Papst Franziskus erlaubt unierten Kirchen weltweit Priesterweihe von verheirateten Männern


Mit Rom unierten Ostkirchen dürfen weltweit verheiratete Männer weihen und in der Seelsorge einsetzen.
Mit Rom unier­ten Ost­kir­chen dür­fen welt­weit ver­hei­ra­te­te Män­ner wei­hen und in der Seel­sor­ge einsetzen.

(Rom) Wäh­rend laut Indis­kre­tio­nen die Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on für die bra­si­lia­ni­schen Ama­zo­nas-Diö­ze­sen eine Dis­pen­sie­rung vom Prie­ster­zö­li­bat prüft, bescher­te Papst Fran­zis­kus dem ver­hei­ra­te­ten Kle­rus, von den Medi­en bis­her unbe­ach­tet, einen beacht­li­chen Vormarsch.

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Inzwi­schen ist es offi­zi­ell. Die Kon­gre­ga­ti­on für die ori­en­ta­li­schen Kir­chen ver­öf­fent­lich­te neue, von Papst Fran­zis­kus appro­bier­te Bestim­mun­gen, die fak­tisch die Prie­ster­wei­he für ver­hei­ra­te­te Män­ner und die Seel­sor­ge ver­hei­ra­te­ter Prie­ster der katho­li­schen Ost­kir­chen auch außer­halb ihrer histo­ri­schen Gebie­te erlau­ben. Bis­her gal­ten aus histo­ri­schen Grün­den und auf­grund alter Uni­ons­ver­trä­ge Son­der­re­ge­lun­gen in den klar umris­se­nen histo­ri­schen Gebie­ten der mit Rom unier­ten Ost­kir­chen. Kon­kret waren dies der Nahe Osten und Tei­le des öst­li­chen Mitteleuropas.

„Gravissimum scandalum“

Eine dar­über hin­aus­ge­hen­de Anwen­dung wur­de durch die latei­ni­sche Kir­che abge­lehnt, da die ost­kirch­li­che Pra­xis dem latei­ni­schen Prie­ster­ver­ständ­nis wider­spricht. Beson­ders groß waren die Wider­stän­de in Ame­ri­ka, aber auch in Euro­pa, wie der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster berich­tet. Die Anwe­sen­heit ver­hei­ra­te­ter Prie­ster im latei­ni­schen Gebiet wäre ein „gra­vi­s­si­mum scan­dalum“ und wür­de für Ver­wir­rung sor­gen. Bisher.

In „kon­kre­ten Aus­nah­me­fäl­len“ gab es zwar ver­ein­zel­te Geneh­mi­gun­gen, die von Bene­dikt XVI. jedoch 2008 ver­schärft wur­den. Nun aber erlaub­te Papst Fran­zis­kus den unier­ten Ost­kir­chen grund­sätz­lich und ohne jede ter­ri­to­ria­le Ein­schrän­kung, Prie­ster­wei­hen durch­zu­füh­ren und ver­hei­ra­te­te Prie­ster in der Seel­sor­ge für die Gläu­bi­gen der unier­ten Kir­chen ein­zu­set­zen. Das von der Ost­kir­chen­kon­gre­ga­ti­on ver­öf­fent­lich­te Doku­ment trägt den Titel Pon­ti­fi­cia Prae­cep­ta de cle­ro Uxora­to Ori­en­ta­li und wur­de vor weni­gen Tagen in der Aus­ga­be 6/​2014 der Acta Apo­sto­li­cae Sedis (Sei­ten 496–499) ver­öf­fent­licht. Unter­zeich­net wur­de das Doku­ment bereits am ver­gan­ge­nen 14. Juni vom argen­ti­ni­schen Kar­di­nal­prä­fek­ten Leo­nar­do Sandri.

Verbot von 1890 aufgehoben

Die Fra­ge stell­te sich nicht, solan­ge die Gläu­bi­gen der katho­li­schen Ost­kir­chen in ihren histo­ri­schen Sied­lungs­ge­bie­ten leb­ten. Das änder­te sich Ende des 19. Jahr­hun­derts. Im neu­en Doku­ment heißt es, daß das Pro­blem der Seel­sor­ge der ver­hei­ra­te­ten Prie­ster bestehe, seit in den 1880er Jah­ren Tau­sen­de katho­li­sche Ruthe­nen in die sub­kar­pa­ti­schen Regio­nen Öster­reich-Ungarns und aus der West-Ukrai­ne in die USA aus­wan­der­ten. Da es gegen die Ein­set­zung ver­hei­ra­te­ter Prie­ster hef­ti­gen Wider­stand der latei­ni­schen Bischö­fe gab, erließ die Kon­gre­ga­ti­on Pro­pa­gan­da Fide am 1. Okto­ber 1890 mit Zustim­mung von Papst Leo XIII. ein Ver­bot gegen die Anwe­sen­heit ver­hei­ra­te­ter ruthe­ni­scher Prie­ster in den USA.

Die­ses Ver­bot wur­de auf die ande­ren mit Rom unier­ten Ost­kir­chen aus­ge­wei­tet und auf alle Gebie­te auch außer­halb von Ame­ri­ka und Euro­pa, die nicht histo­risch zum Ein­zugs­be­reich die­ser Kir­chen gehör­ten, angewandt.

Die Fol­ge sei gewe­sen, so die Ost­kir­chen­kon­gre­ga­ti­on, daß schät­zungs­wei­se 200.000 ruthe­ni­sche Gläu­bi­ge zu den Ortho­do­xen über­ge­tre­ten sind. Wenn es seit­her­Aus­nah­men gab, so nur nach Anhö­rung der zustän­di­gen Bischofs­kon­fe­renz und nach Zustim­mung des Hei­li­gen Stuhls. Seit 2008 stand jede Ent­schei­dung allein dem Hei­li­gen Stuhl zu.

Verweis auf anglikanische Personalordinariate

In der nun ver­öf­fent­li­chen welt­wei­ten Erlaub­nis wird dar­an erin­nert, daß mit der Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on Angli­ca­n­o­rum coe­ti­bus von 2009 der ver­hei­ra­te­te ehe­ma­li­ge angli­ka­ni­sche Kle­rus de fac­to auch für Gebie­te zuge­las­sen wur­de, die dem unier­ten ver­hei­ra­te­ten Kle­rus bis­her ver­wehrt waren. Daß es sich dabei ledig­lich um eine Über­gangs­re­ge­lung für die in die Ein­heit mit Rom zurück­keh­ren­den angli­ka­ni­schen Kle­ri­ker mit Fami­lie han­delt, wäh­rend auch für die „angli­ka­ni­schen“ Per­so­nal­or­di­na­ria­te kei­ne ver­hei­ra­te­ten Män­ner zu Prie­stern geweiht wer­den kön­nen, wird nicht erwähnt.

Anschlie­ßend führt das Doku­ment die neu­en, von Papst Fran­zis­kus gewähr­ten Bestim­mun­gen an, die der „zustän­di­gen kirch­li­chen Auto­ri­tät die Befug­nis ertei­len, den pasto­ra­len Dienst des ver­hei­ra­te­ten ori­en­ta­li­schen Kle­rus auch außer­halb der histo­ri­schen Gebiet zu erlau­ben“ und dort auch Prie­ster­wei­hen vorzunehmen.

Drei Möglichkeiten

Erstens: Wo unier­te ost­kirch­li­che Ver­wal­tungs­ein­hei­ten mit eige­nen Hier­ar­chen (Metro­po­li­ten, Epar­chen, Exar­chen) bestehen, wird die­sen direkt die Ent­schei­dungs­be­fug­nis zuge­stan­den. Ihnen wird auch die Zustän­dig­keit gewährt, ver­hei­ra­te­te ost­kirch­li­che Kan­di­da­ten zu Prie­stern zu wei­hen. Ein­zi­ge Auf­la­ge ist es, den zustän­di­gen latei­ni­schen Bischof des Wohn­or­tes des Kan­di­da­ten dar­über zu informieren.

Zwei­tens: In den Ordi­na­ria­ten der ost­kirch­li­chen Gläu­bi­gen ohne eige­ne Hier­ar­chen wird die­sel­be Zustän­dig­keit den latei­ni­schen Ordi­na­ri­en über­tra­gen. Als Auf­la­ge haben sie dar­über die zustän­di­ge Bischofs­kon­fe­renz zu infor­mie­ren. Papst Fran­zis­kus selbst war in sei­ner Zeit als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires auch Ordi­na­ri­us für die Gläu­bi­gen der katho­li­schen Ost­kir­chen Argentiniens.

Drit­tens: In den Gebie­ten, wie zum Bei­spiel Ita­li­en, in denen die Gläu­bi­gen der katho­li­schen Ost­kir­chen über kei­ne eige­nen terri­tria­len Ver­wal­tungs­ein­hei­ten ver­fü­gen und deren Seel­sor­ge den latei­ni­schen Bischö­fen über­tra­gen ist, gilt die bis­he­ri­ge Rege­lung. Son­der­ge­neh­mi­gun­gen sind nach Anhö­rung der zustän­di­gen Bischofs­kon­fe­renz der Ost­kir­chen­kon­gre­ga­ti­on vorbehalten.

Die Maß­nah­me hat an sich kei­ne Aus­wir­kun­gen für die latei­ni­schen Gläu­bi­gen. Ein Über­tritt aus dem latei­ni­schen Ritus in eine unier­te Ost­kir­che ist fak­tisch nicht vor­ge­se­hen, da die­se eth­nisch-kul­tu­rell an ein bestimm­tes Volk gekop­pelt sind. Man könn­te  die neu­en Bestim­mun­gen als prak­ti­sche Erleich­te­run­gen für die unier­ten Kir­chen betrach­ten, deren Dia­spo­ra sich durch Migra­ti­on und Flucht über immer mehr Län­der erstreckt. Den­noch stellt sich jen­seits rein funk­tio­na­ler Über­le­gun­gen die Fra­ge nach Sinn­haf­tig­keit und Berech­ti­gung eines sol­chen unein­ge­schränk­ten Ent­ge­gen­kom­mens für eine Pra­xis, die von der latei­ni­schen Kir­che abge­lehnt wird. Aus einer Aus­nah­me­re­ge­lung wird Nor­ma­li­tät und damit gewis­ser­ma­ßen Selbst­ver­ständ­lich­keit. Da sich unter Papst Fran­zis­kus der Druck pro­gres­si­ver Krei­se auf Auf­he­bung des Prie­ster­zö­li­bats schlag­ar­tig erhöht hat, wer­den die­se Krei­se die Maß­nah­men jeden­falls als Was­ser auf ihre Müh­len betrachten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo

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