Bischofssynode mit Tendenz „sich die Welt zum Freund zu machen“


Papst Franziskus mit Synodalen auf dem Weg in die Synodenaula
Papst Fran­zis­kus mit Syn­oda­len auf dem Weg in die Synodenaula

(Rom) Kar­di­nal Peter Erdö mach­te den Anfang am Beginn der Bischofs­syn­ode. In sei­ner Eröff­nungs­re­de, Rela­tio ante dis­cep­t­atio­nem, signa­li­sier­te er eine Öff­nung in Rich­tung Ände­rung der pasto­ra­len Pra­xis in Sachen kirch­li­cher Leh­re zu Ehe und Fami­lie. Gleich­zei­tig setz­te er eini­ge Mark­stei­ne, über die es bes­ser sei, nicht hin­aus­zu­ge­hen: Hum­a­nae vitae, die ernst­haf­te Ver­tie­fung der ortho­do­xen Pra­xis oder eine Tren­nung von Gerech­tig­keit und Barm­her­zig­keit. Zu erklä­ren, daß „auch die Geschie­de­nen Teil der Kir­che sind“, wie es Erdö tat, war aller­dings kei­ne Neu­ig­keit. Nie­mand hat das je in Zwei­fel gezo­gen. Dar­an erin­ner­te erst jüngst auch Kar­di­nal Vel­asio De Pao­lis, einer der Geg­ner von Kas­pers The­se einer „neu­en Offenheit“.

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Mit Beginn der Dis­kus­si­on wur­de es rich­tig leben­dig. Die Front der Befür­wor­ter eines „aggior­na­men­to“ lei­ste­te sofort die Löwen­ar­beit. Es geht um die The­men­füh­rer­schaft. Von den 70 Rede­bei­trä­gen am Mon­tag und Diens­tag mach­te sich eine gro­ße Mehr­heit in der einen oder ande­ren Form die The­se von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per zu eigen, die die­ser beim Kon­si­sto­ri­um im ver­gan­ge­nen Febru­ar vorbrachte.

Zahlenmäßiges Übergewicht der „Liberalen“ gegen intellektuelle und rhetorische Brillanz der „Konservativen“

Doch etwas über­ra­schend haben sie damit zumin­dest zah­len­mä­ßig die ande­re Sei­te in der ersten Run­de deut­lich über­trof­fen. Auf die­ser ande­ren Sei­te ste­chen intel­lek­tu­ell und rhe­to­risch die Kar­di­nä­le Ray­mond Bur­ke und Seba­sti­an Agui­lar her­vor. Auch beim mehr­spra­chi­gen Brie­fing des vati­ka­ni­schen Pres­se­saals war schnell zu ver­ste­hen, daß in der Aula über die Glau­bens­leh­re dis­ku­tiert wird, da mit meh­re­ren Wort­mel­dun­gen gefor­dert wur­de, daß die Leh­re den des­ori­en­tier­ten Gläu­bi­gen bes­ser erklärt wer­den sol­le. Alles nur eine Fra­ge des Stils? Die Syn­oden­vä­ter bekräf­tig­ten, dar­in zumin­dest waren sich alle einig, daß die Fami­lie als Grund­zel­le der Gesell­schaft zu betrach­ten sei.

Zu den ersten, die das Wort ergrif­fen, gehör­te Kar­di­nal Oscar Rodri­guez Mara­dia­ga, Ver­tre­ter Mit­tel­ame­ri­kas im C9-Kar­di­nals­rat. Er schlug eine Art von Katechu­me­nat für Braut­paa­re vor, die damit beim Braut­leu­te­kurs auch einer kate­che­ti­schen Unter­wei­sung unter­zo­gen wer­den soll­ten. Kar­di­nal Marx leg­te der Syn­ode ein aus­ge­feil­tes Doku­ment der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz vor, das die Unter­schrift aller deut­schen Bischö­fe trägt, die damit den Vor­schlag Kas­pers unterstützen.

Zug fährt in Richtung Änderung: „Epochales Zeichen, weil es Kräfte gab, die Kirche vor das Konzil zurückführen wollten“

Nach die­sen ersten Wort­ge­fech­ten zeich­net sich in Sum­me ab, daß der Zug in Rich­tung Ände­rung der Pra­xis fährt, wie auch die Wor­te des „schwar­zen Pap­stes“ zei­gen. Der Gene­ral­obe­re des Jesui­ten­or­dens, Pater Adol­fo Nico­las sag­te zu Vati­can Insi­der: „Die freie und offe­ne Dis­kus­si­on geht in Rich­tung Ände­rung, in Rich­tung pasto­ra­le Anpas­sung an die ver­än­der­te Rea­li­tät unse­rer Zeit“. Doch nicht nur das. Nico­las stellt die­se Ent­wick­lung in einen Kon­text, der sich unaus­ge­spro­chen gegen Bene­dikt XVI. und Johan­nes Paul II. rich­tet: „Das ist ein epo­cha­les Zei­chen, weil es in die­sen Jah­ren Kräf­te gab, die ver­sucht haben, die Kir­che hin­ter die gro­ße Sai­son des Kon­zils zurückzuführen.“

Nico­las Wor­te wer­den durch das bestä­tigt, was beim Jour­na­li­sten-Brie­fing gesagt wur­de. Vie­le Syn­oden­vä­ter hät­ten die For­de­rung erho­ben, die Kir­che sol­le ihre Spra­che anpas­sen „und sich die Welt zum Freund machen“. Denn „wenn die Kir­che nicht auf die Welt höre, wer­de die Welt auch nicht der Kir­che zuhö­ren“, wur­de die Logik dahin­ter erklärt.

Australische Auditoren machen Homosexualität zum Thema – Bischof kritisiert Katechismus

Obwohl man mit dem eigent­li­chen „hei­ßen“ Eisen der Kom­mu­ni­on für die wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen noch gar nicht begon­nen hat, wur­de schon an den ersten bei­den Syn­oden­ta­gen mit grund­sätz­li­chen Wort­mel­dun­gen klar, daß der Ein­satz, um den es in Rom geht, wesent­lich umfang­rei­cher und grund­le­gen­der ist. Nicht von unge­fähr wur­de an bei­den Tagen aus­führ­lich über die Situa­ti­on homo­se­xu­el­ler Paa­re gespro­chen. Den Auf­takt dazu mach­te das austra­li­sche Audi­to­ren-Ehe­paar Roma­no und Mavis Piro­la vom Austra­li­an Catho­lic Mar­ria­ge and Fami­ly Coun­cil. Es folg­te ein Syn­oda­le, der den Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che (KKK) kri­ti­sier­te: Die Bezeich­nung der Homo­se­xua­li­tät im Canon 2357 als „eine objek­tiv unge­ord­ne­te Nei­gung“, füh­re nur dazu, die Men­schen von Chri­stus weg­zu­füh­ren, so der Bischof.

Die afri­ka­ni­schen Bischö­fe spra­chen vor allem über das Pro­blem der Poly­ga­mie, das dort stär­ker wahr­ge­nom­men, im Westen aber kaum beach­tet wird, da das Phä­no­men im Zuge der isla­mi­schen Ein­wan­de­rung auf­tritt, wenn bei Fami­li­en­zu­sam­men­füh­run­gen zwei, drei oder vier Frau­en ins Land gelas­sen oder an drei oder vier Wit­wen eine Wit­wen­ren­te bezahlt wer­den muß. Tat­sa­chen, mit denen die mei­sten euro­päi­schen Staa­ten bereits kon­fron­tiert sind, die wegen der „Will­kom­mens­kul­tur“ jedoch ver­schwie­gen werden.

Strengere Ehevorbereitung

Die vor­herr­schen­de Linie der ersten Syn­oden­ta­ge lau­tet zusam­men­ge­faßt: der Weg der Beglei­tung der Paa­re zur Ehe sei einer radi­ka­len Über­prü­fung zu unter­zie­hen. Er müs­se „län­ger und indi­vi­du­el­ler“ wer­den. Es sei grö­ße­re „Stren­ge“ anzu­le­gen und den Paa­ren klar zu machen, daß ihr Ehe­ver­spre­chen etwas ern­stes und rea­les ist, nicht nur eine Fik­ti­on, die man des schö­nen Schau­spiels einer Hoch­zeit in der Kir­che mit vie­len Gästen, Blu­men und Foto­gra­fen wegen mache. Man dür­fe sich nicht davor fürch­ten, die Zahl der Ehe­schlie­ßun­gen in der Kir­che zu redu­zie­ren, for­der­te etwa der eng­li­sche Kar­di­nal Vin­cent Nichols auf der offi­zi­el­len Pressekonferenz.

Unab­hän­gig davon gehen die Mei­nun­gen unter den Syn­oden­vä­ter über das Evan­ge­li­um der Fami­lie stark aus­ein­an­der mit deut­li­cher Ten­denz sich „die Welt zum Freund“ machen zu wollen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insi­der (Screen­shot)

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