Kommissar Volpi, die Franziskaner der Immakulata und die Piusbruderschaft unter Papst Franziskus


Kommissar Volpi Papst Franziskus Bischof Fellay
Kom­mis­sar Vol­pi Papst Fran­zis­kus Bischof Fellay

(Rom/​Econe) Das Tref­fen zwi­schen der gesam­ten Spit­ze der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und dem Gene­ral­obe­ren der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. sorgt in tra­di­ti­ons­na­hen Krei­sen für Dis­kus­sio­nen. Nach dem mit dem Amts­ver­zicht Bene­dikts XVI. ein­ge­tre­te­nen Still­stand, konn­te nicht unbe­dingt mit einer sol­chen Wie­der­auf­nah­me der Gesprä­che gerech­net wer­den. Es gibt ganz unter­schied­li­che Stim­me von vor­sich­ti­ger Zuver­sicht bis erschrocke­ner Ableh­nung der neu­en Gespräche.

Anzei­ge

Ein Kom­men­tar von Giu­sep­pe Nardi

Kann der­sel­be Papst, der die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta unter kom­mis­sa­ri­sche Kastei­ung stellt, über­haupt Gesprä­che mit der Pius­bru­der­schaft wol­len? Viel­leicht eine wei­te­re jener päpst­li­chen Kaprio­len das Gegen­teil des Gegen­teils zu signa­li­sie­ren ohne sich ding­fest machen zu las­sen? Doch der Apo­sto­li­sche Kom­mis­sar Pater Fidenzio Vol­pi, der unter den Brü­dern der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta wütet, ist real. Real ist aber auch die soeben erfolg­te Wie­der­auf­nah­me der Gesprä­che zwi­schen Rom und Eco­ne. Der Ver­such einer aktu­el­len Bestands­auf­nah­me, die nur ein Dis­kus­si­ons­bei­trag sein möchte.

Will Papst Franziskus die „Versöhnung“ mit der Piusbruderschaft?

Wenn Papst Fran­zis­kus nicht die Ver­söh­nung (der Begriff ist miß­ver­ständ­lich, wird aber offi­zi­ell gebraucht) zwi­schen Rom und der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. woll­te, hät­te es kein Kir­chen­ver­tre­ter gewagt, Msgr. Ber­nard Fel­lay in den Vati­kan ein­zu­la­den. Auch nicht Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler. Man­che wür­den sagen, „schon gar nicht“ Kar­di­nal Mül­ler, der durch sei­ne „Freund­lich­kei­ten“ als Bischof von Regens­burg der Pius­bru­der­schaft im Zusam­men­hang mit dem Herz-Jesu-Prie­ster­se­mi­nar Zaitz­kofen ziem­lich nega­tiv in Erin­ne­rung ist. Der Papst wuß­te genau, daß am 23. Sep­tem­ber der Schwei­zer Bischof nach Rom kom­men wür­de. Aus die­sem Grund ließ er weni­ge Tage vor­her Kuri­en­erz­bi­schof Gui­do Poz­zo, den Sekre­tär der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei zu sich rufen, um sich über den Stand der Din­ge infor­mie­ren zu las­sen und um Richt­li­ni­en für die Ver­hand­lun­gen mit den „Lefeb­vria­nern“ vor­zu­ge­ben. Es ist also davon aus­zu­ge­hen, daß der Papst die­se Ver­söh­nung zumin­dest tech­nisch will und die Bedin­gun­gen für eine sol­che vor­ge­ge­ben hat. Und wenn Fran­zis­kus etwas will, wagt im Vati­kan, anders als gegen­über sei­nem Vor­gän­ger, kaum ein Prä­lat, ihm Prü­gel zwi­schen die Bei­ne zu werfen.

Wie sieht also die aktu­el­le Lage aus? Die Vor­ar­beit war bereits von Papst Bene­dikt XVI. und sei­nen eng­sten Mit­ar­bei­tern gelei­stet, doch der fein­glied­ri­ge Papst konn­te sich gegen Wider­stän­de nicht durch­set­zen, die bei der Voll­ver­samm­lung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on im Mai 2012 in aller Här­te sicht­bar wur­den und war gleich­zei­tig zu einem letz­ten Sprung über den eige­nen Schat­ten nicht imstan­de. Das Schei­tern der Ope­ra­ti­on „Ver­söh­nung“ scheint ihn statt­des­sen in sei­nen Rück­tritts­ab­sich­ten bestärkt zu haben.

Das Angebot einer Personalprälatur St. Pius X. steht weiterhin

Auch heu­te hält Rom an sei­ner tech­ni­schen Vor­ga­be fest, der Pius­bru­der­schaft den Sta­tus einer Per­so­nal­prä­la­tur für die Gläu­bi­gen des Alten Ritus zu ver­lei­hen. Ganz anders sieht das die Pius­bru­der­schaft. Die geschei­ter­ten Gesprä­che von 2012 im Hin­ter­kopf scheint man dort eine tole­rier­te Aner­ken­nung, gewis­ser­ma­ßen eine Art „Tole­ranz­pa­tent“ zu bevor­zu­gen. Mit ande­ren Wor­ten: eine Erklä­rung des Hei­li­gen Stuhls, mit der offi­zi­ell das Recht aller Prie­ster der Bru­der­schaft aner­kannt wird, gül­tig und recht­mä­ßig in der Katho­li­schen Kir­che ihr Prie­ster­tum aus­üben und die Sakra­men­te spen­den zu kön­nen. Für den Rest, auch der Zuer­ken­nung eines spe­zi­fi­schen kano­ni­schen Sta­tus, scheint man in der Pius­bru­der­schaft lie­ber auf bes­se­re Zei­ten zu war­ten, um eine voll­stän­di­ge Ein­heit zu erreichen.

In die­sem Zusam­men­hang wird in die­sen Tagen häu­fig auf die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta ver­wie­sen. Der Orden steht seit Juli 2013, also nur weni­ge Mona­te nach der Wahl von Papst Fran­zis­kus, unter kom­mis­sa­ri­scher Ver­wal­tung. Ein sol­ches Schick­sal, befürch­ten nicht weni­ge, dro­he auch der Pius­bru­der­schaft, sobald sie kano­nisch aner­kannt wäre. Ande­re wider­spre­chen und ver­wei­sen dar­auf, daß kei­ne Eccle­sia-Dei-Gemein­schaft unter Papst Fran­zis­kus durch Rom ein­ge­schränkt wurde.

Und das abschreckende Beispiel der Franziskaner der Immakulata?

Tat­säch­lich stel­len die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta einen Son­der­fall dar und zwar einen über­aus posi­ti­ven, der sich inzwi­schen durch äuße­ren Ein­griff ins Gegen­teil ver­kehrt hat. Kir­chen­krei­se, die mit der Alten Mes­se und der Tra­di­ti­on wenig anzu­fan­gen wis­sen, die­sen viel­mehr mit ideo­lo­gi­schem (die Wort­wahl erfolgt gezielt, mit Blick auf ent­spre­chen­de päpst­li­che Anspie­lun­gen) Vor­be­halt gegen­über­ste­hen, kön­nen – in Got­tes Namen – damit leben, daß es in der Kir­che auch einen „Schre­ber­gar­ten“ der „Tra­di­tio­na­li­sten“ gibt. Der „Schre­ber­gar­ten“ nennt sich Eccle­sia Dei.

Der unver­zeih­li­che „Sün­den­fall“ der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta bestand dar­in, daß sie eben nicht Teil die­ses „Schre­ber­gar­tens“ waren, son­dern 1990 als ganz „nor­ma­ler“ Orden des Neu­en Ritus aner­kannt wur­den. Erst in einem schritt­wei­sen Rei­fungs­pro­zeß und unter Papst Bene­dikt XVI. ent­deck­te der Orden den über­lie­fer­ten Ritus und mach­te ihn sich zu eigen. Eben­so ver­tief­te er sich immer mehr in die Tra­di­ti­on. Der Orden war schließ­lich in der Seel­sor­ge per­fekt biri­tu­ell und konn­te nach Erlaß des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von jedem Bischof in der Pfarr­seel­sor­ge ein­ge­setzt wer­den. Eine Mög­lich­keit, die Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten ver­wehrt bleibt. Die Brü­der setz­ten naht­los den NOM fort, ergänz­ten ihn jedoch um den VOM. Die gesam­te Seel­sor­ge ver­än­der­te sich damit natür­lich, aber ohne einen nach außen sicht­ba­ren Bruch. Intern wech­sel­te der Orden ganz zum über­lie­fer­ten Ritus. Damit waren die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta von einem neu­ri­tu­el­len zu einem alt­ri­tu­el­len Orden gewor­den, ohne in den „Schre­ber­gar­ten“ gepreßt und damit in den Diö­ze­sen mar­gi­na­li­siert zu sein.

Der „Sonderfall“ einer anderen Entstehungsgeschichte

Alter Ritus in der Lateranbasilika Franziskaner der Immakulata
Alter Ritus in der Late­ran­ba­si­li­ka Fran­zis­ka­ner der Immakulata

Ganz im Gegen­teil: Durch das gera­de­zu auf­se­hen­er­re­gen­de Wachs­tum und die Anzie­hungs­kraft des Ordens, der nicht zuletzt sei­ner Stren­ge und Treue zur über­lie­fer­ten Leh­re der Kir­che und dem Alten Ritus geschul­det war, ent­wickel­te er sich – ganz unge­wollt – zu einem ganz neu­en Modell für die neu­ri­tu­el­len Orden der Katho­li­schen Kir­che. Vie­le Orden lei­den unter der gei­sti­gen Schwach­heit der west­lich gepräg­ten Ordens­lei­tun­gen und stöh­nen unter Nach­wuchs­man­gel. Mit den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta gab es plötz­lich das neue Modell eines neu­ri­tu­el­len Ordens, der durch die Wie­der­ent­deckung der Tra­di­ti­on und des über­lie­fer­ten Ritus, bei Bei­be­hal­tung der biri­tu­el­len Seel­sor­ge inmit­ten der euro­päi­schen Ordens­wü­ste eine Blü­te erleb­te, sowohl im männ­li­chen als auch im weib­li­chen Zweig. Jun­ge Ordens­an­ge­hö­ri­ge ande­rer Orden began­nen sich für die­ses Modell zu inter­es­sie­ren. Eine „Ansteckungs­ge­fahr“ ande­rer neu­ri­tu­el­ler Orden durch die­ses Modell war nicht von der Hand zu wei­sen und mach­te in ande­ren Orden und auch in der Ordens­kon­gre­ga­ti­on ner­vös. Das eige­ne Kir­chen- und Ordens­ver­ständ­nis oft eines gan­zen Ordens­le­bens wur­de bedroht.

Aktive Rolle der Franziskaner der Immakulata – passive Rolle der Ecclesia Dei-Gemeinschaften

Zudem nah­men die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, den neu­ri­tu­el­len Umgang gewohnt, auch wei­ter­hin aktiv an der inner­kirch­li­chen Dis­kus­si­on teil, nur inzwi­schen mit einer ganz ande­ren Aus­rich­tung. Wäh­rend die ein­ge­schre­ber­ten Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten nach innen wir­ken, aber nach außen kaum sicht­bar wer­den, sich nicht durch Publi­ka­tio­nen, auf Tagun­gen und in kirch­li­chen Gre­mi­en mit der jüng­sten Kir­chen­ge­schich­te befas­sen, nicht in die Dis­kus­si­on um die Her­me­neu­tik des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils ein­grei­fen und publi­zi­stisch zur Kir­chen­kri­se nicht tätig wer­den, taten die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta all das, erreg­ten Auf­se­hen und wur­den nicht nur pro­gres­si­ven Prä­la­ten ein Ärger­nis. Sie wag­ten näm­lich mit erstaun­li­cher Leich­tig­keit, ja gera­de­zu gläu­bi­ger, kind­li­cher Nai­vi­tät einen Tabu­bruch ersten Ran­ges: Sie wag­ten Kri­tik am Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil und das in man­chen Punk­ten ganz grund­sätz­lich. Ihnen war ja weder ein „Maul­korb“ umge­hängt wor­den, noch stan­den sie unter Beob­ach­tung wie die Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten. Vor allem wuß­ten sie das Wohl­wol­len von Papst Bene­dikt XVI. zu genießen.

Was unter Bene­dikt XVI. die Stär­ke der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta war, nicht in Eccle­sia Dei mar­gi­na­li­siert zu sein, son­dern mit­ten in der Kir­che zu ste­hen und der Ordens­kon­gre­ga­ti­on zu unter­ste­hen, wur­de unter Papst Fran­zis­kus zum Fluch. Die Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten sind im genann­ten „Schre­ber­gar­ten“ iso­liert, aber geschützt. Die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta hat­ten unter den gänz­lich ver­än­der­ten Vor­zei­chen nicht den Schutz von Eccle­sia Dei, son­dern waren plötz­lich schutz­los der Ordens­kon­gre­ga­ti­on aus­ge­lie­fert. Auf den schnel­len Auf­stieg folg­te ein jäher Absturz oder anders aus­ge­drückt ein Lehr­bei­spiel, wie man einen blü­hen­den Orden zer­schla­gen kann.

Der Ordens­kon­gre­ga­ti­on waren nicht ein­mal die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta selbst oder der Alte Ritus für sich genom­men sosehr ein Dorn im Auge, son­dern ihr „Modell“. Sie hiel­ten durch ihre blo­ße blü­hen­de Exi­stenz allen ande­ren Orden einen Spie­gel vor, den Spie­gel der Ordens- und Beru­fungs­kri­se und zeig­ten ihnen gleich­zei­tig den Aus­weg auf. Um es mit aller Här­te zu sagen: Da man sich in den ster­ben­den Orden nicht ändern will, muß der Spie­gel zer­schla­gen wer­den. Das aber war unter Bene­dikt XVI. nicht mög­lich. Kaum aber war Papst Fran­zis­kus gewählt, stan­den die „Zer­trüm­me­rer“ bereits mit dem fer­ti­gen Maß­nah­men­ka­ta­log bei ihm auf der Mat­te und erhiel­ten sei­nen „Segen“.

Papst Franziskus und die „alten Zöpfe“

Alter Ritus: Eucharistischer Segen
Alter Ritus: Eucha­ri­sti­scher Segen

Damit keh­ren wir zur Pius­bru­der­schaft zurück. Papst Fran­zis­kus, sei­ne bis­he­ri­gen Aus­sa­gen und Gesten spre­chen eine deut­li­che Spra­che, gehört zu jenem gro­ßen Kreis von 68er Prä­la­ten, für die der über­lie­fer­te Ritus und die Tra­di­ti­on „alte Zöp­fe“ sind, die man bereits vor Jahr­zehn­ten in einer Auf­bruch­stim­mung zu einem „neu­en Pfing­sten“ begei­stert abge­schnit­ten hat­te. Um so unver­ständ­li­cher steht heu­te eine in die Jah­re gekom­me­ne Gene­ra­ti­on, zu der auch der Papst gehört, dem Phä­no­men gegen­über, daß jun­ge Katho­li­ken sich für den Alten Ritus und die über­lie­fer­te Glau­bens­leh­re inter­es­sie­ren. In einem sol­chen Denk­mu­ster haben Orden wie die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta kei­nen Platz, son­dern wer­den wegen ihres mis­sio­na­ri­schen Eifers sogar als Bedro­hung eines gan­zen Welt- und Kir­chen­bil­des empfunden.

Anders steht es mit den Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten. Man mag sie nicht, hält sie für rück­wärts­ge­wand­te Nost­al­gi­ker oder „Ideo­lo­gen“, um bei einer päpst­li­chen „Lie­bens­wür­dig­keit“ zu blei­ben. Man hat nicht wirk­lich Ver­ständ­nis für sie, doch in den 26 Jah­ren seit der Errich­tung von Eccle­sia Dei hat man sich mit ihrer Exi­stenz abge­fun­den. Das fällt umso leich­ter als man in den Diö­ze­sen fest­stel­len konn­te, daß man die Mit­tel hat­te, die­se „Gott sei mit uns“ aus­rei­chend ein­zu­en­gen, so daß sie nicht imstan­de waren, in den Diö­ze­sen und der Gesamt­kir­che eine Kurs­än­de­rung her­bei­zu­füh­ren. Die „Bedro­hung“ scheint aus­rei­chend unter Kon­trol­le, weil man den Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten in den Diö­ze­sen den mis­sio­na­ri­schen Eifer abge­kauft hat, sofern sie ihn je hat­ten. In den Diö­ze­sen heißt es ganz unab­hän­gig von dem, was Rom sagt: Ach­tung, ihr seid nur gedul­det, ver­hal­tet euch daher ruhig, auf daß ihr die Pro­gres­si­ven in den Diö­ze­sen nicht zu sehr auf euch auf­merk­sam macht oder gar ärgert, sonst müßt ihr die Diö­ze­se ver­las­sen. Der Kof­fer muß gewis­ser­ma­ßen, bis auf weni­ge Aus­nah­me­diö­ze­sen, immer bereitstehen.

Erst unter Bene­dikt XVI. wur­de die Sache aku­ter, weil es die­sem mit dem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum gelun­gen war, allein durch sein Wohl­wol­len in auf­ge­schlos­se­nen neu­ri­tu­el­len Krei­sen Inter­es­se für das bis­he­ri­ge Tabu­the­ma Tra­di­ti­on zu wecken. Die dadurch ange­sto­ße­ne Annä­he­rung an den Alten Ritus betraf ja nicht nur die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta. Doch das Pon­ti­fi­kat Bene­dikts XVI. war zu kurz – und man­che hat­ten alles Inter­es­se, es kurz zu hal­ten – um die­sen in Gang gesetz­ten evo­lu­tio­nä­ren Pro­zeß sich wirk­lich ent­fal­ten zu las­sen. Vor allem fin­det er im neu­en Pon­ti­fi­kat kei­ne Fortsetzung.

Schrebergartenlösung ohne Kommissar Volpi für Papst denkbar

Papst Fran­zis­kus kann also mit der Schre­ber­gar­ten­lö­sung leben. Das bie­tet ihm zudem die Mög­lich­keit Tole­ranz zu bewei­sen. Der Alte Ritus und die Tra­di­ti­on kön­nen leben, aber in einem klar umgrenz­ten Gehe­ge mög­lichst weit ab vom Haupt­ge­he­ge. Der Ver­gleich zum India­ner­re­ser­vat oder einer Art süd­afri­ka­ni­schem Home­land ist nicht ganz von der Hand zu wei­sen. Die Pius­bru­der­schaft ist wie eine aus Rom ver­trie­be­ne Legi­on, die nun jen­seits des Limes im „Bar­ba­ren­land“ auf die Rück­kehr in die Hei­mat war­tet. Das alte Rom war, je nach Inter­es­sen­la­ge, recht groß­zü­gig mit der Gewäh­rung von Foe­de­ra­ten­ver­trä­gen und der Zuwei­sung von Sied­lungs­land für eine geschlos­se­ne Ansied­lung. Bie­tet Rom einen Foe­de­ra­ten­ver­trag an?

Der Sta­tus einer Per­so­nal­prä­la­tur wür­de die Pius­bru­der­schaft der Ordens­kon­gre­ga­ti­on ent­zie­hen. Die Fra­ge in die­sem Zusam­men­hang wäre dann eher, was dann mit Eccle­sia Dei und deren Gemein­schaf­ten geschieht. Ob als Per­so­nal­prä­la­tur oder auch als Eccle­sia-Dei-Gemein­schaft droht der Pius­bru­der­schaft der­zeit aber kei­ne Gefahr wie den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta. Deren Schick­sal gibt dem Gene­ral­obe­ren der Pius­bru­der­schaft jedoch ein sehr pla­sti­sches Argu­ment gegen­über Rom in die Hand, um eine Umar­mung dan­kend abzu­leh­nen. Der Hin­weis auf die bru­ta­le Abset­zung des Grün­ders und Ordens­ge­ne­rals Pater Manel­li und das Wüten des Apo­sto­li­schen Kom­mis­sars Pater Fidenzio Vol­pi muß der­zeit die römi­schen Gesprächs­part­ner Fel­lays ihm gegen­über in sicht­li­che Ver­le­gen­heit brin­gen. Das „Kommt in die Fal­le, damit wir euch hau­en kön­nen“, funk­tio­niert mit Sicher­heit nicht. Soll­te eine sol­che Chan­ce je bestan­den haben, hat sie sich Rom durch Kom­mis­sar Vol­pi ver­tan. Schließ­lich gaben Vol­pi und der Sekre­tär der Ordens­kon­gre­ga­ti­on, Kuri­en­erz­bi­schof Pater José Rodrà­guez Car­bal­lo OFM zu ver­ste­hen, daß sie die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta für „kryp­to-lefeb­vria­nisch“ hal­ten. Wie also wür­den sie sich erst gegen­über ech­ten „Lefeb­vria­nern“ ver­hal­ten? Aber, und hier liegt der sprin­gen­de Unter­schied: Einen von der Ordens­kon­gre­ga­ti­on ent­sand­ten Kom­mis­sar Vol­pi kann es gegen­über einer Eccle­sia-Dei-Gemein­schaft nicht geben, weil die­se nicht der Ordens­kon­gre­gra­ti­on unterstehen.

Piusbruderschaft mit „Toleranzpatent“ zufrieden?

Den­noch scheint man in Men­zin­gen sehr zurück­hal­tend gewor­den zu sein. Ein zwei­tes Mal möch­te man dort nicht die Über­ra­schung von Juni 2012 erle­ben, etwas ver­ein­bart geglaubt zu haben, um dann etwas ganz ande­res vor­ge­setzt zu bekom­men. Eine Per­so­nal­prä­la­tur oder Eccle­sia-Dei-Gemein­schaft mag nicht der Ordens­kon­gre­ga­ti­on unter­ste­hen, doch kein offi­zi­ell aner­kann­ter kano­ni­scher Sta­tus, son­dern ein blo­ßes, aber offi­zi­el­les Tole­rie­ren der Pius­bru­der­schaft durch Rom scheint den Pius­brü­dern der­zeit noch siche­rer zu sein. Einem Insti­tut ohne offi­zi­el­len kano­ni­schen Sta­tus kann kein Kom­mis­sar Vol­pi geschickt werden.

Die Fra­ge ist, wie Rom, bes­ser gesagt, wie die Ordens­kon­gre­ga­ti­on auf die Wie­der­auf­nah­me der Gesprä­che mit der Pius­bru­der­schaft reagiert. Es darf mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit damit gerech­net wer­den, daß Bischof Fel­lay direkt oder indi­rekt in Rom zu ver­ste­hen gege­ben hat, daß in der Pius­bru­der­schaft nicht die gering­ste Absicht besteht, wie die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta zu enden.

Bleibt Franziskanerinnen der Immakulata Kommissarin erspart?

Wird man Kom­mis­sar Vol­pi nach vier­zehn Mona­ten des Wütens also zurück­pfei­fen? Viel­leicht sogar Erleich­te­run­gen gewäh­ren, um das abschrecken­de Bei­spiel abzu­schwä­chen, das zwangs­läu­fig wie ein Mene­te­kel über den Gesprä­chen zwi­schen Rom und Eco­ne lastet? Eine Abbe­ru­fung von Kom­mis­sar Vol­pi scheint der­zeit undenk­bar. Aller­dings könn­te der Wür­ge­griff gelockert wer­den. Auch bei den Fran­zis­ka­ne­rin­nen der Imma­ku­la­ta, die der­zeit „pein­lich“ visi­tiert und in die­sem Zusam­men­hang beschul­digt wer­den, die Brü­der im „kryp­to-lefeb­vria­ni­schen“ Sinn auf­ge­hetzt und erst dadurch die kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung pro­vo­ziert zu haben.

Immer­hin scheint es der­zeit zumin­dest unwahr­schein­lich, daß bei den Fran­zis­ka­ne­rin­nen der Imma­ku­la­ta aus der Apo­sto­li­schen Visi­ta­to­rin auch eine Kom­mis­sa­rin wird. In Rom weiß man sehr gut, daß es nicht mög­lich ist, gleich­zei­tig vom Palaz­zo del­le Con­gre­ga­zio­ni aus kom­mis­sa­risch die­se fran­zis­ka­ni­sche Ordens­fa­mi­lie zu schla­gen und im Palaz­zo del San­t’Uf­fi­zio mit der Pius­bru­der­schaft zu ver­han­deln. Schon gar nicht könn­te man die geist­li­chen Söh­ne von Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re davon über­zeu­gen, doch den kano­ni­schen Sta­tus einer Per­so­nal­prä­la­tur zu akzep­tie­ren, statt einer blo­ßen Toleranzanerkennung.

Eine brennende Frage zum Schluß

Abschlie­ßend bleibt die bren­nen­de Fra­ge im Raum, und dies unab­hän­gig von der Pius­bru­der­schaft, wie es den Gemein­schaf­ten der Tra­di­ti­on gelin­gen kann, aus dem ihnen zuge­wie­se­nen Reser­vat aus­zu­bre­chen, um tat­säch­lich auf die Gesamt­kir­che aus­zu­strah­len. Das Bei­spiel der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, die einen sol­chen neu­en Weg unter Bene­dikt XVI. in unver­dros­se­ner Nai­vi­tät – bes­ser gesagt: mit Gott­ver­trau­en – auf­ge­tan hat­ten, scheint vor­erst geschei­tert. Klug­heit im Sin­ne des Her­ren­wor­tes ist gebo­ten. Pol­tern­des mit dem Kopf durch die Wand gehen wol­len, kann kei­ne Opti­on sein. Eine Ant­wort muß der­zeit offen­blei­ben, soll­te aber von allen Betei­lig­ten gesucht wer­den. Der zuge­wie­se­ne Schre­ber­gar­ten ist histo­ri­schen Umstän­den geschul­det, er darf aber nicht auf die Men­ta­li­tät über­ge­hen. Die Errich­tung von Per­so­nal­pfar­rei­en mit dem ter­ri­to­ria­len Gel­tungs­be­reich für gan­ze Diö­ze­sen und die För­de­rung von Prie­ster­be­ru­fun­gen (ange­sichts lee­rer Diö­ze­san­se­mi­na­ri­en) sind zwei Instru­men­te, die viel­ver­spre­chen­de Vor­aus­set­zun­gen schaf­fen kön­nen. Eine ganz ande­re Fra­ge sind Apo­sto­lat und Mis­si­on außer­halb des bereits vor­han­de­nen Krei­ses. In wel­cher Form ist ein Aus­strah­len in die Welt hin­ein mög­lich, um jene zu errei­chen, die Chri­sten sind, die Tra­di­ti­on aber nicht ken­nen, und um die wach­sen­de Schar jener zu errei­chen, die nicht glau­ben? Da die Gemein­schaf­ten der Tra­di­ti­on aus einem inner­kirch­li­chen Kon­flikt ent­stan­den sind, stellt der mis­sio­na­ri­sche Aspekt eine Art Geburts­de­fi­zit dar, das mög­lichst rasch zum Wohl der Kir­che über­wun­den wer­den sollte.

Bild: Una Fides

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!