­schwa­den“ besei­te, die mit Anspie­lun­gen das „Mär­chen“ von einem „gue­ril­lafreund­li­chen“ Rome­ro för­der­ten, von Rome­ro als „Poli­tagi­ta­tor“, der vom „Mar­xis­mus beein­flußt“ gewe­sen sei.

Postu­la­tor des Selig­spre­chungs­ver­fah­rens ist Erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia. Er mach­te sich nun die Wor­te von Rober­to Moroz­zo del­la Roc­ca zu eigen, der über Erz­bi­schof Rome­ro schrieb, daß er „ein römi­scher Prie­ster und Bischof war, gehor­sam gegen­über der Kir­che und dem Evan­ge­li­um durch die Tra­di­ti­on“. Er habe sein Hir­ten­amt „in jenem extre­men und erschüt­ter­ten Westen aus­ge­übt, der Latein­ame­ri­ka in jenen Jah­ren war, wo das Mili­tär und die Todes­schwa­dro­nen im Auf­trag der Olig­ar­chie ein gan­zes Volk bru­tal unter­drück­ten“. Damals sei es gefähr­lich gewe­sen, ein Evan­ge­li­um zu besit­zen. Wer Gerech­tig­keit ein­for­der­te, sei als Kom­mu­nist abge­stem­pelt wor­den. „Wo die Kir­che ver­folgt wur­de, weil sie sich der Rol­le ent­zog, der geist­li­che Arm der olig­ar­chi­schen Macht zu sein“.

Sorge wegen politischer Vereinnahmung

Doch nicht alle in der Kir­che waren von dem von Rober­to Moroz­zo del­la Roc­ca gezeich­ne­ten Schwarz-Weiß-Bild über­zeugt. Wäh­rend Kräf­te, die der Mili­tär­jun­ta nahe­stan­den, in El Sal­va­dor der Cau­sa ableh­nend gegen­über­stan­den, wur­de der Erz­bi­schof vor­schnell von der poli­ti­schen Lin­ken zum Säu­len­hei­li­gen erklärt, einem mehr poli­ti­schen, als reli­giö­sen Säu­len­hei­li­gen. Damit wur­de das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren zum Poli­ti­kum, was man­che Kir­chen­krei­se in Rom mit gutem Grund für bedenk­lich hiel­ten. Dort for­der­te man nach ordent­li­cher Pra­xis, die Schrif­ten und Anspra­chen des Erz­bi­schofs inhalt­lich zu über­prü­fen, was wie­der­um von links­ka­tho­li­schen Krei­sen als Ver­schlep­pungs­ver­such kri­ti­siert wurde.

Zu den Beden­ken­trä­gern gehör­te auch Kar­di­nal Joseph Ratz­in­ger als Glau­bens­prä­fekt. Der kolum­bia­ni­sche Kar­di­nal Alfon­so Lopez Tru­ji­l­lo, Con­sul­tor der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, hat­te deut­li­che Beden­ken zu Erz­bi­schof Rome­ros Ortho­do­xie ange­mel­det. Als Kar­di­nal Ratz­in­ger zum Papst gewählt wur­de, blockier­te er das Seligsprechungsverfahren.

Dabei spiel­ten sowohl Beden­ken wegen des Risi­kos einer Ver­po­li­ti­sie­rung der Selig­spre­chung eine Rol­le als auch inhalt­li­cher Klä­rungs­be­darf. Eine Rol­le spiel­te zudem, daß Tei­le der Kir­che die Gefahr sahen, daß eine Selig­spre­chung Rome­ros als „Selig­spre­chung“ der Befrei­ungs­theo­lo­gie oder gar der revo­lu­tio­nä­ren mar­xi­sti­schen Gue­ril­la­be­we­gun­gen aus­ge­legt und miß­braucht wer­den könn­te, die in den 60er-80er Jah­ren Latein­ame­ri­ka erschüt­tert und oft tief in die Katho­li­sche Kir­che ein­ge­drun­gen waren. Eine Gefahr, die von Krei­sen der poli­ti­schen Lin­ken genährt wur­de, die Rome­ro zum Sozi­al­re­vo­lu­tio­när ver­klär­ten. Die Beden­ken gin­gen soweit, daß bezwei­felt wur­de, ob der Erz­bi­schof in odi­um fidei ermor­det wur­de und es sich viel­leicht um einen von vie­len poli­ti­schen Mor­den han­del­te, die damals von bei­den kämp­fen­den Par­tei­en began­gen wurden.

Schnelle Lösungen ohne Möglichkeit zum Einspruch?

Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus wur­de das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren jedoch wie­der­auf­ge­nom­men und scheint nur in schnel­len Schrit­ten sei­nem Ende zuzu­ge­hen. Wie immer es genau um den Tugend­grad des sal­va­do­ria­ni­schen Erz­bi­schofs bestellt sein mag, erin­nert die nun­meh­ri­ge Öff­nung an die neue Form schnel­ler Lösun­gen, wie sie Papst Fran­zis­kus bereits mit der wun­der­lo­sen Hei­lig­spre­chung von Papst Johan­nes XXIII. anwand­te. Man könn­te auch vom Durch­tren­nen eines Gor­di­schen Kno­tens spre­chen. Mit der Zuer­ken­nung des Mar­ty­ri­ums wer­den alle Fra­gen und Beden­ken der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te mit einem Streich weggewischt.

Ein schnel­les Ergeb­nis ist damit sicher. Man­che Fra­gen blei­ben damit aller­dings unbeantwortet.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insider

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10 Kommentare

  1. Es wur­de auch Zeit das Erz­bi­schof Oskar Rome­ro von der Katho­li­schen Kir­che als Mär­ty­rer offi­zi­ell aner­kannt wird. Es hat lan­ge, all­zu lan­ge gedauert. 

    Ein Prie­ster wur­de wäh­rend der hei­li­gen Mes­se ermor­det. Scha­de dass der Mör­der und die Auf­trag­ge­ber und Mit­tä­ter nicht exkom­mu­ni­ziert wur­den. Ev. starb ein Auf­trag­ge­ber an Hals­krebs. Und falls der Mör­der den Erz­bi­schof am Hals traf kann man die­sen Hals­krebs des Auf­trag­ge­bers als ein Zei­chen Got­tes betragen.

  2. Nun erhält auch die Befrei­ungs­theo­lo­gie noch ihren „Mär­ty­rer“, der natür­lich kei­nes Wun­ders bedarf.
    Ein wei­te­rer Kan­di­dat für die VolxAltäre!

  3. Nur des­we­gen, weil man erschos­sen wird, ist man noch nicht auto­ma­tisch ein Hei­li­ger. Außer man wird wegen dem Ein­tre­ten für das Evan­ge­li­um und Got­tes Gebot ermordet!

    Aber das muss natür­lich erst mal geprüft und nach­ge­wie­sen wer­den. Dabei wird man wohl kaum dar­auf ver­zich­ten kön­nen, auch Reden und Schrif­ten des Ermor­de­ten zu untersuchen.

    Es wäre also wich­tig, zu wis­sen, ob das „Theo­lo­gen­kol­le­gi­um“ es auch begrün­den kann, war­um es von einem Mar­ty­ri­um, also von einem Blut­zeug­nis für Chri­stus, spre­chen will!?

    Wenn hier kei­ne ein­deu­ti­gen Grün­de genannt wer­den kön­nen, wie soll dann das Ver­fah­ren ernst­ge­nom­men werden?

  4. War­um die Eile ? Sol­che Ver­fah­ren sind irrepa­ra­bel. Da soll­te genau hin­ge­se­hen wer­den. Mit Schnell­ver­fah­ren ist der Wahr­heit nicht gedient.

  5. Wenn der Bischof beim Zele­brie­ren der hl. Mes­se, also in sei­nem Han­deln als Christ, hier: in Aus­übung sei­nes bischöf­lich-prie­ster­li­chen Amtes, aus Hass gegen Chri­stus bzw. die Kir­che oder das Chri­sten­tum, getö­tet wur­de, dann starb er, auch nach tra­di­tio­nel­lem Maß­stab, als Märtyrer.

  6. Die Selig- und Hei­lig­spre­chun­gen in die­ser kur­zen und schnel­len Zeit, füh­ren zwangs­läu­fig zu ei-
    ner gei­sti­gen Infla­ti­on. Eile ist eine Eigen­schaft die nicht von Gott kommt. Dar­über hin­aus gibt es
    genü­gend hei­lig­mä­ßi­ge Per­so­nen und Anwär­ter aus der Ver­gan­gen­heit, wel­che berück­sich­tigt wer­den soll­ten. Die Schnel­lig­keit mit der gera­de die Kon­zil­s­päp­ste, zum Teil ohne ein Wun­der, gehei­ligt wer­den, hin­ter­lässt Spu­ren wel­che dem Begriff “ Hei­lig “ nicht för­der­lich sind.

    • Die alten Regu­la­tu­ren von Papst Urban VIII. betref­fend der Ver­fah­ren zur Kano­ni­sa­ti­on haben eben dies verhindert.
      Es soll­ten gera­de nicht Eile, Emo­tio­nen und irgnd­wel­che Gefüh­le die­se Ver­fah­ren bestim­men. Doch sie tun es nun neuerdings.
      Zudem scheint auch in der post­kon­zi­lia­ren Kir­che auch der „Mar­ty­rer“ einer Neu­be­wer­tung unter­zo­gen wor­den zu sein. In der alten Kir­che wäre das Schick­sal Erz­bi­schof Rome­ros gewiß nicht als „Mar­ty­ri­um“ ein­ge­ord­net worden.

  7. Ich hof­fe, dass man das The­ma „Befrei­ungs­theo­lo­gie“ irgend­wann in der Zukunft end­lich aus dem Weg räu­men, und zu den wirk­li­chen Pro­blem­fra­gen in den Län­dern Latein­ame­ri­kas kom­men kann. Vor allem den unheil­vol­len Ein­fluss der sogen. „Markt­po­li­tik“ der nörd­li­chen Hemi­sphä­re in etwas wirk­lich Frucht­ba­res umzuwandeln.

    Wer ihn noch nicht kennt, hier der wich­tig­ste Film zum Ein­fluss der west­li­chen Olig­ar­chen auf die Län­der der 3. Welt, beson­ders Latein­ame­ri­ka (Eco­no­mic hitman/​doku – youtube):

    https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​F​f​W​c​Z​J​t​P​6NI

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