„Abtreibung abschaffen, hieße Todesstrafe wiedereinführen“ – Frankreich feiert 40 Jahre legalen Kindermord


Catherine Deneuve bezeichnet Massenmord an Kindern als "Grundrecht" der Frauen
Cathe­ri­ne Deneuve bezeich­net Mord an Kin­dern als „Grund­recht“ der Frauen

(Paris) Gedenk­ta­ge kön­nen Aus­druck des Volks­emp­fin­dens oder staat­lich gelenkt sein. Die Hoheit über das kol­lek­ti­ve Gedächt­nis ist von Ideo­lo­gen hart umkämpft. Gedacht wird in jedem Land prä­gen­der histo­ri­scher Stern­stun­den oder schwer­wie­gen­der Ver­bre­chen. Das sozia­li­stisch regier­te Frank­reich ist drauf und dran einen Para­dig­men­wech­sel auch in der Gedenk­po­li­tik zu voll­zie­hen. An Sei­ne und Rho­ne empö­ren sich Estab­lish­ment und ver­öf­fent­lich­te Mei­nung nicht über ein gigan­ti­sches Ver­bre­chen, son­dern fei­ern es.

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Um den 40. Jah­res­tag der Loi Veil zu fei­ern, mit der in Frank­reich 1975 die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der lega­li­siert wur­de, ver­ab­schie­de­te die Natio­nal­ver­samm­lung in Paris eine Reso­lu­ti­on, um „die Bedeu­tung des Grund­rech­tes der frei­wil­li­gen Schwan­ger­schafts­un­ter­bre­chung für alle Frau­en in Frank­reich, in Euro­pa und auf der gan­zen Welt zu bekräftigen“.

Bei der Abstim­mung im fran­zö­si­schen Unter­haus waren zwar nur 151 von 577 Abge­ord­ne­ten anwe­send, doch die­se stimm­ten mit Aus­nah­me von sie­ben Abge­ord­ne­ten alle für die Reso­lu­ti­on. Die star­ke Abwe­sen­heit ist ein schwa­ches Ableh­nungs­in­diz, da den Anwe­sen­den die Deu­tungs­ho­heit über­las­sen wurde.

Das Grundrecht zu töten

Was vor 40 Jah­ren offi­zi­ell als ulti­ma ratio in Aus­nah­me­fäl­len ein­ge­führt wur­de, wird heu­te vom fran­zö­si­schen Par­la­ment als „Grund­recht“ behaup­tet. Ein Recht zu töten als Grund- und Men­schen­recht per­ver­tiert die Idee der Men­schen­rech­te und ent­blößt den Rechts­po­si­ti­vis­mus als brand­ge­fähr­li­che Rechtstheorie.

Die Reso­lu­ti­on hat nur sym­bo­li­schen Cha­rak­ter, aber kei­ne recht­li­che Rele­vanz. Eine so ein­deu­ti­ge Wil­lens­be­kun­dung eines Par­la­ments läßt jedoch kaum meri­to­ri­schen Inter­pre­ta­ti­ons­spiel­raum, schließ­lich zäh­len auch Sym­bo­le. In Frank­reich kön­nen seit 40 Jah­ren unge­bo­re­ne Kin­der legal getö­tet wer­den. Bis­her gab es jedoch kein offi­zi­el­les Par­la­ments­do­ku­ment, in dem der Kin­der­mord als „Frau­en­recht“ und schon gar nicht als „Grund­recht“ bezeich­net wur­de. Die For­mu­lie­rung will sagen, daß das Recht das eige­ne Kind töten zu kön­nen oder töten zu las­sen, kon­sti­tu­tiv zum Frau­sein gehöre.

Der recht­li­che und mora­li­sche Para­dig­men­wech­sel wird um so ekla­tan­ter, wenn die mas­sen­mör­de­ri­sche Pra­xis und die Par­la­ments­re­so­lu­ti­on mit dem Arti­kel 16 des fran­zö­si­schen Droit civil ver­gli­chen wird. Die­ser defi­niert als tat­säch­li­ches Grund­recht den Schutz des mensch­li­chen Lebens von der Zeu­gung an. Er defi­niert, garan­tiert aber nicht mehr, seit die Abtrei­bung lega­li­siert wurde.

Die Abtrei­bung wur­de 1975 nur als aus­nahms­wei­se Abwei­chung von die­sem Grund­satz lega­li­siert. Eine fata­le Aus­nah­me­be­stim­mung, deren Fata­li­tät aller­dings bereits damals abseh­bar war.

Abtreibung und Todesstrafe

An Hamida Djandoubi, einem Zuhälter in Marseille, wurde 1977 die letzte Todesstrafe in Frankreich exekutiert.
An Hami­da Djan­dou­bi, einem Zuhäl­ter in Mar­seil­le, wur­de 1977 die letz­te Todes­stra­fe in Frank­reich exekutiert.

40 Jah­re spä­ter hat der lega­le Mord die Men­ta­li­tät der Men­schen ver­än­dert. Was das Gesetz erlaubt, gilt auch als ethisch erlaubt und brach­te eine Abtrei­bungs­men­ta­li­tät her­vor. Bezeich­nen­des Bei­spiel dafür ist Cathe­ri­ne Deneuve. Um die „Errun­gen­schaft“ des mas­sen­haf­ten Kin­der­mor­des zu fei­ern, ver­faß­te die bekann­te fran­zö­si­sche Schau­spie­le­rin den Arti­kel C’est bien d’àªt­re une femme für die fran­zö­si­sche Aus­ga­be der Huf­fing­ton Post, der auch von der ita­lie­ni­schen Aus­ga­be der Huf­fing­ton Post und der Tages­zei­tung La Repubbli­ca über­nom­men wurde.

Cathe­ri­ne Deneuve enga­gier­te sich in den 70er Jah­ren aktiv für die Abtrei­bungs­le­ga­li­sie­rung. Die Schau­spie­le­rin bezeich­net eine Infra­ge­stel­lung des „Rechts auf Abtrei­bung“ als eine „schwer­wie­gen­de Sache“. Für Deneuve sind Lebens­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen „une aberration“.

Die Schau­spie­le­rin erklärt, sich nicht „mit Stolz brü­sten zu wol­len“ für ihren „zivi­len“ Ein­satz für die Lega­li­sie­rung des Kin­der­mor­des. Deneuve war eine von 343 Frau­en, die 1971 ein Mani­fest unter­zeich­ne­ten und sich selbst bezich­tig­ten, ille­gal ein Kind getö­tet zu haben. Die Kam­pa­gne wur­de zum Stan­dard­pro­gramm im Kampf für die Abtrei­bungs­le­ga­li­sie­rung in meh­re­ren Län­dern. In Deutsch­land wur­de sie von Ali­ce Schwar­zer insze­niert, in Ita­li­en von Emma Bonino.

Den­noch ist unver­kenn­bar, wie „stolz“ Deneuve auf ihre „Mords“-Leistung ist, wenn sie voll Bewun­de­rung über Simo­ne Veil schreibt, die fran­zö­si­sche Mini­ste­rin, die das Abtrei­bungs­ge­setz unter­zeich­ne­te. Deneuve ver­gleicht Veil dafür tat­säch­lich mit Robert Bad­in­ter, dem Mann, der in Frank­reich „die Todes­stra­fe abschaff­te“. Simo­ne Veil war von 1974–1979 unter dem bür­ger­li­chen Staats­prä­si­den­ten Valé­ry Gis­card d’E­staing Gesund­heits­mi­ni­ste­rin der Regie­run­gen von Jac­ques Chi­rac und Ray­mond Bar­re und eben­so wie­der 1993–1995 unter dem sozia­li­sti­schen Staats­prä­si­den­ten Fran­çois Mit­ter­rand der Regie­rung von Edouard Bal­la­dur. Von 1979–1982 war die Libe­ra­le Prä­si­den­tin des Euro­päi­schen Par­la­ments. Seit 2012 gehört Veil der Uni­on des démo­cra­tes et indé­pen­dants (UDI) an, die im Euro­päi­schen Par­la­ment mit der libe­ra­len ALDE-Frak­ti­on und inter­na­tio­nal mit der Demo­kra­ti­schen Par­tei in den USA ver­bun­den ist.

Ihre poli­ti­sche Kar­rie­re zeigt die par­tei­über­grei­fen­de Zustim­mung zum Kin­der­mord. Der Sozia­list Robert Bad­in­ter war von 1981–1986 unter Staats­prä­si­dent Fran­çois Mit­ter­rand Justiz­mi­ni­ster der Regie­rung Pierre Mau­roy, von 1986–1995 Prä­si­dent des fran­zö­si­schen Ver­fas­sungs­ge­richts­hofs und anschlie­ßend bis 2011 Mit­glied des fran­zö­si­schen Senats. Bad­in­ter empör­te sich 2009 über Papst Bene­dikt XVI. wegen der Rück­nah­me des Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­de­krets gegen Bischof Richard Wil­liam­son. Die bei­den Juden Simo­ne Veil und Robert Bad­in­ter gel­ten als nicht prak­ti­zie­rend, son­dern „lai­zi­stisch-repu­bli­ka­nisch“ gesinnt.

Zum Tode verurteilte Kinder

Die Drei­stig­keit erstaunt, mit der Deneuve die Ein­füh­rung des „Rechts“ auf Hin­rich­tung unge­bo­re­ner Kin­der mit der Abschaf­fung der Todes­stra­fe auf eine Stu­fe stellt. Ein Freud­scher Ver­spre­cher? Mit­nich­ten. Den Abtrei­bungs­be­für­wor­tern ist es tod­ernst. Der Wider­spruch, gleich­zei­tig die Abschaf­fung der Todes­stra­fe für Straf­tä­ter und gleich­zei­tig die Todes­stra­fe für unge­bo­re­ne Kin­der zu for­dern, fällt ihnen gar nicht auf. Die Aus­wir­kun­gen ste­hen zudem zah­len­mä­ßig in kei­nem Ver­hält­nis. Wur­den 1946 im Zuge der Abrech­nung mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus und der „Kol­la­bo­ra­ti­on“ 732 Todes­ur­tei­le voll­streckt, gab es in den 70er Jah­ren nur mehr ver­ein­zel­te Hinrichtungen.

Seit der Lega­li­sie­rung der Abtrei­bung wer­den jähr­lich in Frank­reich durch­schnitt­lich mehr als 200.000 unge­bo­re­ne Kin­der getö­tet. 2013 waren es 217.000 Kin­der, die nie das Licht der Welt erblick­ten. Ins­ge­samt for­der­te der Kin­der­mord in den ver­gan­ge­nen 40 Jah­ren mehr als acht Mil­lio­nen unschul­di­ge Opfer, die schutz­los hin­ge­rich­tet wurden.

Sowohl die Par­la­ments­re­so­lu­ti­on als auch Cathe­ri­ne Deneuve spre­chen viel von „Rech­ten“, erwäh­nen aber nie die Kin­der. Die Opfer blei­ben uner­wähnt. Deneuve schreibt in ihrem Arti­kel, daß es „undenk­bar“ sei, vor das Abtrei­bungs­ge­setz zurück­zu­keh­ren, weil das „wie die Wie­der­ein­füh­rung der Todes­stra­fe“ wäre. Das genaue Gegen­teil ist der Fall. Es hie­ße end­lich die Todes­stra­fe für alle abzu­schaf­fen, auch für die gezeug­ten Kin­der, die am mei­sten Schutz bedürfen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tempi

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