Glauben als Bedrohung – Felsbrocken in Jesuitenkirche visualisiert „das Belastende am Glauben“


Jesuitenkirche in Wien
Jesui­ten­kir­che in Wien

(Wien) Je weni­ger Men­schen glau­ben, desto mehr wird der Kir­chen­raum für lit­ur­gie­frem­de „Events“ genützt. Seit Don­ners­tag „schwebt“ in der Wie­ner Jesui­ten­kir­che über den Köp­fen der Kirch­gän­ger ein gro­ßer Fels­brocken. Die acht Meter hohe, innen hoh­le, aber den­noch 700 Kilo­gramm schwe­re Kunst­stoff­skulp­tur will das „Bedroh­li­che am Glau­ben“ ausdrücken.

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Die 700 Kilo-Last hängt im Lang­schiff nur an zwei Mil­li­me­ter dicken Stahl­sei­len von der 20 Meter hohen Kir­chen­decke. Die Skulp­tur stammt von der Künst­ler­grup­pe Steinbrener/​Dempf & Huber. Es gehe um die Via­sua­li­sie­rung der „bedroh­li­chen Momen­te“ des The­mas Glauben.

Die Instal­la­ti­on nennt sich „To be in Lim­bo“ hat aller­dings mit dem Lim­bus nichts zu tun, son­dern meint auf Deutsch „In der Schwe­be sein“. Durch den Fels­brocken „bela­stet“ bleibt die Jesui­ten­kir­che über Ostern bis zum 19. April 2015, dem Sonn­tag nach dem Wei­ßen Sonn­tag (Barm­her­zig­keits­sonn­tag). Anschlie­ßend wird die „Last des Glau­bens“ in der Ham­bur­ger St. Katha­ri­nen-Kir­che zu sehen sein.

Faszination Raum mit anlaßbezogen religiös verbrämter Skulptur

Last des Glaubens Jesuitenkirche
„Last des Glau­bens“ Jesuitenkirche

Die Künst­ler sind von der Höhe und Wei­te des Kir­chen­rau­mes fas­zi­niert. Idea­le Vor­aus­set­zun­gen zur Sicht­bar­ma­chung ihres Kunst­wer­kes, „da es sel­ten so hohe und gro­ße Räu­me gibt, wo man so etwas machen kann“, sag­te Chri­stoph Stein­bre­ner dem ORF. Besten­falls Bahn­hö­fe kön­nen noch ver­gleich­ba­re Raum­pro­por­tio­nen bie­ten, kaum jedoch Museen.

Die Künst­ler wol­len ihre Skulp­tur aber kei­nes­wegs nur im sakra­len Raum zei­gen, son­dern auch im pro­fa­nen Ambi­en­te. Gedacht sei an eine Expo­si­ti­on im Kri­stall­pa­last von Madrid. Geklärt sei die Fra­ge aber noch nicht. Denn, so Stein­bre­ner fle­xi­bel, mit der Umge­bung wür­de sich auch die Bedeu­tung des Kunst­werks verändern.

Im Kri­stall­pa­last von Madrid könn­te der Fels­brocken den Kon­trast „leicht/​schwer“ visua­li­sie­ren, so der Künst­ler, der schon ein­mal „Gast“ in der Jesui­ten­kir­che von Wien war. 2007 deck­te er die Decke der Kir­che mit einem NASA-Bild ab. Auf die Besu­cher schau­ten nicht mehr Hei­li­ge und Engel her­ab, son­dern das Welt­all. Eben­so betrach­te­te der Kirch­gän­ger nicht mehr das Him­mel­reich, son­dern den Sternenhimmel.

Das Künst­ler­trio setzt sich zusam­men aus Chri­stoph Stein­bre­ner (Bild­hau­er), Rai­ner Dempf (Gra­phi­ker) und Mar­tin Huber (Archi­tekt). Ihre Arbei­ten „the­ma­ti­sie­ren gesell­schaft­li­che Sach­ver­hal­te“, so die Eigen­be­schrei­bung. Im sakra­len Raum waren sie bis­her nicht tätig, auch nicht zu reli­giö­sen The­men. Die „Belastungs“-These ist letzt­lich auch kein reli­giö­ses The­ma. Die Aus­ma­ße des Raums haben ange­zo­gen, die Inter­pre­ta­ti­on der Kunst­stoff­skulp­tur scheint nach­träg­lich adaptiert.

Die Wie­ner Jesui­ten­kir­che wur­de durch eine Stif­tung von Kai­ser Fer­di­nand II. wahr­schein­lich nach Plä­nen von Gio­van­ni Bat­ti­sta Car­lo­ne erbaut und 1631 geweiht, nach­dem dem Orden des Hei­li­gen Igna­ti­us von Loyo­la die Lehr­stüh­le für Phi­lo­so­phie und Theo­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Wien über­tra­gen wor­den waren. Geweiht ist sie den bei­den Ordens­hei­li­gen Igna­ti­us und Franz Xaver. Nach der Auf­he­bung des Jesui­ten­or­dens, wur­de die Kir­che den Bene­dik­ti­nern (Schwarz­s­pa­nier) über­ge­ben, war dann Gar­ni­sons­kir­che und kehr­te 1856 in die Hand des wie­der­errich­te­ten Jesui­ten­or­dens zurück.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons/​ORF (Screen­shot)

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