Mit Gewalt ins Paradies – Islam und Gewalt (5)


Dschihadisten des Islamischen Staates (IS)
Dschi­ha­di­sten des Isla­mi­schen Staa­tes (IS)

Sala­fi­sten- und Dschi­ha­di­sten-Pre­di­ger locken jun­ge Mus­li­me mit phan­ta­sti­schen Para­dies-Erzäh­lun­gen in die isla­mi­sti­schen Kampf­zo­nen. Was ist von den Lohn­ver­spre­chun­gen für Kampf-Mär­ty­rer zu halten?

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Ein Gast­kom­men­tar von Hubert Hecker

Der Spie­gel berich­tet in der Num­mer 39/​2014 von drei jun­gen Aus­stei­gern aus Ham­burg, die zu Ein­stei­gern in den IS-Ter­ro­ris­mus wur­den. Alle drei kom­men aus mus­li­mi­schen Fami­li­en, ohne sich zunächst an die Scha­ria-Regeln zu hal­ten. Auf einer Urlaubs­rei­se wer­den Ach­met und sei­ne Freun­de zu prak­ti­zie­ren­den Mos­lems. Wenig spä­ter beginnt die Radi­ka­li­sie­rung durch Sala­fi­sten-Pre­di­ger wie Pierre Vogel: Scha­ria sei die ein­zig gül­ti­ge Rechts­ord­nung – auch in Deutsch­land. Die­ben gehö­re die Hand abge­hackt. Ungläu­bi­gen sei der Tod zu wünschen.

Islam soll sich lohnen

Vor­erst müs­sen die Islam-Novi­zen eine Men­ge Ge- und Ver­bo­te ler­nen und vor allem prak­ti­zie­ren. Wer etwa nicht vor­schrifts­mä­ßig fastet, kommt nie ins Para­dies. Alle Gebe­te sind strikt nach Form und Ritu­al zu ver­rich­ten, sonst wer­den sie nicht ange­rech­net. Denn alle ihre Taten, so glaubt das Trio, wer­den von Allahs Engeln über­wacht und regi­striert. Ein Engel auf der rech­ten Schul­ter notiert die guten Taten, der Engel zur Lin­ken listet die Feh­ler auf. Frau­en auf die Bei­ne zu star­ren wird eben­so nega­tiv ver­merkt wie unzu­rei­chen­des Fasten. Mit zusätz­li­chen Gebets­for­meln kann das Kon­to jedoch wie­der auf­ge­stockt wer­den. Das gibt „vie­le Extra­punk­te“, glau­ben die drei laut Spie­gel-Bericht.

In etwa vier Dut­zend Suren behaup­tet der Koran den engen Zusam­men­hang zwi­schen irdi­schen Wer­ken und Him­mels­lohn bzw. Höl­len­stra­fen. Jeden­falls wird dem Koran-Leser klar­ge­macht, dass aus sei­nen guten Wer­ken der himm­li­sche Lohn erwächst. Die­se jen­sei­ti­ge Tarif-Sicher­heit spielt für die Moti­va­ti­on der Selbst­mord- und Kampf-Mär­ty­rer eine wesent­li­che Rolle.

Das Aus­ma­len der Him­mels­flu­ren und die dra­sti­schen Höl­len­pre­dig­ten Moham­meds bewir­ken viel­fach bei Mos­lems, dass sie sich aus äußer­li­cher Moti­va­ti­on an die Vor­schrif­ten und Gebo­te hal­ten. Almo­sen wird gege­ben, damit man nicht in die Höl­le kommt – so sug­ge­riert es Sure 7,44. Also nicht um der Armen wil­len wer­den die Gaben gespen­det, aus Näch­sten­lie­be etwa – christ­lich gespro­chen -, son­dern weil das ent­spre­chen­de Gebot himm­lisch oder höl­lisch sank­tio­niert wird.

Eine lohn­ge­trie­be­ne und straf­ver­mei­den­de Hand­lungs­ma­xi­me ist dage­gen aus der christ­li­chen Bibel nicht zu ent­neh­men. Zwar ver­weist Jesus an eini­gen Stel­len die nach irdi­schem Lohn Hei­schen­den auf den himm­li­schen Vater, der die Taten beloh­nen wer­de. Aber die Struk­tur der ‚christ­li­chen Ver­fas­sung’ in der Berg­pre­digt ist dar­auf aus­ge­rich­tet, die Viel­zahl der alt­jü­di­schen Vor­schrif­ten auf das Dop­pel­ge­bot der Got­tes- und Näch­sten­lie­be zu ori­en­tie­ren, den Antrieb zum Gutes­tun in die Inner­lich­keit zu ver­le­gen sowie auf die ent­schei­den­den Inten­tio­nen der Her­zens­kräf­te des Men­schen hin­zu­wei­sen (vgl. Mt 15,15ff).

Gleich­wohl bleibt es die bibli­sche Bot­schaft, dass der jen­sei­ti­gen Ret­tung und Erlö­sung der ein­zel­nen Men­schen eine irdi­sche Lebens­form des gott­ge­fäl­li­gen Tuns und Stre­bens ent­spre­chen muss.

Zurück zu den himmlisch-höllischen Vor- und Nachstellungen im Koran

72 Huris als Paradiesharem
72 Huris als Paradiesharem

Neben dem ver­locken­den Lohn­kon­to als Para­dies-Vor­sor­ge wird im Islam auch ein Droh-Sze­na­rio über den dia­bo­li­schen Engel zur Lin­ken auf­ge­baut. Nach Sure 50,18ff wird in der Todes­stun­de der lin­ke Engel dem Men­schen auf dem Weg zum Gericht alle sei­ne bösen Taten ins Ohr schrei­en. Allein die Vor­stel­lung vom Ankla­ge-Engel stei­gert schon im Leben von Mus­li­men die Angst vor Tod und Gericht ins Unermessliche.

Es gibt nur einen Weg, die­ser Spieß­ru­ten-Drang­sal des höl­li­schen Quäl­gei­stes zu ent­kom­men: die Selbst­op­fe­rung im Kampf-Tod des Dschihads.

Hat­te nicht Moham­med selbst den Kampf­tod im Krieg gegen die Ungläu­bi­gen als höchst erstre­bens­wert hin­ge­stellt? Es heißt in Sure 9,52: „Eins der bei­den schön­sten Din­ge wird uns tref­fen: Sieg oder Mär­ty­rer­tod“ – Sieg und irdi­sche Beu­te oder Kampf­tod und Paradiesbelohnung.

Im Umfeld der isla­mi­sti­schen Ham­bur­ger Taq­wa-Moschee wur­den die drei Jugend­li­chen für den isla­mi­schen Dschi­had in Syri­en heiß gemacht. Die Ima­me ver­spra­chen jedem Frei­wil­li­gen para­die­si­sche Beloh­nung. Wer als Kampf-Mär­ty­rer ster­be, käme direkt in den sieb­ten Him­mel. Er könn­te neben dem Pro­phe­ten schmau­sen, Wein trin­ken und Huris vernaschen.

Nach dem glei­chen Muster gehen die IS-Wer­ber der Grup­pe Scharia4Belgium vor, die zur­zeit in Ant­wer­pen vor Gericht ste­hen. Der Füh­rer der Grup­pe erklär­te den Tod auf dem Schlacht­feld als höch­ste Form der Selbst­op­fe­rung für Allah. Daher sei dem Kampf-Mär­ty­rer „der höch­ste Platz im Para­dies garan­tiert“ – eben­so „70 oder 100 Jungfrauen“.

Islamisches Paradies als Übersteigerung irdischer Genüsse

Wäh­rend in den unte­ren Him­mels­gär­ten nur Gläu­bi­ge mit einem mitt­le­ren Wer­ke-Kon­to bei Kräu­tern und Zwerg­ge­wäch­sen vor­lieb neh­men müss­ten, wird der sieb­te Him­mel von Moham­med als präch­ti­ger Oasen-Gar­ten vor­ge­stellt mit gro­ßen Schat­ten-Bäu­men und tief­hän­gen­den Früch­ten. Obst, Fleisch und Geflü­gel wer­den im Über­fluss gereicht; es krei­sen Becher mit Wein, der den Kopf nicht schmerzt. Die Gewän­der der Gläu­bi­gen sind aus grü­nem Samt und rei­ner Sei­de. Sie sit­zen auf gold­durch­wirk­ten Kis­sen und tra­gen sil­ber­ne Arm­rei­fen. Schö­ne Kell­ner-Jüng­lin­ge in ste­ti­ger Jugend­blü­te laden im himm­li­schen Schla­raf­fen­land zur ewi­gen Fei­er ein. Eben­so war­ten Jung­frau­en mit schwel­len­dem Busen und gro­ßen schwar­zen Augen den Gläu­bi­gen auf (vgl. Sure 56, 76 und 78).

Para­dies bedeu­tet für die Mus­li­me offen­bar eine Stei­ge­rung irdi­scher Genüs­se. Der „Him­mel“ wird als eine mär­chen­haf­te Auf­bau­schung von irdi­schem Sin­nen­rausch und Lei­bes­won­nen aus­ge­malt. Teil­wei­se – etwa bezüg­lich Alko­hol – wird das Para­dies als eine dia­lek­ti­sche Über­stei­ge­rung der lebens­stren­gen Bedui­nen­ge­mein­schaft gesehen.

Der christliche Himmel bedeutet: Gott allein genügt

Die christ­li­che Bibel hat den Him­mel stets nur zurück­hal­tend beschrie­ben, teils mit Ver­glei­chen (Hoch­zeits­mahl, himm­li­sches Jeru­sa­lem), teils mit Meta­phern (Licht, Leben, Aus­ru­hen). Pau­lus betont das Nicht­wis­sen und Anders­sein des Zustands nach dem Tode. In der Johan­nes-Apo­ka­lyp­se wird der Him­mel mit der Nega­ti­on irdi­schen Leids umschrie­ben: kei­ne Trä­nen, Trau­er, Kla­ge, Müh­sal und vor allem kein Tod.

Die­se Zurück­hal­tung der bibli­schen Autoren hat etwas mit dem christ­li­chen Ver­ständ­nis von Gott zu tun. Im „Him­mel“ las­sen die Seli­gen alle irdi­schen und leib­li­chen Genüs­se hin­ter sich. Ins­be­son­de­re wird „bei der Auf­er­ste­hung weder gehei­ra­tet noch ver­hei­ra­tet (vgl. Mt 22,30). Denn: „Gott allein genügt“ (The­re­sia von Avila). Weder Son­ne noch Mond braucht die himm­li­sche Stadt, da die Herr­lich­keit Got­tes sie erleuch­tet (Apo­ka­lyp­se). Die Nähe zum lie­ben­den Gott, die Lie­be Got­tes selbst ist der „Him­mel“, eine per­so­na­le Bezie­hung, eher ein Zustand als ein Ort.

Wie kann das sein?

Gott ist nach christ­li­cher Theo­lo­gie rei­ne Lie­be, die sich im tri­ni­ta­ri­schen Ver­hält­nis zeigt: Gott Vater und Gott Sohn lie­ben sich gegen­sei­tig, der Hl. Geist, der von bei­den aus­geht, stellt die gött­li­che Lie­be dar. Es ist die­se alles durch­glü­hen­de und ver­wan­deln­de Lie­be Got­tes, die die Schöp­fung ins Leben rief und die am Ende der Zei­ten zur Auf­er­weckung der Toten ruft. Die Teil­ha­be an die­ser tri­ni­ta­ri­schen Lie­be ist der Him­mel der erlö­sten Christen.

Die­se gott­zen­trier­te Glück­se­lig­keit der Chri­sten unter­schei­det sich him­mel­weit von dem kora­ni­schen Schla­raf­fen­land des Islam, in dem Allah kei­ne Rol­le spielt. Wie soll­te auch Allah die leib­li­chen Genüs­se und ero­ti­schen Won­nen mit den 72 Huris noch stei­gern können?

Einen Jungfrauen-Harem für jeden Kampf-Märtyrer

„Bei Huris mit gro­ßen schwar­zen Augen wer­den sie woh­nen“, ver­spricht Moham­med in Sure 55 und 56, „Jung­frau­en mit keusch gesenk­tem Blick, weder von Men­schen noch von Dschin­nen vor­her berührt, Frau­en einer beson­de­ren Schöp­fung: Wir mach­ten sie zu Jung­frau­en, von ihren Gat­ten, wel­che im glei­chen Alter sind, stets gleich geliebt.“
Die Huris als himm­li­sche Schöp­fun­gen Allahs sind ewig gleich blei­bend jung und schön. Damit die Män­ner bei den 72 Huris nicht vor­zei­tig schlapp machen, blei­ben auch sie auf ewig 30 Jah­re jung und ihre Potenz wird aufs 70fache gestei­gert – so weiß es die isla­mi­sche Tradition.

Wo blei­ben eigent­lich die irdi­schen Gat­tin­nen der Ara­ber-Män­ner, wenn die neu „mit Jung­frau­en ver­mählt“ wer­den? Ver­hei­ra­te­te Frau­en kom­men in den zahl­rei­chen Him­mels­su­ren nicht oder nur am Ran­de vor. Ver­ständ­lich, dass sie gegen­über den Huris-Gespie­lin­nen kei­ne Chan­cen haben im himm­li­schen Harem ihrer ehe­ma­li­gen Gatten.

Verzückung durch paradiesische Pedal-Erotik

Auch Ach­met und sei­ne Freun­de waren von der Aus­sicht, als jun­ge Kampf-Mär­ty­rer in den Besitz von 72 Jung­frau­en zu kom­men, hoch­mo­ti­viert für den Dschi­had in Syri­en. Beson­ders beein­druckt hat sie die Geschich­te von dem ori­en­ta­li­schen Bau­ern, die sie dem Spie­gel-Repor­ter erzählen:
Der Mann hat­te die attrak­tiv­ste Frau im Dorf gehei­ra­tet. Gleich­wohl bat er Allah, ihm eine der para­die­si­schen Jung­frau­en zu zei­gen. Allah gewähr­te ihm zwar nur einen Blick auf einen jung­fräu­li­chen Fuß, doch die­ser Fuß erschien dem Bau­ern so unvor­stell­bar schön, dass er sei­ne Frau nie mehr anrührte.

Was ist die Moral von der Geschich­te? Es wür­de sich loh­nen, für den Islam zu töten und zu sterben.

Der Dschihad Kampf ist aber nicht nur lohnend, sondern auch Pflicht

Der Islam-Gelehr­te Fadhl­allah Maha­la­ti drückt es so aus: „Ein Gläu­bi­ger, der zusieht, wie der Islam mit Füßen getre­ten wird und nichts dage­gen unter­nimmt, wird in der unter­sten Schicht der Höl­le lan­den – neben den Juden. Aber jener, der ein Gewehr in die Hand nimmt, einen Dolch, ein Küchen­mes­ser oder auch nur einen Kie­sel­stein, um damit den Fein­den des Glau­bens zu scha­den und sie zu töten, der kann sich sei­nes Plat­zes im Para­dies sicher sein.“

Schon die Schul­kin­der in den isla­mi­schen Län­dern wer­den auf Mär­ty­rer­kampf und Para­dies­lohn ein­ge­schwo­ren. Eine Ana­ly­se von 40 Schul­bü­chern in ara­bi­schen Län­dern ergab, dass die Betei­li­gung am Dschi­had unter Ein­satz des Lebens für die Kin­der als Pflicht dar­ge­stellt wird: „Wört­lich bezeich­nen die Tex­te das Kampf-Mär­ty­rer­tum als ein ‚pro­fi­ta­be­les Geschäft’, bei dem der Gläu­bi­ge sei­ne See­le an Allah ver­kauft und dafür einen Platz im Para­dies sicher hat“ (FAZ 18. 1. 02). Eben­falls wird den Schul­kin­dern schon mit Höl­len­stra­fen gedroht, wenn man sich wei­gern wür­de, zum Kampf­tod für den Islam bereit zu sein – so ein Text für die fünf­te Klasse.

Von den drei jun­gen Stre­bern nach ero­ti­schem Mär­ty­rer­lohn hat bis­her nur einer den Abflug in die isla­mi­sti­sche Kampf­zo­ne geschafft. Der Höhen­flug von Ach­met und sei­nem Freund schei­ter­te schon am Boden dar­an, dass sei­ne miss­trau­isch gewor­de­ne Tan­te die Päs­se aus dem fer­tig gepack­ten Rei­se­kof­fern nahm: Aus der Traum vom schnel­len Para­dies! Auch wenn ihn noch manch­mal die Sehn­sucht nach dem jung­fräu­li­chen Fuß einer Huri ver­zückt – Ach­met ver­sucht wie­der auf dem Boden der zivi­len Rea­li­tät zu landen.

Text: Hubert Hecker
Bild: Tempi/​Pierre Vogel auf You­tube (Screen­shot)

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