(Rom/Asuncion) Seit Tagen befindet sich Bischof Rogelio Livieres Plano in Rom und bittet dort, von Papst Franziskus empfangen zu werden. Vergebens. Statt dessen wurde der Bischof amtsenthoben. Auf dieses Verhalten reagierte der Bischof mit einer harten Antwort. Währenddessen wird in Paraguay seine Absetzung von den progressiven Kirchenkreisen öffentlich gefeiert.
Bischof Rogelio Livieres Plano von Ciudad del Este ist kein Mann verklausulierter Worte. Das machte ihn unter Paraguays Bischöfen unbeliebt, zu denen bis vor wenigen Jahren auch Fernando Lugo gehörte, der „rote Bischof“ von San Pedro, der gegen den Willen Roms lieber für ein breites Linksbündnis als Staatspräsident kandidierte und dafür sein Bischofs- und Priestertum aufgab. Bischof Livieres wurde nun zum Opfer einer ebenso überraschenden wie brutalen „Enthauptung“ und weil er kein Mann der Beliebigkeit ist, reagierte er darauf mit einem gesalzenen Brief an den Präfekten der Bischofskongregation, Marc Kardinal Ouellet.
Auf der Internetseite seiner Diözese wurde erneut jenes Dossier vom vergangenen Sommer veröffentlicht, mit dem die Diözese auf alle Gerüchte und Vorwürfe reagiert hatte, die hinter vorgehaltener Hand von Mund zu Mund gereicht oder vom Apostolischen Visitator Kardinal Santos Abril y Castello, einem persönlichen Vertrauten von Papst Franziskus angesprochen worden waren.
Bischof bittet seit Tagen in Rom vom Papst empfangen zu werden – vergebens
Das Schreiben an Kardinal Ouellet und das Dossier legen die ethischen, aber auch formalen Unregelmäßigkeiten einer Aktion zur Diskreditierung eines Bischofs offen, die auf dessen Absetzung abzielten, die nun erfolgte. „Eine Operation, die einen ideologischen Beigeschmack“, so der Vatikanist Marco Tosatti.
Als „treuer Sohn der Kirche“ füge er sich der Entscheidung, so Bischof Livieres, auch wenn sie „unbegründet und willkürlich ist, wofür der Papst sich vor Gott verantworten wird müssen“. Im Bischofsbrief heißt es weiter: „Abgesehen von vielen menschlichen Fehlern, die ich begangen haben kann, und für die ich Gott und jene, die darunter gelitten haben mögen um Verzeihung bitte, stelle ich einmal mehr fest, daß der Kern des Falles eine Opposition und eine ideologische Verfolgung ist“.
Innerparaguayanische „Opposition und ideologische Verfolgung“
Msgr. Livieres, der dem Opus Dei angehört, war der einzige „konservative“ Bischof Paraguays. Ein Umstand, der etwas aussagen will über die Situation innerhalb der Bischofskonferenz und die der Bischof mit dem Hinweis auf die „Opposition“ meint. Wenn Bischof Livieres das weitaus größte Priesterseminar des ganzen Landes und weitum hatte, dann hängt das nicht zuletzt auch mit der Haltung der anderen Bischöfe zusammen. Die Förderung von Priesterberufungen liegt in weiten Teilen Lateinamerikas seit langem im Argen. Kulturelle Barrieren der indigenen Bevölkerung wurden nicht behoben, die unterschwellig starke Strömung der Befreiungstheologie steht in einem „ideologischen“ Gegensatz zum Priestertum. Liberale Bischöfe tun das ihre dazu.
„Das wirkliche Problem der Kirche in Paraguay ist die Krise des Glaubens, des Lebens und der Moral, die durch eine schlechte Ausbildung des Klerus noch gefördert und verlängert wurde, zusammen mit der Nachlässigkeit der Hirten“, so Bischof Livieres an Kardinal Ouellet.
Der Bischof bekam den Bericht des Apostolischen Visitators nie zu Gesicht, weshalb er sich konkret gegenüber Rom auch nicht rechtfertigen oder verteidigen konnte. „Wenn man denkt, das Problem der Kirche Paraguays ist ein Problem der Sakristei, das man dadurch löst, daß man den Sakristan austauscht, irrt man sich grundlegend und auf tragische Weise.“
Absetzung „im Widerspruch zu den vielen Reden von Dialog, Barmherzigkeit und Respekt“
Bischof Livieres wurden von Rom zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Verfehlungen oder auch nur Beanstandungen vorgehalten, was ihm jede Replik unmöglich machte. Aus heiterem Himmel erfolgte ohne jede Grundangabe die Amtsenthebung. „Im Widerspruch zu den vielen Reden von Dialog, Barmherzigkeit, Offenheit, Dezentralisierung und Respekt für die Ortskirchen, wurde mir weder eine Gelegenheit gegeben, mit Papst Franziskus zu sprechen noch die Möglichkeit Unklares, Zweifel oder Sorgen zu klären. Folglich wurde mir durch ihn auch keine väterliche Zurechtweisung – oder brüderliche – zuteil, wie sie vorgesehen wäre.“
Bischof Livieres endet sein Schreiben mit den Worten: „Eine solche Vorgehensweise ohne jede Förmlichkeit auf undefinierte und abrupte Art, erscheint nicht sehr gerecht. Sie läßt weder Raum für eine legitime Verteidigung noch für eine angemessen Korrektur möglicher Fehler. Von Rom habe ich nur Druck erhalten, zurückzutreten.“
Bischof Rogelio Livieres befindet sich bereits seit mehreren Tagen in Rom und bittet, vom Papst empfangen zu werden – vergebens. In Paraguay wurde die Nachricht von der Absetzung in Abwesenheit des Bischofs bekannt. Während in seiner Diözese Rätselraten und Enttäuschung vorherrschen, machen in anderen Landesteilen progressive Kirchenkreise kein Hehl aus ihrer Freude und feiern die Amtsenthebung öffentlich.
Ex-Bischof Lugo feiert Absetzung: „Livieres hat nicht für die Einheit der Kirche gearbeitet“
In Paraguays stark befreiungstheologisch geprägtem Episkopat stellte Bischof Livieres eine Ausnahmeerscheinung dar. Zu dieser Bischofsrunde gehörte auch Fernando Lugo, der es vor wenigen Jahren vorzog gegen den Willen Roms, Bischofswürde und Priestertum an den Nagel zu hängen, um für ein breites Linksbündnis zu kandidieren. Als Staatspräsident scheiterte er innerhalb kurzer Zeit. Unter anderem wurde bekannt, daß er als Bischof ein Verhältnis mit einer Frau hatte und ein Kind zeugte.
Das war gestern. Heute feiert Ex-Bischof Lugo, der auch nach seiner Laisierung gute Kontakte mit hohen kirchlichen Würdenträgern Paraguays beibehielt, die Absetzung von Bischof Livieres. Der heutige Senator sagte in einem Interview für die Tageszeitung ABC: „Papst Franziskus duldet eben keinerlei Form von Irregularitäten, seien sie doktrineller, moralischer oder persönliche Art.“ Senator Lugo nennt zwar auch den vieldiskutierten Fall des argentinischen Priesters Carlos Urrutigoity, der vor zehn Jahren in den USA „wegen mutmaßlichen Sexualmißbrauchs“ beschuldigt wurde, sieht aber darin nicht den Grund der Absetzung, denn die Erklärung des Vatikans spreche von „pastoralen Gründen“ und „Einheit“, so Lugo.
Knackpunkt Kirchenverständnis und Befreiungstheologie?
Was Bischof Livieres vorzuwerfen ist, „und was auch ich an ihm kritisiert habe“, so Lugo, sei die Tatsache, daß er „nicht zur Einheit der Kirche“ Paraguays beigetragen habe. Ex-Bischof Lugo gehörte zu den am schärfsten von Bischof Livieres kritisierten Kirchenvertretern des Landes. Bischof Livieres bekämpfte die Befreiungstheologie als „schädlich“ und erhob mehrfach die Kritik, daß am Priesterseminar von Asuncion, die Befreiungstheologie weiterverbreitet werde. Aus diesem Grund entschied der Bischof, besonderen Wert auf eine eigenständige Priesterausbildung zu legen, die ausschließlich in seiner Diözese erfolgte und sich auch in pastoralen Fragen vom Erzbistum Asuncion und der Bischofskonferenz abzulösen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: ABC Color (Screenshots)