(Mailand) Die Säuberungswelle bei Radio Maria geht weiter. Nach dem Rauswurf von Mario Palmaro und Alessandro Gnocchi im Herbst 2013 und Roberto de Mattei im Frühjahr 2014, wurde nun auch Gianpaolo Barra, der Chefredakteur der katholischen Monatszeitschrift Il Timone aus dem Radio entfernt.
Die Epurationswelle kann in keiner Weise Papst Franziskus angelastet werden, hat aber dennoch mit ihm zu tun. Don Livio Fanzaga, der Programmdirektor von Radio Maria Italien, dem Muttersender aller Radio Maria-Sender weltweit, betreibt einen unerbittlichen vorauseilenden Gehorsam. In seinem Bestreben, tatsächliche oder auch nur vermeintliche Papsttreue zu demonstrieren, setzt er selbst langjährige, herausragende Mitarbeiter vor die Tür, weil sie es gewagt haben, nicht einmal im Radio, sondern an anderer Stelle, sich kritisch über Aussagen, Entscheidungen oder Gesten von Papst Franziskus zu äußern.
Barra sollte Antonio Socci ausladen
Die jüngste Säuberung betrifft den Journalisten Gianpaolo Barra, Chefredakteur der katholischen Zeitschrift Il Timone. Er betreute, gestaltete und moderierte seit drei Jahren auf Radio Maria einen „Glaubensgrundkurs“.
Barra fiel der radiointernen Guillotine zum Opfer, nachdem er gezögert hatte, den katholischen Publizisten Antonio Socci von der Liste der Timone-Preisträger beim Timone-Festival von Modena zu streichen, noch bevor dieser sein neuestes Buch „Non ਠFrancesco“ (Er ist nicht Franziskus) veröffentlichte. Der Autor bezweifelt in seinem Buch die Rechtmäßigkeit der Wahl von Papst Franziskus.
Socci sollte in Modena für seine publizistische Tätigkeit ausgezeichnet werden. Padre Livio hatte schon vor Drucklegung vom Inhalt des neuen Socci-Buches Kenntnis erhalten und Barra mit einer E‑Mail aufgefordert, den Publizisten aus Siena und Rektor der Journalistenschule von Perugia aus dem Festivalprogramm des Timone zu streichen. Il Timone und Radio Maria sind voneinander völlig unabhängige Einrichtungen.
Wegen zögerlicher Säuberung nun selbst gesäubert
Barra strich Socci tatsächlich vom Programm, allerdings mit einigem Zögern und Bedenken. Diese zögerliche Säuberung mißfiel den Verantwortlichen von Radio Maria und zog nun ihrerseits die Säuberung Barras aus dem Radio nach sich, wie Riscossa Cristiana den Hergang rekonstruierte. Daß Radio Maria die Darstellung nicht beanstandet, ist als Bestätigung zu werten, daß es sich um eine glaubwürdige Rekonstruktion handelt.
Nur am Rande sei erwähnt, daß neben dem inzwischen verstorbenen Mario Palmaro, neben Alessandro Gnocchi, Roberto de Mattei und Gianpaolo Barra, auch Antonio Socci zu den Mitarbeitern von Radio Maria gehörte. Sie alle wurden, obwohl sie in ihren Sendungen die Glaubenswahrheit verteidigten, in anderem Zusammenhang aber begründete Kritik an Papst Franziskus übten, aus dem Sender entfernt. Eine Form von Papolatrie, die „Papsttreue“ mit der Verehrung einer bestimmten Person verwechselt.
Bezogen die anderen Gesäuberten ihre Kritik auf konkrete Aussagen und Handlungen des regierenden Papstes, geht Socci allerdings darüber hinaus und stellt die Wahl des Papstes selbst in Frage. Eine Haltung, die innerkirchlich fast durchgehend in ihrer Begründung als zu dürftig abgelehnt wird. Socci wurden eine Reihe von objektiven Fehlern nachgewiesen, die zeigen, daß er die Fakten zur Stützung seiner Thesen nicht nur gewagt interpretiert, sondern teils ignoriert, teils umgebogen hat.
Ungeachtet dessen wütet mit der Entfernung von Gianpaolo Barra bei Radio Maria Italien weiterhin die Guillotine. „Eine Praxis, die sich wenig für einen Sender eignet, der sich „eine christliche Stimme in deinem Haus“ nennt“, so Riscossa Cristiana.
Zur sogenannnten Weltfamilie von Radio Maria, dem Dachverband aller Radio Maria-Sender gehören im deutschen Sprachraum Radio Horeb, Radio Maria Österreich, Radio Maria Südtirol und Radio Maria Deutschschweiz. Alle Sender sind in ihrer Programmgestaltung unabhängig.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana