„Frauenkulturen“ des Päpstlichen Kulturrats – Frauenpriestertum, Abschaffung des Zölibats?


Kardinal Gianfranco Ravasi, Leiter des Päpstlichen Kulturrats
Kar­di­nal Gian­fran­co Rava­si, Lei­ter des Päpst­li­chen Kulturrats

(Vati­kan) Anfang Febru­ar tagt die Voll­ver­samm­lung des Päpst­li­chen Kul­tur­rats. Es kün­di­gen sich eini­ge Neu­ig­kei­ten an. Vor allem meh­ren sich irri­tie­ren­de Stim­men rund um die­se Veranstaltung.

Papst Franziskus gegen Frauenfeindlichkeit und Machismo

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Bekannt­lich ist es schwer, es allen recht zu machen. Noch etwas schwe­rer ist es, wenn man Erwar­tun­gen weckt. Gestern, Sonn­tag, sprach Papst Fran­zis­kus vor Tau­sen­den jun­gen phil­ip­pi­ni­schen Stu­den­ten an der Päpst­li­chen und König­li­chen Uni­ver­si­tät des hei­li­gen Tho­mas von Aquin in Mani­la. Das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt sprach, wie es ihm am besten zusagt, näm­lich frei. In sei­ner Anspra­che brach er eine Lan­ze für die Frau­en. Unter den Zuhö­rern befan­den sich min­de­stens eben­so­viel Mäd­chen wie Jun­gen. Aller­dings war nur ein Mäd­chen unter den Aus­ge­wähl­ten, die dem Papst eine Fra­ge vor­tra­gen durf­ten: „Es sind nur weni­ge Frau­en unter euch. Zu weni­ge. Die Frau­en haben uns viel zu sagen in der Gesell­schaft von heu­te. Manch­mal sind wir zu frau­en­feind­lich und geben den Frau­en kei­nen Raum.“

Die Uni­ver­si­dad San­to Toma­so von Mani­la wur­de 1611 gegrün­det und ist die älte­ste Uni­ver­si­tät Asi­ens. Seit 1927 steht die Imma­tri­ku­la­ti­on auch Frau­en offen. Der­zeit stu­die­ren mehr als 42.000 Stu­den­ten an der Universität.

Feministische Theologinnen werfen Papst „antiquierte Denkkategorien“ vor

Trotz der Kri­tik gegen einen „Männ­lich­keits­wahn“ schei­nen nicht alle Femi­ni­stin­nen und Theo­lo­gin­nen mit Papst Fran­zis­kus in die­sem Punkt zufrie­den zu sein. Im Gegen­teil. In der jüng­sten Aus­ga­be der Zeit­schrift der Cit­tà  dell’uomo (Stadt des Men­schen) ver­öf­fent­lich­te die pro­gres­si­ve Theo­lo­gin Maria Cri­sti­na Bar­to­lo­mei eine bei­ßen­de Kri­tik an Papst Fran­zis­kus, dem sie ein Fest­hal­ten an einem „anti­quier­ten, erstarr­ten und in alten und über­hol­ten Kate­go­rien“ ver­haf­te­ten Den­ken vorwirft.

Wenn man Theo­lo­gin­nen à  la Bar­to­lo­mei höre, ver­ste­he man den Apo­stel Pau­lus, „wenn er anord­net, daß Frau­en in der Ver­samm­lung schwei­gen sol­len“, schrieb die katho­li­sche Lebens­schüt­ze­rin Clau­dia Cira­mi in Papa­le­Pa­pa­le. Bar­to­lom­e­is „Ana­ly­se“ vati­ka­ni­scher Doku­men­te reicht kaum über die Fun­da­men­tal­kri­tik hin­aus, daß es sich um „Doku­men­te von Män­nern für Män­ner“ hand­le. Dabei ist Bar­to­lo­mei anson­sten mit Papst Fran­zis­kus „super­glück­lich“.

Progressiver Kreislauf

Die „Stadt des Men­schen“ ist eine von Giu­sep­pe Laz­z­a­ti gegrün­de­te kul­tur­po­li­ti­sche Ver­ei­ni­gung. Laz­z­a­ti (1909–1986) stammt aus dem Umfeld von Giu­sep­pe Dos­set­ti, dem ver­fah­ren­tech­ni­schen „Orga­ni­sa­tor“ der Abstim­mungs­er­fol­ge der „Rhei­ni­schen Alli­anz“ beim Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil. Dos­set­ti, der Kopf des lin­ken Flü­gels der Christ­de­mo­kra­ten, hol­te Laz­z­a­ti nach dem Krieg in die Demo­cra­zia Cri­stia­na (DC), für die er Mit­glied der ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung (1946–1948) und dann bis 1953 Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ter war. Laz­z­a­ti steht mit Dos­set­ti für jenen Teil des poli­ti­schen Katho­li­zis­mus, der von einer gemein­sa­men „sozia­len“ Zukunft mit der poli­ti­schen Lin­ken, ein­schließ­lich der Kom­mu­ni­sten träum­te oder zumin­dest für lin­ke Alli­an­zen offen war. Unter­stüt­zung fan­den sie, mit gewis­sen Vor­be­hal­ten, in einem Teil der kirch­li­chen Hier­ar­chie, die Paul VI. auf dem Papst­thron repräsentierte.

1958 bekommt Laz­z­a­ti einen Lehr­stuhl für christ­li­che Lite­ra­tur der Anti­ke an der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät in Mai­land. 1961 mach­te ihn Mai­lands Erz­bi­schof Mon­ti­ni zum Chef­re­dak­teur der katho­li­schen Tages­zei­tung „L’Italia“. Nach des­sen Wahl zum Papst Paul VI. über­nimmt Laz­z­a­ti wei­te­re Ämter. 1968 über­läßt er den Lehr­stuhl sei­nem Assi­sten­ten Ranie­ro Can­tal­am­es­sa und wird Rek­tor der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät. Ein Amt, das er bis 1983 beklei­det. 1986 gestor­ben, begann 1991 mit Hil­fe des Mai­län­der Erz­bi­schofs Car­lo Maria Mar­ti­ni das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren. Am 5. Juli 2014 erkann­te Papst Fran­zis­kus Giu­sep­pe Laz­z­a­ti als Die­ner Got­tes an.

„Rückstand“ zu 1789 aufholen

Theologinnen
Theo­lo­gin­nen

Aus die­sem Umfeld kamen nun die bis­si­gen Wor­te, dabei bemüht sich Kar­di­nal Gian­fran­co Rava­si, der Vor­sit­zen­de des Päpst­li­chen Kul­tur­rats nach Kräf­ten, den behaup­te­ten „Rück­stand“ der Kir­che in Sachen Frau­en auf­zu­ho­len. Mit „Rück­stand“ mein­te der frü­he­re Erz­bi­schof Car­lo Maria Kar­di­nal Mar­ti­ni von Mai­land die 200 Jah­re seit der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on, die die Kir­che auf­zu­ho­len habe.

Für den 4.–7. Febru­ar setz­te er eine Voll­ver­samm­lung sei­nes Dik­aste­ri­ums zum The­ma „Frau­en­kul­tu­ren: Gleich­heit und Unter­schied“ an. Sie soll über ein Doku­ment bera­ten, das von „einer Grup­pe von Frau­en im Licht der pasto­ra­len Über­le­gun­gen von Mit­glie­dern und Con­sul­to­ren aus­ge­ar­bei­tet“ wur­de. Die­se Grup­pe sei dabei, zu einer Art „Frau­en­rat“ zu wer­den, wie es auf der Inter­net­sei­te des Päpst­li­chen Kul­tur­rats mit gro­ßer Genug­tu­ung heißt. Das wäre in der Tat eine „noch nicht dage­we­se­ne Neu­heit“ im Vati­kan. Einer der neu­en Con­sul­to­ren des Dik­aste­ri­ums, die an dem Doku­ment arbei­ten, ist der „ero­ti­sche Bud­dhist“ Pablo d’Ors (sie­he den Bericht Päpst­li­cher Kul­tur­rat für Frau­en­prie­ster­tum? – Der „ero­ti­sche Bud­dhist“, den Fran­zis­kus zum Con­sul­tor mach­te). D’Ors gab bekannt, daß bei der Voll­ver­samm­lung im Febru­ar auch über die Zulas­sung des „Frau­en­prie­ster­tums“ und die Auf­he­bung des Prie­ster­zö­li­bats gespro­chen wer­de. Für bei­des sei, so der spa­ni­sche Prie­ster, „die Zeit reif“.

Teatro Argentina, „Sexy-Video“ und feministischer Bannstrahl

Priesterinnen tummeln sich um Mahltisch
Exkom­mun­zier­te „Prie­ste­rin­nen“ der Ver­ei­ni­gung  „Roman Catho­lic Women Priests“ drän­geln sich um einen „Mahl­tisch“

Daß Kar­di­nal Rava­si einen Hang für öffent­li­che Sicht­bar­keit hat, ist nicht nur inner­halb der vati­ka­ni­schen Mau­ern bekannt. So ist auch für die Eröff­nung der Voll­ver­samm­lung des Päpst­li­chen Kul­tur­rats eine Neu­heit geplant. Sie wird nicht im Vati­kan statt­fin­den, son­dern im bekann­te­sten römi­schen Thea­ter, dem Teat­ro Argen­ti­na. Der Ver­weis auf das Hei­mat­land von Papst Fran­zis­kus ist dabei ein gern gese­he­nes Neben­pro­dukt. Die Ver­an­stal­tung ist frei zugäng­lich. Zur Bewer­bung wur­de von dem vati­ka­ni­schen Dik­aste­ri­um mit der ita­lie­ni­schen Thea­ter- und Film­schau­spie­le­rin Nan­cy Bril­li ein eige­nes Video pro­du­ziert, das vor Weih­nach­ten im Inter­net ver­öf­fent­licht wurde.

Doch wer gehofft hät­te, damit alle zufrie­den zu stel­len, irr­te sich. Noch in der Weih­nachts­zeit eröff­ne­te die femi­ni­sti­sche US-Theo­lo­gin Phyl­lis Zaga­no aus den Spal­ten des Natio­nal Catho­lic Repor­ter (NCR) das Feu­er. Das Flagg­schiff der pro­gres­si­ven US-Katho­li­ken druck­te die Breit­sei­te gegen den Vati­kan, Kar­di­nal Rava­si und Nan­cy Bril­li. Zaga­no schäum­te wegen der „Sexy“-Art, mit der im Stil kom­mer­zi­el­ler Fern­seh­sen­der gewor­ben wer­de. Ein Stil, der „in den fort­schritt­lich­sten Staa­ten über­holt ist und in mehr­heit­lich mos­le­mi­schen Staa­ten völ­lig inak­zep­ta­bel ist“, so die Feministin.

Statt eines „pro­vo­kan­ten“ Wer­be­films mit einer hüb­schen Schau­spie­le­rin hät­te der Vati­kan, laut Zaga­no, eine Samm­lung von Geschich­ten von miß­han­del­ten, ver­ge­wal­tig­ten, gefan­ge­nen und ermor­de­ten Frau­en ver­öf­fent­li­chen sol­len. Um gleich kon­kret zu wer­den, liste­te die femi­ni­sti­sche Theo­lo­gin gleich sie­ben sol­cher mög­li­cher The­men auf.

Karinal Ravasi in „Sack und Asche“

Das war erst der erste Streich, doch der zwei­te folg­te sogleich. John L. Allen, jah­re­lang Vati­ka­nist des Natio­nal Catho­lic Repor­ter mit bestem Draht dort­hin, wenn auch seit 2014 beim Bos­ton Glo­be unter Ver­trag, such­te Kar­di­nal Rava­si auf für eine Stel­lung­nah­me zu Zaga­nos Angriff.

Der Kar­di­nal „sank in Sack und Asche“, so der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster. „Jetzt ver­ste­he ich, daß wir mit der Schau­spie­le­rin wahr­schein­lich einen Feh­ler gemacht haben“, konn­te Allen den Dik­aste­ri­en­lei­ter zitie­ren. Und prompt ver­schwand die eng­li­sche Fas­sung des Wer­be­vi­de­os von der Inter­net­sei­te des Päpst­li­chen Kul­tur­rats. Dort läuft nun auch auf der eng­lisch­spra­chi­gen Sei­te die ita­lie­ni­sche Fas­sung des Vide­os nach dem Mot­to: das wird in den USA schon nie­mand verstehen.

Im Inter­net ist es aller­dings noch in Umlauf, wenn auch nicht mehr vom Her­aus­ge­ber gewollt. Das Video CALL#LIFEOFWOMEN.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Catho­lic Herald/​PapalePapale

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