Papst Franziskus „Freund von Sigmund Freud“


Sigmund Freud und Papst Franziskus
Sig­mund Freud und Papst Franziskus

(Mai­land) Papst Fran­zis­kus wur­de in die­sem Jahr nicht mit dem Frie­dens­no­bel­preis aus­ge­zeich­net. Anson­sten „las­sen sich die Aus­zeich­nun­gen durch die ver­schie­den­sten Jurys und die unter­schied­lich­sten Meri­ten für Jor­ge Mario Berg­o­glio gar nicht zäh­len“, so der Vati­ka­nist San­dro Magister.

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Bereits im ver­gan­ge­nen Jahr war der argen­ti­ni­sche Papst vom Time-Maga­zi­ne zum „Mann des Jah­res“ gekürt wor­den. Zwei­fel­haf­ter war die­sel­be Aus­zeich­nung vom füh­ren­den Homo-Blatt The Advo­ca­te.
Nur weni­ge wis­sen zum Bei­spiel, daß Papst Fran­zis­kus seit ver­gan­ge­nem Früh­jahr Ehren­mit­glied der Socie­tà  Amici del Pen­sie­ro – Sig­mund Freud (SAP) ist. 

Die „Gesell­schaft Freun­de des Den­kens – Sig­mund Freud wur­de vom Mai­län­der Psy­chona­ly­ti­ker Gia­co­mo Con­tri gegrün­det, der auch Vor­sit­zen­der der Gesell­schaft ist. Con­tri wur­de vor allem als Über­set­zer und Her­aus­ge­ber der Wer­ke von Jac­ques Lacan und Sig­mund Freud ins Ita­lie­ni­sche bekannt.

Con­tri ist Katho­lik und unter­hält Kon­tak­te zu jenem römi­schen Kreis von Comu­nio­ne e Libe­ra­zio­ne (CL) um die 2012 ein­ge­stell­te Monats­zeit­schrift 30Giorni, der bereits mit dem Erz­bi­schof Kar­di­nal Berg­o­glio von Bue­nos Aires enge Kon­tak­te pfleg­te und heu­te zu den eif­rig­sten Unter­stüt­zern des regie­ren­den Pap­stes gehört.

„Die gno­sti­sche Gefahr kehrt wie­der, die geschicht­li­che und rea­le Per­son Chri­sti mit­tels einer bana­li­sie­ren­den Ope­ra­ti­on in ein uni­ver­sel­les Prin­zip zu redu­zie­ren und umzu­wan­deln“, sag­te Con­tri in einem Inter­view, das er 1992 Ste­fa­nia Falas­ca für 30Giorni gab, jener „Freun­din“, die Papst Fran­zis­kus noch am Abend sei­ner Wahl zum Papst per­sön­lich am Tele­fon anrief.

In einem ande­ren Inter­view für die­sel­be Zeit­schrift dia­gno­sti­zier­te Con­tri 2001 den Gesund­heits­zu­stand der Kir­che: „Es ist alles eine Fra­ge des Den­kens und damit der Kom­pe­tenz. Wenn der Kir­che Chri­sti etwas fehlt, dann ist es Chri­sti Den­ken.“ 30Giorni gab es neben ande­ren Spra­chen auch in einer deut­schen Aus­ga­be. In der letz­ten Aus­ga­be 5/​2012 druck­te die Zeit­schrift auch einen Bei­trag von Kar­di­nal Bergoglio.

Ende März wur­de Papst Fran­zis­kus mit dem Titel „Freund von Sig­mund Freud“ die Ehren­mit­glied­schaft der SAP ver­lie­hen. Die Lau­da­tio hielt Gia­co­mo Con­tri. Die Ver­lei­hung erfolg­te in Abwe­sen­heit des Pap­stes. Man habe das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt vor­ab infor­miert, so der SAP-Vor­sit­zen­de und dem Papst die Mög­lich­keit gege­ben, die Ehrung abzu­leh­nen. Da aus Rom kei­ne Ant­wort ein­ging, wur­de dies von der SAP als still­schwei­gen­de Zustim­mung gewer­tet. Wie also der Papst dazu ste­hen mag und ob er über­haupt davon weiß, muß dahin­ge­stellt blei­ben. Ehrung und Lau­da­tio wur­den jeden­falls von der SAP im Inter­net ver­öf­fent­licht. Hier die Rede in vol­lem Wortlaut.

Verleihung der Ehrenmitgliedschaft
der „Società  Amici del Pensiero – Sigmund Freud“
an Papst Franziskus

Lau­da­tio

Sams­tag-Sonn­tag, 22./23. März 2014
„in anno 157 post Freud amicum natum“
.

Ich ver­lei­he Papst Fran­zis­kus den Titel eines Mit­glieds „hono­ris cau­sa“ der „Socie­tà  Amici del Pen­sie­ro – Sig­mund Freud“ (SAP).
Den Grund dafür fin­de ich in einem jüng­sten Inter­view [1]Cor­rie­re del­la Sera vom 5. März 2014 :

„Mir gefal­len die ideo­lo­gi­schen Inter­pre­ta­tio­nen nicht, ein gewis­ser Papst-Fran­zis­kus-Mythos. Wenn man zum Bei­spiel sagt, er gehe nachts aus dem Vati­kan, um den Obdach­lo­sen in der Via Otta­via­no zu essen zu brin­gen. Das ist mir nie in den Sinn gekom­men. Sig­mund Freud sag­te ein­mal, wenn ich mich nicht täu­sche, daß sich in jeder Idea­li­sie­rung auch eine Aggres­si­on ver­steckt. Den Papst als eine Art Super­man zu zeich­nen, eine Art Star, scheint mir belei­di­gend. Der Papst ist ein Mensch, der lacht, weint, ruhig schläft und Freun­de hat wie alle. Ein nor­ma­ler Mensch.“

Vor vie­len Jah­ren plan­te ich eines der Bücher, die ich nie geschrie­ben habe. Er trug den Titel: „Freud und Lacan im Rom der Päpste“.

Heu­te kom­me ich dar­auf zurück aus­ge­hend von der über­ra­schen­den Tat­sa­che, daß der heu­te regie­ren­de Papst Fran­zis­kus, ohne Vor­be­halt und rich­tig Freud zitier­te und kei­nen ande­ren. Eine Gele­gen­heit für mich, mei­ne frü­he­re wit­zi­ge Bemer­kung zu wie­der­ho­len: „Wenn Jesu zur Rech­ten des Vaters sitzt, sitzt Freud zu sei­ner Linken.“
Mei­ne Bemer­kung ist kor­rekt, denn sie sind die ein­zi­gen in der Geschich­te, die posi­tiv vom Vater spra­chen: der Zwei­te sprach auch über die schreck­li­che Ver­si­on, die von Lacan spä­ter „pà¨re-version“ genannt wurde.

Mir wur­de dadurch gehol­fen, katho­lisch zu blei­ben, ohne die geschicht­li­che reli­giö­se und theo­lo­gi­sche Über­la­dung, die bei Jesus fehlte.

Der Papst hat als Mit­glied der SAP gehan­delt, indem er sei­nen Gedan­ken sag­te und in Freud die Begrün­dung dafür fand.

NB: Auch Jesus ist „ein nor­ma­ler Mensch“.

Gico­mo Contri
Vorsitzender
Socie­tà  Amici del Pen­sie­ro – Sig­mund Freud
:

Text/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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1 Cor­rie­re del­la Sera vom 5. März 2014
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